Jürgen Berndt-Lüders

Agnes' Vergewaltigung - ein Roman-Kapitel

Hier ein Auszug aus meinem Buch REGINA MUNDIS, den ich hier nicht bringe, damit ihr das Buch kauft, sondern, um euch mal die kalten Schauer über den Rücken zu jagen.

 

Die Vergewaltigung

 

Das Boot dreht die Nase in die Strömung und löst sich vom Ufer. Es schwimmt stromabwärts. Agnes beobachtet. Mehr kann sie nicht tun.

 

Agnes wagt einen Blick über das Dollbord hinaus. Das Boot treibt voll in der Strömung. Boleslav schießt reitend auf das Boot. Kein Pfeil trifft. Boleslav scheint einzusehen, dass das Schießen nur Pfeile und Geschwindigkeit kostet und nichts bringt. Er versucht, den Bogen über die Schulter zu zwängen. Das gelingt, aber er verliert dabei seine Pfeile. Er wirft den nutzlosen Bogen weit in den Wald hinein. Er gibt dem Pferd die Sporen und wird schneller.

Vorn hinter der Biegung eine Fähre.

 

Es ist die Fähre, mit der einst Ekbert und Bennith  flohen. Auf er anderen Seite der Moldau waren sie in Sicherheit.

 

Die Fähre schwimmt mitten im Strom. Agnes’ Boot treibt direkt darauf zu. Der Fährmann starrt sie mit großen Augen an. Er sieht auch Boleslav, der bereits am Anleger angekommen ist, sein Pferd fest macht und wartet.

 

„Bringt mich hinüber“, schreit Agnes und zeigt auf die andere Seite der Moldau. “Ich bin Agnes von Billung und der dort ist Boleslav.“

 

Das Boot erreicht die Fähre. Der Fährmann verhindert mit dem Bootshaken einen Aufprall. Agnes steigt um. Ihr Boot treibt weiter den Fluss hinunter.

 

„Fährmann“, schreit Boleslav. Er hat die Hände trichterförmig vor den Mund gelegt. „Bringt mir diese Frau, und ihr bekommt einen Beutel Gold. Und wehe Euch, Ihr lasst sie entkommen, das kostete Euch Euer Leben.“

 

Der Fährmann überlegt. Er kehrt um und rudert zum falschen Ufer, zu dem, an dem Boleslav lauert. Agnes kämpft, aber das ständige Rudern hat den Mann stark gemacht. Er wehrt sie mit einer Hand ab und schleudert sie in die Fähre. Agnes verliert durch den Aufprall ihr Bewusstsein.

 

Boleslav sieht die Fähre kommen. Er greift nach der Bugleine und wirft sie locker über einen Pfahl. Er springt an Bord, bevor Agnes wach ist. Der Fährmann will Agnes zur Hilfe kommen. Boleslav zieht das Messer, das Agnes schon kennt, aus dem Gewand und rammt es in den Fährmann.

 

Der Fährmann hängt halb auf der Ducht und halb im Wasser. Boleslav greift Agnes und zieht sie in die richtige Position. Ihre Beine weisen nun zu ihm. Ihre Schenkel machen ihn wild.

 

„Bevor ich Dich Hure töte, will ich Dich noch einmal haben“, keucht er und zieht sein Gewand zur Seite. „Du bist es zwar nicht wert, aber bevor dich die Fische fressen....“

Er fetzt sich die Unterbekleidung herunter. Er spreizt mit brutaler Gewalt Agnes’ Beine. Mit dem Messer zerteilt er das Gewand und die Unterwäsche. Agnes’ Unterkörper liegt nackt vor ihm.

 

„Oh Du Untergang der Männer, Du verfluchtes Ding“, schreit Boleslav mit sich überschlagender Stimme. Er fasst sich an und dringt in sie ein. Agnes durchzuckt ein wilder Schmerz. Sie schreit auf. Boleslav kennt keine Gnade. Er stößt sein Gemächt in sie hinein und kommt mit einem heiseren Schrei. Ein Laut, den Agnes nie vergessen wird.

 

Boleslav sieht an sich hinunter. „Blut“, keucht er erschrocken. „Du bist... Ihr seid... Ihr wart noch Jungfrau?“

 

Agnes nutzt seine Überraschung. Sie zieht die Beine an und tritt ihm mitten in den Leib. Boleslav stürzt von Bord und reißt den toten Fährmann mit. Boleslav klatscht ins Wasser, und die Leiche des Fährmanns hindert ihn daran, wieder zum Bootsrand zurück zu schwimmen und sich am Dollbord nach oben zu ziehen. Agnes greift die Riemen, und nach ein paar kräftigen Zügen ist sie außer Reichweite.

 

„Das kostet Euch Euer Leben, das verspreche ich Euch“, betont Agnes ruhig und rudert davon, bis Boleslav nicht mehr zu sehen ist.

 

Boleslav verfolgt sie nicht. „Sie ist Jungfrau“, stammelt er. „Und dafür habe ich meinen eigenen Bruder getötet. Ich verfluche diesen Köhler, ich werde ihn federn, teeren und vierteilen lassen.“

 

Davon hört Agnes nichts mehr. Als sie sich sicher ist, nicht mehr verfolgt zu werden, verliert sie die Beherrschung. Sie wirft sich auf den Boden der Fähre und weint. Es ist nicht die körperliche Verletzung, die ihr Boleslav zugefügt hat. Es ist die Trauer über den Tod Wenzels und der zwanzig Männer, es ist der Tod Pavels, des Bogenschützen, der ihr immer treu geblieben war. Es ist die Tatsache, dass nun alle Müh umsonst gewesen ist, an Boleslav vorbei ein menschenwürdiges Dasein für die Böhmer zu schaffen.

 

Agnes steht noch einmal in dem schwankenden Kahn auf. Sie reckt die Faust Richtung Boleslavs Burg, Stara und schreit mit tränenüberströmtem Gesicht nach Rache. Fluch Dir, Boleslav, schreit sie, und von den Birkenwäldern, die wie eine Mauer das Ufer säumen, hallt es zurück. Dann bricht Agnes zusammen.

 

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Jürgen Berndt-Lüders).
Der Beitrag wurde von Jürgen Berndt-Lüders auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.11.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Jürgen Berndt-Lüders als Lieblingsautor markieren

Buch von Jürgen Berndt-Lüders:

cover

Hass am Camino Frances von Jürgen Berndt-Lüders



Der Jakobsweg ist Sinnbild für Frieden und Ausgleich, und trotzdem gibt es auch hier Subjektivität und Vorurteile.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (3)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Mensch kontra Mensch" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Jürgen Berndt-Lüders

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Am Stammtisch belauscht (4) H. Geissler & A. Merkel von Jürgen Berndt-Lüders (Satire)
Nazis, Stasi und andere verdiente Bürger von Norbert Wittke (Mensch kontra Mensch)
Anonym von Martina Wiemers (Einfach so zum Lesen und Nachdenken)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen