Ulrich Rausch

Schmor

Die Ausläufer des südwestlichen Vogelsberges speichern in geringen Tiefen große Wassermengen, die schon um 1900 angebohrt und zur Versorgung des schnell wachsenden Frankfurter Raumes abgepumpt wurden.

Dorfnamen wie Lauter oder Queckborn zeigen, dass schon vor vielen hundert Jahren der Wasserreichtum bekannt war. Bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts gab es auch unzählige Mühlen an den Bach- und Flussläufen.

An Sonntagen, einigermaßen gutes Wetter vorausgesetzt, wurden wir Kinder samt Vater zwangsgelüftet: der wöchentliche Spaziergang in die „Wasserleitung“, das Gebiet mit den Tiefbrunnen am Ortsausgang.

 

Guter Zwirn war angesagt, Schuhe geputzt und Haare gekämmt. Bei der Frisur war es eigentlich egal, da der Dorffriseur allen Jungs den gleichen Faconschnitt verpasste, so dass wir wie Geschwister aussahen. Rundschnitt war verpönt.

Jedenfalls sind Sonntagsspaziergänge bei mir auch heute noch mit einem schlechten Image behaftet.

Mein Vater traf sich mit den Brunnenwärtern zu einem Bier. Wir Kinder wurden ermahnt, wegen der wilden Tiere nur in der Nähe zu spielen. In dem Tal gab es nämlich einige Eiskeller, die von den umliegenden Landwirten noch genutzt wurden, aber teilweise Einsturz gefährdet waren.

Um uns das Stöbern in diesen dunklen Verliesen zu verleiten, wurde kurzerhand das wildeste einheimische Tier dort gesichtet: der Schmor. Wir hatten nur eine ungefähre Vorstellung vom Aussehen, der Größe und der Gefährlichkeit; aber es schmeckte gut.

 

Denn manchmal wurde es von ganz tapferen Dorfbewohnern erlegt und es gab Schmorbraten.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.05.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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