Sie setzte ihre pechschwarzen, zierlichen
Füßchen
mit den zart geschwungenen
weißen Krallen auf die Fensterbank und
spähte, die zappelnde Maus im Maul,
aufgeregt ins Innere des Zimmers.
AHA, da saß sie ja, die
Futternapf-Füllerin,
und guckte mal wieder in diesen
komischen schillernden Kasten, auf dem sich
immerzu etwas bewegte.
Na, das würde sich aber jetzt etwas plötzlich ändern.
Daß Katzen nicht grinsen könnten,
ist ohnehin eine Aussage, die von keinem
Katzenfreund je akzeptiert wird.
Hätten diese Nichtswisser jetzt Lilli
im Blickfeld gehabt,
wäre diese Frage ein für allemal
geklärt, denn sie verlor wegen dieses
erwartungsfreudigen Lächelns fast ihre
Beute aus dem Maul.
Was ja nicht sein durfte, denn jetzt
begann
das große Spiel, und die
Erwartung schnürte ihr fast die kleine
schwarze Kehle zu.
Mit einem Satz sprang sie ins Zimmer und
gurrte
leise.
Die Essensbeschafferin löste für
einen Moment, freundlich lächelnd ob der
kurzen Störung, den Blick von den bewegten
Bildern.
Die Katze - noch immer ihr selbst
gefangenes
Abendessen im Mäulchen - hatte ihre
grünen, unergründlichen Augen auf
die Menschin gerichtet und sah aus,
als erwarte sie zumindest, daß ihre
Beute reine Freude auslöse.
Nicht, daß sie bereit gewesen wäre
zu teilen, wurde ihr doch ebenso verboten,
bei Tisch zu betteln, nein, aber so ein
klitzekleines,
bewunderndes
"Das hast DU aber fein gemacht", das müßte
doch drin sein...oder?
Pech gehabt, wieder mal nicht den
Geschmack
der Menschin getroffen,
aber warum schrie die denn bloß so?
Na gut, die Maus war das Ergebnis einer
langen
Sitzung vor dem Mauseloch,
bei der Lilli fast die Füße eingeschlafen
wären, aber daß ihr Erfolg
jetzt mit Freudenschreien kommentiert
wurde,
war das nicht etwas übertrieben?
Und jetzt stieg Menschin auch noch auf den
Stuhl und schrie immer noch,
dabei wußte sie doch, daß man
als Katze Lärm nun absolut nicht mag.
Tadelnd öffnete Lilli das Maul zum
miauenden
Protest, und schwups,
entkam ihr die lebende Beute und schoß
wie von Furien gehetzt durchs Zimmer.
Jetzt mußte Menschin gleich der Schlag
treffen, sie kreischte, als habe man
ihr für mindestens 10 Tage den Entzug
von Vanilleeis mit Sahne
- das Lieblingsfutter von Lilli -
angedroht,
und das rief jetzt endlich "Mensch" auf den Plan.
Es wurde ernst.
Mensch, das war eine Sache für sich,
mit dem liefen diese Lilli-Menschin-Spiele nicht,
der war Respektsperson, mit dem zu spielen
war nur möglich,
wenn man sich als Katze gesegneten Alters
doch noch herabließ,
hinter einer Kugel aus Staniolpapier
herzurennen.
Mensch hatte etwas für sportliche
Betätigung
übrig, während Menschin
so bequem und träge sein konnte wie man
selbst,
was den Umgang mit ihr auf Angenehmste
gestaltete.
Mein Gott, sagte Mensch tadelnd, stell
dich
doch nicht so an,
das ist doch nur ein klitzekleines
Feldmäuschen.
Ja, schrie Menschin laut, aber sie lebt noch, und willst du die jetzt endlich fangen?
Und, den wütenden Blick auf Lilli
gerichtet,
rief sie: Du verdammte Kannibalin,
das ist schon die dritte Maus diese Woche,
kannst du die nicht draußen
hinter die Kiemen hauen? Und als
abschließende
Drohung: ...ich kann dich nicht leiden du Biest!
Na ja, das mußte man als Kätzin
in diesem Haushalt nicht so eng sehen,
dergleichen hatte Menschin in regelmäßigen
Abständen immer mal drauf
gehabt in den siebzehn Jahren, die Lilli
jetzt
persona grata in diesem Haus war.
Sie sagte es mit angewidert verzogenen
Mundwinkeln,
wenn sie später die
Reste der verspeisten Maus entsorgen mußte,
oder wenn Lilli keine Lust hatte,
nach draußen zu gehen, um ihren Magen
von den Grashalmen zu befreien,
die doch extra zur Rundumerneuerung des
Wohlbefindens
irgendwohin erbrochen werden mußten.
Besonders heikel war Menschin dann, wenn
das
auf dem dicken Flor des Teppichs geschah.
Na ja, immerhin mußte sie doch zugeben,
daß Lilli schon seit einiger Zeit
bei dieser unerquicklichen Abweichung der
gegenseitigen Ansichten
einen Kompromiß schloß und sich
elegant, aber regelmäßig,
auf den blanken Parkettdielen erbrach.
Aber diesmal schien sie durchaus
gesonnen,
längere Zeit
Vergeltungs-Liebes-Entzug zu verhängen,
obwohl Mensch doch inzwischen
mit einem großen Arbeitshandschuh die
Maus gefangen und wieder im Garten ausgesetzt hatte.
Schade eigentlich, das knackte immer so
schön,
wenn das Abendessen noch lebte.
Vorsichtig umkreiste Lilli Menschin, aber
da war nichts zu machen,
keine Aufforderung, auf den Schoß zu
springen und Nasenküssen zu üben.
Sie wurde keines Blickes gewürdigt.
Ihre Erwartungen, daß Menschin doch
endlich
verstehen lernen würde,
daß sie nichts anderes im Sinne gehabt
habe, als ihre Jagdqualitäten
bewundern zu lassen, sogar - wenns denn
hätte
sein müssen -
auch noch mit Menschin geteilt hätte,
damit die den hinreißenden Genuß
zarten Fleisches endlich wahrnehme, all das
ging unter in Katzenjammer.
Und der ertönte jetzt buchstäblich, laut und fordernd.
Jammernd und beleidigt. Lilli probte den kätzischen Widerstand.
Nichts fruchtete.
Menschin schien taub, blind und stumm.
Ohh...was jetzt?
Hätte Lilli seufzen können, wäre jetzt der Zeitpunkt gewesen, dergleichen zu versuchen.
Doch HALT, man war ja schließlich wer,
einfallsreich zumindest.
Vorsichtig sprang Lilli neben Menschin auf
die Couch,
setzte sich mit dem Gehabe einer filigranen
Porzellankatze
in Positur und spielte "Ägyptische
Königin".
Das hieß, man hatte bewegungslos, die
grünen Augen auf Menschin
gerichtet, stummen Vorwurf im Blick, um
Verzeihung
zu bitten,
aber natürlich mit genau der Würde
einer ägyptischen Königin.
Erwartung pur.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.04.2010.
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von Brigitte Wenzel
Während sich „Lena“ im ersten Teil von „Alarm im Hühnerstall“ hauptsächlich mit der Frage beschäftigt: WANN-WO-WIE findet man Mr. oder Mrs. Right, lässt sie sich im zweiten Teil von Alarm im Hühnerstall von den alltäglichen Situationen leiten. Im dritten Teil lässt sie sich dann zu allem Wahnsinn auch noch auf Fußball ein – oje.
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