Christina Halupczok

Die alte Eiche

 

Die alte Eiche

Gestern bin ich an meinem Lieblingsplatz spazieren gegangen und kam an einer alten Eiche vorbei. Ich fragte sie ob ich an ihr hochklettern kann um der Sonne etwas näher zu sein.
Sie sagte na klar. Ich bin aber schwer. Sie lachte und sagte ich halt dich schon aus. Und ich wusste, das stimmt. Als ich ein paar Äste hinter mir ließ, legte ich mich in eine Gabelung und ließ mir die Sonne ins Gesicht scheinen.
Sag mal, wie lange stehst du hier schon fragte ich. Eintausend Jahre so ungefähr. Bei uns Bäumen spielt die Zeit keine Rolle, es können auch schon zwei Tausend sein.
Erzähl mir deine Geschichte bat ich. Und die Eiche begann...

Eines Tages fiel ich von meiner Mutter herab und ich lag noch eine ganze Zeit lang neben ihr. Sieh nur sagte sie zu mir, die Kinder machen wieder einen Ausflug und der Weg führt sie an uns vorbei. Ich fand das nicht so gut und mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Ein Junge war sehr naturinteressiert und hob mich auf um mich daraufhin gleich mit dem Fuß wie einen Fußball wegzukicken. Ich flog in den naheliegenden Fluss und er nahm mich mit auf eine lange Reise. Du wirst noch viele Wunder sehen und auch du wirst eines Tages ein Wunder sein. Das glaubte ich dem Fluss nicht und ich ließ mich einfach weiter treiben.

Irgendwann kam ich an ein Ufer. Ein Rabe schnappte mich auf und merkte, dass ich ihm nicht schmecke. Er ließ mich fallen, genau hier. Und hier blieb ich.

So langsam wurde aus mir eine Pflanze, eine ganz zarte und kleine. Man sah mich kaum und einmal hätte mich ein Spaziergänger fast totgetrampelt. Doch ich hatte Glück. So viele Jahre wuchs ich und lernte mich hier auf der Erde mit all meinen Zeitgenossen zu arrangieren. Den Gräsern, den Vögeln, den Hasen, die gerne solche kleinen Pflänzchen als Futter verzehren, doch ich hatte Glück und ich wuchs und wurde ein stattlicher Baum.

Viele Kinder lernten von mir. Zum Beispiel, dass in meiner Krone bis zu tausend Insektenarten leben können oder dass meine Früchte als Heilkräfte dienen. So viele Menschen zogen an mir vorbei, ohne Notiz von mir zu nehmen. Dann gab es Kinder, die um mich herum sprangen um sich gegenseitig zu fangen und andere kletterten an mir hoch um die Sonne zu sehen. Einmal da kam ein verliebtes Paar und sie küssten sich unter meiner Krone im Mondenschein. Wieder andere ritzten ihre Liebesschwüre in meinen Stamm hinein.

Viele Jahre waren sehr laut und dunkel auch wenn es Tag war, man merkte es kaum. Menschen rannten in wilder Panik durch den Wald und suchten Schutz unter mir, als  Bomben vom Himmel fielen breitete ich meine Arme aus. Ein oder zwei mal haben mich Schläge erwischt, ich lebe noch, sie haben mich nicht umgebracht. Ich bin eben eine Eiche. Mit einem festen Stamm. So schnell haut mich nichts um. Auch keine Kriege. Dann verschwanden die Menschen wieder, ohne ein Wort, auch sie haben überlebt. Und als ein Feuer durch eine brennende Zigarette ausgelöst wurde, es war sehr heiß, das kannst du mir glauben, der Fluss in der Nähe hat mir das Leben gerettet, weil die Menschen schnell Wasser hatten um zu löschen. Und dann kam das Pärchen nach vielen Jahren wieder vorbei, um sich zu erinnern, wie sie einst im Mondlicht unter mir sich geküsst und verliebten. Ja, und dann war auch deren Leben vorbei. Ich stehe immer noch hier.

Weißt du sagte ich, ich habe Mitleid mit dir. Wieso fragte die Eiche. Naja, ich kann wenigstens sterben und die Erde wieder verlassen und du? Du musst hier vielleicht noch ein paar Jahrtausende verweilen oder wirst abgeholzt und als Toilettenpapier enden. Vielleicht auch als Briefpapier, wo Menschen dann irgendwelche unwichtigen Zahlen oder Buchstaben draufschreiben. Ich möchte keine Eiche sein.

Hm, sagte die Eiche. Was soll man machen. Jeder hat sein eigenes Schicksal. Und jeder hat seine Zeit.

Meine Tränen rannen an meinen Wangen herab und liefen in die tiefen Ritzen des Stammes. Ich streichelte den Baum mit meiner Hand.

Wie traurig mich deine Geschichte macht. Du stehst hier so würdevoll und so fest mit deinen Wurzeln. Machst den Menschen so viel Heil und Freude. Spendest Schatten im Sommer, dass alle ein Picknick unter dir machen können und wer sieht dich wirklich? Dich, in deiner ganzen Pracht? Jeder hat Augen doch keiner kann dich wirklich sehen. Das macht mich traurig. Du schützt und behütest und alles umsonst. Keiner muss bezahlen um dich zu sehen und zu erleben. Wer weiß das zu schätzen?
Außer die Hexen.
Nun, davon gibt es schon genug, sagte die Eiche. Das ist der Ausgleich, für die die mich nicht wahrnehmen. Und glaube mir, ich will sicher nicht von allen Menschen wahr genommen werden. Das ist schon gut so wie es ist.

Ich bewunderte die Eiche für ihren Gleichmut. Davon hab ich mir etwas mitgenommen.
Nach ein paar Stunden und dieser Geschichte kletterte ich wieder herunter und sagte:
Danke Eiche, dass du da bist, ich liebe dich!

Mein Werk die alte Eiche,

was will ich damit sagen? Mich interessiert, wie man meine Geschichten liest und aufnimmt. Sicher jeder auf seine eigene Art und Weise.
Bei diesem Werk ist es mir wichtig, meine Interpretation darzustellen und mich zu erklären.
Wir leben jeden Tag unser Leben, der eine bewusster der andere nicht.

Ich will sagen, NICHTS ist selbstverständlich!

Auch nicht die Bäume und die Wälder. Um mich mal darauf zu spezialisieren.
Wir sehen sie jeden Tag, oder?
Tun wir das wirklich?
Wenn sie nicht da wären, hätten wir keinen Sauerstoff. Keine Lebensfreude, denn was freuen wir uns, wenn der Frühling kommt und die Blätter wieder anfangen zu wachsen?
Oder?
Schon mal bewusst gemacht?
Wir hätten keine Rechnungen oder Drohungen die auf irgendeinem Papier stünden.
Auch die Liebesbriefe wären dahin.
Und man bedenke die Toilettengänge. Nun, dann hätten wir vll drei Muscheln?
Wie in dem Stallone Streifen Demolition Man.
Dann wären es die Muscheln die wir heiligen sollten. Was wir sowieso mit der gesamten Natur tun sollten. Das ist unsere Pflicht. Ich will darauf aufmerksam machen, dass es ohne die Natur auch uns nicht gäbe. Wir sind die Natur.

Ein Wunder der Natur, der Baum, der Mensch, die Blume. Nur um mal einen Bruchteil zu nennen.
Die Menschlein sehen immer das was sie nicht haben, anstatt das Gegenteil wahr zu nehmen. Wenn du einen Menschen fragst was er hat, sagt er bestimmt: Nichts, nicht genug oder das was ich nicht will oder nicht das was ich will.
Probiers mal aus.
Jetzt denken wir mal umgekehrt. Was haben wir denn. Luft zum atmen. Die Sonne die unser Gemüt erhellt. Die Früchte, Wurzeln und Pflanzen wachsen um unserer Nahrung willen und auch die Tiere, die dazu gehören.
Oh, das betrifft natürlich nicht die persönlich materiellen Reichtümer, die wodurch geschaffen werden? Wenn du nicht atmen kannst, kannst du auch nichts schaffen. Und wenn ein Sturm, ein Feuer oder eine große Flut kommt, dann ist es weg. Dein persönlicher Reichtum. Und was bist und hast du dann? Dann bist du wieder die Natur.

Oh ja, für manche Menschen absolut erbärmlich.

Kommt eben immer auf die Sichtweise an.

Manch einer fühlt sich dadurch reich und glücklich.

Ich bin froh, dass ich atme, ich bin froh, dass ich Toilettenpapier habe und ich bin froh, dass ich ein paar Gedanken auf Papier bringen kann. Sie lösen Emotionen aus. Genau das schafft uns die Natur.

Ich lege auch keinen besonderen Wert mehr auf Rechtschreibung, die kann mich mal. Wichtig ist das, was ich sagen will. Und ob ich jetzt die Wörter richtig schreibe oder nicht, das interessiert die Natur nicht!

Also was will ich mit dieser Geschichte sagen?

Für den einen ein Rätsel, der wird das niemals verstehen. Und für den anderen vll eine Offenbarung?

Denkt jedenfalls öfter mal beim Hintern abwischen an meinen Baum, die alte Eiche!
Christina Halupczok, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.11.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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