Stefan Barth

Der Schein der Kerze

Prolog

Die folgende Geschichte soll als eine autobiographische Abrechnung mit mir selbst zu verstehen sein. Ich habe versucht diesen Abschnitt meines Lebens, der mich tief geprägt hat, durch das Niederschreiben des Selbigen zu verarbeiten. Es war für mich eine lehrreiche Zeit, aus deren Erfahrung ich noch heute und in vielen Jahren zehren werde. Ich blicke in die Zukunft und hoffe, daß die Geschehnisse mich stärker gemacht haben, für das Leben das mir noch bevor steht.

Stellen (…) an denen noch Inhalte fehlen, sind bitte zu verzeihen. Alles braucht seine Zeit – oder schwindet in ihr.

Die Zeit davor

Nachdem ich mich im Unguten von meiner alten Clique getrennt hatte, versuchte ich mir mit Robert, meinem besten Freund, und ein paar neu gewonnen Kumpels einen neuen Freundeskreis aufzubauen. Wir waren gerade dabei unser neues Domizil, eine alte KFZ - Werkstatt, welche uns von Roberts Vater zur Verfügung gestellt wurde, um- und auszubauen, als diese Geschichte beginnen sollte.

Mittlerweile hatte ich seit gut 2 Jahren keine feste Freundin mehr und da sich auch Robert gerade erst von seiner Liebsten getrennt hatte, war es nicht verwunderlich das sich fast alle Gespräche nur um ein Thema drehten...

An einem Dienstag, Anfang November, brachte Clemens, der erst vor kurzem zu uns gestoßen war, ein Mädchen namens Nadine mit. Sie hatte rote Haare, eine tolle Figur und gefiel mir recht gut. Da ist es nicht verwunderlich, daß sich der (was bei Männern ziemlich normal ist) innere Ruf nach Fortpflanzung bemerkbar machte. Na gut, wir wollen es mal nicht übertreiben aber ich spielte schon seit einer Weile mit dem Gedanken eine neue Beziehung einzugehen. Leider, und das sprach für unseren mitunter gemeinsamen Geschmack, interessierte sich Robert auch für Nadine.

Zwei Tage später, wir saßen im ,,Büro" unseres Clubs, brachte Kathrin eine Freundin, namens Kati mit. Ich sah Kati und mußte feststellen, daß da meine Traumfrau hereinschwebte. Ich rechnete mir keinerlei Chancen aus und beachtete sie daher nicht weiter. So unterhielt ich mich weiter mit Melanie, einer blonden Schönheit, welche jedoch mit meinem Kumpel Morris liiert war. Später am Abend erfuhr ich von Kathrin und ihrem Freund Alex, das Kati ausgerechnet meinen besten Freund Robert interessant fand, da mußte mir wieder einmal eingestehen, daß Robert in Sachen Frauen irgendwie besser dran war. Ich unterhielt mich später mit Robert über seine neue Verehrerin, doch er winkte ab und sagte mir, daß sie eine kleine  Tochter hat. „Ist das ein Problem für dich?“ Seine Antwort war kurz und klar: „Ich will mir doch mit 19 Jahren noch nicht das Leben mit einem Kind ruinieren.“

Später unterhielt ich mich mit Alex über Roberts Äußerung, dabei konnte ich mir den Kommentar, „daß ein Kind für mich kein Problem wäre“, nicht verkneifen. Dieser "Kommentar" fiel dann noch einmal, wie von mir vorausgesehen (vielleicht geplant?), in einem Gespräch zwischen Alex und Kati. Den Rest des Abends versuchte sich Robert freundlich von Kati zu distanzieren.

Später erfuhr ich dann, das die Tatsache, das ich an diesem Abend mit dem, durchaus imposanten Jeep meines Vaters und in meiner Arbeitskleidung, sprich Anzug und Krawatte, da war, bei Kati einen bleibenden Eindruck hinterließ.

Am nächsten Abend fuhren Robert und Clemens und meine Wenigkeit zu einer Party. Diese hatte jedoch nicht den erwarteten Spassfaktor und so waren wir um 21.30 Uhr schon wieder im Club. Kathrin, Kati, Alex und die anderen waren bereits hier. Der Abend war für mich eigentlich gelaufen und  so probierte ich Verschiedenes aus unserem clubeigenen Weinregal und nahm mir eine Flasche Portwein vor. Mit Dieser verbrachte ich den Rest des Abends, bis ich irgendwann auf der Couch einschlief. Ich wachte gegen 4.30 Uhr auf, Alex, Jonny und Clemens waren noch wach. Sie spielten Karten und grinsten mich blöde an. "Was ist denn los, habt ihr kein zu Hause?", fragte ich. "Du hast verpasst, wie Kati dir zum Abschied ganz lieb die Hand gegeben hat." „Ist ja schön für Kati.“, knurrte ich die Herren an und schlief wieder ein.

Als ich am nächsten Morgen gegen 10 Uhr aufwachte, merkte ich, daß ich die Wirkung des Weines unterschätzt hatte. Zwischen rasenden Kopfschmerzen und brachialer Übelkeit bekam ich noch genug von meiner Umwelt mit um nach hause zu fahren, mich ins Bett zu legen und zu schlafen.

Abend ging es mir besser und ich fuhr in den Club.

(…)

Kati fragte, ob jemand Lust hätte Tischtennis zu spielen. „Das ist eine gute Idee.“, sagte ich und wir gingen zusammen in die Werkstatt. Beim Spielen fingen wir an uns zu unterhalten. Wir redeten über dies und das, bis das Thema langsam umschwenkte. Sie fragte, ob es stimmt daß ich zwei Jahre keine Freundin hatte und ich erzählte ihr, was mir für Pech mit den Frauen widerfahren war und das ich auf die Richtige warte. In Wirklichkeit, war mir schon lange wieder nach einer Beziehung aber es hatte sich in den letzten 2 Jahren rein gar nichts Brauchbares ergeben.

Wir unterhielten uns über unsere Stärken und Schwächen, und über persönliche Gegebenheiten. Meiner Meinung nach waren das mittlerweile Themen die höchstens Relevanz hatten, wenn man sich näher kennen lernen will. Hier fing auf einmal an „eine kleine rote Lampe“ zu blinken, welche mir sagte: „Hallo Michael, sie interessiert sich für dich!“ Doch dieser Gedankengang schien mir zu absurd. Bei meinem Glück mit Frauen?! So spielten wir noch eine halbe Stunde Tischtennis und quatschen. Mit der Zeit fuhren alle nach Hause und irgendwann waren nur noch Kathrin, Kati und ich da. Ich heizte den Ofen im Büro noch einmal an und wir machten es uns gemütlich. An diesem Abend erfuhr ich dann, daß Kati gerade 18 geworden war, ihre fünf Monate alte Tochter Lea heißt, der Vater des Kindes sie verlassen hat und daß Kerle, aufgrund ihrer Tochter, keine Beziehung mit ihr eingehen wollen

Gegen 3.00 Uhr hielten wir den Zapfenstreich für angebracht.

Kati fragte, ob ich Lust hätte mit Ihr noch eine Weile „just for fun“ durch die Stadt zu fahren. „Nichts lieber als das.“, dachte ich. Dagegen konnte und wollte ich nichts einwenden und so fuhren wir los, als wir jedoch Kathrin nach hause gebracht hatten, fiel mir auf, daß ich meine Papiere zu Hause vergessen hatte. Da ich keine Lust hatte mitten in der Nacht einer gängelnden Polizeistreife in die Arme zu laufen, brachte ich Kati nach hause. Irgendwie wollten wir uns aber noch nicht von einander verabschieden. So saßen wir noch eine Weile in meinem Auto vor Ihrem Haus und unterhielten uns.

Ich konnte es mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht erklären aber irgendwie war ich nervös und als ich sie näher betrachtete, wußte ich warum. Sie war hübsch, verdammt hübsch. Ich wollte diese Situation schnell hinter mich bringen, wollte ich mich doch nicht wieder Mal unglücklich verlieben. Ich rechnete mir zu diesem Zeitpunkt nicht den Hauch einer Chance aus, daß es für uns eine gemeinsame Zukunft geben könnte. Wir verabschiedeten uns dann voneinander und ich fuhr heim. In dieser Nacht fiel mir das Einschlafen nicht leicht, beherrschte doch nur ein Gedanke meinen Kopf.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich wieder Bauchschmerzen, doch im Gegensatz zu denen vom Wein des Vortages schienen diese einen anderen Grund zu haben.
                       
Heimlich verliebt

Am nächsten Abend, nachdem ich mich bereits den ganzen Tag darauf freute sie wieder zu sehen, trafen wir uns alle wie üblich im Club. Als ich dort ankam war sie nicht da. Ich war wie gelähmt bei dem Gedanken, sie würde nicht kommen. „Warum willst du sie unbedingt sehen“, dachte ich mir, hatte ich mir doch noch nicht wirklich eingestanden, in sie verliebt zu sein. Etwa eine halbe Stunde nach mir trafen Alex, Kathrin und Kati ein. Da war es wieder, dieses Gefühl, welches man einfach nicht beschreiben kann.

Es war ein Sonntagabend wie viele. Das Wochenende war vorbei und am nächsten Morgen ging die Arbeit wieder los. Kein wirklicher Grund zur Freude.

Einige Themen machten die Runde, doch so richtige Stimmung kam nicht auf. Kati fragte in die Runde, ob denn von uns jemand das Sternzeichen Waage hat. „Der Micha“, sagte Clemens. Kati holte aus ihrer Jackentasche eine Kette heraus an welcher ein silberner Anhänger baumelte, der das Sternzeichen Waage symbolisierte. Sie drückte mir Selbige in die Hand und ich stand erst mal da wie ein begossener Pudel. „Hä, wie jetzt?“, fragte ich.

Sie sagte das auch sie Waage sei, jedoch sei sie allergisch gegen Silber und zum wegschmeißen wäre die Kette natürlich zu Schade. Wie in Trance nahm ich die Kette. „Danke, ich halt sie in Ehren“, brachte ich geradeso hervor, wußte ich doch nicht was ich von dieser Situation halten soll.  War das jetzt ein Zufall? Hatte sie sich nach meinem Sternzeichen erkundigt? Wie soll ich das deuten? Fragen über Fragen. „Soll ich dir beim Anlegen behilflich sein?“, fragte sie. Alles schaute gebannt auf uns beide. Ich glaube ich bin sogar rot angelaufen. Als später nur noch Clemens, Kathrin, Kati und ich da waren, beschlossen wir, zum Tagebauaussichtspunkt zu fahren, welcher ein Stück außerhalb der Stadt lag. Kathrin stieg gleich bei Clemens und Kati „zufällig“ bei mir ins Auto ein. So fuhren wir zum Aussichtspunkt, standen dort und beobachteten die beleuchtete Arbeit des riesigen Kohlebaggers.
 
Auf einmal überkam mich ein merkwürdiges Gefühl von Glück, Zufriedenheit und gleichzeitig aber auch von Ungewißheit und Angst. Auf Schlag war mir klar, was eigentlich schon klar war.

Ich war verliebt.

Hier draußen am Tagebauaussichtspunkt herrschte ein starker Wind, es war dunkel und kalt. Eigentlich ziemlich ungemütlich.

Kati stand etwa zwei Meter vor mir und schaute dem Bagger bei seiner Arbeit zu. Es wäre ein leichtes gewesen zu ihr zu gehen, ihr in die Augen zu sehen und ihr zu sagen:

 „Hey, eigentlich bin ich ja zu schüchtern dir das zu sagen, aber ich habe mich furchtbar in dich verliebt.“

Es wäre ein leichtes gewesen - war es aber nicht.

Zu oft in der Vergangenheit ähnelte die Situation mit einem Mädchen, dieser hier, um sich dann bei der entscheidenden Frage als böser Traum zu entpuppen.

Ich wollte die Seifenblase noch erhalten. Zu schön war dieses Kribbeln im Bauch.

Langsam wurde uns kalt und wir beabsichtigten zurück zu fahren. Wir fuhren über die alte Pflasterstrasse zurück in die Stadt, als Clemens vor mir fahrend plötzlich eine Vollbremsung machte. Ein Reh hatte die Straße gekreuzt, glücklicherweise konnte Clemens ihm ausweichen. Kati sah mich ängstlich an. Ich sagte ihr, daß diese Straße, weil sie vom normalen Verkehr nicht mehr genutzt wird, sehr stark von Wild frequentiert wird und daß dies nicht das letzte Reh auf unserer Heimfahrt sein wird welches auf die Strasse läuft. Sie war der Meinung, daß wohl kein Reh mehr kommen würde. Aus der Situation heraus, entstand eine Wette um eine Flasche Sekt. An diesem Abend begegnete uns kein Reh mehr und so hatte ich am nächsten Tag eine Wettschuld einzulösen. Ich brachte Kati nach Hause und fuhr von Glücksgefühlen durchströmt, heim.

Am nächsten Tag, in der Berufsschule, war ich eigentlich nur körperlich anwesend. Obwohl ich in meiner Klasse der einzige Junge war und ein Großteil der Mädchen wirklich hübsch und gut aussehend war, konnte ich sie an diesem Tag keines Blickes würdigen. Meine Gedanken waren nur bei der Einen und ich konnte denn Moment nicht erwarten, sie am Abend wieder zu sehen.

Als ich aus der Berufsschule nach Hause kam überlegte ich, wie ich das mit der Flasche Sekt anstellen könnte. Ihr eine Flasche Sekt in die Hand zu drücken war mir zu einfallslos. Während ich so überlegte, fiel mein Blick auf eine Kette mit Anhänger auf dem, wie zufällig, das Sternzeichen Waage eingraviert war. Diese hing an meiner Pinwand. Sie war aus Gold und ich trug sie schon eine Weile nicht mehr. Also fuhr ich zur Tankstelle und kaufte eine Flasche Asti Cinzano, um deren Hals legte ich die Kette. Ich packte meine „Wettschuld“ ins Auto und fuhr zu Kati. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich war nervös wie noch nie. Sie stieg ins Auto und ich gab ihr die Flasche Asti. Sie war außer sich vor Freude darüber, versuchte dies aber zu verbergen. Die Kette um die Flasche sollte ein Signal meinerseits sein. Sie verstand dies glaube ich auch, sagte jedoch nichts mehr dazu.

Als wir später alle im Büro saßen fiel mir auf, das Clemens fehlte. Keiner wußte, wo er war und ich begann mir Sorgen zu machen,  hatte er sich doch nicht verabschiedet oder gesagt das er wegfährt. Clemens machte so etwas übrigens gern, verschwand einfach 1-2 Stunden um dann auch so wieder aufzutauchen. Ohne Grund, ohne Kommentar. Hinzu kam, daß auch er schon eine Weile auf der Suche nach einer „besseren Hälfte“ war und auch, daß nun im Club alle außer ihm „in festen Händen“ (oder in fester Hoffnung auf Selbige) waren, schien ihn einwenig zu deprimieren. So stellten wir „Suchtrupps“ auf, welche Clemens finden sollten. „Ganz zufällig“ fuhr Kati bei mir mit. Wir fuhren zum Braunsteich, einem kleinen See wo Clemens, meinem Wissen nach, gern hinfuhr wenn er allein sein wollte. So fuhren wir also an den See und suchten ihn. Finden konnten wir ihn allerdings nicht. Er saß wieder froh und munter in der Werkstatt und wunderte sich das keiner von uns da war. Clemenslike eben.

Was tun?

Da an diesem Abend alle schon zeitig aufbrachen aber Kati und ich noch nicht nach Hause wollten fuhren wir wieder an den Braunsteich. Ich parkte direkt am See. Als ich mir eine Zigarette anzünden wollte, stellte ich fest, daß ich kein Feuerzeug dabei hatte. Kati kramte kurz in ihrer Tasche, gab mir ein gelbes Feuerzeug mit dem eigentlich recht uninteressanten Spruch „Alles Klar?“ darauf. „Aber verliere es nicht, ist ein Geschenk.“  So saßen wir da noch eine Weile und redeten, unfähig unsere Gefühle füreinander auszudrücken.

So endete dieser dann viel zu schnell gegen 1 Uhr, als ich sie nach Hause brachte. Am nächsten Tag hatte ich wieder Berufsschule, doch meine Anwesenheit war auch an diesem Tag nur körperlich.

An diesem Tag passierte allerdings etwas Merkwürdiges, ein Zeichen vielleicht? Eine Mitschülerin bat mich, etwas für sie bei jemandem abzugeben, der in meiner Stadt und zufällig in Katis Straße wohnte. Ich versprach dies zu erledigen und fuhr nach der Schule gleich dorthin. Als ich an Katis Haus vorbei fuhr stand sie vor der Tür.

Ich hielt an und fragte warum sie draußen stehe, mittlerweile war es ja schon November und ziemlich kalt draußen. Sie sah mich verstört an: „Na du wolltest mich doch abholen?“ „Nein, eigentlich nicht.“ erwiderte ich, „Aber steig erst mal ein.“ „Kathrin wollte dich doch anrufen ob du mich um 14 Uhr hier abholst?!“ Ich erklärte ihr warum ich eigentlich hier lang fuhr, brachte dann schnell meine „Lieferung“ weg und wir fuhren in den Club.

Da angekommen, kochte ich erst einmal lecker Tee. Bald trudelten alle ein, auch Robert der jetzt mit Nadine zusammen war. Wir wollten heute einen Nebenraum „entkernen“ und ich redete mit Clemens während wir dies taten. Ich hatte ihm ja nun schon anvertraut was ich für Kati empfand. Wir redeten also über sie und wie ich ihr meine Liebe gestehen könnte. Mittlerweile hielt ich es kaum noch aus wenn sie nicht in der Nähe war. Es war ein Gefühl der Ohnmacht, ein Schweben zwischen Ja und Nein. Dieses unbeschreibliche Gefühl von Glück.

Wir beräumten also mit Clemens diesen Raum und da die anderen vorn zu tun hatten, konnten wir uns ungestört unterhalten, als plötzlich Kati hereinkam um uns Tee zu bringen. Als sie mir den Becher gab, berührte ich kurz ihre Hand Wir zuckten beide zusammen, sahen uns einen Moment, der scheinbar eine Ewigkeit dauerte, an und die Zeit schien still zu stehen. Mein Herz schlug bis zu Hals. Ehe ich begriff was los war, verschwand sie aber bereits wieder.

Ich sah Clemens an, unfähig etwas zu sagen und war dem was da noch kommen würde scheinbar hilflos ausgeliefert.
„Dieses Mädchen bringt mich um den Verstand“, sagte ich dann zu Clemens, er grinste nur und empfahl mir einfach zu ihr zu gehen und ihr meine Gefühle zu gestehen. „Scherzkeks, wenn das so einfach für mich wäre, hätte ich das schon längst getan“.

Mittlerweile wußte jeder in der Werkstatt, daß es zwischen uns gefunkt hatte und alle warteten darauf, wie es weitergehen wird, schlossen wohlmöglich bereits Wetten ab. 

Später am Nachmittag saßen Kati und ich im Büro und unterhielten uns. Ich holte aus meinem Rucksack etwas heraus, dabei fiel mein Collegeblock herunter. Kati hob ihn auf und entdeckte ein Gedicht welches ich in der Schule geschrieben hatte. Es war ein Liebesgedicht aber ich hatte es in einer allgemeinen Form geschrieben, obwohl klar war, um wen es darin ging. Es waren halt die Gedanken an sie die mich den ganzen Schultag über beschäftigten. Sie las es und es schien ihr zu gefallen. Daraufhin blätterte sie eine Seite weiter und begann selbst zu schreiben. Nach 10 Minuten gab sie mir das Blatt mit der Bemerkung, daß dies an keine bestimmte Person gerichtet sei, zurück.

Ich las es und mir stockte der Atem...

Liebe?

Deine Hände halten mich fest, ohne mich zu berühren.
Schmetterlinge im Bauch, ein totales Gedankenchaos.
Ist das Liebe?
Der Versuch an etwas zu denken und immer wieder bei dir zu landen.
Du fühlst eine endlose Leere.
Ein Blick in die Zukunft ohne Horizont..
Ein Blick von Dir und ein Blitz durchfährt meinen ganzen Körper.
Ich fühle mich krank.
Krank vor Liebe!

Das muß Liebe sein.

 
Nachdem ich das gelesen hatte, war mir nach Cognac, aber ich versuchte ruhig zu bleiben und mir das Gefühlschaos nicht anmerken zu lassen. Kati verabschiedete sich dann, da sie zu Hause noch Arbeit und ihre Tochter zu versorgen hatte.

In dem Moment als sie ging, kam Clemens herein und sah mir schon an, daß etwas geschehen sein muß.
Ich gab ihm das Gedicht, er las es und grinste mich an. „Clemens, ich liebe dieses Mädchen. Hilf mir! “, flehte ich ihn an. „Dann mußt du ihr deine Gefühle offenbaren, Basta“. Leichter gesagt als getan. Nervös spielte ich mit dem Feuerzeug, welches sie mir geschenkt hatte und auf einmal erschrak ich. Was ich da in den Händen hielt, war zwar auch ein gelbes Feuerzeug, jedoch der Spruch war ein anderer. „Du gefällst mir.“, stand darauf. Ich überlegte kurz und da fiel mir ein, daß Kati ein gelbes Feuerzeug hatte mit just diesem Spruch darauf. Ja genau und sie hatte sich mein Feuerzeug kurz ausgeliehen, um sich eine Zigarette anzuzünden, wie sie sagte. Ich sah Clemens ratlos an. War diese Verwechslung der Feuerzeuge ein Zufall?

An diesem Abend arbeiteten wir noch ein wenig am Ausbau unseres Clubs, als Alex, der bei einer Pizzeria arbeitete, ganz aufgeregt hereinkam, um uns um einen Gefallen zu bitten. Er hätte für seine Pizzeria in der Stadt 3000 Flyer zu verteilen und fragte ob wir ihm helfen würden.

Wir waren zwar nicht sehr angetan von der Idee aber Freunde helfen nun mal einander. Kati fuhr, wie konnte es anders sein, mit mir. Wir fuhren also durch die Stadt und verteilten die besagten Broschüren. Als ich Kati beim Austeilen beobachtete, mußte ich mir wieder eingestehen wie hübsch sie war und wie dumm ich doch sein mußte, den Mut nicht aufzubringen ihr einfach mein Herz auszuschütten. Ich konnte seit Tagen weder Schlafen noch Essen. Sie war am Morgen mein erster und am Abend mein letzter Gedanke. Verliebtheit in Ihrer schönsten Form. Ich beobachtete sie beim Verteilen der Broschüren und empfand dieses Gefühl, wie soll ich sagen, sie beschützen zu müssen. Ich kann es nicht so beschreiben wie ich es empfand aber wer es schon erlebt hat weiß was ich meine.

Nachdem wir mit dem Verteilen der Broschüren fertig waren brachte ich Kati nach Hause und nahm mir fest vor ihr am nächsten Tag meine Liebe zu gestehen. Mit den Gedanken bei Kati schlief ich ein.

Am folgenden Tag hatte ich wieder Berufsschule, doch da ich durch Kati, die Klassenarbeit in BWL an diesem Tag ganz vergessen hatte, fuhr ich zu meinem Arzt und ließ mich für den Rest der Woche krank schreiben. Die entstandene Freizeit „opferte“ ich für Arbeiten im Club.

Vollendete Tatsachen

Es war der 11.11.1998, jener denkwürdige Tag an dem ich Kati meine Liebe gestehen wollte.

Wie gesagt verbrachte ich den Vormittag im Club um diverse Arbeiten abzuschließen.
Ich konnte den Moment nicht erwarten, an dem ich Kati an diesem Tag sehen würde. Die Schmetterlinge in meinem Bauch sangen ihr mittlerweile alltägliches Lied. Ich fuhr dann nach Hause um die Stunden bis zum Abend zu überbrücken.

Gegen 19.00 Uhr war ich wieder im Club und die Schmetterlinge in meinem Bauch schienen ausbrechen zu wollen. Ein Gefühl von unbeschreiblicher Kraft ergriff meine Körper.

Nach einer Meinungsverschiedenheit mit Robert (was recht oft vorkam aber meist nicht tragisch war) hatte ich keine rechte Lust mehr, im Club zu bleiben.
Kati bemerke dies und fragte, ob ich Lust hätte eine Weile mit ihr durch die Stadt zu fahren. Die Anderen nutzen diese Frage wieder für Flüstereien über uns. Ich bemerkte auch bei ihr, daß sie für diesen Abend einen Entschluß gefaßt hatte. Im Auto fragte Kati, ob wir an den Braunsteich fahren wollen.

So saßen wir am Braunsteich im Auto und schwiegen uns an. Es war ein grausames Schweigen, ein Schweigen voller Hoffnung und Angst, ein Schweigen das eigentlich das ganze Martyrium der letzten Tage in sich vereinigte. Nach einer Weile fragte Kati:“ An was denkst du gerade?“ Meine Stimme stockte. „Hast du mitbekommen das alle im Club über uns reden“, fragte ich. „Ja ich weiß. Was sagst du dazu“, fragte Kati. „Ich weiß nicht so recht, es scheint so zu sein.“, sagte ich mit stockender Stimme. Ich nahm ihre Hand, sah ihr in die Augen und hätte weinen könne vor Glück. „ Ich habe mich in dich verliebt, seit dem Moment an dem ich dich das erste Mal gesehen habe.“ Sie konnte nur noch nicken und mir leise zuflüstern: „Ich auch.“

Mein Traum war Wirklichkeit geworden. Wir waren ein Paar.

Wir redeten dann noch eine Weile über uns und unsere Gefühle, beschlossen aber im Club noch nichts von uns zu erzählen. Wir wollten die Spannung noch ein wenig erhalten, da wir ja mittlerweile das Thema Nummer 1 waren (und das ist man ja gern mal).

Zurück im Club, stiegen wir aus dem Auto, blieben noch eine Weile stehen und hielten unsere Hände. Wir gingen dann Hand in Hand bis zum Eingang. Da sahen wir uns noch einmal tief in die Augen und ließen uns los. Drinnen versuchten wir so zu tun als ob nichts wäre. Ob uns die Anderen uns das abgenommen haben, weiß ich nicht. Wir hielten es nicht lange im Club aus und so sagte ich, daß ich Kati nach Hause bringen würde, wir verabschiedeten uns von den anderen und fuhren weg. Alle grinsten.

Wir fuhren aus der Stadt heraus, wo wir uns mit dem Auto auf eine Wiese am Waldrand stellten und uns „1000 mal“ unsere Liebe gestanden. Wir malten uns unsere Zukunft aus und waren die glücklichsten Menschen auf der Welt.

So saßen wir bis morgens um 4.00Uhr im Auto und konnten unser Glück nicht begreifen. Da ich um 7.30Uhr wieder aufstehen mußte, brachte ich Kati nach Hause. Als sie gerade aussteigen wollte zog ich sie zurück und gab ihr einen Kuß - unseren Ersten, wohl bemerkt! Ich hätte vor Glück schreien können. Ich fuhr nach Hause, legte mich ins Bett und schlief im Gedanken an sie ein.

Der nächste Tag war grausam. Ich zählte die Stunden bis zu dem Moment an dem ich sie wiedersehen würde. Als ich sie dann am nächsten Abend abholte konnte ich es kaum erwarten sie endlich in den Arm zu nehmen und zu küssen. Die pure Liebe durchströmte meinen Körper.

Wir fuhren in den Club, jedoch waren wir echt nicht mehr in der Lage den anderen etwas vorzumachen und so erfuhren nach und nach alle von uns. Dieser Tag war für mich einer der glücklichsten in meinem Leben und ich versuchte dies logischerweise jedem zu zeigen. Lange blieben wir jedoch nicht im Club, denn es zog uns wieder an unseren Lieblingsplatz am Braunsteich. Hier hatten wir unsere Ruhe vor der Welt, hier waren wir ungestört und konnten uns unseren Träumen hingeben. Wir blieben eine Weile, da die Nächte jedoch immer kälter wurden schlug Kati vor, zu ihr nach hause zu fahren. Gesagt, getan und so fuhren wir zu ihr. Wir saßen auf ihrer Couch und tauschten Zärtlichkeiten aus. Stundenlanges Schmusen war an der Tagesordnung und tiefe Gefühle wurden füreinander wach. Es war einer dieser Momente die eigentlich niemals enden dürften. So verbrachten wir bis gegen 4.00Uhr. Nur aufgrund der Tatsache, daß ich am nächsten Tag arbeiten mußte verabschiedete ich mich, wenn auch widerwillig von Kati.

Früh stand ich um 8.00 Uhr im Büro und war hundemüde. Unsere Sekretärin fragte mich, was los sei und ich erzählte ihr von Kati und den letzten Tagen. Sie grinste, scheinbar in Erinnerung an ihre eigene Jugend und lächelte mich an. Ich war an diesem Tag für wirklich jede Abwechslung dankbar, denn ich konnte es nicht abwarten meinen „Schatz“ in die Arme zu schließen.

Ich holte Kati gegen 18.00 Uhr bei ihr zu Hause ab und wir fuhren in den Club. Hier hatten wir in der letzten Zeit viel erreicht, das Büro war fertig geworden und die ehemalige Werkstatt war zu einem riesigen Partyraum mutiert. Keiner, der das hier so sah,  konnte sich nur annähernd vorstellen, in welchem Zustand wir dieses Gebäude übernommen hatten. Wir hatten etwas an das wir glaubten und wir haben unseren Traum verwirklicht. Unsere eigene kleine Welt war entstanden. Für mich, in zweierlei Beziehung.

Was konnte mir schöneres widerfahren, als wahre Freunde und die Frau meiner Träume an meiner Seite zu haben.

An den folgenden Abenden hielten wir uns meist erst im Club auf, um dann zu späterer Stunde unser „Versteck“ am Braunsteich aufzusuchen. Hier saßen wir stundenlang und redeten und redeten und hatten uns lieb.

Es war, als würde die Zeit für uns stehen bleiben. Wir hatten uns und mehr brauchten wir, unserer Meinung nach auch nicht. Mit der Zeit die wir miteinander verbrachten,  begannen wir immer mehr Zärtlichkeiten auszutauschen. Zaghafte Küsse, Streicheleinheiten bis hin zu ersten Berührungen erogener Zonen. Ich hab sogar Phil Collins für sie nachgesungen (versuchsweise).

Es war kalt in diesen Nächten, vor allem im Auto und man konnte ja nicht ständig die Heizung und damit den Motor laufen lassen. So verbrachten wir den ersten Teil des Abends im Club, dann am Braunsteich und zum Schluß bei ihr. Wir saßen eines abends bei ihr auf dem Sofa und ich liebkoste ihre Ohrläppchen. Sie bat mich dies nicht zu tun: „Warum?“, fragte ich. „ Es ist so schon schwer genug dir zu widerstehen und da bin ich sehr empfindlich.“, ich grinste. Irgendwann gegen 2.00Uhr beschloß ich den Abend, getreu dem Motto „Wenn es am schönsten ist sollte man aufhören.“, zu beenden.  Nicht denken, daß mir dies einfach fiel, jedoch wollte ich nicht noch einen Tag ohne Schlaf verleben. Jedoch selbst als ich an diesem Morgen todmüde in mein Bett fiel konnte ich nicht schlafen. Zu viel war geschehen, zuviel Dinge, die ich nicht ohne weiteres verarbeiten konnte.    

Verhängnisvoller Freitag

War es der wenige Schlaf der letzten Tage oder etwas Anderes? Ich war Freitag früh nicht in der Verfassung arbeiten zu gehen, so fuhr ich zum „Onkel Doktor“ und ließ mich für diesen Tag Krank schreiben. Kati hatte mich am Vortag gebeten, ihr meine Bohrmaschine vorbeizubringen. Das war natürlich eine gute Gelegenheit sie vor dem Abend zu sehen.

Dazu muß ich folgendes erklären.

Katis Exfreund und Vater ihrer Tochter war um es so zu sagen, ein „Jemand“ mit dem IQ von Toastbrot. Wie sie sich damals in diesen Kerl verlieben konnte, war mir ein Rätsel.

Dieser Typ war jedenfalls der Ansicht, daß Kati sein Eigentum wäre und trotzdem sie ihm durchaus verständlich den Laufpaß gegeben hatte, taucht er immer wieder bei ihr auf und drangsalierte sie und Lea.

Er drohte mit körperlicher Gewalt gegen sie und Lea, sofern sie sich einen neuen Freund suchen würde.

Eine ganze Zeit „akzeptierte“ Kati dieses Gebaren. Jedoch als sie mich kennen (und lieben) lernte, war es damit vorbei und der Ärger ging los.

Ich fuhr mit Robert zu Kati, klingelte und wollte ihr die Bohrmaschine geben. Sie kam total aufgelöst die Treppe runter. „Verschwinde schnell, Naumann ist hier, er will dir was antun!“ Ehe ich begriff was los war, stand Naumann hinter ihr auf der Treppe und fing an, mich wüst und mit, seinem IQ entsprechend gewählten Worten, zu beschimpfen.

Naumann kam ein Stück die Treppe hinunter, plusterte sich noch mal kurz auf und schlug mir die Tür vor der Nase zu. Der Kerl war einen Kopf kleiner als ich, und hatte gerade mal 2/3 meiner Masse aber dieser irre Blick den er drauf hatte, der war echt nicht gesund. Kati hatte mich bereits gewarnt, daß dieser „Nieder-IQ“ zu meinem Nachteil, sehr erfolgreich Kampfsport betrieb. Auch war es kein Mensch mit dem man ein Thema verbal diskutieren kann. Es war ein armer kleiner Kerl, der glaubte seine Probleme, durch Gewalt lösen zu können.

Ich ließ mich von Robert sofort zu Kathrin bringen, um ihr das Vorgefallene zu schildern. Sie war die Einzige die mir jetzt meiner Meinung nach helfen konnte.

Kathrin stellte mir erst mal einen Tee hin und versuchte bei Kati anzurufen. Sie ging nicht ans Telefon. Ich wußte nicht mehr, was Oben und was Unten war Ich war total weggetreten. Mein Mädchen mein Glück, von solche einem Idioten zerstört?

So überlegten wir, was wir tun könnten. Kathrin und Robert fuhren Nachmittag zu Kati, Naumann war nicht da. Robert setzte Kathrin vor der Tür ab und wartete auf dem Parkplatz. Das Ergebnis dieses Treffens war nicht wirklich gut. Kati gab Kathrin einen Brief für mich mit.

Hallo Michael,

Ich glaube, ich bin Dir eine Erklärung schuldig und ich weiß auch,
daß dies nicht gerade einfach für Dich ist. Gib Dir bitte nicht die Schuld dafür.
Kannst Du mich verstehen, wenn ich dir jetzt sage, daß ich einen Fehler gemacht habe?
Du hast so was wie mich einfach nicht verdient.
Wir dachten wir haben viel gemeinsam und doch sind wir zu verschieden. (…)
Ich wünsch Dir viel Glück mit einem anderen Mädchen.

Machs gut, Kati

„Ich glaub mein Schwein pfeift.“, ich war außer mir vor Wut. „Glaubt sie, daß ich ihr das abnehme, das ist doch Bullshit.“

„Warum hat sie mir das, und vor allem so geschrieben?“, hatte sie sich aufgegeben? Hatte er sie bedroht? Hat sie das vor seinen Augen geschrieben um ihn zu täuschen? Ich wußte es nicht.

Wir fuhren in den Club und da habe ich mich hemmungslos besoffen.

Kampfansage

Samstag

Den ganzen Tag grübelte ich, wie und was ich nun machen soll. Gut, ich hatte Verbindungen zu ein paar Gangs aber die wollten vor dem Verhauen von Leuten gleich Cash und außerdem waren immer noch Kati und Lea in Gefahr. Wer weiß zu was in sein „hoher“ IQ treiben könnte.

Ich kam zu keinem Ergebnis.

Sonntag

Irgendwann am späten Nachmittag fuhr ich zu den Bullen und erklärte einem Beamten, daß meine Freundin von ihrem Ex in der Wohnung festgehalten wird.

Ich fuhr dann, vor der Polizei her, zu ihrem Haus. Wir parkten ein Stück weiter und ich zeigte den Polizisten den entsprechenden Hauseingang. Nach 15 Minuten kamen sie zurück. „Tja, laut Aussage von Frau K. ist alles Okay, es gibt keine Probleme.“ „Dem ist aber nicht so!“, protestierte ich. „ Es tut uns leid, wir können da nichts machen. Wenn sie sagt ihr geht’s gut…“

„Ich glaub ich bin bescheuert??? Scheiß Bullen…“

Ich fuhr in den Club. Ein Plan mußte her…

(…)

Mittwochabend


Warum mußte mir so was passieren? Bin ich so ein schlechter Mensch? Unübertrieben, - ich brauchte Kati wie die Luft zu Atmen. Mein Telfon klingelte, ich wollte es nicht hören.

Als ich abnahm, glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen.

„Kannst du mich schnell abholen, bei mir hinterm Haus?“ Es war Kati. „Ich bin sofort da!“, ich konnte es noch gar nicht fassen.

Ich fuhr auf den Parkplatz hinter ihrem Haus und da kam sie auch schon angelaufen.

Noch heute habe ich ihren Duft von diesem Abend in der Nase. Eine Mischung aus kalter Luft und dem Duft ihres Parfums. Sie stieg ins Auto und wir nahmen uns in den Arm und küßten uns.

Auf dem Weg in den Club bemerkte ich daß etwas mit ihr nicht stimmte. „Was ist los?“, fragte ich. Sie schluchzte: „Ich habe…du wirst mich hassen.“ „Was ist los?“ fragte ich noch mal. Und mit tränenerstickter Stimme beichtete sie mir: „Ich habe noch einmal mit ihm geschlafen aber ich habe dabei nur an dich gedacht“. Ohne Zögern sagte ich: „Vergiss es! Vergiss was war. Wir fangen noch mal neu an Okay?“

Wir fuhren dann in den Club und machten es uns im Büro gemütlich. Clemens und Robert kamen auch dazu…

Happy End ?

Da klingelte das Telefon. Ich sah auf das Display, ich sah die Nummer, es war Kamerad Naumann

„Shit!“, kommentierte ich. „Geh einfach nicht ran.“, sagte Kati. „Doch werde ich!“ „Hier ist Naumann, wir müssen uns mal unterhalten, komm einfach bei mir vorbei, sagen wir in einer halben Stunde.“ Aufgelegt.

„Du fährst da nicht hin, der schlägt dich tot, der hat seine Leute da, die lassen von dir nichts übrig, das machst du nicht!“, flehte Kati.

Ich sah Clemens an: „Bring bitte Kati nach Hause, ich fahr zu Naumann. Ruf mich in 40 Minuten an. Wenn ich nicht ans Telefon gehe rückst du mit den Bullen bei ihm an, verstanden!“ 
 
Clemens nickte.

Wirklich alles konnte mich nun bei ihm erwarten, von einer Horde Irrer die mich zusammen schlagen, bis zu einem einsichtigen Naumann. Letzteres hielt ich zwar für unwahrscheinlich aber die Sache mußte vom Tisch und irgendwie hatte ich ein gutes Gefühl. Warum auch immer.
 Ich klingelte. „Komm hoch!“ surrte die Gegensprechanlage. „Warum kommst du nicht runter?“ „Zu kalt.“ 1:0 für ihn. Ich öffnete die Haustür und ging, jeden Moment körperliche Gewalt erwartend, zu seiner Wohnung.

„Es war kein Gespräch, es war das Gefasel von Einem, mit einem IQ nahe Toastbrot. Ich solle gut für seine Tochter sorgen, und ob ich Kati wirklich liebe. „Bist du der Exfreund oder der Vater?“, dachte ich mir so. Nach 15 Min „entließ“ er mich von diesem Verhör.

Er wollte dann zu Kati hochfahren. Wollte er ein letztes Mal Macht über sie beweisen?
2 Stunden später klingelte das Handy. „ Micha kannst du mich abholen, er ist weg, ich glaube für immer.“  Wir waren dann bis 2.30 Uhr im Club. Wir waren einfach nur glücklich, hatten wir doch unsere Feuerprobe bestanden.

(…)

Ein paar Tage später, holte uns die Realität bitterböse ein. Es war gegen 17.00Uhr. Wir waren mit Robert in der Werkstatt und arbeiteten uns durch die E-Werkstatt als mein Handy piepte.

„Micha, komm schnell her, Naumann ist hier, er hat mich geschlagen, er will Lea mitnehmen...“ „Hallo! Hallo, Kati!“ „Scheiße aufgelegt“ „Robert, laß den Krempel liegen und ab ins Auto!“ „Wie jetzt?“, fragte er verwirrt. „Nicht jetzt, ich erkläre es dir im Auto.“ „Ich fuhr wie vom Teufel geritten durch die Stadt, dabei Robert die Sachlage erklärend. Jeder Bulle hätte uns sofort verfolgt, womit ich auch hoffend rechnete. Aber die Herren Polizisten hatten wohl besseres zu tun.

Als wir in Katis Strasse einbogen, griff ich in die Türverkleidung und holte eine 9mm „Überzeugungskraft“ heraus. Robert sah mich entsetzt an: „Bist du bescheuert, steck das Ding weg, schlimm genug das du die hast!“ „Ein Schuß, ein Treffer, ein Problem weniger!“, sagte ich, - und es sollte spaßig klingen.

„Ja, und 15 Jahre Knast, oder was?“, konterte Robert.

Ich war in diesem Moment zu allem bereit, zu mehr als Robert mir in diesem Moment vielleicht zugetraut hätte. Kati und Lea zu schützen, war für mich zur obersten Priorität geworden. Ich hätte in diesem Moment voller Anspannung und Wut keine Skrupel gehabt, Sebastian die Waffe vors Gesicht zu halten und abzudrücken.

Die Diskussion endete vor Katis Wohnungstür mit einer 180° Drehung per Handbremse.

Kati saß auf den Stufen und weinte. Ich ließ „Überzeugungskraft“ im Auto und rannte zu Kati. „Wo ist er?“, fragte ich. „Er ist abgehauen.“; sagte sie schluchzend.

„So kann das nicht weitergehen“, sagte ich mehr zu mir selbst.

Wochenende in Berlin - Party mit Folgen 

Osterwochenende 1999

Robert und ich fuhren, wie lange geplant war, zu unserem Kumpel Guido nach Berlin. Ich fand es gut, endlich mal wieder raus zu kommen. Guido hatte an diesem Wochenende auch noch Geburtstag und das verhieß ein gutes partymäßiges Wochenende. Guido wohnte in einem ehemaligen Schwesternwohnheim in Spandau. Die Leute, die hier wohnten, waren relativ locker drauf, so daß Robert und ich herzlich in der „großen Gemeinde“ dieses Hauses aufgenommen wurden. Dieser Abend ging mit einen gemütlichen Beisammensein und ein paar Alkoholika zu Ende.

Am nächsten Tag war Guido´s Party und die war der nie erlebte Hammer. Ich wußte vorher nicht wie viele Leute man in eine Einzimmerwohnung bekommt. Nachdem so 25 –30 Leute die Wohnung „verstopften“ und die Nachbarn auch alle da waren, beschloß man die Party auf den Flur des Erdgeschosses auszuweiten.

Später am Abend standen Robert und ich auf dem Balkon und unterhielten uns so über dies und jenes. Meine Beziehung mit Kati war auch ein Thema und Robert meinte ich hätte mich seit Anfang dieser Beziehung doch stark verändert und das nicht unbedingt positiv. Ich winkte ab, als ein atemberaubendes, rothaariges Mädchen auf den Balkon trat und uns Gesellschaft leistete. Robert hätte sicherlich alles unterstützt was mich von Kati weg bzw. abbrachte also ließ er mich mit der Dame allein und sorgte, wie ich am nächsten Morgen auch erfuhr, daß uns niemand anderes auf dem Balkon stört. Ich unterhielt mich also mit Steffi, wie sie sich vorstellte und wir waren uns auf Anhieb sympathisch. Nach dem mitunter zickigen Verhalten von Kati in den letzten Wochen, hatte ich auch irgendwie keinerlei Gewissensbisse, mit Steffi zu flirten. Nachdem man sich aufgrund des immer mehr ansteigenden Partylärms im Inneren  nicht wirklich unterhalten konnte, lud sie mich in ihre Wohnung ein, die zwei Etagen über Guido seiner lag.

(…)

Am nächsten Vormittag waren Robert und ich wieder unterwegs in Richtung Heimat, als mein Handy klingelte.

Es war Kati und der Ton in ihrer Stimme war mir sofort suspekt. Sie fragte wann ich etwa zu Hause wären und ob das Wochenende toll war. Sie sagte mir, daß sie am Samstag mit Alex, Kathrin und ein paar Arbeitskollegen von Alex nebst Freundinnen grillen war. Auch erzählte sie mir, daß sie da einen Typen namens Karsten kennengelernt hat.

Ich horchte auf.

Sie „beruhigte“ mich sofort unaufgefordert, daß er ein super Kumpel wäre, nichts weiter. Wenn Kathrin mir hierzu etwas anderes erzählen würde so wäre das nicht wahr.

„Hä, wie jetzt?“, sinnierte ich.

Sie verabschiedete sich und legte auf. Robert hatte mitgehört und wir grübelten. Warum ruft sie mich an um mir zu erzählen, daß Kathrin mich belügen würde? An der Sache war etwas faul und wenn Kati wegen irgend etwas ein schlechtes Gewissen hatte, dann war dieser Anruf eine logische, wenn auch naive Folge.

Karsten

Als ich zu Hause war, umarmte sie mich stürmisch und verlor kein Wort mehr über den Anruf, ich beschloß mit Kathrin zu reden. Am Abend fuhren Morris, Melanie, Kati und ich zum Tagebauaussichtspunkt. Mel und Morris saßen in ihrem Auto und zofften sich. Wir standen mit Kati vor meinem Auto und beobachteten die Sterne. „Was war am Samstag nur vorgefallen?“, überlegte ich. Meine Gedanken beschäftigten sich nur mit dieser Tatsache. Ich wollte und konnte mich nicht damit abfinden, daß es einen Anderen geben könnte. Nein, es gab keinen Anderen! Sie liebte mich doch, oder?

Am späten Nachmittag des folgenden Tages sagte Kati, daß sie noch mit Kathrin wo hin wolle und verabschiedete sich. Ich erinnerte sie daran, daß wir an diesem Abend mit meinem Cousin Steffen und seiner Freundin Essen gehen wollten. Ich sah auf die Uhr es war 19.45 Uhr. Wir wollten um 20.00 Uhr in Bad Muskau sein und Kati war noch nicht zu Hause. Ich fuhr auf gut Glück zur Essotankstelle wo Alex sich immer mit seinen Kumpels traf. „Vielleicht sind Kathrin und Kati ja da“, dachte ich. Kati war auch da, allerdings ohne Kathrin, dafür aber mit Karsten.

Ich parkte direkt neben ihm und stieg aus. Kati sah mich und kam auf mich zu. „Du weißt, daß wir um 20.00 Uhr in Bad Muskau sein sollen?“ „Tut mir leid ich habe nicht auf die Uhr gesehen.“ „Tolle Ausrede“, dachte ich. Sie stellte mich Karsten und anders herum vor. Pure Verachtung lag in meinem Blick.
 
Wir fuhren dann nach Bad Muskau doch Kati war an diesem Abend sehr wortkarg und die Stimmung war frostig.

Zu Hause ging es dann weiter, wir gingen ins Bett und ich wollte eigentlich nur ein bißchen Zärtlichkeiten austauschen. Sie wehrte ab. „Was ist los mit dir?“ fragte ich. Die Antwort war ein Uppercut: „Ich bin es nicht gewohnt, das ein Junge so viel Zärtlichkeit von mir möchte!“ Da waren wir über vier Monate zusammen und bereits sehr oft zärtlich mit einander gewesen und da bringt sie jetzt diesen Spruch?

Als ich am nächsten Abend von der Arbeit kam, sagte mir Kati, daß sie mit Kathrin ausgehen wolle, da ihre Freizeit in letzter Zeit „sehr gelitten“ habe. Ich hatte nichts einzuwenden, jedoch beschlich mich der Gedanke, daß sie wieder zur Esso wollte oder besser gesagt, zu Karsten. Ich war fix und fertig, mußte viel nachdenken. Dieser Karsten ging mir nicht mehr aus dem Sinn. Er zog sich wie ein roter Faden durch die letzten Tage.

Es klingelte an der Tür. „Das wird Kathrin sein, Tschüß.“, sagte sie und stürmte an mir vorbei.

Ich brachte Lea ins Bett, setzte mich ins Wohnzimmer und dachte nochmals über alles nach. Pure Verzweiflung kam in mir auf. Wie ich so vor mich hinstarrte, bemerkte ich daß Kati ihr Tagebuch auf dem Wohnzimmertisch liegen gelassen hatte. „Ist ja merkwürdig, sonst versteckte sie es immer akribisch?!“, sinnierte ich.

Die grausame Wahrheit

Dienstag, 06. April 1999

Ich war in einer Zwickmühle. Nach alldem was in den letzten Tagen so geschehen ist, brannte es in mir dieses Tagebuch zu lesen. Es wäre ein katastrophaler Vertrauensbruch, soviel war mir klar. „Warum hatte sie es liegen gelassen?“ Ich dachte nach. Was ist, wenn darin eine Wahrheit stand, die ich nicht wissen wollte? Was ist wenn sie es absichtlich liegengelassen hatte? Sie hatte sich schon seit einer Weile merkwürdig verhalten und seit meiner Rückkehr aus Berlin war da noch die Sache mit Karsten. Ich versuchte, einen Kompromiß zu schließen und nur die letzte Seite des Tagebuches zu lesen.

Nur um unserer Beziehung Willen wollte ich dies tun. Ich nahm das Tagebuch und meine Hände zitterten. Ich blätterte das Tagebuch von hinten her auf und stoppte bei der letzten Seite. Es traf mich wie ein Hammerschlag.

„Datum: 06.04.99 Karsten...Schmetterlinge im Bauch...Traummann“.

Ich war am Boden zerstört. Das „Um mich herum“ bewegte sich wie in Zeitlupe und mein Gehirn war nicht in der Lage zu verarbeiten was ich da las.

Ich wußte nicht, was ich tun oder denken sollte. Ich war nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Ich saß einfach nur so da und starrte die Wand an. Lange überlegte ich was ich tun sollte, wie ich reagieren sollte, was ich ihr entgegenbringen sollte. Ich konnte und wollte es nicht glauben. Mein Leben war durch ein paar geschriebene Zeilen zerstört. Meine Träume, meine Hoffnungen, um nicht zu sagen, alles – geplatzt wie eine Seifenblase.

Ich ging zeitig zu Bett, doch ich konnte nicht schlafen. Ich dachte nach und ich weinte.

Kati kam gegen 23.00 Uhr nach Hause. Im Schlafzimmer entkleidete sie sich und kam ins Bett. Sie begann zu schmusen und zu necken, doch verständlicherweise war mir nicht danach. Ich stellte mich schlafend. „Wo nimmt sie nur die Kraft her dafür her? Schreibt das eine in ihr Tagebuch und tut das andere mit mir? Sollte ich sie gleich darauf ansprechen?“, ich konnte nicht. Sie gab ihr „Liebesspiel“ nach einer Weile auf und ich schlief ein.

Am nächsten Morgen gab es keinen obligatorischen Abschiedskuß für sie.

Bevor ich die Wohnung verließ, legte ich noch ein am Vorabend von mir geschriebenes Gedicht auf den Wohnzimmertisch.

Die Kerze

Ich hab vor gewisser Zeit eine Kerze angezündet,
hab mich an ihrem Licht erfreut.
Ihr Schein war hell und ungetrübt,
war so glückvoll und warm.
Oft schon zehrte Wind an ihrer Flamme,
doch ich erhielt ihr Licht.
Das Licht der Kerze, kann es lügen?
Kann falsch Es sein und auch gemein?
Ich dacht es gibt nur eine Antwort,
doch lautet diese Antwort, -Nein?
Vieles fing an mich zu belehren,
das Feuer begann an meinen Nerven zu zehren.
Das falsche Licht der Kerze,
es schien mich unschuldig an.
Da wußte ich, ein Sturm wird aufziehen.
Irgendwann.


Gegen 10 Uhr rief sie in meinem Büro an. Sie sprach das Gedicht an. Ich behaupte, jeder andere Mensch an ihrer Stelle, hätte den Inhalt, bezogen auf die Situation begriffen. Sie scheinbar nicht. Sie erkundigte sich auch danach, warum sie am Morgen keinen Kuß bekommen habe. Am liebsten hätte ich sie gleich am Telefon zur Rede gestellt hätte, doch ich hatte noch einen Haufen Arbeit im Büro und beschloß daher mit ihr zu reden, sobald ich zu Hause bin.

Der Arbeitstag plätscherte so dahin und ich wurde von Stunde zu Stunde ängstlicher vor dem Moment sie am Abend zu sehen.

Mit einem Gefühl von Schmerz und Traurigkeit, öffnete ich, voller wirrer Gefühle, Gedanken und möglicher Varianten des Ausgangs dieses Tages, die Wohnungstür.

Ich ging ins Wohnzimmer, wo Kati gerade in ihrem Tagebuch schrieb. Sie benahm sich ganz normal, sah mir aber an, daß etwas mit mir nicht stimmte. Sie legte ihr Tagebuch weg.

„Was ist los mit dir?“, fragte sie, scheinbar auf etwas wartend. „Kati“, sagte ich, meine nächsten Worte überlegend. „Ich habe…ich…ich habe gestern Abend als du mit Kathrin unterwegs warst … also es lag auf dem Tisch … dein Tagebuch…und ich…habe es…also nur die letzte Seite … gelesen.“

 „Was hast du?“, platzte es aus ihr heraus. „ Ja, verdammt, es lag auf dem Tisch!“ Ich holte Luft. „Du bist ein anderer Mensch seit ich aus Berlin zurück bin. Irgend etwas war in den letzten Tagen. irgend etwas ist mir dir passiert als ich in Berlin war. Ich wollte es nicht lesen aber ich war verzweifelt und ich konnte nicht anders.“, brachte ich heraus.

„Wie konntest du nur! Warum hast du das getan?“, „ Ich weiß das es ein Vertrauensbruch war und ich schäme mich auch dafür. Verdammt, jetzt weiß ich aber wenigstens was los ist!“ „Was soll den los sein?“, fragte sie. „Was los sein soll?“. Ich mußte mich beherrschen. „Karsten … Schmetterlinge im Bauch…?!?“, sagte ich. Sie redete sich raus, daß das was da im Tagebuch steht, nicht wahr wäre. Sie versuchte sich herauszuwinden.

Ich kann das Wortgeflecht, welches sie mir als Erklärung abgab, hier nicht aufschreiben. Nur soviel, sie wollte mir einreden, daß man in sein Tagebuch Dinge schreibt die … sorry ich kriege es nicht mehr zusammen. Es war jedenfalls absolut obskur.

Stille.
 Sie sagte, sie müsse raus, weg, nachdenken. „Ich gehe zu Kathrin.“ „ Zu Kathrin...“, wiederholte ich sie.  „JA zu Kathrin, nicht zur ESSO und nicht zu Karsten, einfach nur zu Kathrin.“ Ich Idiot habe ihr geglaubt.

„Ich blieb natürlich zu Hause, einer mußte ja auf Lea aufpassen. Ich hätte mich an diesem Abend gern bis zur Besinnungslosigkeit besoffen. Verständlicherweise, oder? Aber ich übernahm in diesem Moment wieder einmal wie so oft, die Verantwortung für Lea, welche ich als meine Tochter ansah, wenn sie es auch biologisch nicht war.

In all der „Hektik“ hatte Kati ihr Tagebuch auf dem Tisch liegen gelassen. Ich erinnerte mich wieder. Sie schrieb darin bevor ich heim kam. Jetzt saß ich, wie bereits am Vorabend davor und überlegte. Wenn ich jetzt erneut darin lese und es steht das darin, was ich denke, dann kann ich mir sicher sein. Ich hatte keine Skrupel wie am Vortag und öffnete das Tagebuch.

„Datum 07.04.99...Ich glaube, ich liebe Michael nicht mehr … Karsten … ich genieße jede Minute des Zusammenseins … ich wünschte es würde sich was daraus entwickeln...“

Rien ne va plue!

Zeit zum Gehen

Erstaunlich gefaßt, überlegte ich meine nächsten Schritte. Zwei Anrufe später standen Clemens und Lars mit Kartons vor der Tür. Ich verpackte all meine Sachen und wies die beiden an, alles in mein Zimmer (welches ich seit einiger Zeit, eigentlich als Proberaum für das LEDIG MUSIC PROJECT gemietet hatte) zu bringen.

Ich rief nun Kati an, um sie Lea wegen nach Hause zu beordern. Ich wollte weg hier, konnte die Kleine aber nicht allein lassen.

Wäre Lea nicht gewesen, nichts hätte mich mehr gehalten, aber so gestaltete es sich etwas umständlicher. Ich nahm das Telefon und wählte Katis Handynummer. Nach dem vierten Klingeln nahm sie ab.

„Schatz…äh…Kati … tust du mir einen Gefallen und kommst bitte nach Hause?“, versuchte ich mit ruhiger Stimme zu sagen. „ Nein, ich habe jetzt keine Lust, ich komme später.“, gab sie trotzig zurück. „Tue mir bitte den Gefallen und komm jetzt heim.“, meine Stimme zitterte. „Warum?“ „ Ich muß mit dir reden.“ „Ich will aber jetzt nicht mit dir reden.“ Ich wollte die Sache jetzt auch nicht am Telefon austragen, also legte ich auf. Ich rief Melanie an, schilderte ihr kurz was vorgefallen ist, bat sie auf Lea aufzupassen bis Kati nach Hause kommen würde und wollte mich dann in mein Zimmer verziehen und mich besaufen. Morris und Melanie waren eine halbe Stunde später da.

Währenddessen rief ich Robert an und bat ihn, mich abzuholen. Da er mich mit dem Auto seiner Mutter abholte, welches Kati ja nicht kannte, kam mir eine Idee. „Fahr doch mal bitte an der Esso vorbei.“ Dirigierte ich ihn. Keine 3 Minuten später fuhren wir unbemerkt auf das Gelände der Esso-Tankstelle und sahen dort Kathrin, Kati und wie erwartet, Karsten.

Ich nickte Robert nur zu und wir fuhren ins Studio.

Mel rief später an, daß sie und Morris nach Hause müßten und Kati noch nicht da wäre. Also fuhr ich wieder in die Wohnung, unterhielt mich noch kurz mit Mel und Morris, die mir aufmunternd sagten, es gäbe sicherlich eine Lösung und verabschiedete die Beiden dann. Etwa eine halbe Stunde später kam Kati angetrunken nach Hause.

Wortlos kam sie ins Wohnzimmer und setzte sich hin. Ich stellte sie zur Rede. Der Alkoholeinfluß dem sie sich – entgegen ihrer Art – ausgesetzt hatte, führe dazu, daß das Gespräch nicht wirklich zustande kam.

Sie erzählte mir jedoch allen Ernstes, daß sie den heutigen Eintrag in ihrem Tagebuch  nur geschrieben hat um zu testen ob ich noch mal in ihrem Tagebuch lesen würde.

Wer die Sache aufmerksam verfolgt hat der wird jetzt folgendes feststellen. Kati hatte ihr Tagebuch bereits weggelegt, als ich ihr gebeichtet hatte, daß ich darin gelesen habe.

Die Schlußfolgerung ist glaube ich nicht interpretierbar sondern ziemlich fix.

Wir gingen dann zwar zusammen ins Bett aber ich konnte mir ihre weiteren Vorwürfe nicht anhören und so stand ich wieder auf und verbrachte ich den Rest der Nacht auf der Couch.

Am nächsten Morgen wachte ich nach einer Nacht mit wenig Schlaf auf und verschwand sehr zeitig aus dem Haus. Als ich am Abend von der Arbeit kam, stellte sie mich zur Rede.

Sie sagte mir, daß ich ihr Vertrauen aufs Gröbste mißbraucht habe, als ich ihr Tagebuch gelesen habe. Ich gab ihr zu 100% recht und versuchte ihr auch klar zu machen, daß es mir Leid tut und daß ich mir der Schwere meiner Tat bewußt bin. Ich sagte ihr aber auch, daß der Inhalt ihres Tagebuches, diesem Vertrauensbruch für meinen Geschmack im Nachhinein definitiv rechtfertigt.

Sie hat es natürlich nicht eingesehen.

Ich denke, einen solchen Schritt, wie den Meinen an diesen beiden Abenden, muß jeder für sich gehen. Ich weiß ich habe moralisch gesehen nicht das Richtige, aber das Beste für mich getan.

Ich sprach sie auch auf Karsten an. Sie reagierte, wie eine Mutter der man das Kind wegnehmen will. Sie zeterte und schimpfte. Es hatte keinen Sinn mit ihr darüber zu diskutieren. „Sag doch einfach, daß du ihn liebst!“, fiel ich ihr ins Wort. „Ich weiß nicht ob ich das tue!“, sagte sie laut. Meine Geduld war am Ende „Weißt du überhaupt, was du willst?“, fragte ich.

Sie begann zu argumentieren, daß ich ihr Vertrauen mißbraucht habe, indem ich ihr Tagebuch gelesen und ihr an der ESSO nachspioniert habe, das ich eine Menge Leute (Clemens, Robert, Lars, Mel, Morris) in die Sache rein gezogen habe und das sie für mich nur noch „Wut und Enttäuschung“ empfinde. Neben bei teilte sie mir mit, daß sie eine Beziehungspause wolle.

Ich nahm ein paar der Klamotten, die ich noch nicht ins Studio hatte bringen lassen und wollte gerade gehen, als ich mich umdrehte und sie fragte: „Fällt dir hier irgend etwas auf?“, Sie sah mich an und dann ins Wohnzimmer. „Du hast aufgeräumt?“ „Nein, meine Sachen sind nicht mehr hier in deiner Wohnung!“ Ich drehte mich um und ging.

Im Studio und versuchte ich, ein bißchen Ordnung zu machen. Clemens und Lars trafen auch bald ein und wir saßen bei Bier und mieser Stimmung beieinander.

Gegen 20.00 Uhr klingelte mein Handy. Es war Kati. Sie redete und redete und redete. Wir „einigten“ uns darauf die Beziehung zu beenden.

So begann mein neues Leben am Donnerstag, den 08.04.1999 um 21.34 Uhr.

Ich fuhr am selben Abend noch zu Kathrin. Ich mußte mit jemandem reden. Das Dumme an der Sache war nur, das eine gewisse andere Person, genau dieselbe Idee hatte. So saßen Kati und ich bei Kathrin und schwiegen uns an. Kathrin versuchte zu vermitteln aber es half nicht. Als von Kati der Satz:

„Ich bin in den letzten Monaten durch die Hölle gegangen!“, fiel, bin ich gegangen.

Ich kam zu dem Schluß, daß sie das Tagebuch mit Absicht liegengelassen hatte, damit ich es lese, sie darauf anspreche und ihr damit einen Grund liefere die Beziehung zu beenden. Es war eine einfache Erklärung mit der ich beschlossen hatte, mich abzufinden.

An den kommenden Abenden saß ich nun allein in meinem Zimmer und fürchtete mich vor der Nacht. Ich schrieb endlose Brief an Kati und zeriss sie dann wieder. Ich trank und rauchte mehr als man seinem Körper antun sollte und schlief irgendwann erschöpft ein. Am Morgen dann der erste Gedanke – die lähmende Gewißheit – es ist aus, vorbei. Tagsüber lenkte ich mich ab, abends trank ich und nachts schrieb ich.

Am Samstag waren wir mit Clemens und Lars in der Werkstatt. Hier sah es aus wie ein „Sauhaufen“, waren wir doch lange nicht hier gewesen.

Wir verbrachten den Tag damit die Werkstatt aufzuräumen, an unseren Motorrädern zu schrauben und uns dem Genuß von Bier hinzugeben.

Ich hatte in den letzten zwei Tagen nichts von Kati gehört und versuchte mich auch so lang und viel wie möglich abzulenken um nicht an sie denken zu müssen. Aber viel zu viele Dinge in der Werkstatt erinnerten mich an sie und immer wieder stand ich starr da und mußte an sie denken.

Am Nachmittag war ich noch mal bei Kathrin. Ich war echt froh, daß ich sie hatte. Hier und das versetzte mir den nächsten Schock, mußte ich feststellen, daß mich Kati auch in einer anderen sehr zentralen Sache belogen hatte. Entgegen Katis Aussage, daß Leas gezeugt wurde, weil aufgrund von Medikamenten die Pille versagt hatte erfuhr ich von Kathrin etwas anderes.

Sie wollte ihren Exfreund an sich binden, weil sie Angst hatte, er könnte sie verlassen. So hat sie die Pille einfach abgesetzt um ihn mit dem Kind an sich zu binden. Ich war entsetzt.

Den Abend verbrachten Lars, Robert und ich in meinem Zimmer bei Bier und schmutzigen Witzen. Ich hatte an diesem Abend wie an den zwei Abenden davor Angst vor der Nacht. Und als Lars und Robert gegangen waren, schrieb ich wieder. Es half mir, half mir zu verarbeiten. Wohlwissend, daß ich ihr diese Briefe nie geben würde, schrieb ich bis in die Morgenstunden.

Sonntagmorgen

Am nächsten Morgen erwachte ich durch das Klingeln meines Handys. Ich schaute auf die Uhr, es war kurz vor Acht. „Welcher Vollidiot ruft um die Uhrzeit an?!“, brummte ich während der Suche nach dem Telefon. Kein Vollidiot sondern meine Mutter, rief mich an. Da sie ja noch nicht wußte, daß wir uns getrennt hatten und sie Lea übers Wochenende zu sich genommen hatte, damit wir „Zeit für uns“ haben, konnte und wollte ich ihr folgend nicht sagen, was mich sehr bestürzte.

„Michael, wieso geht bei euch keiner ans Telefon“, fragte sie. Ich log sie an, daß Kati bei Kathrin gepennt hat und ich im Studio. Auf die Schnelle fiel mir nichts anderes ein und ich hielt es für das Wahrscheinlichste. Ich log meine Mutter an -  für diese Person!

Meine Mutter wollte wissen wann wir Lea abholen und ob wir dann zum Mittagessen bleiben. Ich sagte ihr daß ich sie zurückrufen werde.

Kati war also nicht zu Hause und mir kam ein ganz, ganz böser Gedanke, den ich nicht wahrhaben wollte.
 
Ich versuchte nun ebenfalls, Kati anzurufen doch das Handy war aus und auf dem Festnetztelefon nahm ebenso wie bei dem Versuch meiner Mutter auch niemand ab. So rappelte ich mich auf, zog mich an und fuhr zur Wohnung und klingelte. Es öffnete niemand. Da fiel mir ein daß ich ihr den Wohnungsschlüssel noch nicht zurückgegeben hatte. Ich schloß die Tür auf und es war wie erwartet niemand da.

Ich stieg wieder ins Auto, fuhr zu Kathrin und klingelte Sturm. „Was willst du um die Uhrzeit hier?“, fragte sie verschlafen. „Kati ist nicht zufällig bei dir?“, „Nein“, sagte sie verwirrt. „Naja, das ist nämlich so, zu Hause ist sie auch nicht.“, grinste ich sie an. Kathrin sah mich erschüttert an: „Komm erst mal hoch.“

Jetzt saß ich bei Kathrin im Wohnzimmer und zitterte. Wo ist sie, wenn ihr was passiert ist? 1000 Gedanken schossen mir durch den Kopf. Es war möglich, das sie bei Karsten ist aber das wollte ich einfach nicht glauben. „Verdammt, sie geht nicht ans Telefon, sie ist nicht zu Hause, sie ist nicht bei dir! Wenn was passiert ist!“, Tränen schossen mir in die Augen. Ich war am Ende. Was sie mir an diesem Morgen angetan hat, wird ihr wohl nie klar geworden sein.

Kathrin probierte auch noch ein paar Mal sie anzurufen und erreichte sie ebenfalls nicht. „Wir fahren jetzt erst mal zu Karsten.“, sagte sie daraufhin. Ich setzte Kathrin etwa 200 Meter vor Karsten Wohnung ab, „Sie muß nicht sehen, daß du mich hergebracht hast.“, sagte sie, stieg aus dem Auto und ich fuhr um den Block und wartete.

Und ich wartete 10 Minuten, 15 Minuten, 20 Minuten.

Kathrin kam um die Ecke gelaufen: „Laß uns fahren, Kati läuft gerade heim.“

In diesem Moment war ich so voller Wut und Enttäuschung, voller Hass und gebremster Tobsucht, daß ich entgegen meiner Art darüber nachdachte, Karsten einen längeren Aufenthalt in einer kieferorthopädischen Klinik zu spendieren. Da aber Kati offiziell nicht mehr „Meine“ war, verwarf ich den Gedanken wieder und fuhr los.

„Meine Mutter nimmt ihre Tochter zu sich, damit sie ihre Nächte bei diesem Crétin verbringt? Ich krieg gleich einen Anfall!“, ich war außer mir. Ich fuhr Kathrin nach Hause und wir setzen uns in ihr Eßzimmer. „Am Donnerstag haben wir uns getrennt und heute hat sie schon bei dem Typen gepennt.“ Ich wußte nicht was ich davon halten sollte. „Ich werde mir die Dame schon vorknöpfen!“, bemerkte Kathrin. Jedenfalls hatte Kathrin, Kati bei Karsten rausgeklingelt und ihr die Hölle heiß gemacht, soviel wußte ich jetzt. Alles Weitere würde sich ergeben. Ich wollte nur noch, daß Kati Lea bei meinen Eltern abholt, wobei sie dann auch irgendwie erklären müßte was eigentlich los war und dann hätte ich Zeit um Abzuschließen.

Ich fuhr zurück ins Studio und kochte mir erst einmal einen Kaffee. Daraufhin rief ich, nach kurzer Überlegung meine Mutter an und  erzählte ihr alles.

Eine Stunde später klingelte das Telefon und meine Mutter rief wieder an. „Ich habe gerade mit Kati telefoniert.“ Und ich kommentierte das mit einem „Aha!“ Und nun kam eine der Überraschungen für die meine Mutter immer zu haben ist: „Kommt ihr dann trotzdem zum Mittagessen?“ Ich war baff, ob dieser Aussage. „Du hast vielleicht Nerven! Ich will diese Person nicht … nicht jetzt …  und nie mehr sehen!“ Meine Mama versuchte mich dann unter Aufbringung all ihres diplomatischen Geschicks dazu zu bewegen mit Kati zum Mittagessen zu kommen.

Ich hatte keinerlei Ambitionen, ja es war mir sogar zuwider, sie zu sehen. Während meine Mutter noch sprach, legte ich auf.

Irgendwann, nach zahllosen Anrufen, sagte ich meiner Mutter unter Protest zu, Kati abzuholen und zum Essen zu kommen.

Ich rief Kati an und teilte ihr betont kühl mit, daß ich sie abholen würde.

Ich hielt vor ihrem Haus und ließ sie einsteigen, sagte aber kein Wort.

Auf dem Weg zu meinen Eltern, fing sie an sich 1000fach bei mir zu entschuldigen. Ich sah sie mit eiskaltem Blick an, atmete durch und sagte: „Du brauchst dich bei mir nicht zu entschuldigen! Du bist ein freier Mensch, unsere Beziehung ist zu Ende, du kannst tun und lassen was du willst. Aber dann kümmere dich allein um deine Tochter und laß meine Eltern da raus.“

„Laß uns bitte reden! Ich liebe dich und das ist mir jetzt klar geworden.“, flüsterte sie. „Bei Karsten, letzte Nacht oder was?“, ich wußte nicht wie mir geschah. „Da war nichts! Wir haben uns die ganze Nacht unterhalten, mehr nicht.“, gab sie mir zu verstehen. „Klar, auf jeden Fall … unterhalten!“, spottete ich.

Als wir auf den Hof meiner Eltern fuhren, blieben wir im Auto sitzen und ich fing widerwillig an, mich mit ihr zu unterhalten. Natürlich liebte ich sie noch, aber warum sollte ich das zugeben. Sie hatte die Beziehung beendet und das klang für mich ziemlich eindeutig und endgültig. Ich ließ mir meine Gefühle nicht anmerken und hörte ihr halbherzig zu. Wir saßen etwa 30 Minuten im Auto sitzend auf dem Hof meiner Eltern und redeten. Ich schlug vor, irgendwo hinzufahren, wo wir uns in Ruhe unterhalten könnten.

So fuhren wir dann zu einer alten Baumschule in der Nähe und redeten und redeten und redeten. 

Und um so mehr wir uns unterhielten, desto mehr zog sie mich wieder in ihren Bann. Sie schaffte es, mein mich zurück zu gewinnen. Warum ließ ich das, nach all dem was sie mir angetan hatte, zu? Ich wußte es nicht.

Als wir danach wieder zu meinen Eltern fuhren, bekam sie Weinkrämpfe und entschuldigte sich abermals und oft bei mir. Gleichzeitig wollte Sie Karsten anrufen um sich bei ihm zu entschuldigen, für das was sie ihm „angetan“ hatte.

Nach dem Essen bei meinen Eltern, bot meine Mutter an Lea noch einen Tag zu behalten, damit wir die Zeit nutzen können um uns auszusprechen.

Wir fuhren aber nicht in ihre (ich schreibe bewußt ihre) Wohnung, sondern in mein Studio. Hier redeten wir und schmusten auf meinem Bett.

So lagen wir also in meinem Zimmer, als plötzlich Robert herein kam. Er hätte mit allem gerechnet aber sicherlich nicht damit, daß Kati hier mit mir auf der Couch liegt. Er schaute uns kurz an, brummte ein „Guten Tag“ und verschwand wieder.

So verbrachten wir den Nachmittag in meinem Zimmer und genossen unser neu gewonnenes Glück.

Am Abend fuhren wir in ihre Wohnung. Wir setzten uns auf die Couch und ich holte die Videokamera, welche ich mir vor ein paar Tagen ausgeliehen hatte heraus und wir begannen von uns zu erzählen und dies gleichzeitig aufzunehmen. Wir erzählten Belangloses, Interessantes, was uns so in den Sinn kam. Ich glaubte an einen Neuanfang. An was glaubte sie?

Wir machten diverse Späße vor der Kamera … filmten uns gegenseitig beim Gitarre spielen oder anderen Dingen und ich versuchte die schrecklichen letzten tage zu vergessen und zu verdrängen.

Wir gingen spät ins Bett und ich hätte an diesem Abend sehr gern mit ihr geschlafen, wollte sie aber nicht drängen. Da sie keinerlei Ambitionen in diese Richtung zeigte, schlief ich ein.

Der Montag und Dienstag plätscherten so dahin und am Mittwoch morgen bemerkte ich eine Unruhe in ihr. Sie saß in einem meiner Pullover, die sie gern trug, barfuß auf der Couch und schaute Fernsehen. Sie gab sie lässig doch sie hatte mit uns abgeschlossen. Am Abend beschloß sie, sich mit Karsten auszusprechen, schließlich habe sie ihm doch wehgetan. Ich glaubte ihr und unterstützte sie in meiner Naivität noch bei dem Gedanken.

Karsten holte sie vor der Haustür ab. Als sie 2 Stunden später wieder zurück kam war sie wie verwandelt. 

(…)

Die zweite Trennung

Es war Donnerstagabend, der 15.04.1999 und die Beziehung zwischen Kati und mir war zum zweiten Mal gescheitert. Wir saßen auf der Couch. Kathrin und Melanie waren auch da. Es herrschte Eiszeit zwischen Kati und mir. Ich hielt es hier nicht mehr aus und fuhr ins Studio.

Ich machte dort mit Clemens und Robert einen drauf, bis um 22.00 Uhr Kathrin anrief. Ich solle doch zu Kati kommen, sagte sie mir und ich antwortete: „Warum sollte ich das tun? Die Beziehung ist zu Ende, ich feiere hier mit meinen Freunden, alles ist schön!“ „Kati hat Angst das du dir was antust!“, entgegnete sie. „Das kann ihr ja wohl scheißegal sein!“, spottete ich ins Telefon. Dennoch ließ ich mich von Kathrin überreden und fuhr zu Kati.

Ich weiß nicht, warum ich nicht einfach im Studio geblieben bin. Ich hätte nicht hochfahren sollen. Hoffte ich auf das Unmögliche? Verdammt war ich ein überoptimistisches Weichei.

Da liegt man im Bett neben dem Menschen, den man über alles liebt, für den man alles geben würde und weiß, daß dieser jemand nicht mehr das Geringste für einen empfindet. Freundschaft vielleicht, aber was nützt das? Ich glaube wir haben im Bett noch eine Weile geredet, bis ich einschlief.

Den folgenden Morgen rettete ein Kumpel von Kati, ein prima Kerl und zufällig einer ihrer Ex-Freunde. Er war die Nacht durch die Dissen gezogen und kam uns zum Frühstück besuchen. Ich machte uns Kaffee und wir saßen im Wohnzimmer und quatschten. Später kam noch Melanie vorbei. Irgendwann im Laufe des Vormittages landeten Kati und ich im Schlafzimmer, legten uns aufs Bett und fingen an zu reden. Unsere beiden Gäste verabschiedeten sich und wir gingen wieder ins Wohnzimmer. Das Unvermeidliche stand im Raum wie schlechte Luft.

Wir saßen auf der Couch, und ich verstand das alles nicht. Ich saß da und weinte und wußte nicht wie weiter. Sie war nach eigener Aussage nicht in der Lage die weiterhin die nötigen Gefühle für mich zu empfinden, die es bedarf eine Beziehung aufrecht zu erhalten. Sie sagte, daß Kathrin ihr den Schlüssel für ihre Probleme gegeben hatte. Sie würde aber, und das versprach sie mir sogar, „in der nächsten Zeit“ auch nicht mit Karsten zusammen kommen. So nahm ich meine letzte Tasche, verabschiedete mich und ließ diesmal den Wohnungsschlüssel da.

Es war vorbei.

Wenigstens, und das war ein „echter“ Trost, sagte sie mir, daß ich ihr als Mensch noch immer wichtig bin. Wie schön. Sie wies mich noch freundlich darauf hin, daß ich doch nicht ständig zu ihr kommen soll um „noch mal mit ihr zu Reden“. Auch sollte ich ihr keine Briefe schreiben.

Sie hatte für sich und ihr Gewissen wunderbar mit unserer Beziehung abgeschlossen, oder?

Die Zeit danach

Meine “Welcome Back Party” im Club war grandios. Es war Freitag und das Wochenende stand bevor, so konnten wir ausgelassen feiern. Ich hatte mein Zimmer, was ja eigentlich mein Tonstudio sein sollte, wohnlich hergerichtet und beabsichtigte erst mal hier zu bleiben. Meine Eltern boten mir an, wieder zu ihnen zu ziehen aber das wollte ich nicht. Ich brauchte erst mal Abstand und außerdem, einmal aus dem Nest gefallen muß der Vogel selbst fliegen.

Trotzdem ich über meine Beziehung zu Kati, alle meine Freunde vernachlässigt habe, nahm es mir keiner übel und man gratulierte mir herzlich zu meiner neu gewonnenen Freiheit. Ich saß da, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es war meine erste richtige Beziehung und während ich schon den Gedanken an eine Verlobung hatte, holte Kati mich nach nur fünf Monaten gnadenlos auf den Boden der Tatsachen zurück.

Samstagabend, saßen wir bei mir und feierten, als das Telefon klingelte. „Du glaubst nicht, wessen Auto vor Katis Wohnung steht!“, teilte mir die Stimme im Telefon mit. Ich schluckte. Karsten … nach drei Tagen. „So wurde mir klar, daß ich dieses Spiel verloren hatte.

Soweit es Kati anging war die Sache jetzt klar, jedoch was Karsten betraf, war des letzte Wort noch nicht gesprochen.

Manche mögen es altmodisch finden und ich weiß auch, daß immer zwei dazu gehören aber dieser kleine Crétin hatte mir meine Freundin ausgespannt und das wollte ich mir nicht bieten lassen.

So beschlossen wir unsere heutige Feier zu verlagern. Karsten und seine Kumpels trafen sich ja immer an der ESSO - Tankstelle und da wollte ich dann heute abend ganz spontan auch mal hin. Er selbst war nicht da -  richtig, er machte sich grad schöne Stunden mit meiner Ex. So kam ich mit seinen „Freunden“ ins Gespräch und „freundete“ mich ein bißchen mit denen an. Ich kann, und das haben später noch andere Menschen die „nicht nett“ zu mir waren zu spüren bekommen, ein ganz hinterfotziges Arschloch sein. Ziel dieser Esso-Unternehmung war einzig und allein, mir seine „Freunde“ unter den Nagel zu reißen.

Hey, ich bin ein netter Kerl, gebe gern einen aus, kennen die schmutzigsten Witze und Anekdoten und habe kein Problem damit auf fremde Menschen zuzugehen. Von daher war es ein Leichtes.

An einem der nächsten Abende bin ich zur ESSO gefahren, parkte neben Karsten und grinste ihn schelmisch an. Er drehte den Zündschlüssel herum und sah zu das er weg kam. Was habe ich herzlich gelacht. Alex erzählte mir dann, daß Karsten ihn gebeten habe, mir nichts von ihm und Kati zu erzählen. Darauf sagte Alex ihm, daß ich eh Bescheid weiß. Daraufhin muß ihm, laut Alex, fürchterlich die untere Gesichtshälfte entgleist sein.

An diesem Abend habe ich eins geschworen. Getreu dem Motto: „Man trifft sich immer zweimal im Leben.“, warte ich auf den Tag. Irgendwann läuft mir dieser Crétin über den Weg. Ich kann warten. Und dann, wenn er vielleicht schon keinen Gedanken mehr an das, was sich da 1999 zutrug verschwendet, wird es schmutzig.

(...)

Das die Beziehung zu Ende war hat meine Mutter verkraftet, daß sie die kleine Lea, sie so lieb gewonnen hat nicht mehr sehen konnte, das hat sie fertig gemacht. ABER als meine Mutter dann erfuhr, das Katis neuer LAG nur 3 Tage nachdem die Beziehung vorbei war bei ihr in der Wohnung auf der Couch saß, war sie am Boden zerstört. 

Meine Mama rief sie auch gleich an und orderte, daß die von mir dagebliebenen Dinge, mir sofort auszuhändigen sind, sonst wolle sie persönlich „Guten Tag“ sagen kommen.

Kati rief mich auch gleich, ganz aufgelöst an und erzählte mir von dem Telefonat. Ich fuhr zu ihr und holte meine Sachen ab. Ich ließ ihr die Waschmaschine, den Lederdrehstuhl, das Basecape, den BMW und das Telefon da. Das Geld für die Einrichtung sollte sie nun selbst an meinen Vater zurückzahlen, dafür ließ ich die Möbel da.

Sicherlich und verständlicherweise, hegte ich in der nächsten Zeit immer noch die schwindende Hoffnung, daß sie sich „besinnen“ und zu mir zurückkehren würde. Es aber war mehr ein stiller Wunschtraum als eine reelle Chance.

Jedoch sollte mir hier das Schicksal die Richtung vorgeben.

Nicht einmal zwei Monate später erfuhr ich, daß der Crétin sie geschwängert hatte. Kati erzählte mir dies dann in einem Telefonat und war überrascht, daß ich nicht überrascht war. „Ich weiß nicht woran es liegt aber ich bin scheinbar jemand, dem die Leute gern etwas erzählen und dazu gehörte jüngst auch dieser Sachverhalt.“, sagte ich ihr. „Kathrin?“, fragte sie. „Nein, nicht Kathrin.“, und wenn es so wäre würde ich’s dir auch nicht sagen. Es schien ihr nicht zu gefallen, daß ich so gut informiert war.

(…)

Melanies kleine Schwester

Etwa 3 Monate nach der Trennung von Kati, rief mich Melanie an, daß der Zeitpunkt ihrer Abreise am nächsten Tag bevorstehe. Sie hatte sich mit ihrem Freund wieder versöhnt und wollte mit ihm nach Jena gehen, um dort zu studieren. Das hieß für mich, sie lange Zeit nicht zu sehen. Nach der Sache zwischen Ihr und  mir sorgte ihr Freund ja sowieso dafür, daß wir uns nicht mehr sahen. Er hielt sie „an kurzer Leine“ und sie protestierte nicht. Sie war, so glaube ich, zu verliebt um das mitzubekommen.

Jedenfalls schlug Melanie vor, uns am Tagebauaussichtspunkt zu treffen, um uns zu verabschieden. Als Clemens, Robert und ich dort ankamen waren auch schon Mel, Kathrin und – meiner Ansicht nach -  Mel´s kleine Schwester da. Es war kurz nach 22.00 Uhr und bereits dunkel. Der Bagger in der Tiefe des Tagebaues schaufelte unaufhaltsam Kohle aus der Erde und fraß sich durch die Natur. Melanie und ihr Mitfahrer standen vor ihrem Auto und unterhielten sich. Wir stiegen aus meinem Auto und gingen zu den drei Mädels hinüber. Ich drückte Mel und gab Kathrin und ihrer Schwester gut gelaunt die Hand zur Begrüßung, wie es sich gehört. Es war trotz Mels bevorstehendem Weggang mal wieder einer der Tag an denen ich, nach der Trennung von Kati mal wieder richtig gute Laune hatte. Ich kasperte also mit Clemens und Robert herum, wie man mich von früher kannte.

Melanies Schwester war recht wortkarg, was ich aber erst im Nachhinein verinnerlichte.

Nachdem wir uns etwa eine halbe Stunde unterhalten hatten, setzte sich Mel´s Schwester ins Auto und sah soweit ich das erkannte, ziemlich traurig aus. Ich wandte mich an Mel: „Hey, was ist denn mit deiner Schwester los die schaut ja so griesgrämig.“ Melanie schien es aber nicht gehört zu haben und antwortete nicht. Es wurde Zeit und wir begannen, uns von Melanie zu verabschieden. Ich umarmte sie und wünschte ihr viel Glück. Sie setzte sich ins Auto und fuhr los.

Robert, Clemens, Kathrin und ich blieben noch eine Weile da, tranken ein paar Bier und quatschten. Nach ein paar Minuten fragte ich Clemens: „Mel´s Schwester war ja auch nicht gerade bester Laune?“ Alle drei verstummten auf einmal und  sahen mich mit fragenden Gesichtern an. „Was´n mit euch los?“ fragte ich, den offensichtlichen Witz nicht verstehend. „Kannst du deine Frage bitte wiederholen?“, sagte Kathrin mit betont langsamer Stimme. „Sagt mal habt ihr gesoffen?“, fragte ich bei Betrachtung ihrer Gesichtsausdrücke. 

Kathrin holte Luft: „Michael, das war nicht Mel´s Schwester. Das war Kati.“

Kathrin hatte Mühe mit dem Sprechen. Clemens und Robert sahen mich immer noch an wie Kühe schauen, wenn’s donnert. „Ich hatte schon Angst, wie du ihr gegenüber auftrittst und war ziemlich erstaunt, daß du sie so freundlich begrüßt hast.“, sagte Robert. „Wußtet ihr, daß sie mitkommen würde?“, fragte ich. „Nein aber schwer zu erkennen war sie ja nun wirklich nicht!“, sagte Clemens.

Wenn ich jetzt im Nachhinein über diesen Abend im Tagebau nachdenke, muß ich immer lachen, war die Situation doch skurril und gleichzeitig urkomisch.

Epilog

Fünf Jahre hat es gedauert diesen Teil meines Lebens zu Papier zu bringen. Ich schrieb manchmal Tagelang hintereinander und manches Mal ein halbes Jahr gar nicht. Ich verwarf, schrieb neu und verwarf wieder. Ich bin selbst jetzt noch nicht fertig mit der Bewältigung dieser Beziehung. Es war meine erste große Liebe und die Mächtigkeit mit der wir zusammen waren, all die Hürden und Höhen, all die Tiefen und Opfer haben mich emotional sehr geprägt um nicht zu sagen meine heutigen Lebensweg bestimmt. Vieles fehlt noch, ist noch nicht aufgeschrieben, vieles das es vielleicht gelohnt hätte aufzuschreiben. Doch das Schreiben birgt auch, sich ständig und immer wieder zu erinnern. Erinnerungen, die teils schön aber teils auch traurig und schmerzend sind. Mit der Zeit verschwimmen Details, vergißt man Dinge und findet nicht mehr die Zeit und Ruhe weiterzuschreiben. Dann ist es Zeit loszulassen und nach vorn zu schauen.

Ein Dank gilt all meinen Freunden und meinen Eltern die mich damals unterstützt und nicht aufgegeben haben.


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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.12.2009. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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