Uwe-Gerd Reichert

Der Ärger des Hausmeisters

Seit Tausenden von Jahren expandierte das Volk der Sorkim innerhalb der Galaxis. Vor unendlich vielen Generationen hatten sie ihre Heimatwelt, einen Hohlraum in einem Asteroiden, verlassen und sich inzwischen über die halbe Galaxis verteilt.

Besiedelbare Himmelskörper gab es für sie fast überall, denn sie waren eine sehr anspruchslose und deshalb sehr belastbare Lebensform. Nur wenige Mikrometer groß fühlten sie sich auf Welten mit Stickstoff-Argon-Atmosphäre am wohlsten; und daran herrschte im Universum wahrhaftig kein Mangel. Nur etwas benötigten zum Leben: Silizium.

+++

Die „Illim“, ein sorkimscher Erkundungskreuzer, kreiste seit Tagen in einer hohen Umlaufbahn um eine mächtige Materieansammlung. Er war ausgeschickt worden, um eine Welt zu suchen, die groß genug war das gesamte Volk aufzunehmen. Seit einigen hundert Jahren waren die Sorkim der Expansion müde und wollten wieder zueinander finden. Die Urheimat war längst zerfallen und wäre für das nach Trilliarden zählende Volk ohnehin viel zu klein gewesen.

Der sich unter dem fast einen Viertelmillimeter großen Raumschiff träge drehende Riesenplanet schien die ideale Welt zu sein. Zwar hatte er eine äußerst dichte und dazu noch turbulente Atmosphäre, die Scanner hatten jedoch mehrere Millionen Hohlkugeln entdeckt, die hauptsächlich auch Siliziumdioxid bestanden. Einige andere Elemente konnten auch dort auch noch identifiziert werden, darunter ein nicht unbedeutender Anteil Wolfram, aber überwiegend eben Silizium! Zu allem Überfluss fand sich im Inneren der Siliziumdioxidkugeln ein Stickstoff-Argon-Gasgemisch!

+++

„Was haben wir falsch gemacht?“, fragte sich der Commander der „Illim“. Niemand antwortete ihm. Niemand konnte ihm antworten. Er war der einzige, der sich noch auf dem Schiff befand. Die Siliziumkugeln schienen so einladend, so paradiesisch, so friedlich, dass er sich gleich nach deren Entdeckung entschlossen hatte, ein Mitglied seiner Crew in eine solche Hohlkugel hineintransferieren zu lassen, um sie näher zu untersuchen. Die Hohlkugel, so teilte der Hineintransferierte mit, sei riesig. Sie böte Platz für über tausend Sorkim. Ihre innere Oberfläche bestünde in der Hauptmasse aus glattem Siliziumdioxid und die innere Atmosphäre war herrlich frisch. Eine Merkwürdigkeit sei jedoch zu berichten. In der Mitte der Hohlwelt befände sich eine riesige Wolframbrücke, fast von einer Seite zur anderen reichend und ruhend auf gewaltigen Siliziumdioxidpodesten.

Als sich das Besatzungsmitglied wieder an Bord befand, war solche Freude in seinen Augen und solch ein Schwärmen von den paradiesischen Zuständen dort unten in seinen Worten, dass sich der Commander den Wünschen seiner Besatzung nicht verschließen konnte. Jeder wollte das Gefühl, im Paradies zu sein, allein auskosten und so wurden die sechs Sorkim in sechs benachbarte Hohlkugeln transferiert.

Gleich darauf brach der Kontakt zu seiner Mannschaft ab. Seither schwiegen die Kommunikatoren und der Commander fragte sich, was falsch gemacht worden sei. Er war nicht unvorsichtig gewesen. Gegen das Murren und Maulen seiner Besatzung hatte er durchgesetzt, dass jeder den schweren Skaphander trug und mit einem Erkundungspanzerfahrzeug hinabtransferiert wurde.

+++

Zwei Zeiteinheiten später machte sich der Commander selbst auf die Suche nach seiner Mannschaft. Es war ihm nicht gelungen, den Kontakt wieder herzustellen, ja nicht einmal, die sechs Hohlkugeln wiederzufinden.

Kurz entschlossen ließ er sich vom Bordcomputer mitsamt eines weiteren Panzerfahrzeugs in eine in der Nähe der letzten Aufenthaltsorte seiner Besatzung befindliche Hohlkugel transferieren. Wie seine sechs Kollegen rematerialisierte er sich vorsichtshalber auf der Wolframbrücke. Er stieg nicht aus seinem Fahrzeug, sondern scannte aufmerksam die Umgebung. Alles war ruhig, nichts deutete auf eine Lebensbedrohung hin. Was also war mit seinen Leuten geschehen? Hier schien wirklich alles still und friedlich zu sein. Nachdenklich lehnte er sich in seinem Sitz zurück.

Plötzlich registrierten die Geräte einen rasch zunehmenden Elektronenstrom durch die Wolframbrücke. Der Commander stürzte nach vorn, um den Retransfer einzuleiten. Aber das starke elektrische Feld überlagerte alle Impulse.

Das Wolfram begann sich bereits so stark zu erhitzen, dass es glühte. Der Commander versuchte ein letztes Mal, wenigstens mit dem Bordcomputer oben in der Umlaufbahn in Kontakt zu kommen, damit dieser eine Warnung an andere Sorkim-Schiffe senden konnte, es war jedoch bereits zu spät.

Kurz darauf war die kritische Temperatur im Panzerfahrzeug überschritten, die Reaktoren explodierten. Die Wucht der Detonation war so heftig, dass sogar die riesige Wolframbrücke in mehrere Teile gerissen wurde.

Der Elektronenstrom hörte sofort auf und das Wolfram begann abzukühlen. Aber das konnte der Sorkim-Commander nicht mehr registrieren.

+++


„So ein Mist! Heute ist echt nicht mein Tag“, murmelte der Hausmeister der kleinen Dorfschule vor sich hin und begann, die große Stehleiter aus der Abstellkammer zu zerren. „Alles hat sich gegen mich verschworen! Mann, ich bin doch auch nicht mehr der Jüngste! Andauernd muss ich dieses schwere Ding von Leiter hin und her schleppen!“

Unter weiteren Flüchen kam er dann in der Mitte des Flures an. Er stellte die Leiter auf und blickte nach oben zur Lampe, nur um weiter zu lamentieren:

„Schon das siebente Mal heute, dass eine Glühbirne durchgebrannt ist!“

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Uwe-Gerd Reichert).
Der Beitrag wurde von Uwe-Gerd Reichert auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.01.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Uwe-Gerd Reichert als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Regina Mundis - Königin der Welt. Buch 1: die Berufung von Jürgen Berndt-Lüders



Agnes, die Tochter des Markgrafen vertritt bei einer Konferenz König Otto II, der ein Kindskopf ist. Während dieser Zeit ist sie die mächtigste Frau der Welt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Science-Fiction" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Uwe-Gerd Reichert

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Lebensspender von Uwe-Gerd Reichert (Science-Fiction)
RC1. Zerstörer der Erde. Fortsetzung der Trilogie von Werner Gschwandtner (Science-Fiction)
Wendel, das Gespenst: Im Wald von Irene Beddies (Gute Nacht Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen