Thomas Siegele

Von der Dunkelheit ins Licht

Disclaimer: In dieser Geschichte werden Texte der Bands „Blutengel“ und „L’Âme Immortelle“ zitiert. Ich bin nicht der Urheber dieser Texte!

 

 

Martin, ein Anhänger der Gothic Szene, auch Dunkle Szene genannt, war eines Nachts auf dem Weg in seine Lieblingsdisco, die Burg. In Szenenkreisen wurde sie jedoch meistens als Dunkler Tanztempel bezeichnet. Es war die einzige Disco der Dunklen Szene weit und breit und gehörte einem Kollegen von Martin.
Martin trug einen bodenlangen, schwarzen Ledermantel, darunter ein blutrotes T-Shirt und schwarze Hosen. Ein Gesicht war weiß geschminkt und seine blauen Augen wurden bedrohlich durch die schwarze Schminke hervorgehoben.
Heute Nacht war er ausnahmsweise alleine unterwegs, das war ihm jedoch egal, da er genug Leute in der Disco kannte, sogar den DJ.
In der Disco angekommen begrüßte er zuerst alle seine Bekannten und bestellte sich ein Eristoff Ice, sein Lieblingsgetränk, wenn er des Nachts unterwegs war. Während er so sein Eristoff schlürfte, sah er auf die Tanzfläche und sah dort eine richtig hübsche Gothicbraut. Sie hatte makellose, weiße Haut, hellblaue Augen und tiefschwarze, lange Haare. Es war eine Freude ihr zuzusehen wie sie sich zum vibrierenden Beat bewegte, denn sie konnte sehr gut tanzen. Aus den Boxen kam gerade das  Lied „Dancing in the Light“ von Blutengel.

 

„Dancing to the music you feel the beat. Move your Body to feel the heat. Everybody's looking at you tonight, when you're dancing in the Light...“

 

Oh ja, dachte sich Martin, das passt, sah die schwarze Schönheit noch einmal genau an, und begab sich dann selbst auf die Tanzfläche, um zu tanzen.

 

Doch nicht nur ihm war dieser schwarze Engel aufgefallen, auch zwei Betrunkene kamen auf die Tanzfläche und wollten die Schönheit berühren und mit ihr mit tanzen. Sie jedoch stieß sie weg. Augenscheinlich wollte sie alleine tanzen.

 

Chris Pohl sang gerade:

 

„Look at me, I am a different sort of girl. See me dancing, see me

moving in the night. You'll never get me, 'cause I'm dancing with myself

I don't want you to touch me, 'cause I'm a solitary girl.“

 

Diese Szene wiederholte sich ein paar Mal, sie stieß die beiden aufdringlichen Betrunkenen jedoch jedes Mal von sich.

 

Martin hatte inzwischen auch schon einiges getrunken, alkoholische, wie auch alkoholfreie Getränke. Er musste nun aufs WC.

 

Immer leiser werdend hörte er Chris Pohl singen:

 

„Why didn't she see it coming? She couldn't run away.

It happened so silently. They pushed her head on the floor

and touched her everywhere...“

 

Als er wieder zurück in den Raum mit der großen Tanzfläche kam, waren sowohl die schwarze Schönheit, als auch die beiden Betrunkenen verschwunden.
Martin beschloss also auch zu gehen. Als er aus der Disco kam, sah er in einiger Entfernung drei Gestalten, und eine davon lag augenscheinlich auf dem Boden.
Martin, der immer schon ein herzensguter und hilfsbereiter Mensch war, näherte sich der Szene. Vielleicht konnte er ja helfen? Kurz bevor er die Stelle erreicht hatte, torkelten die beiden Personen, die gestanden waren, davon. Und schließlich erkannte Martin, dass „sein“ schwarzer Engel aus der Disco vor ihm lag. Ja, augenscheinlich war sie sogar von diesen beiden Betrunkenen vergewaltigt worden!
Sie lag nackt im Regen, ihr schwarzes Kleid neben ihr liegend. Denn es hatte plötzlich zu regnen begonnen. Ihr Körper war übersät mit blauen Flecken und Blutergüssen.

Martin zog sofort seinen schwarzen Mantel aus, half dem Mädchen vorsichtig aufzustehen und hängte ihr behutsam seinen schwarzen Mantel um. Das arme Ding zitterte am ganzen Körper und konnte sich kaum auf den Beinen halten.
Martin musste sie stützen und beschloss sie erst einmal zu sich nach Hause zu bringen. Sie behutsam stützend führte er also die unbekannte Schönheit zu sich nach Hause.
Bei ihr saß der Schock noch tief und an ihrem verschmierten Augen-Makeup erkannte Martin, dass sie geweint hatte.
Den ganzen Weg gingen sie schweigend. Martin konnte sich denken, dass sie jetzt nicht reden konnte und akzeptierte das. Als sie die Tür zu seiner Wohnung erreicht hatten und sie im Begriff waren hinein zu gehen, sagte sie kaum hörbar: „Danke“, und begann zu weinen. Behutsam nahm er sie in den Arm und so standen sie einige Minuten da. Man hörte nur ihr leises Schluchzen.
Schließlich nahm Martin sie abermals bei der Hand und führte sie in seine Küche.
Er wohnte momentan alleine hier, denn sein Cousin und Mitbewohner absolvierte gerade ein Auslandssemester in Australien.
Martin ließ die Unbekannte am Küchentisch platz nehmen und sagte: „Ich mach uns erstmal einen Tee, wenn du willst.“ Kaum wahrnehmbar nickte sie und antwortete mit immer noch zitternder Stimme: „Ja, bitte. Ein grüner Tee wäre, toll wenn du hast.“
Nachdem der Tee fertig war, setzte er sich zu ihr an den Tisch und sie tranken beide schweigsam ihren Tee.
Nach einiger Zeit räusperte sich Martin und sagte: „Ich heiße übrigens Martin“ - und nach einiger Zeit fügte er hinzu: „Willst du darüber reden?“ Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. Schließlich fragte sie ihn: „Wo ist das Badezimmer?“ Er zeigte es ihr und gab ihr auch gleich ihr schwarzes Kleid mit, das ihr die Grobiane vor der Disco ausgezogen hatten.
Nach einiger Zeit kam sie frisch geduscht und frisch geschminkt aus dem Bad.
„Ja, sie sieht wirklich so hübsch aus, wie ich sie im Discolicht gesehen habe“, dachte sich Martin bewundernd.
Sie sagte; „Danke Martin. Ich danke dir“, und wieder standen ihr Tränen in den Augen.
„Ich heiße übrigens Nina“, und sie reichte ihm die Hand. Er nahm sie und drückte sie sanft.
„Hallo“, sagte er und sah in ihre traurigen, hellblauen Augen.

 

Sie setzen sich ans Sofa und Nina schmiegte ihren Kopf an Martins Schulter.

„Ja, diese Geborgenheit braucht sie jetzt“, dachte er sich.

 

„Darf ich heute Nacht bei dir bleiben?“, fragte sie ihn unvermittelt, nachdem sie eine Zeit lang auf dem Sofa gesessen hatten.

 

Ein wenig überrascht antwortete er: „Klar darfst du... Aber macht sich denn niemand Sorgen um dich zu Hause?“

 

Traurig sah sie ihm in die Augen und meinte leise: „Nein, momentan wohne ich alleine“, und nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „und ich habe Angst.“
Eine Weile noch saßen die beiden schweigend auf Martins Sofa. Sie fühlte sich einfach nur sicher und geborgen in seinen Armen und wünschte sich, dass dieses Gefühl, das sie nicht einmal bei ihrem Exfreund verspürt hatte, niemals ende.

 

Schließlich meinte Martin: „Du solltest jetzt schlafen gehen. Morgen können wir dann reden, wenn du willst.“ Sie nickte und er führte sie in sein Zimmer. Er selbst wollte in Michaels Zimmer schlafen.

 

Als er sich umdrehte und aus dem Zimmer gehen wollte hörte er sie sagen: „Martin, bitte bleib bei mir.“ Also blieb er und sie schliefen, sie eng an ihn geschmiegt bald darauf ein.

 

Am nächsten Morgen, es war Samstag, wachte Martin kurz von Mittag auf. Alles was letzte Nacht passiert war, kam ihm vor wie eine Mischung aus einem Albtraum und einem wunderschönen Traum. Als jedoch sein Blick auf Nina fiel, wusste er, dass er das alles tatsächlich erlebt hatte. Er sah sie an, wie so neben ihm lag. - „Sie sieht wirklich wie ein Engel aus“, dachte er sich. Schließlich stand er auf, um für sie und sich etwas zu kochen.
Als Martin fast fertig war mit seinem Brathuhn mit Kartoffelsalat, kam Nina, bereits fertig gestylt, in die Küche.

 

„Morgen“, sagte sie. „Morgen“, antwortete Martin, die Tatsache, dass es bereit 13.00 war missachtend.

 

„Du bleibst doch zum Essen, oder? Es gibt Brathuhn mit Kartoffelsalat.“

 

„Oh danke gerne“, meinte sie und ein Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.

 

Es war das erste Mal, dass Martin sie lächeln sah. Dies war das bezauberndste Lächeln, das er jemals gesehen hatte, da war er sich sicher.
Als das Brathuhn fertig gegart war, setzten sich die beiden an den Tisch und aßen schweigend (und genießend) ihr Mittagessen. Brathuhn war nämlich Martins Spezialität.
Nachdem die beiden abgespült hatten, setzten sie sich wie den Tag zuvor auf das Sofa und Martin schaltete den Computer ein, startete das Musikprogramm und wählte den Zufallsgenerator.
Es kam das Lied „Blutrot“ von  L'Âme Immortelle – ein düsteres Lied.
Martin liebte den Zufallsgenerator. Meist kamen jene Lieder, die gerade zur Situation, in der  er sich befand, passten. So auch diesmal, denn als die Sängerin sang:

 

„...erzähle mir von deinen Qualen, deinem Leiden, deinem Schmerz...“

 

bat Nina ihn die Musik etwas leiser zu drehen. Nachdem Martin dieser Bitte nachgekommen war, begann sie von gestern zu erzählen:

 

„Diese Typen da wollten unbedingt mit mir tanzen in der Disco, als ich sie zwei Mal abgewiesen hatte, zahlte mir einer von den zwei ein Getränk und unterhielt sich ganz normal mit mir. Dann jedoch wurde mir schwindlig und sie begleiteten mich hinaus und“, sie stockte, begann zu schluchzen und  fuhr dann fort: „sie, sie...  führten mich unter diese Unterführung und begannen mich auszuziehen – ich, ich“,  und jetzt kullerten Tränen über ihr Gesicht, „ich konnte mich nicht wehren...“

 

Weinend lehnte sie sich an Martins Schulter, der sie in den Arm nahm. Und so saßen sie einige Zeit da...
In der Zwischenzeit war der Zufallsgenerator auf ein anderes Lied gesprungen und Martin hörte leise wie Chris Pohl sang:

 

„What do you feel, when you look into her sad blue eyes?

What do you feel, when you touch her skin, when you hear her voice?

Do you feel her sorrow, do you feel her pain? ...“

 

Und da bemerkte Martin, dass er sich in Nina verliebt hatte und er küsste sie zart auf den Mund – sie erwiderte den Kuss und er begann ihre Tränen weg zu küssen.
Nina war in diesem Moment so glücklich wie schon lange nicht mehr in ihrem Leben und sie wusste ihrerseits: „Ja, das war der Richtige, der Mann fürs Leben.“
Sie küssten sich lange und innig. Beiden kam es so vor als seien sie die glücklichsten Menschen im Universum und sie schwebten auf Wolke sieben.
Nachdem sie noch eine Weile gekuschelt hatten, begleitete Martin Nina auf ihren Wunsch hin nach Hause in ihre eigene Wohnung, die sie, so erzählte sie ihm auf dem Weg, seit dem Tod ihrer Eltern und der Trennung von ihrem Freund alleine bewohne.
Sie war also tatsächlich ein „solitary girl“ - ein einsames Mädchen, wie Chris Pohl in „Dancing in the Light“ sangt, denn dieses Lied spukte Martin gerade im Kopf herum und er dachte an den Moment, als er Nina gestern das erste Mal gesehen hatte, und dort auch dieses Lied gespielt wurde.
Als sie angekommen waren, dankte Nina Martin, ihrem Retter und Engel, was er für sie war, nochmals und sie küssten sich abermals heiß.
Sie trafen sich nach diesen beiden Tagen immer wieder, bis Martin zu Nina zog. Sie hatte nämlich eine größere Wohnung als er.
Von diesem Tag an wurde alles besser. Nina und Martin schien einfach alles zu gelingen, denn sie hatten sich und waren das glücklichste Paar auf der Erde.

 

Das ist die Geschichte von Martins und Nina Weg aus der Dunkelheit ins Licht.

 

 

Comments welcome! ;)Thomas Siegele, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 14.04.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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