Kurt Herchenbach

Kleine Geschichte(n)

Kurt Herchenbach

 

 Kleine Geschichte(n)

 

 

 

   Wenn man uns Deutschen nachsagt, wir hätten keine heraus-ragenden Politiker mit geopolitischem Weitblick hervorgebracht, so stimmt das ganz einfach nicht. Das reicht von dem  geistreichen Alten Fritzen über den knorrigen Bismarck, den geschliffenen Gustav Stresemann bis hin zum listigen Konrad Adenauer. Vielleicht auch ein Helmut Schmidt?

Greifen wir uns aus zwei aktuellen Themen zwei Sprüche des Otto von Bismarck heraus. Der Balkan wird immer ein Pulverfass bleiben,  und ebenfalls soll er gesagt haben, In Afghanistan kann man zwar Schlachten, aber keine Kriege gewinnen. Ist dieser Mann heute nicht aktueller denn je?

*

 

Was geschah auf dem Balkan, als mit Titos Tod im gewesenen Jugoslawien der Schnellkochtopf mit dem völkischen Vielererlei explodierte? Ist das bereits Geschichte, oder noch Gegenwart? Was mag noch im Kosovo passieren, sollten einmal die KAFOR-Truppen abgezogen werden? Und in Serbien ist es doch auch nur deshalb so „ruhig“, weil die EU mit der Drohung wirtschaftlicher Sanktionen die Flamme klein hält.

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Wenden wir uns Afghanistan zu. Wer hat sich am Hindukusch nicht schon alles die Finger verbrannt? Dreimal die Briten, zweimal die Russen, aktuell die Amerikaner. Und nun müssen auch wir dabei sein.

Ja, wir müssen, denn die Nato ist ein von den USA dominierter Beistandspakt. Und die Amerikaner bekämpfen dort in Gestalt der Taliban den internationalen Terrorismus. Und der soll ja auch uns bedrohen. Wobei pikant ist, dass die USA genau diese Taliban zuvor gegen die damalige UdSSR wirtschaftlich und militärisch aufgerüstet hatten. Was heute propagandistisch so dargestellt wird, als käme - auch heute noch – diese Hilfe aus den arabischen Emiraten, mit denen die USA andrerseits jedoch „Gut Freund“ sind.

Aber auch: Hat das Weiße Haus schon vergessen, mit welcher Naivität sich die damalige Administration in das vietnamesische Erbe Frankreichs drängte?

 

Beleuchten wir einmal unsere Rolle beim aktuellen Krieg, der nach hiesiger Lesart erst so nach und nach erst einer wird und in dem aus zweierlei Sicht deutsche Truppen - zumindest vordergründig betrachtet - auch gar nichts zu suchen haben dürften.

Das Grundgesetz schreibt nämlich fest, dass die Bundeswehr in keinerlei Angriffskriege verwickelt werden darf. Diese Klippe hat der seinerzeitige deutsche Verteidigungsminister Struck höchst elegant umschifft: „Deutschland wird am Hindukusch verteidigt!“ So dumm war dieser sämtlichen Kabarettisten Nahrung gebende Spruch also gar nicht. Zum anderen führten unsere schwer bewaffneten Truppen ja gar keinen Krieg: „Sie helfen dort lediglich beim Wiederaufbau.“

Wenn das kein eklatanter Widerspruch in sich ist: Wir verteidigen uns, obwohl uns niemand angreift. Und bestätigen derart Bismarck auf eine Weise, die der Alte so gewiss auch so interpretiert haben könnte:           Wer in Afghanistan keinen Krieg führt, der kann auch keinen verlieren. Solches nennt man Realpolitik!

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Als der Iraker Saddam Hussein in der Tradition aller größen-wahnsinnigen Diktatoren versuchte, sich mal so eben Kuwait unter den Nagel zu reißen, da hatte er das Pech, dass der alte Texaner Bush  sein Geschichtsbuch auf dem Nachttischchen liegen hatte. Der schlug kurz das Kapitel Arabien auf und stellte fest, dass dort im Gegensatz zu Afrika und Asien, keine westliche Großmacht längerfristig hatte Fuß fassen können. So schlug er dem Hussein kurz eins aufs Haupt und holte danach seine Angrifftruppen heim. Zum Schutz „seiner“ Ölquellen und als Bodygards für die kuwaitischen Scheichs, ließ er lediglich eine kleine Schutztruppe zurück.

*

 

Doch wie das nun mal so mit Kindern ist, wollte auch dessen Küken schlauer sein als der alte Hahn. Das Söhnchen machte den Hussein mit der Begründung, der horte schreckliche Angriffswaffen gegen die USA, einen Kopf kürzer. Dabei hätte der Junior nur mal seinen Kriegsminister Rumsfeld fragen müssen. Der hätte ihm sagen können, dass der Hussein die von ihm selbst gelieferten Giftgase längst gegen die Iraner und Kurden verbraucht hatte.

Doch hier hatten sich die Deutschen erfolgreich geweigert, ihre Heimat am Euphrat zu verteidigen. Mag diese Haltung, sowie dessen Freundschaft mit dem „lupenreinen“ demokratischen Russen Putin, Gerhard Schröder einmal in die Geschichtsbücher bringen? Neben die, die vor ihm über den täglichen Tellerrand schauten? Zusammen mit einem Putin, der aus späterer Rückschau für sein Russland lang-fristig durchaus segensreich gewesen sein kann?  

*

 

Es war im Jahr 2008, da politisierte ich dort mit einem Syrer über die Rolle seines Landes in Nahost und dessen Furcht vor aggressiven Amerikanern.

Die Syrer seien zwar in deren Augen Schurken, doch relativ sicher vor einem Angriff. Dafür fehlten Syrien – so argumentierte ich weiter - doch ganz einfach die Begehrlichkeiten weckenden Ölquellen.

„Das wissen die Amerikaner über ihre Satteliten doch viel besser als wir, ob wo wie viel Öl unter unserer Wüste lagert!“, konterte dieser.

Na ja, dachte ich, um da mitreden zu können, bist du daheim schon rein geografisch zu weit weg.

 

Doch am 25. 04.`08 flatterte den Medien eine dpa-Meldung in die Redaktionen, die den Direktor der Internationalen Atomenergie-behörde, El Baradei  und auch mich mächtig stutzen machte.

Da hatte eine Sprecherin des Weißen Hauses die folgende Nachricht lanciert: „Wir sind aufgrund verschiedener Informationen davon überzeugt, dass Nordkorea Syriens geheime Nuklearaktivitäten unter-stützte“. Und „Wir haben gute Gründe ….. davon auszugehen, dass der Reaktor ….. nicht für friedliche Zwecke bestimmt war.“

 

Falls diese Informationen auch aus dem CIA-Hauptquartier in Langley stammen sollten, so kann man davon ausgehen, dass diese Nachricht eine ähnliche Ente ist, wie die mit den irakischen Massenvernichtungswaffen. Dann wird der gute George W. Bush jun. seinen Schlapphüten aber mal wieder gehörig die Ohren lang ziehen müssen!

 

Nun aber wird die Sache noch mysteriöser, denn dieser ominöse  Reaktor existiert überhaupt nicht mehr! Denn den soll die israelitische Luftwaffe im September `07 durch einen Luftangriff zerstört haben. Und von solch einem Knall sollten die Medien, denen doch sonst jede Scud-Rakete Schlagzeilen wert ist, nichts gehört haben? Auch – fechten Israel und Syrien ihren Stellvertreterkrieg nicht ausschließlich im Libanon aus? *)

 

Könnte es vielleicht aber sein, dass die Amerikaner tatsächlich in der syrischen Wüste Öl gefunden haben? Denn dann machte es schon propagandistisch Sinn, die schurkischen Koreaner vor einen wenn auch nur imaginären  syrischen Atomkarren zu spannen.

 

*

 

Aber bevor ich den Eindruck erwecke, ich ergriffe einseitig gegen die USA Stellung, möchte ich ganz deutlich machen, dass auch  Amerika weitsichtige Politiker hervorgebracht hat.

Die Weitsicht der Gründerväter bleibt ebenso legendär, wie deren Folgen  heute der Reform bedürfen.

Harry S. Trumans Nachkriegsdoktrin sei hier erwähnt, die Grundlage für den Marshall-Plan war, der Westdeutschland direkt aus den Kriegswirren heraus zu dem Schutzschild gegenüber dem Kommu-nismus machte.

Kennedys Verjüngungskur, mit der er die amerikanische Verkrustung aufbrechen wollte, soll nicht vergessen werden.

Auch nicht die Drohung des Protestanten Reagan mit seiner Weltraumrüstung, die in Verbindung mit der religiösen Offensive des Polen Woitila auf dem Stuhl Petri, dem Kommunismus den Garaus machte. - Doch die danach?

Könnte es sein, dass weder in Europa noch in den USA Politiker nachwachsen, die dem Begriff Staatsmann wieder Glanz geben könnten? - Ein Obama vielleicht??

Mag es sein, dass all die, die dazu fähig sein könnten, lieber in der Wirtschaft globale Bündnisse schließen? Macht wurde früher durch wirtschaftlich geprägte Politik ausgeübt. Heute hingegen gängelt die Macht der Wirtschaft die Politik                                                           

 

 

*) Und als PS der Inhalt einer dpa-Meldung vom Mai `05:

Der israelische Verteidigungsminister über schon länger währende Gespräche zwischen beiden Staaten und der vermittelnden Türkei: „Israel hat ein Interesse daran, Syrien aus dem Kreis der feindliche Staaten herauszuziehen …“

 

  

 

04/08

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.01.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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