Giuseppe Rinaldi

3.Tag - Mittwochmorgen

 

Es war ein sonniger warmer Morgen, die Vögel zwitscherten und trotz der üblichen Hektik  des Berufsverkehres schienen alle Leute irgendwie zu lächeln.

Ein Mann mit einem großen Aktenkoffer in der Hand stürzte aus einem Hauseingang, er hatte verschlafen und musste aber zu einem dringenden Termin.

Kaum war der Mann auf der Straße, schaute er sich suchend um, er hatte es eilig und so überlegte er, ob er mit der Straßenbahn, mit der U-Bahn oder mit einem Taxi zu diesem Termin fahren sollte.

Er entschloss sich, mit einem Taxi zu fahren, er ging an die Bordsteinkante und wartete.

Da sah er ein Auto näherkommen, es war ein Taxi, er hob seinen rechten Arm, winkte und sprang auf die Straße.

Das Taxi bremste und hielt schließlich kurz vor dem Mann an.

„Schön“: dachte der Mann, „ eben bist du fast überfahren wurden, du musstest ja auch auf die Straße springen, du Dussel“.

Der Taxifahrer stieg aus und nahm dem Mann seinen Aktenkoffer ab. „Wo soll es denn hingehen?“: fragte der Fahrer, „ich habe zwar Feierabend, aber wo Sie mir fast auf die Motorhaube gesprungen sind, dachte ich mir, das noch eine letzte Tour nicht schaden würde“. Der Fahrer sah den Mann an und lächelte.

„Entschuldigung, das wollte ich nicht, aber ich muss dringend zu einem Termin und habe ein wenig verschlafen“: antwortete der Mann.

„Naja, macht nix“: sagte der Fahrer, „steigen sie ein, ich lege die Tasche in den Kofferraum“, ging zum Ende des Autos, öffnete den Kofferraum, legte die Tasche hinein, klappte den Kofferraum wieder zu und setzte sich wieder in das Auto.

Der Mann setzte sich hinten auf den Rücksitz und sagte dem Fahrer, wo er hinwollte.

„Oh, das ist ja in der Nähe des Flusses, da wollte ich soundso hin“: erwiderte darauf der Fahrer und fuhr los.

Unterwegs unterhielten sie sich über Familie, über Hobbys, dass fast alles teuer geworden war und das es heute ein herrlicher Tag war, viel zu schön, um zur Arbeit zu gehen.

Nach 25 Minuten Fahrt waren sie am Ziel angekommen, einem großen Haus, direkt am Ufer des Flusses, der Taxifahrer hielt an, nannte die Fahrtkosten, der Mann bezahlte, stieg aus dem Wagen, ging zum Kofferraum, holte seine große Tasche heraus und machte die Kofferraumklappe wieder zu.

„Dann wünsche ich ihnen noch einen schönen Feierabend“: sagte er zum Fahrer, danach drehte er sich um und ging zum Eingang.

„Danke und leben sie wohl !“: rief der Fahrer ihm hinterher und gab plötzlich Gas. Der Mann hörte das, drehte sich um und sah mit offenem Mund, wie das Auto plötzlich beschleunigte und auf den Fluss zufuhr.

„NEIN“: schrie er laut, ließ seinen Aktenkoffer fallen und rannte dem Taxi hinterher.

Das Auto beschleunigte immer mehr, flog über die kleine Uferbegrenzung und stürzte dann in den Fluss. Es knallte dumpf, als der Wagen auf die Wasseroberfläche prallte.

Der Mann sah noch, dass alle Fenster im Wagen heruntergelassen waren, dadurch versank der Wagen sehr schnell im Wasser und es gab nichts, was der Mann tun konnte.

Innerhalb von fünf Sekunden war das Auto nicht mehr zu sehen, nur noch kleine Strudel, die flussabwärts trudelten.

Der Mann stand hängenden Armen und großen Augen am Ufer und schaute ungläubig zum Wasser.

 

Er fuhr nie wieder mit einem Taxi.

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.03.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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