Jan Altemeier

Ein Blick in die Zukunft

Es war eine fürchterliche Zeit. Die Nazis zwangen uns nach Russland. Dort war alles so anders als zuhause. Es war bitter Kalt , in der Nacht hörte man immer wieder Todesschreie und Bombeneinschläge die den ganzen Boden erzittern ließen.
Am Tag , als man durch die Eiswüste marschierte konnte man nie wissen ob das unter einem gerade ein Baumstamm oder der Körper eines Toten war.
Wir klauten uns die Kleidung der getöteten Soldaten um uns zu wärmen. Das schlimmste von allem war aber der Hunger.
Er plagte mich und meine vier letzten Kameraden den ganzen Tag über. An dem Abend bevor sich mein leben für immer verändern sollte , fanden wir eine alte Hütte mitten im Schnee.
Wir gingen hinein um ein Feuer anzuzünden und uns zu wärmen. Nach einer weile bemerkten wir einen schrecklichen Gestank. Als meine Freunde und ich danach suchten fanden wir schnell heraus das die Hütte einen kleinen Keller hatte in dem Leichen gestapelt waren.
An einigen der nackten Kadaver konnten wir Biss Spuren erkennen. Nicht etwa die von einem Tier , sondern die von Menschen.
Wir hatten schon davon gehört. Der Hunger zwang viele Soldaten zu verzweifelten taten. Plötzlich hörten wir schritte draußen vor der Tür. Wir hörten das sich die Soldaten auf Russisch unterhielten. Wir wollten schnell fliehen doch als sie uns bemerkten fielen gleich Schüsse. Zwei von uns wurden von den Kugeln zerfetzt. Wieder verlor ich zwei Freunde. Wir liefen durch die Nacht, der Mond warf einen bedrohliches Schattenspiel auf den Boden , als sein Schein durch die kahlen Äste der Bäume brach.
Der Wind peitschte in meinem Gesicht wie kleine Steine. Ich spürte nach einer weile kaum noch meine Nase. Ich drehte mich um doch niemand war mehr zu sehen.
Wo waren meine Freunde? Alle Tod ? Alle gefallen , in einem Krieg für einen verrückten?
Ich ging in einen Wald und hoffte dort Schutz zu finden.
Ich fiel in den Schnee und verlor das Bewusstsein.
Ich wachte erst am nächsten Tag wieder auf. Es war noch immer bitter kalt , doch die Sicht war nun wieder frei und ich konnte meine Freunde sehen. Konrad lag mit dem Kopf im Schnee. Er schien erfroren zu sein. Günther hingegen lag ein paar Meter weiter hinten. Hinter ihm eine lange Spur Blut. Eine Kugel schien seine Leber erwischt zu haben , er ist Qualvoll verblutet.
Ich viel wieder zurück in den Schnee, und als ich da so lag dachte ich nach.
Sollte ich wieder zu einer Truppe der Wehrmacht und weiterhin einen Sinnlosen Krieg führen?
Oder sollte ich lieber im Schnee liegen bleiben und sterben?
Ich schloss die Augen.
Das nächste an das ich mich erinnerte war eine Art Traum.
Ich schien zuhause zu sein , alles war Grün und eine warme Frühlingsbrise trug den Duft von Lavendel mit sich. War ich im Himmel?
Ich ging in mein Haus , das ich in Paderborn mit meinen Eltern zusammen bewohnte. Dort sah ich Kinder die zusammen spielten, Kinder die ich noch nie gesehen habe. Und eine wunderschöne Frau , mit langem schwarzem Haar und Reh-braunen Augen.
Weder sie noch die Kinder kannte ich.
Doch trotzdem fühlte ich mich wohl.
Plötzlich hörte ich eine Stimme , rau und Hart. „Steh auf , sofort“ , sagte diese Stimme und ich öffnete meine Augen. Ich sah wieder die Eislandschaft.
Mir war so kalt das ich meinen Körper nicht mehr spürte , dennoch sah ich zu dem Mann auf. Er trug eine alte Militär Uniform , keine der Wehrmacht aber dennoch eindeutig eine Deutsche Uniform. „Wer sind sie?“ fragte ich mit letzter kraft.
„Meier mein Name“ antwortete der Mann. „Das was sie gerade gesehen haben , das könnte ihre mögliche Zukunft sein.“ „Was reden sie da?“ unterbrach ich den Mann.
„Wissen Sie, jeder Mensch hat im Leben verschiedene Entscheidungen zu treffen. Die einen bringen dich vorwärts und die anderen Rückwärts. Jeder Mensch bestimmt über seine Zukunft und sein Schicksal selbst. Du kannst hier liegen bleiben und Sterben, oder deinen Arsch in Bewegung setzen und überleben. Deine Entscheidung. Aber wirf dein Leben nicht weg , so wie ich es getan habe.“ Ich schloss kurz meine Augen und weg war er.
Ich entschloss mich weiter zu leben. Auch wenn ich nicht wusste wie.
Immer weiter in das große nichts zu gehen war das letzte was mir blieb.
Nach einer Weile schloss ich mich Russischen Truppen an um von dort aus wieder nach Hause zu kommen.
Zwanzig Jahre sind seit dem vergangen. Ich habe nun eine Frau und drei Kinder. Doch warum schreibe ich diese Geschichte?
Vor 2 Monaten fuhr ich zurück in den Wald mit meinen Kindern und meiner Frau um ihnen von der Geschichte nochmal zu erzählen.
Und an genau der Stelle an der ich einst mein Lebenswillen verlor , ragte nun ein Kreuz aus dem Boden.
„Hier ruht Oberst Hermann Meier 1867 – 1917“ Wieder zurück in Deutschland recherchierte ich in Büchern nach ihm. Er war ein Oberst aus dem ersten Weltkrieg der an der Ostfront gefallen ist.
Eine Seite weiter sah ich ein Bild von ihm und es ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Es war genau der Mann der mir geholfen hat mein Leben wieder zu lieben. Er war an genau der gleichen Stelle gestorben wo ich mein Lebenswillen verloren hatte. Er hat mir geholfen ein Leben zu führen das er sich für sich selbst gewünscht hätte.

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Jan Altemeier).
Der Beitrag wurde von Jan Altemeier auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.01.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Jan Altemeier als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Lebenseindrücke: Gedichte von Annette Messerschmidt



Die Autorin, geboren 1960, wohnt im Dreiländereck Nordrhein-Westfalen/Hessen/Rheinland-Pfalz. Erst spät hat sie ihr Talent zum Dichten entdeckt und ihre Gedanken und Erfahrungen zusammengetragen. So entstand eine Gedichtsammlung, an der die Autorin gerne andere Menschen teilhaben lassen möchte, und daher wurde der vorliegende Band zusammengestellt.

Das Leben ist zu kurz, um es mit Nichtigkeiten zu vergeuden oder um sich über die Schlechtigkeit der Welt allzu viele Gedanken zu machen. Wichtig ist, dass man sich selbst nicht vergiften lässt und so lebt, dass man jederzeit in den Spiegel schauen kann.

In diesem Sinn denkt die Autorin über Natur, Naturereignisse und ihre Lebenserfahrungen nach. Dem Leser wünscht sie eine positive Lebens-einstellung, viele gute Gedanken und Freude an der Lektüre.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Sonstige" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Jan Altemeier

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Das Tagebuch von Jannic Johnes von Jan Altemeier (Horror)
Mama ...Lupus...autobiographisch... von Rüdiger Nazar (Sonstige)
SIE und ER von Julia Russau (Alltag)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen