Heidi Schmitt-Lermann

"Pfuiiii.....!!!"

Wenn der Vater von seinen Reisen nach München heimkam, war er oft sehr müde und legte sich in die heiße Badewanne und ließ die Seele baumeln. Da sie in der Stadt wohnten, wurde oft bei ihnen geklingelt von Menschen, die versuchten vorort ihre Ware an den Mann zu bringen. Diese Leute haben die Kinder dann abgewimmelt, damit der Vater nicht gestört wurde. Eines Tages klingelte es gebieterisch an der Haustüre. Vater war wieder in der Badewanne, um nach einer harten Woche zu entspannen. Rrrrrrrinnnnggggg und wieder und wieder klingelte es. Da nur Luzie, die Kleinste zu Hause war, ging sie mutig an die Haustüre, bereit mit allen Mitteln diese lästige  Klingelei abzustellen. Draußen stand eine energische, ältere, kleine, dicke Dame mit Mary Poppins Hut auf . "Ist dein Vater da!", klang es gebieterisch. "Nein", log Luzie, mein Vater ist in Bonn." Luzie wollte die Türe schließen, als die Dame den Fuß in den Schlitz stellte und  ihren Namen nannte, der Luzie wohl bekannt sein sollte, es aber nicht war. Also schickte sie Luzie zur Mutter. Diese hatte sich nach schwerer Hausarbeit für die sechsköpfige Familie gerade ein bisschen hingelegt. Als der Vater in seiner Badewanne hörte, wer da draußen stand, stürzte er sofort aus seiner Wanne, hoppste sich schnellstens seine Textilien hochziehend, von einem Bein zum anderen, um dann flugs hinaus zu streben. Den Einwand Luzies, doch gesagt zu haben, dass er in Bonn sei und damit für ihn gelogen zu haben, wischte er mit einer Handbewegung zur Seite. "Das ist meine Cousine. Da muss ich hin" meinte er ärgerlich.

Diese stand noch eben so gebieterisch in der Diele und tippte mit den Fingern auf ihrem Arm herum. Vater lächelte verbindlichst und sagte: " Liebe Phöbe, das ist ja nett, dass du mich besuchst. Weißt du, meine Luzie dachte ich sei in Bonn, dabei war ich nur in der Badewanne." Diese so ungemein kluge Erklärung, machte es Luzie noch peinlicher. Jetzt war sie nicht nur verlogen, sondern auch noch blöd. sie hätte in den Erdboden versinken können. Auf die Frage, warum sie sich nicht telefonisch angemeldet hätte, antwortete sie wie die Mary Poppins auch :" Das mache ich nie!" Mary Poppins hatte gesagt: "Ich erkläre nie etwas!" Nachdem das hinreichend erklärt war, machte die Mutter ein Abendessen von den Sachen, die eben noch da waren. Ganz toll hat sie das noch gedeichselt.

Jedefalls der plötzlichen Tante schmeckte es und Luzie, hat sich, um nicht angesprochen zu werden, weil man ja mit vollem Mund nicht spricht, dann total überfressen. Jedenfalls merkte sie das nachts im Bett, dass es ihr speiübel war. Schnell rannte sie zur Toilette. Aber sie schaffte es nicht mehr rechtzeitig. Alles ergoss sich noch vor die Schüssel. Wenn sie das jetzt hätte aufwischen sollen, wäre ihr gleich wieder schlecht geworden, darum vertagte sie dieses Unternehmen auf den nächsten Morgen. Als sie gerade in ihr Zimmer gehen wollte, hörte sie, wie sich die Türe zum Schlafzimmer ihrer Eltern öffnete. Ihre Mutter kam schlaftrunken heraus und barfuß direkt auf die Stätte ihres Wirkens zu. Kurz darauf ertönte ein ungläubiges: "Pfuuuiiiiiiiii!!!!!!" Luzie rannte zu ihrem Bett, hupfte hinein und Englein flogen durch den Raum.

Ihre Schwester, die alles mitangehört hatte, war gerade am überlegen, ob sie sich jetzt opfern sollte um die Sauerei wegzuwischen, als auch sie die Mutter herauskommen hörte. Auch sie vernahm das ungläubige: "Pfuuuuuiiiiii!!!!!!!!", um dann noch mitzuverfolgen, wie die Mutti auf einem Bein in die Küche hupfte, einen Eimer mit heißem Wasser vollaufen ließ, ihren Fuß wusch und mit Würgelauten dann Luzies "Innereien" entsorgte.

Am nächsten Morgen war alles wie immer. Die Mutti hat nicht geschimpft. Wahrscheinlich hatte sie Mitgefühl mit ihrem kleinen Töchterchen, das doch den Vater nur Schereien vom Hals halten wollte und welches sich dann verraten gefühlt haben musste. Welches sich das in Zukunft auch schwer überlegte, dem Vater in dieser Hinsicht noch einmal zu helfen. Der Vater war sonst stets ein sehr lieber Vater, aber nicht grundsätzlich immer sehr diplomatisch angehaucht.

Das sind so Kindergeschichten, welche man sich sein Leben lang merkt. Sie sind immer wieder erheiternd und bei uns Geschwistern wird auch nach 50 Jahren noch sehr geschmunzelt, wenn wir uns diese Kindheitserinnerung erzählen,im Übrigen auch die arme Mutti, die das ja ausbaden durfte.Heidi Schmitt-Lermann, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.06.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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