Willkommen zum 2. Reisebericht.
Weiter ging es in Richtung Portugal. Wir passierten die Grenze und fuhren auf der Landstraße ins Landesinnere. Wir kamen an vielen hübschen kleinen Orten vorbei, in denen lauter, reizende, kleine, bescheidenene Häuschen die Straße gegenüber in Reih und Glied standen, alle in weiß. Den Charme aber, den diese Dörfer ausmachte, verdankten sie den vielen, wunderschönen, bunten Blumen, die zum Fenster heraushingen oder in Töpfen vor den Türen standen. Die Portugiesen haben viel für Blumen übrig und für das Schmücken mit ihnen. Überall rankten Bougainvillean und standen Oleanderbäume. Sämtliche Kirchen standen voll im Blumenschmuck. Auch war die Sprache dieses Volkes für ein musikalisches Ohr gegenüber der spanischen eine wohlklingende Erholung.
An einer mit Felsen umgebenen Bucht mit schönem, weißen Sandstrand machten wie Rast. Der Atlantik war sehr aufgewühlt und die schäumenden Wellen ließen uns angenehm schaukeln. Zum richtigen Schwimmen kam man so nicht, aber es störte nicht. Störend waren nur die Strandpolizisten, die sich auf uns stürzten, weil wir sündigen Ausländer, obwohl der Strand fast leer war, uns unterstanden ohne Badehose das wilde Meer zu genießen. Nur ich war die brave Konservative, die aus gegebenen Gründen, mich völlig zu entkleiden für nicht sehr oportun empfand. Deshalb war ich aus Polizistensicht das große Vorbild und schon deshalb von unserem Xantippchen als verabscheuungswürdig erklärt. Sie mussten alle mit auf die Wache und Strafe zahlen, womit die Sünde wieder aufgehoben war (lukrative Vorstellung von Gottesfurcht).
Nachdem wir lange Straßen und Lissabon rechts liegen lassend, an blühenden Alleen und Kakteen vorbei, die portugiesische Grenze passierten, betraten wir Spanien erneut. In Algecira benötigten wir die entsprechenden Visa, um nach Marokko einreisen zu können. Das dauerte, denn die spanischen Beamten hatten lange Siesta-Zeiten. Alles erledigte sich unendlich langsam, aber mit viel Körpersprache und Geschnatter. Hände wurden gerungen, sich in die Haare gefahren, mit den Armen gefuchtelt, eigentlich ähnlich wie in Italien. Dann war es endlich soweit. Wir bekamen unsere Pässe zurück.
Jetzt konnten wir mit der Fähre die Straße von Gibraltar übersetzen und landeten in Spanisch-Marokko. An der Grenze zu der Stadt Ceuta (kommt von Septa, sieben, den sieben Hügeln, auf denen sie erbaut wurde) liefen viele fremdartige Menschen mit langen Kaftanen herum. Die Frauen hatten lange, bunte Gewänder an, mit einem nonnenartigen Kopfschmuck und einem Tuch um den Mund. Gerade noch die Augen waren zu sehen. Die Tracht erschien mir ziemlich unkleidsam. Von den Grenzpolizisten wurden wir schon wieder einmal aufgehalten, denn unser Grafiker durfte ohne sich die Haare zu schneiden und sich zu rasieren, nicht einreisen. Es gab lange Debatten, in denen unser Freund immer störrischer wurde. Kurz, er wollte sich von seinem schönen, langen Haar und seinem Wallebart nicht trennen. Das mit dem Bart hat mich auch gewundert, da die Araber doch selbst alle Bärte trugen. Aber vielleicht wollten sie uns zu erkennbaren Ausländern stigmatisieren, weil wir als Giaur ja nicht beim Barte des Propheten schworen. Wir Frauen waren ja erkennbar, weil wir unverschleiert waren oder keine so unkleidsame Pseudononnentracht trugen, wie diese armen Frauen.
Jedenfalls trennten wir uns von da an, was die Stimmung deutlich hob, weil unser Freund ja seine Liebste mitnahm und von da an eitel Eintracht unter uns herrschte. Ich war ein bisschen stolz auf mich, weil ich, trotz meines leider etwas cholerischen Temperamentes die Freude der anderen durch eine offene Auseinandersetzung mit dem Liebchen nicht geschmälert, sondern mich zurück gehalten hatte. Die zwei übrigen Herren wunderten sich nur, dass ich plötzlich lustig und zugänglich wurde( ach ja, Männer ha,ha). Jetzt hörten wir unsere Kassetten, klassische Musik oder "Gitarissimo und Meditation" von Siegfried Schwab, während wir durch die Wüste fuhren.
Als wir das Rif-Gebirge umfahren hatten, konnte man richtig sehen, dass wir Europa verlassen hatten. Vor uns breitete sich die Sahara aus in ihren braun-violetten Farben und es war viel heißer geworden. Viele kleine Felsstückchen durchzogen den Sand und verdorrte oder dürre Büsche standen überall links und rechts der Piste.
Unsere erste Stadt in Afrika, die wir anpeilten, war Tetuan. In Norden und Süden von den Rifbergen umgeben, stand sie auf einem Plateau, das zum Djebel Dersu gehört in der Nähe des Mittel-meeres. Sie ist bekannt als die Stadt der Berber. Sie war lange Zeit Piratenschlupfwinkel. In den Kriegen vielmals zerstört und wieder aufgebaut, kam sie zur Blüte unter der Herrschaft des Moulay
Ismael. Lange gehörte die Region zu Spanien. Seit 1956 ist sie in marokkanischem Besitz. Wir sahen uns den königlichen Palast an und die Medina, die jetzt zum Weltkulturerbe gehört. In die Moscheen durften wir nicht. Ich erschrak nur über ein weithin hörbares Ochsengebrüll, das aber der Imam auf dem Minarettt unter Benutzung eines Lautsprechers zum Besten gab. Es gehört zur moslemischen Welt Gott auf diese Weise zu ehren und die Gläubigen an die Verrichtung ihrer Gebete und den dazugehörigen Waschungen zu erinnern oder sie in die Moschee einzuladen. Ob es ein gemeinschaftliches Zusammenkommen gab, sah man an den hunderten von Schuhen, die in einer einsichtbaren Halle vor dem Gebetsraum zu sehen waren. Wie die Männer (nur sie durften die Moschee besuchen. Lange Zeit hatten ja die Frauen im Islam gar keine Seele) ihre Schuhe in dem Gewühl wiederfanden, war mir ein Rätsel.
Bald brachen wir auf und fuhren lange Zeit am Rif entlang, das ja bekannt war (und noch immer) für seinen unerlaubten Drogenanbau. Für den Touristen war es absolut gefährlich in diese Berge zu fahren. So einige sind einfach verschwunden und wurden nie mehr gesehen. Man kann nur abraten dorthin zu fahren. Nein, wir fuhren schnurstracks weiter über die einzige Straße, die immer wieder von Sand überweht war. Manchmal sahen wir seitlich ein paar hübsche Berberfrauen, die ihre Waren anboten. Gemüse oder Handarbeiten boten sie feil. So ein schwarzes Tuch mit bunten Stickereien habe ich erstanden, zusammen mit einem goldenen,Kopfreif mit goldenen kleinen Münzen daran.(Als ich das später manchmal trug, haben uns manche Polizeikontrollen einfach durchfahren lassen, weil ich braungebrannt mit dunklen Augen oft mit den Berberfrauen verwechselt wurde)
An einem Olivenhain machten wir mittägliche Rast. Vor uns lag die Stadt Fez.. Sie ist die drittgrößte Stadt des Landes und die älteste der vier Königsstädte (Fez, Marrakesch, Meknes, Rabat) und gilt als geistig-künstlerisches Zentrum. Durch die Einwanderung Andalusier und Tunesier wurde die Entwicklung dieser Stadt sehr geförert. Sie wurde zum kulturellen Zentrum und das religiöse Herz schlug in ihr.
Es war heiß und wir ruhten recht faul in der Mittagsglut im Schatten der Olivenbäume, als ein junger Arbaber sich im schnellen Schritt näherte. Er trug ein Tablett in den Händen, auf dem ganau vier Gläser standen. Der junge Mann begrüßte uns freundlich auf französisch und lud uns in seine Behausung ein. Es war das erste Mal, dass ich das marrokanische Nationalgetränk kosten durfte, Pfefferminztee. In den Gläsern unten stand der Zucker zwei Zentimeter dick, darüber das Pfefferminzkraut etwa fünf Zentimeter. Jetzt brachte er aus einer kleinen, niedlichen Kanne mit langem Schnabel mit Schwung aus einiger Höhe das kochende Wasser in die Gläser. Jedenfalls zwischen Zucker und Kraut schwammen zwei Zentimeter sichtbarerTee. Er war heiß und entsetzlich süß. Aber du darfst das nicht ablehnen, denn überall wird dieses Gebräu als Zeichen der Freundschaft angeboten, sonst sind diese Menschen beleidigt. Nachdem wir die Pampe lächelnd hinuntergewürgt haben, wurden wir freundlich aufgefordert sein Heim zu bestaunen.
Dort kamen wir in eine kleine Dorfgemeinschaft, an deren Rande er wohnte. Er besaß ein kleines Häuschen aus Lehm mit zwei Zimmern, von denen er uns das eine zur Übernachtung anbot. Er strahlte so freundlich und war so stolz auf sein Heim, als er uns auch noch seine übrige Familie vorstellte. Er hatte viele Kinder und eine hübsche Frau. Sofort aber fiel mir ein kleines, schwaches Kind auf, das ganz ausgetrocknet war und trotz seines Alters von mindesten 2 Jahren nur angelehnt sitzen konnte. Seine Bewegungen waren müde und schlaff. Da ich ja aus dem Bereich Medizin komme, hatte ich mich für diese Reise für alle Eventualitäten eingedeckt. Außerdem versorgten wir uns in Tetouan noch mit Milch. Ich gab dem kleinen Mädchen die Milch zu trinken. Aufgelöst mit Kalktabletten und Enzymen, ein bisschen ein Vitamin aus dem B-Komplex bekam es auch noch in eine von mir mitgebrachte Hühnersuppe hineinvermengt. Die Mutter machte sie warm und das Kind schluckte die Suppe gierig.
Dann verabschiedeten wir uns bis zum Abend, um uns Fes anzusehen.
Fortsetzung folgt.
Vorheriger TitelNächster TitelMan muss sich immer dazu vorstellen, dass dieses Land irre heiß ist und auch von den Gerüchen her sehr gewöhnungsbedürftig ist. Jedenfalls zu unserer Zeit. Man ist dort wirklich totaler Ausländer und wird misstrauisch beäugt. Also nicht direkt zum Wohlfühlen.Heidi Schmitt-Lermann, Anmerkung zur Geschichte
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.07.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
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