Catharina Ferro

Samtpfoten

Zufrieden schnurrte die Katze, während sie sanft ihre Krallen an meiner Jeans wetzte.

Ein schmerzerfülltes Zischen entwich mir zwischen den Zähnen und sie sprang weniger erschrocken als empört auf und stolzierte von dannen, um kurz darauf versöhnlich meine Beine zu umstreichen.

Langsam tastete sich der Stubentiger auf meinen Schoß vor, jederzeit bereit bei einer falschen Bewegung meinerseits die Krallen auszufahren und drückte sich, nach Abschätzung der nicht drohenden Gefahr, irgendwie ergeben an meine bebende Brust.

Ihr Schnurren zaghaft aber nicht weniger penetrant, ihre Barthaare an meiner Haut und last but not least ihr plüschiger Schwanz in meinem Gesicht lösten ein Gefühl von Sicherheit aus, das mir zu diesem Zeitpunkt unangemessen erschien.

Meine Augen brannten. Unmöglich so nachzudenken. Einen klaren Gedanken zu fassen oder wenigstens den klaren Blick zu bewahren.

Bilder sausten unablässig durch meinen Kopf, Gedanken und Gefühle vermischten sich zu einer einzigen braunen Masse - mit gelben Punkten.

Manche meiner Metaphern sollten mich mit Schrecken oder zumindest mit Irritation erfüllen, doch damit wollte ich mich jetzt nicht beschäftigen.

Psychisch auffällig. 

Ich wagte nicht mich zu bewegen, obwohl ich sicher sein konnte alleine hier zu sein, fühlte ich mich wie auf dem Präsentierteller.

Niemand sah mich hier sitzen, in der Dunkelheit, tränenverschmiert und abgekämpft und doch spürte ich die Blicke der anderen vor denen ich mich so ungeschickt zu verstecken versuchte.

Die Gänsehaut, die sich über meinen Körper ausgebreitet hatte, schmerzte. Ein Zeichen von Leben. Von Realität. Und ehrlich ich genoss ihn, den Schmerz auf meiner Haut.

Die Katze hatte sich etwas beruhigt, rollte sich auf meinen Beinen zusammen und blickte mit ihren grasgrünen Augen erwartungsvoll zu mir hoch, ihre Pfoten abwechselnd in meinen Bauch stoßend.

Meine linke Hand hob sich, strich schier automatisiert über ihren Kopf, kraulte ihren Nacken und umfasste letztendlich das kleine zarte Gesicht, als die Katze sich hingebungsvoll dem Schlafen widmete. 

Nachdenklich schaute ich auf mein Alibi hinunter, meinen Vorwand nicht aufstehen zu müssen, oder besser nicht aufstehen zu können und ein weiches Lächeln glitt verstohlen über meine Lippen.

Das Handy auf dem Tisch vibrierte ,noch bevor der Klingelton los dröhnen konnte und The Clash sich die altbekannte Frage stellte: Should i stay or should i go?

Ironischer Weise habe ich mich nie mit ähnlicher Fragestellung aufgehalten. Reine Bequemlichkeit und eine Spur Fatalismus.

Noch bevor irgendeine Regung durch meinen Körper ging, verstummte das Telefon um wenig später per Sms auf den verpassten Anruf  hinzuweisen.

Immer noch keine Reaktion meinerseits. Lediglich die Katze hob kurz irritiert ihren Kopf und drückte mahnend ihre Krallen in mein Fleisch. 

Mir war es egal wer mich angerufen hatte. Mir war es egal wer mit mir reden wollte und worüber. Es war mir schlicht gleichgültig. Denn die Einsamkeit beschränkte sich schon lange nicht mehr allein auf die Räumlichkeit, in der ich mich befand, sondern hatte längst mein Herz ergriffen.

Es war unnötig zu diesem Zeitpunkt über Schicksal und Charma zu philosophieren, obwohl mir, zugegeben, eindeutig danach war. Und es war zwecklos zu Gott zu sprechen, ihn um Vergebung zu bitten, denn die einzige Person, die mir verzeihen musste, war ich selbst.

Der Mond, halbvoll, durchflutete die Flure mit stählendem, kaltem Licht und ich wusste dennoch, würde ich barfuß die Straße entlang laufen, könnte ich die gespeicherte Wärme des Asphalts wahrnehmen, die mir hätte versichern können, dass einst die Sonne hier geschienen hatte, dass sie mit ihrer Kraft, ihrer Liebe selbst in mein verschlossenes Herz eingedrungen war.

Doch die einzige Erfüllung die die junge Frau auf der Couch nun spüren konnte war die Einsamkeit und das konstante Schnurren der getigerten Katze ihr einziger Halt.

Und in diesem Moment ihr Held, um es mit  Mariah Carey auszudrücken.

And then a hero comes along with the strength to carry on and you cast your fears aside and you know you can survive so when you feel like hope is gone - look inside you and be strong ....

Die Tränen waren schon längst getrocknet, ihr Pulsschlag hatte sich normalisiert und ihre Verzweiflung war der Müdigkeit gewichen, die sie die letzten Tage krampfhaft unterdrückt hatte.

Skeptisch über diesen plötzlich eingetretenden Seelenfrieden zog sie den Bademantel enger um ihre Schultern, so dass der Blick auf ihren BH nun den heimlichen Beobachtern verwehrt wurde. Der Hang zur Dramatik.

Big Brother is watching you. Sie aber gab sich damit zufrieden dass Gott sie von seinem Thron aus betrachtete, ihr unüberlegtes Handeln mit einem tadelnden Blick zur Kenntnis nahm.

So sicher war sie sich seiner unendlichen Liebe, er würde sie nicht wegstoßen ins Schutzlose, trotz den Dingen die sie getan hatte und die sie nun in diese Verzweiflung stürzten. 

Vor ihrem inneren Auge zog er seine linke Augenbraue hoch und zwinkerte ihr nachgiebig, fast ein wenig verschmitzt, zu.

Die kleine Katze war während ihrer Überlegungen von meinem Schoß geschlichen, hatte sich neben mir eng zusammengerollt.

Ich wartete bis ihr beharrliches Schnurren ganz verstummt war, lächelte in die Dunkelheit hinein, und ging ebenfalls Schlafen.

Die Mühe meine Kleidung auszuziehen machte ich mir nicht. Ausnahmsweise.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.05.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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