Karl Bednarik

Reiche Ernte

 

Im Pazifik und im Nordatlantik gibt es riesige Flächen, auf

denen mehrere Millionen Tonnen Kunststoffabfälle schwimmen.

 

Normalerweise gibt es rund 200.000 Kunststoffstücke je

Quadratkilometer mit rund einem Kubikzentimeter Volumen.

 

Halogenierte Kunststoffe wie zum Beispiel PVC und Teflon, sowie

Kunststoffe mit mineralischen Füllstoffen, sind auf Grund ihrer

höheren Dichte längst auf den Meeresgrund gesunken.

 

Die Kunststoffe, die in Meerwasser schwimmfähig sind, bestehen

vorwiegend aus Polyäthylen und dessen Verwandten, also aus

vielen -CH2- Gruppen.

 

200.000 Kubikzentimeter sind 200 Liter Kunststoff mit einem

Heizwert von rund 35.000 Kilojoule pro Liter.

 

Daraus ergibt sich ein Energiegehalt von rund 7.000.000 Kilojoule

pro Quadratkilometer.

 

Eine Tonne Kunststoff hat also einen Heizwert von rund 35.000.000

Kilojoule.

 

Die Gesamtmenge von 5.000.000 Tonnen Kunststoff in den Ozeanen

hat daher einen Heizwert von 5.000.000 mal 35.000.000 Kilojoule,

also 175.000.000.000.000 Kilojoule.

 

Die Kunststoffabfälle stehen außerdem kostenlos zur Verfügung, und

womöglich bezahlt noch jemand dafür, dass sie entsorgt werden. 

 

Da lohnt es sich, ein Sammelschiff zu bauen.

 

Wenn das Sammelschiff einen Streifen von 100 Metern Breite

abernten kann, dann muss es nur 10 Kilometer weit fahren, um

einen Quadratkilometer abzuernten.

 

Dazu führt von Heck des Sammelschiffes ein 100 Meter langes

Rohr nach hinten.

 

Am hinteren Ende dieses Rohres ist ein weiteres Rohr quer

zur Fahrtrichtung montiert, das nach links und rechts

jeweils 50 Meter lang ist.

 

In der in die Fahrtrichtung zeigenden Seite dieses Querrohres

sind zahlreiche vergitterte Ansaugöffnungen, die größere

Gegenstände oder Fische nicht einlassen.

 

Ab und zu wird die Strömungsrichtung des Wassers kurz

umgekehrt, um die vergitterten Ansaugöffnungen wieder

von größeren Gegenständen frei zu spülen.

 

Schwimmkörper sorgen dafür, dass alle Rohre knapp unter der

Wasseroberfläche liegen, und zwei Stahlseile führen von den

äußeren Enden des Querrohres zum Heck des Sammelschiffes,

um die Position des Querrohres zu stabilisieren.

 

Netze würden auch Fische fangen und schwimmende Ölsperren

würden durch den Seegang über- und unterspült werden.

 

Der Seegang ist auch der Grund dafür, warum es an beiden

Enden des in der Mitte liegenden Längsrohres Gelenke gibt.

 

Im Heck des Sammelschiffes befindet sich eine Zentrifugalpumpe,

die so gebaut ist, dass sie die kleineren Fische möglichst schont.

 

Die Zentrifugalpumpe drückt das Meerwasser tangential in

einen Hydrozyklon, der im Gegensatz zu einer Zentrifuge

keine beweglichen Teile außer dem Wasser selbst hat.

 

Aus dem Hydrozyklon kommen die schwimmenden Kunststoffe, eventuell

angesaugte Luft und etwas Meerwasser oben in der Mitte heraus,

und sehr viel mehr Meerwasser mit eventuellen Fischen unten.

 

Danach genügt zur Abtrennung des restlichen Wassers aus den

Kunststoffen ein einfaches Sieb.

 

Die große Wassermenge aus dem Hydrozyklon wird durch eine

Düse am Heck unter Wasser nach hinten ausgestoßen, und sorgt

für den Antrieb des Sammelschiffes.

 

Die Kunststoffstücke werden getrocknet und bei normalem

Luftdruck unter Luftabschluss auf 400 Grad Celsius erhitzt.

 

Das Trocknen findet im selben Behälter statt, wie das Cracken,

nur wird zwischen 100 und 200 Grad Celsius der Wasserdampf

einfach abgelassen.

 

Durch das thermische Cracken kommt es zur Depolymerisation

der Kunststoffe.

 

Aus 200 Liter Kunststoff entstehen auf diese Weise 180 Liter

Dieselöl, brennbares Gas und ebenso brennbare Kohle.

 

Die brennbaren Abbauprodukte werden zum Trocknen und Aufheizen

der Kunststoffstücke verwendet.

 

Um eventuelle Schadstoffe in den Abgasen braucht man sich keine

Sorgen zu machen, denn die Kunststoffabfälle schwimmen ziemlich

genau in der Mitte des Pazifiks und des Nordatlantiks, und die

nächsten größeren Siedlungen sind mehr als 2000 Kilometer entfernt.

 

Ein kleiner Teil des Dieselöls wird zum Antrieb des Sammelschiffes

verwendet.

 

Der größere Rest des Dieselöls wird in einem Tank gesammelt, und

später verkauft.

 

Mit 1 Kilojoule könnte man 1 Kilogramm rund 100 Meter hoch heben.

 

Mit 7.000.000 Kilojoule könnte man 7.000 Tonnen rund 100 Meter

hoch heben.

 

Um 7.000.000 Kilojoule zu gewinnen muss sich das Schiff um

10 Kilometer weiter bewegen.

 

100 Meter Höhenunterschied auf 10 Kilometer Länge sind 1 Prozent

Gefälle.

 

Wenn man ein 7.000 Tonnen schweres Schiff auf einer schiefen

Ebene mit 1 Prozent Gefälle hinunter gleiten lässt, dann ist

seine Antriebskraft 70 Tonnen stark.

 

Wenn man also mit einem 7.000 Tonnen schweren Schiff 10 Kilometer

weit mit einer Antriebskraft von 70 Tonnen dahin rast, dann

verbraucht man die ganzen 7.000.000 Kilojoule, die man auf

dieser Strecke gewinnen kann.

 

Natürlich benötigt man wesentlich weniger Antriebskraft als

70 Tonnen, denn je langsamer das Schiff ist, um so weniger

Antriebsenergie benötigt es, um 10 Kilometer zurück zu legen.

 

Außerdem kann das Schiff auch noch wesentlich leichter als

7.000 Tonnen sein.

 

Bei 7.000 Tonnen wäre die Wasserverdrängung bereits ein Quader von

70 Metern mal 10 Metern mal 10 Metern, und das ist viel zu viel.

 

Es wird also eine Menge Dieselöl zum Verkauf über bleiben.

 

Natürlich kann man nicht alle 7.000.000 Kilojoule pro

Quadratkilometer mit 100 Prozent Wirkungsgrad in Dieselöl oder in

mechanische Energie umwandeln, aber es gibt eine reiche Ernte.

 

Falls einige Meereslebewesen durch das Sammelschiff geschädigt

werden sollten, dann gebe ich zu bedenken, dass riesige Flächen,

auf denen mehrere Millionen Tonnen Kunststoffabfälle schwimmen,

für die Meereslebewesen noch viel schädlicher sind.

 

 

 


Kunststoffabfälle in den Meeren:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,680347,00.html

Hydrozyklon:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hydrozyklon

Kunststoffabfälle zu Öl verflüssigen:

http://www.plastoil.ch/site/veroelung.html

Bild: Sammelschiff, sammeln, spülen, fahren:

http://members.chello.at/karl.bednarik/SAMMSCHI.PNG


Karl Bednarik, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.02.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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