Sabrina Kerner

Das Leben

Hast du jemals das Gefühl gehabt von niemanden geliebt zu werden? Das Gefühl des völligen Alleinseins, der Kälte und Leere ganz tief in dir drinnen. Missverstanden, gehänselt und ungeliebt.
Und du hast die Kinder beobachtet und dich gefragt, wie sie so viel Freude über diese Welt empfinden können! Du hast Freude, Hoffnung und Liebe in ihren Augen gesehen. Du sahst sie lachend auf einer Blumenwiese springen und tanzen.
Und dann trafst du einen Erwachsenen und dieser erzählte dir vom Leben. Vom Leben, welches da draußen stattfindet.
Er erzählte dir von Dingen, die grausam in deinen Ohren klangen, welche von Gewalt und Hass handelten.
Du hörtest zu, wie er von Dingen erzählte, denen du keinen Glauben schenktest. Wut, Trauer und Feindseligkeit lagen weit außerhalb deiner Vorstellungsgrenze. Für dich klangen sie wie Begriffe aus einem Gruselmärchen, welches man Kindern erzählte, um sie einzuschüchtern. Und doch gingst du jeden Tag wieder zu dem Erwachsenen und hast dir „Geschichten“ von der Welt erzählen lassen. Und du warst schockiert, schockiert über die Grausamkeit der Menschen. Und du fragtest nach Freude, Hoffnung und Liebe, sowie du sie in den Augen der Kinder gesehen hast. Doch der „Geschichtenerzähler“ zuckte nur mit den Schultern und erklärte dir nie etwas von diesen Dingen gehört zu haben. Nun warst du noch schockierter als beim ersten Mal und in deiner Unwissenheit glaubtest du an einen schlechten Scherz.
Doch eines Tages da veränderte sich dein Leben schlagartig. Du trafst auf einen Menschen, der Tränen aus bitterer Verzweiflung vergoss. Noch nie zuvor hattest du einen Menschen weinen gesehen. Was solltest du tun? Also gingst du zu ihm, legtest ihm den Arm um die Schultern, strichst ihm durch die Haare und sagtest: „Alles wird gut.“ Doch er schüttelte den Kopf und sagte „nein“. Du fragtest nach dem „Warum“ und er sagte: „Wenn Geld die Welt regiert, dann wird nichts mehr gut.“
Du gingst weiter, weil du nicht verstandst und ließt den Menschen allein mit seiner Trauer. Und so zog sich der Kreis der Gewalt immer enger um dich, ohne das du es bemerktest
Du gingst weiter durchs Leben, immer mit einem Lächeln auf den Lippen.
Die Jahre vergingen und du dachtest oft an den Geschichtenerzähler zurück, denn mittlerweile wusstest du dass er Recht gehabt hatte.
Du hattest Angst, Verzweiflung, Kälte, Ratlosigkeit, Krankheiten und vieles mehr kennen gelernt.
Du sahst die Mordlust in den Augen der Menschen, wenn sie ihre Mitmenschen niedermetzelten.
Du sahst die Angst in den Augen der Frauen und Kinder, wenn die Männer in den Krieg zogen.
Du sahst wie eine Krankheit einen Menschen dahinrafft oder ihm gar den Tod bringt.
Du sahst wie Ehen zerbrachen aus Eifersucht, wie Familien sich gegenseitig terrorisierten um jemanden für den Tod des anderen schuldig zu machen.
Aber die wichtigste Lektion die du lerntest war, dass Menschen bereit sind für Geld alles zu tun.
Und du dachtest an den Menschen zurück, den du weinen sahst als er dir sagte: „Geld regiert die Welt.
Nun hattest du verstanden. Und dein Lächeln auf den Lippen war erloschen. Und du fragtest nach dem Sinn des Lebens. Wo war die Freude geblieben? Wo die Liebe? Und welche Hoffnung gab es für die Welt?
Du sahst die Kinder nicht mehr tanzen, denn die Sicht war getrübt von Tränen. Tränen, welche du vergossen hast, weil dir die schönsten Dinge im Leben verloren gingen...
Doch eines Tages da gingst du einen Waldweg entlang und hörtest etwas, das du schon fast vergessen hattest. Es war der Klang einer Geige. Du gingst dem Klang nach und kamst auf eine Lichtung. Dort saß auf einem Baumstamm ein alter Mann. Sofort erkanntest du ihn, obwohl er um Jahre gealtert war. Es war der Geschichtenerzähler.
Und er spielte, er spielte ein Lied von Freude, Glück und Hoffnung und dir stiegen Tränen in die Augen, weil du glaubtest etwas Verlorenes wieder gefunden zu haben. Es zogen Bilder von tanzenden und springenden Kindern auf einer Blumenwiese an dir vorbei. Und du hast dich zu dem „Geschichtenerzähler“ gesetzt, mit einem Lächeln auf den Lippen, welches er erwiderte und er erzählte dir eine „Geschichte“...

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.01.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Bücher unserer Autoren:

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Jahre wie Nebel: Ein grünes Jahrzehnt in dunkler Zeit von Horst Lux



Es wurde sehr viel geschrieben über jene Jahre der unseligen Diktatur eines wahnwitzigen Politikers, der glaubte, den Menschen das Heil zu bringen. Das meiste davon beschreibt diese Zeit aus zweiter Hand! Ich war dabei, ungeschminkt und nicht vorher »gecasted«. Es ist ein Lebensabschnitt eines grünen Jahzehnts aus zeitlicher Entfernung gesehen, ein kritischer Rückblick, naturgemäß nicht immer objektiv. Dabei gab es Begegnungen mit Menschen, die mein Leben beeinflussten, positiv wie auch negativ. All das zusammen ist ein Konglomerat von Gefühlen, die mein frühes Jugendleben ausmachten. Ich will versuchen, diese Erlebnisse in verschiedenen Episoden wiederzugeben.

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