Karl Bednarik

Gebrauchsanweisung für Graf Hombug und sein Universum

 
 
Vor etwa 200.000 Jahren hat sich der moderne Mensch entwickelt.
 
Der moderne Mensch schafft es von der Steinzeit bis zur
Raumfahrt in etwa 10.000 Jahren.
 
Nun stellt sich die Frage, was er in der Zwischenzeit gemacht hat.
 
Vor 190.000 Jahren kolonisierte er die Galaxis, und gründete
später das Reich der Quaronen, die bei den Doppelsternen
Qua und Ron lebten.
 
Vor 150.000 Jahren bemerkten die Quaronen, dass sie noch einen
Konkurrenten hatten.
 
In der Andromeda-Galaxie entwickelten sich vor vielen Millionen
Jahren halbintelligente quallenähnliche Lebewesen, die Methan
atmeten und nur im Wasser einen stabilen Körperbau besaßen.
 
Intelligent in engerem Sinne war nur die Legemutter aller
Mirgs, ein Organismus der auf dem Entstehungsplaneten der
Mirgs nahezu den gesamten Ozean ausfüllte.
 
Alle 50.000 Jahre schwärmten ihre Nachkommen über die lokale
Gruppe der Galaxien aus, und versuchten die dort ansässigen
Lebensformen zu verdrängen und ihre Planeten zu mirgoformieren,
indem sie eine Methan-Atmosphäre aufbauten.
 
Nach jahrhundertelangem erbittertem Weltraumkrieg, in dem
Planet auf Planet vernichtet wurde, blieb den Quaronen,
die auch den NISK (den Neutrino-induzierten stellaren Kollaps)
entwickelt hatten, nur die Möglichkeit offen, die Sterne
Qua und Ron, ihre ureigensten Sonnen zu NISKen und in deren
verbrannten Planeten unterzutauchen.
 
Auf Grund des Schwerpunkterhaltungssatzes kreisen diese
Schlackenplaneten noch immer auf halbwegs stabilen Bahnen
um das schwarze Doppelloch Quaron.
 
Es ist natürlich klar, dass diese Schlackenplaneten für
Archäologen sehr interessant sind.
 
Ein kleines Problem stellen allerdings die nach 150.000
Jahren noch immer funktionierenden Todesfallen dar, die
die Quaronen installiert hatten, um ihre Geheimnisse zu
schützen.
 
Die Quaronen waren eben Anhänger einer soliden Bauweise.
 
Vor 100.000 Jahren hatte sich im Rigel-System die
humanoide Rasse der Stokth entwickelt.
 
Als ferne Nachkommen der Quaronen hatten sie eine
ungefähre Vorstellung, was da auf sie zukommen sollte.
 
Das besondere Verdienst der Stokth um alle humanoide
Folgerassen war ein trickreiches galaktisches
Entwicklungsprogramm.
 
Die Stokth verschwanden schon vor der Mirg-Invasion
in sicheren Verstecken.
 
Die Mirgs hielten das für einen leichten Sieg über
die Humanoiden, aber in Wirklichkeit war es genau
das Gegenteil davon.
 
Es hat den Anschein, als ob es auch heute noch Stokths
geben würde, aber für uns Humanoide ist es klüger,
nicht zu genau hinzusehen.
 
Wir werden sie dann bemerken, wenn die Mirgs kommen.
 
Die Mirgs nennen sich natürlich nicht selbst Mirgs,
das Wort "Mirg" stammt aus der Sprache der Stokths,
und es bedeutet sinngemäß das Abmurksen von jemandem.
 
Vor 50.000 Jahren erkannte der letzte Kaiser von Atlantis,
dass er später genau diesen Titel erhalten würde.
 
Schließlich besaß er als legitimer Herrscher der irdischen
Menschheit die Papyrusrollen von Stokth.
 
Nachdem seine Menschheit etwa zweihundert Jahre Vorsprung
vor den Mirgs erhalten hatte, was ein Verdienst der Stokths
war, versuchte er einige Spezialwaffen zu entwickeln.
 
Als einziges System von vertrauenerweckender Zuverlässigkeit
entpuppte sich der SAG, der Synaptische Amnesie Generator.
 
Eine Kombination von elektromagnetischen Wellen, die in den
Nervenfasern eines jeden intelligenten Lebewesens eine Folge
von Spannungsimpulsen erzeugten.
 
In den Synapsen an den Enden dieser Fasern kamen infolgedessen
neben den eigenen Nervenimpulsen auch eine Reihe von
Zufallssignalen an.
 
Nach relativ kurzer Einwirkungsdauer war das Langzeitgedächtnis
ein sehr verschwommenes Gebilde, weil seine Gedächtnis-Engramme
immer mehr verwischt wurden.
 
Jede intelligente Lebensform kehrte auf ihr Steinzeitniveau
zurück.
 
Sämtliche Mirgs im Umkreis unseres Sonnensystems wurden
schwachsinnig und starben infolge technischer Inkompetenz.
 
Natürlich kann ein primitiver Mensch unter dem Einfluss
des SAG immer noch auf einem Sauerstoffplaneten überleben.
 
Mit zunehmender Hektik entsandten die Mirgs dutzende Kundschafter
in unser Sonnensystem, keiner kehrte jemals zurück.
 
Jetzt ging es um die Ehre der mirgschen Raumflotte.
 
Fünf riesige Raumflotten, jede noch größer als ihre Vorgänger,
brachen nacheinander in unser Sonnensystem auf, keine kehrte
jemals zurück.
 
Danach begriffen auch die Mirgs, dass unser Sonnensystem
für alle Zeiten ein System des Todes sein würde.
 
Die meisten Wracks der mirgschen Raumschiffe stürzten
im Laufe der Jahrtausende in die Sonne, viele auf die
verschiedenen Planeten, und manche kreisen heute noch
irgendwo im Planetoidengürtel.
 
Die traurige Ironie an dieser Sache war, dass auch die
Kultur der Atlanter der Strahlung des SAG zum Opfer fiel,
denn abschirmen konnte man diese Strahlung damals noch nicht.
 
Die vierte Menschheit (also unsere) hatte auf Grund der
sorgfältigen Vorarbeit des Kaisers von Atlantis volle
zweitausend Jahre Vorsprung vor den Mirgs.
 
Einige Jahrhunderte nachdem die Mirgs aufgegeben hatten,
in unser Sonnensystem einzufliegen, gab der Synaptische
Amnesie Generator wie geplant den Geist auf.
 
Dass Atlantis Jahrtausende später auf Grund geologischer
Prozesse im Meer versank, war eigentlich nicht eingeplant,
störte den großen Plan aber auch nicht besonders.
 
Die Erinnerung an einen großen Obelisken, der die Sprache
und das Denken verwirrte, schlug sich sicher auch in der
Geschichte vom Turmbau zu Babel nieder.
 
 
Gebrauchsanweisung für Graf Frederik von Hombug:
 
 
Graf Frederik von Hombug wurde am 19. September 1946 in
Wien geboren.
 
Damals wurde er noch als Karl Bednarik bezeichnet.
 
Später schlug er die Laufbahn zum Chemotechniker ein,
eigentlich nur deshalb, weil er sich für die Science-
Fiction interessierte.
 
Im Jahre 2026 war er 80 Jahre alt, das war das Jahr,
als Sirtris Pharmaceuticals den ersten Alterungsstopper
heraus brachte, SRT-2732.
 
Karl Bednarik lebte erst einmal bis 2046, Alter 100,
als Zittergreis, bis die nächste Entwicklung kam.
 
GlaxoSmithKline hatte längst Sirtris Pharmaceuticals
einkassiert und produzierte nun hoffnungsvoll den
Wirkstoff GSK-333-228, den Verjünger.
 
Die unangenehmen Nebenwirkungen sind immer noch besser,
als ganz abzukratzen, sagte Karl Bednarik, weil er immer
noch positiv denken konnte.
 
Im Jahre 2066, Alter 120, lieferte dann die Firma Zyvex
den endgültigen Durchbruch zur Unsterblichkeit.
 
Nanomaschinen, die wirklich alles in biologischen Systemen
reparieren konnten.
 
Es war natürlich kein Zufall, dass sich auch Karl Bednarik
mit Molekularbiologie und Nanotechnologie befasst hatte.
 
Das war die Zeit großer sozialer Umbrüche, einerseits
konnten halbwegs intelligente Nanomaschinen praktisch
alles herstellen, was der Mensch benötigte.
 
Andererseits war das System aus Arbeit und Arbeitslosigkeit,
sowie Arbeiten und in Pension gehen nicht mehr funktionsfähig.
 
Irgendwann einigten sich dann die Menschen darauf, dass Geld
ein völlig leerer Begriff war, und natürlich auch Geiz und
Habgier, denn welche Bedeutung hat denn Habgier, wenn ohnehin
jeder jederzeit alles haben kann.
 
Natürlich versuchten irgendwelche Menschen in irgendeiner
Beziehung besser zu sein als andere Menschen, aber jeder,
der an sich arbeitete, konnte jederzeit alles erreichen.
 
Das war natürlich ein Rückschlag für Leute, die unbedingt
etwas Besseres als andere Leute sein wollten.
 
Nun folgte eine friedliche Expansion der Menschheit in den
Planetoidengürtel, und Karl Bednarik, der sich damals Jim Cool
nannte, weil er diesen Namen einfach cool fand, war dabei.
 
Nach dem die marodierenden Horden der Wrukschen Befreiungsfront
unser schönes Sonnensystem gründlich verwüstet hatten, begriff
Jim Cool ziemlich schnell die drei Regeln des Universums:
 
1.) Als Pazifist überlebst du, wenn du die stärkeren Waffen hast.
2.) Als Pazifist überlebst du, wenn du die schnelleren Raumschiffe hast.
3.) Als Pazifist überlebst du, wenn du von diesen beiden Dingen
mehr als der Gegner hast.
 
Jim Cool war natürlich Pazifist, und er lebte ab nun nach diesen
drei Regeln.
 
Jim Cool war ein schneller Begreifer, und er war ein gründlicher
Begreifer.
 
Die marodierenden Wruks flohen in Panik aus unserem Sonnensystem,
denn ihre eigene Regierung konnte unmöglich schlimmer sein, als
Jim Cool, und die von ihm aufgestellte Todeslegion.
 
Jim Cool zitierte oft die alten Römer: "Si vis pacem, para bellum".
 
Wenn du den Frieden willst, dann bereite Dich auf den Krieg vor.
 
Seltsamerweise mögen Kriegstreiber gar keine wehrhaften Völker.
 
Um es kurz zu machen, Jim Cool hat sein eigenes Sonnensystem
verteidigt, und zwei Invasionen der Wruks und eine Invasion
der Floralier zurückgeschlagen, wobei die Invasion der Floralier
derartig naiv geplant war, dass sie schon ein Witz war.
 
Auch Invasoren müssen ja auch irgendwo klein anfangen.
 
"Aber nicht bei uns", sagte Jim Cool, und das meinte er ernst.
 
Das alles fand etwa im 25. Jahrhundert statt.
 
In der Zeit bis zum 47. Jahrhundert gab es zwar ab und zu
einige kleinere galaktischen Kriege mit den Wruks, aber
keine ernstlichen Krisen.
 
Jim Cool nannte sich nun Admiral Graf Frederik von Hombug,
und war der Oberkommandierende der fünften Galaktischen Flotte,
die immerhin aus zehntausend zwei Kilometer durchmessenden
Ultra-Schlachtschiffen bestand.
 
Er nannte sich deshalb Hombug, um genau zwischen Homburg
und Humbug zu stehen, die Psychologen rätseln noch daran,
warum, und Graf Hombug schweigt dazu.
 
Vize-Admiral Rick McFertig war sein Stellvertreter, falls
Graf Hombug irgendwo hin reisen musste, zum Beispiel in
einige Paralleluniversen.
 
Na, ja, und dann kamen die Mirgs auf die unglaublich
dumme Idee, sich noch einmal mit der Menschheit anzulegen.
 
Schliesslich kamen die Mirgs alle 50.000 Jahre in die
Schwarmphase, und es war nun wieder so weit.
 
Plötzlich waren alle landbewohnenden Sauerstoffatmer der
Galaxis Verbündete.
 
Wruks, Chreekos, Ssirrts, Malgarths, und wie sie alle
heißen mögen, denn dieses Mal ging es um ihr Überleben, und
nicht nur um die Vorherrschaft über ein paar Sonnensysteme.
 
Nun erwies es sich als günstig, dass Graf Hombug diese
Völker in den sieben galaktischen Kriegen nicht restlos
ausgelöscht hatte.
 
Es ist eben gut, ein Pazifist zu sein.
 
Besonders die Wruks standen den Menschen in Gerissenheit
und Tapferkeit in keiner Weise nach.
 
Die Wruks sahen wie metergroße Kugeln aus, aus denen
insgesamt 47 Tentakeln wuchsen.
 
Das lag daran, dass sie von an Land gegangenen Seeigeln
abstammten, und nicht, wie die Menschheit, von an Land
gegangenen Quastenflossern.
 
Natürlich nannten sich die Wruks nicht selbst "Wruks",
"Wruk" war nur das Geräusch, das sie beim Einatmen
erzeugten, und danach sprachen sie im Infraschallbereich
weiter.
 
Graf Hombug hatte längst die Datenkristalle der Atlanter
gelesen, und, wie es so seine Art war, er hatte einen Plan.
 
Anstatt der mirgschen Raumflotte eine Vernichtungsschlacht
in unserem Sonnensystem anzubieten, bot er den Mirgs eine
Vernichtungsschlacht im Schedir-System an.
 
Er konzentrierte sieben galaktische Flotten mit insgesamt
70.000 Ultra-Schlachtschiffen, 45.000 Raumkreuzer der Wruks,
und noch etwa 17.000 Kampfschiffe der anderen verbündeten
Sternenreiche möglichst auffällig im Schedir-System.
 
Dabei gab es im Schedir-System  nur ein kleines Eisenbergwerk
zu verteidigen, dessen Bergleute man längst in Sicherheit
gebracht hatte.
 
Zur Sicherheit hatte Graf Hombug die anderen fünf galaktischen
Flotten mit ihren 50.000 Ultra-Schlachtschiffen ganz unauffällig
um unser Sonnensystem herum verteilt.
 
Nachdem die gewöhnlichen Mirgs etwa so intelligent wie
Termiten waren, fielen sie auf jeden Trick sofort herein.
 
Dass die Mirgs ihre Raumschlachten dennoch immer gewinnen
konnten, das lag praktisch nur an ihrer zahlenmäßigen
Überlegenheit.
 
Graf Hombug wusste, dass die Mirgs diese Vernichtungsschlacht
gewinnen würden, der wesentliche Unterschied war aber nur, dass
die Mirgs gar nicht wissen konnten, wo sie eigentlich waren.
 
Die Mirgs waren davon überzeugt, dass sie nun das wichtigste
Sonnensystem unserer Galaxis erobern würden.
 
Die Überlebenden der vereinigten Raumflotten zogen sich aus
dem Schedir-System zurück, und beinahe keiner ahnte warum.
 
Der Befehl an alle Flottenverbände lautete:
"Das Schedir-System ist mit allen Mitteln zu verteidigen.
Am 23. Februar 4682 irdischer Zeitrechnung um 18:47:23
verlassen alle Kampfverbände unauffällig das Schedir-System".
 
Graf Hombug kannte die Vorliebe der Mirgs für runde Zahlen,
und deshalb vermied er runde Zahlen, wenn es ging.
 
Einige Wruksche Kommandanten blinzelten allerding verstehend
mit den sieben am höchsten liegenden Tentakeln.
 
Auf dem merkurähnlichen innersten Planeten Schedir-1 hatte
Fürst Klaus von Irrwitz den ersten NISK-Projektor der
vierten Menschheit aufgebaut.
 
Um 19:00:00 zündete Graf Hombug den NISK-Mechanismus,
und die Mirgs verbrannten im Sternenfeuer, denn nun
explodierte Schedir schlagartig zu einer Supernova.
 
Diesmal hatte das Wissen der Stokths gesiegt, und nach
allgemeiner Beurteilung der vereinigten Völker unserer
Galaxis war das genau richtig.
 
Für diese Kriegslist erhielt Graf Hombug den Kriegsnobelpreis,
den Jim Cool schon einige Jahrhunderte zuvor eingeführt hatte,
"Friedensnobelpreis, da lachen ja die Hühner", sagte er damals.
 
Nachdem das Sternbild Cassiopeia wie ein großes W aussieht,
und nachdem Alpha Cassiopeia (Schedir) wie der rechte untere
Zacken dieses W aussieht, wird nach etwa 230 Jahren dieses
Sternbild auf der Erde als Schürhaken bezeichnet werden.
 
Das kommt daher, dass Schedir 230 Lichtjahre von der Erde
entfernt ist.
 
Fürst Klaus von Irrwitz, ein Studienkollege von Graf Hombug,
erwies sich immer öfter als Non-Stop-Superwaffen-Generator,
und spuckte im Wochentakt NISK, SEHAS, UNDIS, Doomsday-Device,
Mirg-Locher, Raum-Zeit-Zerhacker, Zeit-Triebwerke, und
transuniversale Triebwerke aus.
 
Dabei war Fürst Klaus von Irrwitz ein ganz normaler Mensch.
 
Was Fürst Klaus von Irrwitz nicht wusste, war, dass seine Eltern
Stokths waren, die auf der Erde Zuflucht gesucht hatten.
 
Na, ja, Quaronen, Stokths, Alanter, und Menschen gehören
alle zu der Spezies des Homo sapiens sapiens.
 
Fürst Klaus von Irrwitz war nur sein Künstlername, in
Wirklichkeit hieß er Bodo von der Hohenlohe, und seine
früheren Mitschüler nannten ihn oftmals "fünf-o".
 
Wenn man nun erklären wollte, was NISK, SEHAS, UNDIS, das
Doomsday-Device, Zeittriebwerke, und Parachrontriebwerke
genau machen, dann würde das hier den Rahmen sprengen.
 
Im 47. Jahrhundert hatte Graf Hombug genug Zeit, um die
anderen 256 Dimensionen zu erkunden, die Fürst Klaus von
Irrwitz erforscht hatte.
 
Natürlich gibt es beliebig viele Dimensionen, und je mehr
Energie ein Teilchen hat, und umso kürzer seine Materie-
Wellenlänge daher ist, umso mehr in sich eingerollte
Dimensionen sind für dieses Teilchen erreichbar.
 
Die Grenze von 256 Dimensionen ergibt sich nur aus der
Tatsache, dass man die Energie aus der Zerstrahlung der
Materie nicht unbegrenzt auf ein einzelnes Teilchen
übertragen kann, ohne die Raumzeit selbst aufzubrechen.
 
Für einen Admiral der fünften galaktischen Flotte, der
unser Sonnensystem nur in Begleitung von zehntausend
Ultra-Schlachtschiffen zu verlassen pflegte, war es eine
völlig neue Erfahrung, nackt und waffenlos in ein fremdes
Universum zu springen.
 
Als Testpilot für die Erfindungen von Fürst Klaus von Irrwitz
hatte Graf Hombug bereits trübe Erfahrungen gesammelt.
 
Vor allem beschäftigte Graf Hombug die Frage, wie man unter
den zahlreichen ähnlichen Universen sein eigenes Universum
wiederfinden konnte.
 
Natürlich hatte Fürst Klaus von Irrwitz längst eine Lösung
entwickelt.
 
Ein kleines Plättchen aus monokristallinem Silber mit 3,44 mm
Kantenlänge hat etwa 10.000.000 Atome an jeder seiner Kanten.
 
Das kommt daher, dass der Van-der-Waals-Radius von
Silberatomen 172 Picometer beträgt.
 
Auf der Oberfläche dieses Plättchens gibt es also
100.000.000.000.000 Atome, und natürlich auch Vertiefungen
zwischen diesen Atomen, die als Bindungsplätze für andere
Atome in Frage kommen.
 
Wenn man nun im Hochvakuum ungefähr 50.000.000.000.000
Eisenatome aufdampft, so dass es an jeder atomgroßen Stelle
dieses Plättchens eine Wahrscheinlichkeit von 50 % für das
Vorhandensein eines Eisenatoms gibt, dann hat man einen
quantenmechanischen Zufallszahlenspeicher mit
2 hoch 100.000.000.000.000 möglichen Zuständen.
 
Gelesen wird diese Zufallszahl mit dem Rastertunnelmikroskop,
und kopiert wird diese Zufallszahl mit dem Rastertunnelmanipulator.
 
Bei Zimmertemperatur sind die Eisenatome fest an den Silberkristall
gebunden, weil er für sie aussieht, wie ein Eierkarton für die Eier.
 
In den zahlreichen ähnlichen Universen gibt es zahlreiche ähnliche
Fürst Klaus von Irrwitze, und diese machen praktisch das Gleiche.
 
In diesen ähnlichen Universen ist aber die Anordnung der
50.000.000.000.000 Eisenatome immer anders, und erst in
2 hoch 100.000.000.000.000 Universen kommt genau die
gleiche Anordnung vor.
 
Wenn jemand Zweifel hat, ob das ausreicht, 2 hoch 30 ist
bereits 1.073.741.824.
 
Nachdem man alles was sich außerhalb des Körpers befindet
verliert, wenn man aus dem Raum-Zeit-Kontinuum springt,
brachte Fürst Klaus von Irrwitz eine Kopie dieses
Silberplättchens in einem künstlichen Backenzahn von
Graf Hombug unter, den er unausschlagbar fest mit einer
Titanwurzel in Hombugs Kiefer verschraubt hatte.
 
Etwas genauer gesagt, alle Objekte, die nicht durch
chemische Haupt- oder Nebenvalenzkräfte gebunden sind,
gehen verloren.
 
Wer nun auf die Idee kommt, sich eine FN-P90 Maschinenpistole
mit Kontaktkleber auf die Brust zu kleben, wird eine
Enttäuschung erleben, und eine Menge Haut verlieren,
weil die Masse der FN-P90 unter den hier auftretenden
Beschleunigungskräften abreissen wird.
 
Graf Hombug dachte kurz an aufgemalte Kleidungsstücke,
aber das war ihm dann doch zu lächerlich.
 
Mit diesem kleinen Silberplättchen konnte nun der reisende
Graf Hombug an den verschiedenen festsitzenden Klaus von
Irrwitzen testen, ob dieser Klaus von Irrwitz sein richtiger
Klaus von Irrwitz war.
 
Nach und nach stellte Graf Hombug den Hombug-Irrwitz-Katalog
der ähnlichen Paralleluniversen (HIKDAPU) zusammen.
 
Jedes Universum bekam im HIKDAPU eine von 2 hoch 100.000.000.000.000
digitalen Nummern verpasst.
 
Sämtliche Hombuge und Irrwitze der ähnlichen Paralleluniversen
waren genau der gleichen Meinung über die Richtigkeit ihres
Vorgehens, denn sie waren einander eben alle sehr ähnlich.
 
Was die Mirgs anbelangt, stellte sich das Problem so dar:
 
Die Legemutter aller Mirgs befand sich in der Andromeda-Galaxie,
etwa 2.500.000 Lichtjahre von unserer Galaxis entfernt.
 
Einige kreative Köpfe in der Raumflotte hatten den
konstruktiven Vorschlag gemacht, den Planeten der Legemutter
aller Mirgs in eine glühende Gaswolke zu verwandeln.
 
Leider reichten die Überlicht-Triebwerke der irdischen
Raumschiffe nur 100.000 Lichtjahre weit, was innerhalb
unserer Galaxis völlig ausreichend ist.
 
Und selbst wenn es die Raumschiffe geschafft hätten,
dort hin zu gelangen, stand ihnen dann die Heimatflotte
der Mirgs gegenüber.
 
Graf Hombug wandte sich an Klaus Irrwitz mit der Frage,
ob man nicht die Atlanter vor 50.000 Jahren mit Hilfe
der Zeitmaschine unterstützen konnte.
 
Leider war die Antwort, dass die Zeitmaschine nur eine
Reichweite von 10.000 Jahren hatte, was an der
quantenmechanischen Unbestimmtheit der Kausalität lag.
 
Man käme dann ganz bestimmt irgendwo hin, aber man
wüsste dann überhaupt nicht mehr, wann und wo man war.
 
"Und was ist mit den Mirgs in den anderen Paralleluniversen?",
wollte Graf Hombug wissen.
 
"Die Paralleluniversen", sinnierte Klaus Irrwitz, "das müsste
funktionieren."
 
Außerdem kann man die Zeitmaschine in den anderen
Paralleluniversen bedenkenlos einsetzen, weil Zeitparadoxa
nur im eigenen Universum ein Problem darstellen.
 
Die kausale Entwicklung von Ereignissen kann einen selbst
nur dann einholen, wenn sie im eigenen Universum stattfindet.
 
"Ave Caesar, morituri te salutant" murmelte Graf Hombug.
 
Ave Caesar, die Todgeweihten grüßen dich.
 
Graf Frederik von Hombug schwebte im grauen Nichts des
interdimensionalen Raumes.
 
Er konzentrierte sich auf den Begriff "Cheyenne Mountain-
Complex", und Cortana-97, seine nano-KI, zeigte ihm sofort
ein dreidimensionales Bild davon.
 
Nach dem Graf Hombug gerne HALO-1, HALO-2, HALO-3, HALO-ODST,
HALO-REACH, und HALO-GALAXY (das kam erst im Jahre 2014 heraus)
gespielt hatte, war Cortana für ihn der richtige Name für
seine nano-KI.
 
Cortanana hatte eine weibliche Stimme, aber eigentlich
bestand sie aus Silizium.
 
Zu diesem Thema meinte Graf Hombug:
"Die echten Frauen bestehen auch nur aus Kohlenstoffverbindungen".
 
Ein Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts hätte den
nanotechnologisch praktisch unverwundbaren und molekularbiologisch
praktisch unsterblichen Graf Hombug für einen Supermenschen halten
können, aber seit dem Anfang des dritten Jahrtausends gehörte das
alles zur kostenlosen medizinischen Grundversorgung für alle Menschen.
 
Allerdings hatte nicht jeder Mensch des 47. Jahrhunderts ein
höllisch gefährliches transdimensionales Triebwerk im Bauch,
das bei einer kleinen Fehlfunktion Graf Hombug, und noch
einen halben Kontinent dazu, in Fetzen reißen konnte.
 
Wie schon gesagt wurde, führt der Weg zu den höheren
Dimensionen direkt über entsprechend höhere Energiemengen.
 
Natürlich hatte Graf Hombug an mehreren Orten der Galaxis
eine Persönlichkeitskopie für seine Wiederauferstehung
hinterlegt, aber dieser neue Graf Hombug würde nicht die
selbe Person sein, wie jener Graf Hombug, der gestorben war.
 
Das kann man leicht daran erkennen, dass man den neuen
Graf Hombug schon erzeugen hätte können, während der alte
Graf Hombug noch am Leben war.
 
 
 



Hier geht es weiter:

Graf Hombug und das Geheimnis von Atlantis, Teil 3:
http://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?18802

Graf Hombug und das Geheimnis von Atlantis, Teil 4:
http://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?18861

Erweiterte Vorgeschichte:

Graf Hombug und das Geheimnis von Atlantis, Teil 2:
http://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?18736

Weiterführende Erklärungen:

Sirtris Sirtris Pharmaceuticals, nicht von Marina Sirtis:
http://www.sirtrispharma.com/pipeline.html

GlaxoSmithKline ist garnicht so klein:
http://www.gsk.com/media/pressreleases/2008/2008_us_pressrelease_10038.htm

Zyvex Instruments, enabling the nanotechnology era:
http://www.zyvex.com/

Rastertunnelmikroskop:
http://www.deutsches-museum.de/sammlungen/ausgewaehlte-objekte/meisterwerke-ii/mikroskop/

Nanomedizin und Nanotechnologie:
http://members.chello.at/karl.bednarik/NANO3.html

Übergangszeit:
http://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?28160

Der kleine Prinz, Ver.4.000:
http://www.e-stories.de/view-kurzgeschichten.phtml?18588

NISK, SEHAS, UNDIS, Doomsday-Device, Zeit- und Parachrontriebwerk:
http://www.e-stories.de/view-autoren.phtml?kbedn


Karl Bednarik, Anmerkung zur Geschichte

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Der Beitrag wurde von Karl Bednarik auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 28.06.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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