Zuerst sah ich den blühenden Baum und dachte an den Mandelbaum im Garten meiner Großeltern.
Dann sah ich den schönen roten Apfel.
Wenn ich an den Baum im Garten meiner Großeltern denke, muss ich an meine Kindheit denken, was nicht bedeuten soll, dass ich kein Kind mehr bin.
Nur, dass ich ein wenig älter geworden, vor ein paar Tagen sogar sechzehn geworden bin.
Und plötzlich fällt mir die Künstlichkeit des Bildes auf.
Apfel links, mittig platziert, er sieht nicht einmal echt aus.
Glänzt zu sehr, hat einen roten Stiel und hängt falsch an dem Baum. Es macht mich wütend. Gestellte Bilder mag ich nicht, sie sind zu perfekt und doch zu unperfekt, weil ich genau weiß, wenn ich mir das Bild im Ganzen ansehen würde, wäre es anders.
Ich stelle mir also den Baum vor, wie er draußen im Garten meiner Großeltern in der Sonne steht, stelle mir also vor, dass Bienen an den Blüten sitzen. Aber nein.
An diesen Blüten werden keine Bienen sitzen, denn sie können nicht echt sein, sie sind zu unperfekt in der Ganzheit des Bildes und zu unperfekt, wenn man sie sich allein, ohne den Baum und den Apfel ansieht-
Viel zu groß im Verhältnis zu den Zweigen, viel zu groß, viel zu schattig im vergleich zum Apfel.
Stelle mir also vor, dass der Baum wie ein Model vor einer beigen Wand, oder einem beigen Hintergrund steht, stelle mir vor es wäre ein großer Baum, auf dessen Ästen ich im Sommer sitzen kann und mir wird bewusst, das auf dem Bild ja nur die Krone des Baumes gezeigt wird und nicht einmal diese ganz.
Es sei denn, der dünne Ast in der Mitte wäre der Stamm, was er niemals sein kann, weil es falsch ist und wieder werde ich wütend, wieder ärgert mich die Falschheit und Unwahrheit dieses Bildes.
Ich schneide es aus und klebe es an die Wand.
Frage also meine beste Freundin, ob ihr etwas an dem Bild auffällt.
Eigentlich schön, meint sie, doch der Apfel störe sie.
Wie ich sage: er ist falsch.
Aber falsch sagt sie nicht, sie meint er störe sie, also heißt das, dass der Baum ohne den Apfel vielleicht echt aussehen würde?
Ich halte also den Apfel mit einem anderen Papier zu und was stelle ich fest?
Irgendwie gefällt mir der Baum besser, aber mir fehlt etwas, vor allem der Farbkontrast und ich überlege wie das Bild mit ölfarben gemalt und größer aussehen würde. Ich denke ich würde es mir sogar an die Wand hängen.
Der Apfel wird mit künstlichem Licht angeschienen. Nur eine Lampe.
Man sieht sie sich im Apfel spiegeln, kein Apfel der am Baum hängt ist so poliert.
Ich habe gar keine Lust mehr mich auf das Bild zu konzentrieren, geschweige denn darüber nachzudenken. Ich drehe es also um.
Das Bild in meinem Hinterkopf gefällt mir und ich greife nach einem Stift um einen Baum mit einem Apel daran zu malen.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Paula Simon).
Der Beitrag wurde von Paula Simon auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.04.2010.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Paula Simon als Lieblingsautorin markieren
Bäumen begegnen / Mein Freund, der Baum: Baumgedichte
von Jürgen Wagner
Es wächst ein neues Bewusstsein heran, dass Bäume nicht nur Holzlieferanten sind, sondern Lebewesen mit einer Eigenart, einem sozialen Netz und einem inneren Wissen und Fähigkeiten, das wir noch gar nicht kennen. Zusammen mit Bildern und Informationen würdigen die Gedichte die Bäume in ihrer Art und ihrem Wesen und können durchaus eine Brücke der Freundschaft zu ihnen sein.
Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!
Vorheriger Titel Nächster Titel
Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:
Diesen Beitrag empfehlen: