Rüdiger Nazar

Pilgerweg III.

 

 

 

 

Stunde um Stunde gingen wir...schweißgbadet...die Asphaltschlange nahm kein Ende. So weit das Auge reichte...nur Straße...dann ein Hügel wo die Strasse vermeintlich aufzuhören schien...Irrtum...dort angekommen...auf der Höhe...der Blick schweifte...wieder nur Asphalt....Straße...so weit man sehen konnte. Wir waren total erschöpft. Wunderschöne Blumen und Gräser an der Strassenseite...an den Rändern...gaben uns eine innere Ruhe...ein Hauch von Frieden in dieser sagen wir trostlosen Einsamkeit...die eigentlich im wirklichen Sinne keine Einsamkeit war. Ein Hauch von friedvoller Seele lag über dieser Landschaft...uns erwartend...uns...die müden Wanderer aufnehmend im Schoß der Natur...und wir waren dankbar dafür...überaus dankbar. Farben...traumesgleich des Regenbogens und der Phantasie...Düfte betörend die unsere Sinne raubten...nebelgleich in Träume versetzten. Dann ein Schild...schwarze lettern auf  weis...DANGER...Gefahr...Attention...Wildschweine...

Wir sind jetzt in Richtung Maubranch...Direction Avord und Nevers- Ja Nevers ist die nächst größere Stadt...die wir anstreben...sie liegt an der Loire...einem verdammt großem Fluss mit wildem Gewässer. Ein Ortsschild...Bengy Sur Craon...sehr kleiner Ort...aber wunderschön im Gefüge und eingefügt in einer malerischen Landschaft...sehr schön...typisch französisch...sehr alte Häuser...ja man glaubt sich in einer Zeit von 1914-18 zurückversetzt.  Ja...so sind viele Orte in Frankreich....ich weiß nicht ob es am Mangel des Geldes liegt...das sie nicht renovieren können..oder vielleicht Absicht...um Orte für den Tourismus interessant zu gestalten.  Ich glaube beides...aber viel mehr letzteres. Die Franzosen sind sehr geschichtsbewußt und pflegen ihre TRadition.

In jedem Ort...sei er noch so klein....gibt es wenigstens ein Soldatendenkmal des Krieges...einige aus dem zweiten Weltkrieg...aber überwiegend als Denkmal oder Mahnmal des ersten Weltkrieges 1914/18...und das finde ich gut so. Wunderschön gestaltete Denkmäler...figürliche Soldaten...meistens leidend oder sterbend dargestellt...ein Ohmen an die gefallenen. Habe mich so manchesmal gefragt...warum es so etwas nicht in Deutschland gibt.  Liegt klar auf der Hand warum nicht. Deutschland kann sich damit nicht rühmen...haben schließlich beide Weltkriege begonnen. Aber ich denke und bin der Meinung...daß Denkmäler nicht heroisch gestaltet sein müssen...vielmehr sollten sie als Mahnmal für menschliches Versagen erbaut und geachtet werden. Aber das deutsche Volk schämt sich seiner Taten...zu Recht...aber auch Deutschland hat im ersten Weltkrieg junge Männer in die Schlacht geschickt...ohne zu fragen...für Kaiser und Vaterland. Dieser Kaiser hat sich dann nach der Niederlage nach Holland abgesetzt...dieser Feigling...und deutsche Mütter weinten um ihre Söhne...Frauen um ihre Männer...die nie wieder kamen...versunken in Morast und Schlamm in den Frankenlanden...in Verdun... unkenntlich an Körper...ach ich hör jetzt damit auf...könnte somit Seiten und Seiten schreiben. Als wir nun diesen Ort verließen...waren wir an diesem besagten Tag 16 Kilometer gegangen...die Füße schmerzten...ich hatte Blasen an den Fersen und an den Zehen...so daß ich kaum gehen konnte. Aber ich ging...ich ging immer weiter...den Schmerz nicht beachtend...und auch so meine Wölfin....zwar humpelnd...aber sie ging ohne zu klagen. Unsere gesichter und Arme waren braun gebrannt...die Sonne war ätzend heiß und versenkte uns die Epidermis. Staub und Dreck der Strasse klebte an unserer Haut...der im Schweißesfluss wie ein trüber grauer Fluss den Körper hinunterlief...!  Ich wollte nicht zugeben das ich nicht mehr konnte an diesem Tag...und so auch Renate nicht...und so hielten wir durch...belogen uns selber und marschierten und marschierten. Dann ein kleiner Lichtblick...es ist Abends...links am Strassenrand sehen wir eine halb verfallene Hütte...nein ein Stall für Vieh.Leider ist sie durch einen Graben...der aber nicht mit Wasser gefüllt war....getrennt. Egal sagt Renate und hechtet herrüber...und das mit dem schweren Rucksack. He sagt sie...ideal für uns...für diese Nacht...komm`!  Ich kann leider nicht springen...der Rucksack ist einfach zu schwer dafür..mache einen Ausfallschritt und stehe plötzlich Spagat mit einem Bein hier...und mit dem anderen Bein da. Renate kriegt sich vor Schadenfreude nicht mehr ein. Nicht vor noch zurück könnend...wage ich einen verzweifelden Sprung nach vorne...der natürlich nicht gelingt...da der Rucksack viel zu schwer ist und seinen Tribut zollt. Er zieht mich unbarmherzig nach hinten und nach unten...ich liege im Graben...wie ein Maikäfer auf dem Rücken....Arme und Beine wild wirbeld...und sie lacht und lacht. Mein Wanderstab steckt im Erdreich...genau zwischen meinen Beinen...im Schritt...wie ein riesengroßer Phallus...die Szenerie ist grotesk und irgendwie lustig im Unglück. Den Schmerz und die Scham überwindend...lache ich laut los...es war einfach zu dumm...diese Situation.  Sie zieht mich aus dem Graben...wie einen Schiffsbrüchigen aus der Ostsee. Wir haben nun den 9.Mai 2010. Renate hat an diesem Tag Geburtstag...und ist jetzt 60 Jahre alt. Ich wollte ihr einen schönen Geburtstag in Frankreich bieten...den sie so schnell nicht vergessen sollte...und wo waren wir jetzt ?  Diese Tatsache beschämte mich. Nein sie sieht es ganz anders. Schön sagte sie...romantisch....wie Maria und Joseph im Stall. Die Stralltüre ist nur mit rostigem Draht gesichert...ein Zeichen dafür...das lange keiner mehr hier war. Der Raum...vielleicht so 6 mal 6 Meter...das Dach halb zerfallen...aber es ist trocken und windgeschützt. Typisch Frau...wenn ich mal so sagen darf...sofort begann sie mit den Aufräumarbeiten...Müll wurde entsorgt...der Boden grob gekehrt...das Stroh das überall in Ballen herumlag...zerpflückt...aufgelockert und zu einem provisorischem Bett geformt. Unsere Knüppel waren da wohl eine wertvolle Hilfe. Dann die Plane auf dem Stroh...Wolldecken...Isomatten...es sah gemütlich und warm aus.

 Ich holte mein Haumesser ...ein indisches Kuhkri aus meiunem Rucksack...und begann...herumliegende Balken und Leisten für unser Feuer in kleine Späne zu zerlegen...was ein Problem war. Es dunkelte schon....und sie hatte ein sehr bequemes Lager hergerichtet. Der Stall war urig schön...wenn er auch etwas roch...nach Vieh. Oh sagte ich...deinen Geburtstag hatte ich etwas anders geplant...sie lächelte nur...weißt du was ...sagte sie...das kann mir keiner mehr im Leben nehmen...diese Erfahrung...es ist schön und ich bin glücklich...das hat nicht jeder...das erlebt nicht jeder...ich danke dir. 

 

Morgen geht es weiter liebe Freunde...ich bin müde...schlaft auch ihr gut...euer Rudevicus..

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.07.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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