Jennifer Schrank

Dying Moon

Christin packte gerade ihre letzten Sachen in ihren Rucksack, die sie
für das Ritual brauchen würde. Zufrieden warf sie einen Blick auf ihre
Armbanduhr, bevor sie die Wohnung verließ. Ihr Weg führte in den
nahegelegenen Wald der Kleinstadt in der sie lebte. Es war kurz vor
Mitternacht. Christin war Wicca-Anhängerin und nahm sich diese Nacht
vor, das Vollmondfest mit einem Ritual im wald zu feiern. Natürlich
wusste sie, dass es für junge Mädchen allein in der Nacht gefährlich
werden könnte, aber das ließ sie nicht von ihrem vorhaben abbringen.
Der kleine Wald, den sie ansteuerte, war ca. 15 Minuten Fußmarsch von
der Wohnung ihrer Eltern entfernt. Diese lagen um diese Uhrzeit schon
längst schlafend im Bett und wussten nichts von den Nachtspaziergang
ihrer Tochter.
Christin suchte sich nahe des Waldrandes ein schönes Plätzchen, dass
ihr gut gefiel und auf sie den Eindruck machte, das es ein perfekter
Ort für ein Vollmondritual wie ihres war.
Auf einer violetten Decke breitete sie ihre mitgebrachten
Hexenutensilien aus, nahm sich den selbstgeschnitzten mit
Glitzersteinen verzierten Stab und zog den magischen Schutzkreis...

Bernhard spazierte wie jede Nacht am Stadtrand entlang. Die Innenstadt
mied er, dorthin verschlug es ihn nur, wenn er gerade auf Blutjagd war
und auch nur nachts. Seinen Durst hatte er erst letzte Nacht wieder
gestillt und für gewöhnlich reichte ihn das 4 bis 5 Tage aus. Diese
Sommernacht war angenehm, nicht zu heiß aber auch nicht frisch. Einfach
wie perfekt geschaffen für einen Spaziergang bei Vollmond im Wald.

"Große Göttin, bitte stehe mir bei in diesem Ritual.. Mond, lade mich
mit Kraft.", waren Christins Worte, als sie gerade eine weiße Kerze
anzündete. Sie war gerade so in ihr Ritual vertieft, dass sie garnicht
mitbekam, das sie beobachtet wurde.
Bernhard stand direkt an der Waldgrenze und wunderte sich, was ein
junges Mädchen mitten in der Nacht allein im Wald zu suchen hatte. "Mh
eine Hexe. Auf der Suche nach Kräutern? Nein sie zaubert gerade.." Ohne
ein einziges Geräusch von sich zu geben, näherte er sich einige Meter
an Christin und blieb nur wenige Schritte von ihr entfernt stehen.
Die Wicca-Anhängerin bekam einen riesen Schreck, als sie den jungen
Mann entdeckte. Ihr Herz schlug bis zum Hals, aber sie konnte sich
zusammenreißen und fuhr ihn an: "Bleib wo du bist! Wenn du meinen
Schutzkreis betrittst, wirst du was erleben!"
Bernhard weitete seine Augen, sagte jedoch nichts. Mit solch einer
Reaktion hatte er gerechnet. Ihren Stab fest umklammert, bereit
zuzuschlagen hielt Christin ihren Stab fest und ließ ihren Blick nocht
von Bernhard ab.

Mit durchdringenden Augen sah er sie an. Einige Augenblicke standen sie
so da, bis Bernhard das Wort ergriff: Entschuldige bitte. Ich wollte
dich nicht erschrecken." Christin ließ ihren Stab sinken, war aber
immernoch angriffsbereit. "Mh. Und warum starrst du mich so an?" "Mich
verwundert es bloß, das eine junge Dame sich um diese Uhrzeit allein im
Wald vergnügt." "Ja und? das ist doch meine Sache!", keifte die Hexe.
"Na wenn du meinst. ich bin nur gerde zufällig hier, weil ich gerade
ein bisschen spazieren gehe. Ich wollte dich wirklich nicht
erschrecken." Bernhards Stimme senkte sich und an seiner Stimme
erkannte auch Christin, dass der Spaziergänger ihr wirklich nichts
antun wollte.
Es war mitten in der Nacht und stockdunkel, aber im Mondschein erkannte
Christin den atemberaubenden Körper des jungen Mannes und seine Stimme
klang alles andere als bedrohlich.
"Naja... Wie auch immer... Ich wollte eh gerade wieder heim gehen.",
meinte die Wicca-Hexe und löste den magischen Kreis. Schnell packte sie
ihre Sachen wieder ein. Bernhard stand immernoch auf derselben Stelle.
"Es wäre zu gefährlich dich allein gehen zu lassen. Hast du was
dagegen, wenn ich dich begleite?" Christin sah ihn garnicht an, ging an
ihn vorbei und antwortete gehässig: "Als wenn ich noch ein kleines Kind
wäre!" Nachdem sie ein paar Schritte ging, drehte sie sich nocheinmal
um, um zu prüfen ob er ihr nicht doch folgte. Das war zwar nicht der
Fall, aber der Anblick von diesen nahezu perfekten Körper und die
dunklen Haare machte sie schwach. "Hm.. aber wenn ich es mir Recht
überlege. Ich laufe nicht gern allein."
Bernhard begleitete Christin nach Hause. Vor der Haustür
verabschiedeten sie sich. Irgentwie übte Bernhard etwas faszinierendes
auf Christin aus, sie konnte sich nur nicht erklären, was genau es war.
"Sagmal. Hast du morgen schon was vor? Oder ich meine heute? Es ist ja
schon 3 Uhr morgens, verbesserte sich die Hexe und nachdem sie kurz auf
ihre Armbanduhr sah. "Heute Abend?" "Ja?" "Ich denke schon. Wir treffen
uns dann am Waldrand. Christin, denn schlaf noch schön. Ich muss jetzt
auch wirklich los." Damit verabschiedete sich Bernhard und verschwand
in der Dunkelheit.

Am Abend trafen sie sich wie verabredet. Die Sonne ging bereits unter.
Bernhard kam kurz nach Christin. Der junge Mann wirkte einen
unglaublichen Zauber aus auf sie. Seine gepflegten, dunklen,
schulterlangen Haare, dieser Körper und seine Blässe die ihn sehr gut
stand. Die Hexe begrüßte ihn: "Bist ja auch schon da. Wie gehts dir?"
Bernhard nickte ihr zu. "Mir geht es gut. Vielen Dank der Nachfrage."
Er war wirklich sehr sehr nett. "Für nen Kerl bist du sehr höflich muss
ich sagen.", sagte Christin und lächelte ihn an. "Oh danke sehr.",
antwortete Bernhard sichtlich geschmeichelt über Christins Aussage.
"Und? Hast dich heute morgen auch nochmal schlafen gelegt? Ich bin
zuhause gleich sofort ins Bett gefallen." "Du, ich muss mit dir reden."
Solch eine Antwort hatte sie wirklich nicht erwartet. "Okay. Was
gibts?" Bernhard biss sich auf die Lippen. Wie sollte er ihr es nur
erklären? "Zu deiner Frage.. Nein.. Ich brauche keinen Schlaf." Die
Wicca-Anhängerin schüttelte ihren Kopf. "Hä? Wie?" "Ich bin ein
Vampir." "Du... Du bist ein Vampir??!" Bernhard schwieg um Christins
Reaktion genauer zu beobachten. Ihr schwirrten plötzlich viele Gedanken
durch ihren Kopf. "Tust du dann auch..." Sie brauchte ihren Satz
garnicht beenden. Der Vampir konnte ihre Gedanken lesen. "Ja aber ich
habe keineswegs vor, von deinem Blut zu trinken, deschweige denn dich
zu beißen. Klar, um zu überleben muss ich es tun. Ich jage nur nachts,
dass alle paar Tage und trinke Blut. " Christin war geschockt. Aber
irgentwie verspürte sie keine richtige Angst. Im Gegenteil. In der Nähe
des Vampirs fühlte sie sich geborgen. "Ich habe mich auch erst vor 2
Nächten wieder vergnügt.", erzählte Bernhard und ließ dabei seine
spitzen Eckzähne hervorblitzen. "So oft muss ich es nicht tun. Nach 4
bis 5 Tagen erst wieder. Meistens trinke ich etwas von Pennern. Nicht
das leckerste Blut, aber okay." Christin war beeindruckt. Der Vampir
und die Hexe erzählten noch eine Weile. Bernhard erzählte ihr viel aus
der Vergangenheit und ein paar seiner spannenden Erlebnisse die er bis
jetzt als Vampir erleben durfte, seiner Verwandlung und einiges mehr.
Wie zuvor begleitete er sie auch wieder heim und verabredeten sich
wieder für den nächsten Abend.

Natürlich trafen Christin und Bernhard sich wieder, an derselben Stelle
um dieselbe Uhrzeit bei Sonnenuntergang. Die Hexe erzählte den neuen
Bekannten, was sie heute im Internet fand: "Hier in dieser Ortschaft
soll sich ein Hexencoven namens Dying Moon befinden." Bernhard holte
tief Luft. "Dying Moon!", wiederholte er. "Ja. Scheinst du wohl zu
kennen." "Dying Moon! Ja den Coven kenne ich!" "Warum bist du aufeinmal
so aufbrausend? Wie auch immer, ich hab mich da beworben. Solohexe zu
sein ist doch langweilig. So lerne ich andere Hexen kennen..." Bernhard
glaubte er traute seinen Ohren nicht. "Christin!", herrschte er sie an.
"Dying Moon ist ein schwarzer Hexencoven! Was willst du als Wicca da
drinn??" "Schwarz? Naja.. Was solls, von denen kann ich bestimmt
trotzdem etwas lernen." "Du willst mir doch jetzt nicht etwa sagen, das
du in der schwarzen Magie einsteigen möchtest!" "Jetzt bleib doch mal
auf den Teppich! ich möchte bloß andere Hexen kennenlernen mehr nicht!"
"Aber Dying Moon ist gefährlich! Wenn du unbedingt in einen Coven
einsteigen möchtest denn suche dir einen der für Hexen wie dich
geeignet ist! Aber nicht den!" Christin wurde sauer. "Tzz was willst du
von mir! Es ist doch meine Sache! Nur weil wir uns angefreundet haben,
heißt es noch lange nicht, dass du jetzt bestimmen darfst was ich zu
tun und zu lassen habe!" Die Hexe ging. "Aber Christin!" Bernhard
versuchte sie am Arm festzuhalten, doch sie schlug ihn weg und lief
davon.
Christin erhielt sehr schnell eine antwort von der Priesterin des
Covens mit einer Einladung zu einem Gemeinschaftsritual. Darüber freute
sie sich riesig. Bernhards Warnung ignorierte sie vollkommen.
Einige Tage später war es soweit. Das Treffen sollte Nachts auf dem
städtlichen Friedhof stattfinden. Das machte ihr nichts aus, aber wurde
der Eingang des Friedhofs nicht über Nacht abgeschlossen?
Christin bereitete sich vor und ging zu den Treffen. Tatsächlich war
das Tor verschlossen, aber sie kletterte über den Zaun. Am anderen Ende
des Friedhofs begegnete sie eine kleine Gruppe von Hexen, die lange
schwarze Roben trugen. Als sie Christin bemerkten, drehten sie sich um
und begutachteten sie von oben bis unten. Eine der Hexen entfernte sich
von der Gruppe und schritt auf Christin zu. Anders als die Hexen die
noch uf ihrer Stelle standen, trug diese eine tiefrote Robe mit langen
Schlitzen und einen umgekehrten Pentagramm um den Hals. Sie musste wohl
die Priesterin sein. "Ich grüße dich. Du bist Christin?" Die Wicca-Hexe
nickte stumm. Sie fühlte sich von der Gruppe angestarrt. "Wir haben
dich bereits erwartet. Komm.", meinte die Priesterin und wandte sich
ab. Christin folgte ihr und gesellte sich zu der Gruppe. "Dann lasst
uns mit dem Ritual beginnen!", sprach die Priesterin zur Gruppe und
wandte sich nocheinmal an Christin: "Du brauchst nichts weiter zu tun
als mir nachzusprechen."
Auf den Boden war im Sand ein Pentakel eingezeichnet und an den Ecken
lagen verschiedene Gegenstände wie schwarze Kerzen und Dolche. Die
Priesterin begann zu sprechen. Christin verstand kein Wort, es war
etwas auf Latein. Sie und die anderen Hexen sprachen ihr nach. Der
Spruch wurde immer und immer wieder wiederholt, bis sich in der Mitte
des Kreises, in dem sie standen, etwas tat. Staub wirbelte auf und über
dem Pentakel erschien es, als wenn sich grauer Nebel bildete. Immernoch
sprachen sie den Spruch. Ein eiskalter Schauer breitete sich über
Christin. Schwarze Magie war ihr doch unheimlich. Es war für sie ein
unbeschreibliches dunkles Gefühl. Die worte Bernhards schossen ihr
plötzlich durch den Kopf. Was wäre wenn er Recht hätte? Aber diesen
Gedanken schlug sie sich sofort wieder heraus. Sie wollte mit ihrer
ganzen Konzentration am Ritual teilnehmen, auch wenn sie keine Ahnung
darüber hatte, was sie eigentlich tat.
Desweige denn wusste sie, was dieser Spruch für eine Bedeutung haben
sollte. Der Nebel wurde immer dichter und langsam konnte man einen
Dämon erkennen. Erst jetzt wurde Christin bewusst um was es hier ging.
Immernoch sagte der Coven den Spruch auf. Der Dämon begann hoch zu
schreien und mit der Zeit immer lauter, sodass es schon in den Ohren
schmerzte. Langsam hörte die Priesterin auf den Spruch zu rufen und so
hörten alle auf. Der Dämon war aber immernoch da. Die Wicca-Hexe
schlotterten die Knie. So hatte sie sich ihre Begrüßung nicht
vorgestellt. Plötzlich und ruckartig stürzten sich die Hexen auf
Christin und hielten sie fest. "Hey!! Was soll das?! Lasst mich los!!",
schrie Christin und versuchte sich loszureißen, aber es war vergebens.
Die anderen Hexen hatten sie voll im Griff. sie wollten sie opfern! "Du
dummes kleines Ding! Du hast doch nicht wirklich dran geglaubt, dass
wir eine Wicca bei uns aufnehmen?!"
Aufeinmal und blitzschnell erschien eine Gestalt aus dem Gebüsch, riss
Christin aus den Fängen der Hexen, die einen heftigen Schreck bekamen
und stürzte sich auf sie. Christin stürzte zu Boden. Bernhard war es!
Er kam um sie zu retten! Er kämpfte mit den Hexen. Seine Kraft war
unglaublich! "Christin lauf!" Aber sie stand so sehr unter Schock das
sie nicht konnte. Eine der Hexen wollte sich wieder an Christin
vergreifen, doch da wurde sie von dem Vampir gepackt und in die
Hauptschlagader am hals gebissen. Sofort wurde sie ohnmächtig. Der
Dämon geriet außer Kontrolle. Der Coven war mit dem Kampf abgelenkt und
so hatten sie auch den Dämon nicht mehr unter ihrer Kontrolle. Er griff
die schwarzen Hexen an.
Von Weiten konnte man die Sirenen der Polizei hören. Bernhard nutzte die Gelegenheit, schnappte sich Christin und liefen davon.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.04.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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