Als er sie zum ersten Mal sah, war es als wenn die Sonne
nur für ihn scheinen würde. Die ganze Welt wurde in Farben getaucht die er
bisher noch nie gesehen hatte. Die Zeit schien für einen Augenblick
stillzustehen und die ganze Welt hielt für einen Moment den Atem an.
Doch sie schien ihn nicht zu bemerken. Als sich ihre Blicke zufällig streiften,
war es als würde man ihm ein Messer durchs Herz stoßen. Ihre Augen zeigten
unendlichen Schmerz und totale Selbstaufgabe. Noch nie hatte er solch einen
Beschützerinstinkt in sich gespürt. Er wusste nur das er ihr irgendwie helfen
musste. Das sie nie wieder so tief verletzt werden sollte, das sie niemals mehr
wieder so einen Ausdruck in ihren Augen haben sollte.
Er ging zu ihr rüber und unterhielt sich lange mit ihr. Kaum ein Lächeln kam
ihr über die Lippen, dennoch war sie höflich und interessiert. Trotzdem mied
sie seinen Blick.
Am Ende des Abends tauschten sie die Nummern und verabredeten sich für den
nächsten Tag.
In der Nacht träumte er von ihr. Von seinem schönen Gefallenen Engel.
Am nächsten Tag ging er alleine in die Stadt um ihr ein kleines Geschenk zu
kaufen. Die Farben um ihn herum waren schon wieder verblasst. Keine andere Frau
fiel ihm auf, auch wenn diese sich wie immer massenhaft von ihm angezogen fühlten.
Erst als er sie zum Verabredeten Zeitpunkt im Park traf begann seine Welt
wieder zu strahlen. Wie am Vorabend war sie ganz in schwarz gekleidet und ihr
Lächeln erreichte ihre Augen nicht als sie ihn sah.
Ab da verging kaum ein Tag an dem sie sich nicht sahen. Und trotzdem waren sie
kein Paar. Immer dann wenn es ihn überkam und er mehr versuchte, blockte sie
sofort ab und ungeweinte Tränen traten in ihre Augen bevor sie für den
restlichen Tag verschwand.
Es machte ihn halb wahnsinnig das er nicht wusste was mit ihr war. Jeden Tag
wurde er missmutiger. Er wollte ihr helfen und doch konnte er es nicht, er
hatte Angst um sie. Jedes Mal wenn er versuchte sie darauf anzusprechen,
wechselte sie geschickt das Thema.
Also fand er sich damit ab und versuchte jeden Tag noch schöner als den anderen
für sie zu machen.
Eines Nachts schreckte er aus einem Alptraum auf. Mal wieder hatte er geträumt
das sie verschwunden war und er sie nicht mehr finden konnte.
Er tastete nach seinem Handy und war überrascht als er eine SMS von ihr darauf
sah.
“Es tut mir Leid.“
Immer wieder las er diese Zeile. Ungläubig, doch sein Herz wusste es längst.
Ohne eine Sekunde länger zu warten, sprang er aus seinem Bett, rannte aus dem
Haus und stieg in seinen Wagen. Alle roten Ampeln und Verkehrsregeln
missachtend raste er quer durch die Stadt zu ihrer Wohnung. Er klingelte
überall Sturm um ins Haus gelassen zu werden.
Kaum war er im Haus stürmte er in den dritten Stock und trat ihre Tür ein.
Leise Musik drang aus dem Wohnzimmer. Jeden Raum durchsuchte er und fand sie
schließlich im Badezimmer. Der Schein der Kerzen die sie angezündet hatte ließ
die ganze Szene unwirklich erscheinen.
Ihr Handy lag neben der Badewanne, sie lag mit geschlossenen Augen im roten
Wasser. Es sah aus als ob sie schlief. So entspannt und friedlich hatte er sie
die ganze Zeit in der er sie kannte nicht gesehen.
Andächtig kniete er neben ihr. Nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände legte
seine Stirn an ihre und registrierte nicht einmal das ihm Tränen über das
Gesicht liefen.
Wie sehr wünschte er sich das er aus diesem Alptraum erwachen würde. Zögernd
küsste er ihre Lippen.
Zum ersten und letzten Mal.
Kein Atemzug ging durch ihre Lungen.
Kein Herzschlag trieb ihr das wenige Blut durch den Körper.
Und trotzdem hoffte er das sie es irgendwie wissen würde das er selbst jetzt
noch bei ihr war.
Ungeachtet des roten Wassers das sein weißes T-Shirt rosa färbte hob er ihren
Leblosen Körper aus der Wanne. Die Wunden an ihren Unterarmen erschreckten ihn.
Auf ihrer Couch legte er sie vorsichtig nieder, deckte sie zu und strich ihr
noch einmal über ihr zartes Gesicht.
Dann rief er die Polizei.
Während er wartete kniete er stumm neben ihr auf dem Boden und hielt ihre Hand
die immer kälter wurde.
Die übliche Prozedur begann als die Polizei endlich eintraf.
4 Tage später, regnete es wie aus Kübeln. Er war der einzigste der zu ihrer
Beerdigung kam. Die Polizei hatte keinerlei Verwandte ausfindig machen können.
Auch in ihrem Handy waren keinerlei Freunde oder Bekannte zu finden gewesen.
Er konnte, wollte nicht verstehen das sie wirklich nicht mehr hier war. Als
letzten Abschiedsgruß lies er eine blaue Rose auf ihren Sarg fallen.
Nie wieder sollte sein Leben so bunt und lebendig sein wie in der kurzen Zeit
mit ihr. Und als er selbst viele, viele Jahre später seinen letzten Atemzug tat
war das letzte an das er dachte ihre traurigen, schmerzvollen Augen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.01.2010.
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