Anna Wacker

Wolfsmädchen (13/Ende)

Zum besseren Verständnis bitte erst Wolfsmädchen 1-12 lesen!!!

Indianerkind

Es war inzwischen zu absoluter Gewohnheitssache geworden, mich in einen Wolf zu verwandeln. Und dennoch fiel es mir diesmal alles andere als leicht. Ich hatte es noch nie irgendjemandem vorführen müssen. Natürlich hatten Jicat und die restlichen Wölfe bereits gesehen, wie ich mich verwandelte, aber das war für mich selbstverständlich. Bei Sarah war das anders. Sie hatte mich in Gestalt eines Menschen kennen und lieben gelernt. Ich war nicht sicher, ob sie es schaffen würde, damit umzugehen, dass ich zu einem Lebewesen mit vier Pfoten und messerscharfen Reißzähnen werden konnte. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu konzentrieren. Dank fehlender Konzentrationsfähigkeit etwas schleppender als sonst verwandelte ich mich und stand schließlich in Gestalt der Wölfin mit dem silbergrauen Fell vor Sarah. Ich verzog die Schnauze zu einer Geste, die für Menschen aussehen musste, wie ein Lächeln und wedelte mit dem Schwanz. Sarah hingegen wich jegliche Farbe aus dem Gesicht. Wenn sie vorher blass war, dann war sie jetzt leichenblass. Ihre ganze Haltung erstarrte. Ich hatte gewusst, dass es ein Schock für sie sein würde, aber ich hatte ernsthaft Bedenken, dass sie umkippen könnte. Ganz langsam machte ich einen Schritt auf sie zu. Anscheinend noch zu schnell, denn sie wich zurück und schlug die Hand vor den Mund. Immerhin war sie vorbereitet gewesen. Ich wollte gar nicht wissen, was passierte, wenn ein Mensch unsere Verwandlung ohne Vorwarnung miterlebte. Ich machte einen weiteren Schritt auf sie zu und setzte mich Zentimeter vor ihr auf den Boden. Ich versuchte möglichst ungefährlich zu wirken und schloss die Lefzen, um meine Waffen zu verbergen. Mit einem Ausdruck, den Tierfreunde wohl als Hundeblick bezeichnen würden, sah ich sie mit meinen goldgelben Augen an und legte den Kopf schief. Ich bemerkte, dass Leben in ihren Ausdruck zurück kehrte. Ihre Mimik wurde sanfter und sie nahm die Hand vom Mund. Wie in Zeitlupe kniete sie sich vor mich und streckte einen zitternden Arm nach mir aus. Ich neigte meinen Kopf in ihre Richtung, um ihr zu bedeuten, dass sie mich ruhig anfassen konnte. Das tat sie dann auch. Völlig perplex strich sie über mein weiches Fell. "Rayil? Bist das wirklich du?" Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Zur Antwort legte ich meinen Kopf in ihren Schoß. Endlich zeigte sich ein Lächeln auf ihren Lippen. Sie schien den ersten Schreck überwunden zu haben. "Wow. Ich kann's gar nicht glauben!" Sie musterte mich von oben bis unten. "Du bist ja richtig süß!" war ihr Urteil. Das konnte ich mit dem Herz eines Raubtieres natürlich nicht so stehen lassen. Ich ging ein paar Schritte von ihr weg, bleckte die Zähne und knurrte aus voller Kehle. Sie zuckte kurz zusammen, fing sich aber sofort wieder und begann lauthals zu lachen. Ich hatte meine Seelenverwandte zurück. "Ja, ja ... schon gut. Ich nehme es zurück!" "Na das will ich doch hoffen!" antwortete ich, nachdem ich mich wieder in einen Mensch verwandelt hatte.

Es dauerte keine drei Wochen und Jicat hatte mit der Heimleitung arrangiert, dass Sarah zu uns ins Reservat ziehen durfte. Ihr Kindheitstraum ging in Erfüllung. Sie lebte mit Indianern zusammen und wurde zur menschlichen Verbündeten der Wölfe und zur geschickten Vermittlerin zwischen Mensch und Wolf.

Nach meiner Rückkehr trat ich ein zweites Mal ohne die anderen Wölfe einer Gruppe Menschen gegenüber, die jemanden erpressten. Doch diesmal lief ich nicht davon. Ich hatte aufgehört, davon zu laufen. Mit gefletschten Zähnen und laut knurrend verjagte ich die Übeltäter und hoffte, dass sie endlich verstanden, was sie anrichteten. Zusammen mit den restlichen  Auserwählten bewahrten wir in den folgenden Jahren tausende vor schlimmeren Verletzungen oder gar vor dem Tod. Einige vor den größten Fehlern ihres Lebens. Ich hatte eingesehen, dass es an uns war, den Pakt einzuhalten und plötzlich bekam das Wort Indianerkind eine völlig neue Bedeutung für mich. Was ich früher als beleidigend empfand, macht mich heute stolz. Das war meine Geschichte ... ich hoffe, sie hat dir gefallen. Und noch eines :

Solltest du irgendwann mal einem Wolf über den Weg laufen, sei freundlich zu ihm.

Es könnte dein Schutzengel sein ...

 

Des Wolfes Seele

Tief verwurzelt aus Uralter Zeit..
Keine Waffen oder Macht,
auf unserer Welt..
konnte brechen diese Magie..
Keinem Menschen..
wurde noch ein Einblick gewährt,
in diese Sensible aber doch starke Welt
würden Sie doch nur Zugrunde richten,
ihre Gier nach Macht..
Das letzte was sich ,
der Wolf nie wird nehmen lassen...
Ist sein Stolz und seine Seele...


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.11.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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