Jürgen Berndt-Lüders

Eifersucht!!!

„Mir sagt mal wieder keiner was“, stellte Desiree lakonisch fest.

 

„Man kann in diesem Riesen-Laden ja auch nicht alles wissen“, beruhigte Kirsten, und wenn sie ihren Gedanken ausgesprochen hätte, den sie dabei hatte, hätte sich alles, was jetzt noch kam, im Vorfeld erledigt gehabt.

 

Du bist ein neugieriges, sensationslüsternes Luder, hatte Kirsten Desi still und heimlich unterstellt und sich mit angewidertem Gesichtsausdruck abgewandt, was Desi wiederum als schlechtes Gewissen gedeutet hatte.

 

Desi nahm wie ein Coyote in der Halbwüste die Spur auf, verfolgte sie und witterte einen vergifteten Kadaver.

 

Die Unruhe war nicht zu ertragen. Lieber ein Ende mit Schrecken als diese Ungewissheit.

 

Desi rief die hausinterne Nummer ihre Mannes an, der für den Forst des Landkreises zuständig war. Sie kannte Gerd genau, und schon im Unterton seiner Stimme war Einiges heraus zu hören. 

 

„Weshalb rufst du an“, fragte Gerd gequetscht. In zwei Minuten war die Konferenz und er hatte sich noch in eine Stellungnahme einzulesen.

 

„Ich wollte nur deine Stimme hören“, sagte Desi, so wie früher, als sie in Gerd noch verliebt gewesen war.

 

„Warte noch ein wenig,“ sagte er knapp, und er versuchte, seiner Stimme einen verbindlichen Ton zu geben, was ihm nicht ganz gelang.

 

Seine Sekretärin, Ilona Krumbiegel war schließlich im Raum. Was ging die sein Privatleben an?

 

Er hat nicht Schatz gesagt, wie sonst, dachte Desi. War das nicht ein eindeutig?

 

Ilona und Gerd packten ihre Unterlagen und Desiree eine innere Unruhe, die sie zur Verzweiflung trieb. Chef und Sekretärin zogen sich in den Konferenzraum zurück, wo schon alle Abteilungsleiter saßen, und Desiree in einen Schmollwinkel, aus dem sie nicht mehr heraus kam.

 

Desi zupfte nervös an den Fingernägeln, wählte Gerds Nummer und niemand nahm ab. Sie wählte Ilonas Nummer im Vorzimmer, und auch dort meldete sich niemand.

 

Nebenan, im Zimmer der Unteren Forstbehörde, ging jemand ran.

 

„Mein Name ist Desiree Wagner, von der KFZ-Zulassung. Ich möchte Herrn Wagner sprechen.“

 

„Herr Wagner ist weg.“

 

„Mit seiner Sekretärin?“

 

Klar war der mit dieser Schlampe weg, und niemand wusste, wo die beiden hätten sein können.

 

Desiree fiel der Hörer aus der Hand. Kirsten hatte ihr erzählt, dass einer der Abteilungsleiter abgemahnt worden sei, weil er es mit seiner Sekretärin getrieben habe.

 

Stimmte es also doch? War Gerd deshalb so kurz angebunden gewesen?

 

Diesmal zupfte Desiree nicht an den Nägeln, sondern sie kaute dran. So wie als Teenager, wenn sie Liebeskummer gehabt hatte.

 

Eine Welt brach für Desi zusammen. Womöglich bekam Gerd die Kündigung, wenn er es weiter so trieb. Sie hatten ein Haus gebaut, Hypotheken aufgenommen, und dafür brauchten sie beide Einkommen. In Gerds Alter und in seiner Gehaltsklasse bekam der doch keine Arbeit mehr...

 

Männer. Wenn die in den zweiten Frühling kamen, verlieren sie den Verstand, dachte Desi bekümmert und stützte den Kopf in die Hand.

 

War Gerd denn alles nichts mehr wert, was sie zusammen durchlebt hatten?

 

Kollege Geisler kam ins Zimmer. Er wollte etwas Lustiges loswerden, sah Desis Gesicht und hielt sich zurück.

 

Desi hatte Tränen in den Augen.

 

Ich könnte sie ihr weg küssen, dachte Geisler.

 

„Es steht dir gut, wenn du heulst“, sagte er voller Mitgefühl. „Zahnschmerzen?“

 

Desi lachte unter Tränen und winkte ab. „Ach nee, lass mal. Ist nicht so schlimm. Ist gleich wieder vorbei.“

 

Geisler überlegte.

 

„Willst du dich aussprechen?“

 

Desi fühlte das Für und Wider. Einerseits brauchte sie jemanden, dem sie ihren Schmerz mitteilen konnte, andererseits...

 

„Komm“, sagte Geisler und nahm ihre Hand. „Ich kenne einen Raum, wo wir ungestört reden können.“

 

Der Konferenzraum war besetzt. Gerd hielt gerade ein Referat über den Borkenkäfer und seine Sekretärin führte das Protokoll. Als Desi die Tür öffnete, unterbrach Gerd und sah genervt zu Geisler und ihr hinüber.

 

Desi lachte laut, über sich und über die blöde Situation, und Geisler wusste, dass sich Desis Schmerz erledigt hatte. Er gab ihr ein Tempo, womit seine Aufgabe erledigt war.

 

„Was wolltest du denn heute mit Geisler im Konferenzraum?“, fragte Gerd am Abend, in einer Werbepause während einer Fußballübertragung. Er wusste schon lange, dass Geisler für seine Frau schwärmte.

 

„Die Besenkammer war euch wohl zu eng?“

 

 

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Jürgen Berndt-Lüders).
Der Beitrag wurde von Jürgen Berndt-Lüders auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.05.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Jürgen Berndt-Lüders als Lieblingsautor markieren

Buch von Jürgen Berndt-Lüders:

cover

Regina Mundis - Königin der Welt. Buch 1: die Berufung von Jürgen Berndt-Lüders



Agnes, die Tochter des Markgrafen vertritt bei einer Konferenz König Otto II, der ein Kindskopf ist. Während dieser Zeit ist sie die mächtigste Frau der Welt.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Sucht & Abhängigkeit" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Jürgen Berndt-Lüders

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Hühnersuppe über alles... von Jürgen Berndt-Lüders (Fabeln)
Spiegelscherbe von Katja Ruhland (Sucht & Abhängigkeit)
Berlin ist die einzige Stadt... für Ingrid Grote von Kerstin Köppel (Erinnerungen)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen