Corinna Knobbe-Wagner

Zuhause ist es am schönsten


Die Nacht war anstrengend und aufregend. Endlich kam ich zur Ruhe.
Da lag ich in meinem Krankenhausbett schaute den Wolken zu, wie sie über den Himmel zogen .
Sah da nicht eine Wolke aus wie ein springendes Schaf und die da, die sah aus wie ein Hund. Das machte Spaß und war nicht anstrengend.
Es war ruhig, kein Radio, kein Fernseher einfach nur Ruhe – herrlich !!!!
Die Tür wurde aufgerissen und ich aus meinen Gedanken „Hier haben wir Gesellschaft für Sie Frau Wagner“ wurde mir zugerufen. „Hey, warum?? Es ist doch alles wunderbar hier, ich find's gut so, ich brauche keine Gesellschaft!!!!!“ widerspreche ich lautlos.
Ich drehe mich anstandshalber um und grinse die rein rollende Patientin blöde an. „Ja, Frau Wagner, das ist die Frau Knittel-Moser, ist doch schön wenn man jemanden hat, mit dem man plaudern kann!" verkündet die Krankenschwester lächelnd.  
„Ja, ähh, da haben Sie wohl recht!“.
„Knittel-Moser mein Name! Oh schaun'se mal hier, das ist mein Enkelkind. Wissen'se das kam aus dem Geburtskanal und grinste die Hebamme gleich frech an, die hat gesacht, das hat'se noch nie erlebt, kommt aus'sem Geburtskanal und grinst, schaun'se mal.“ Frau Knittel-Moser drückt mir die Bilder direkt ins Gesicht.
In Gedanken schlag ich mir mit der Hand vor den Kopf. „Ja, äh Frau Knittel-Moser toll! Ein süßes Baby! Ach und das ist ihre Tochter, ja, ja ganz stolz die Mama ne?“ Ich bin genervt, will meine Ruhe, drehe mich zum Fenster und hoffe so zu signalisieren, das ich meine Ruhe haben will. Frau Knittel-Moser versteht das Signal jedoch nicht und erzählt munter weiter. „Wissen'se ich bin heute morgen aufgestanden und gucke in den Spiegel, die ganze Gesichtshälfte ist schief, schaun'se mal ist doch alles schief!“ empört sie sich. Ich sehe sie Pflichtschuldig an und nicke „Mmmhmm, ja so ein kleines bisschen schief ist das schon“ stimme ich ihr zu. „Oh, ich kann ja nicht mal trinken, läuft mir alles aus dem Mund, hab da kein Gefühl, 'is alles taub, schaun'se alles schief!“ „Mmmhmm“ brumme ich. „Oh mein Gott, womit habe ich das verdient?“ frage ich mich.
Frau Knittel-Moser geht zur Pinnwand und sieht sich den Essensplan an, der hängt schief, das lässt ihr jetzt keine Ruhe, sie fummelt so lange daran herum, bis er gerade ist. Mein Fluchtinstinkt ist erwacht, ich leide und das nicht Gesundheitlich sondern unter Frau Knittel-Moser und ihrem Mitteilungsbedürfnis.
„Ach, das ist ja ein schöner Ausblick hier und so ruhig! Ich pack dann erstmal meine Tasche aus!“ und fängt gleich damit an Unruhe zu verbreiten. „Ja, ruhig war es bevor du gekommen bist!“ ich sinke genervt in die Kissen.
Herr Knittel-Moser betritt die Bühne „So, da bin ich und haste alles, oder soll ich noch was besorgen?“ „Ja, wenn'de mir den Kuchen mitbringst, der steht im Kühlschrank, ansonsten hab ich alles.“ „Du weißt doch das du keinen Kuchen sollst! Aber wenn 'de dich umbringen willst, bring ich den Kuchen.“ „Ja, Frau Wagner, wissen'se ich hab doch Zucker, ich darf doch nur dreimal am Tach essen und ich ess' doch so gern Kuchen, aber mit dem Zucker!!!“jammert sie. „Mmmhmm, Zucker ist schlecht!“ stimme ich mal wieder zu und schau sie mitleidig an. Ihr Mann ergreift die Flucht, ich kann ihn verstehen, wenn ich könnte wie ich wollte, würde ich ihm im Laufschritt folgen. „Ich geh mal ein wenig an die frische Luft!“ und verlasse den Raum. „Puhhh!“ Draußen stecke ich mir erstmal eine Zigarette an und laufe ein wenig herum, aber irgendwann muss ich wieder rein, da führt kein Weg dran vorbei, leider. „Oh, oh, das schmeckt ja überhaupt nicht!“ werde ich empfangen, Frau Knittel-Moser stochert auf dem Teller vor ihr herum und schiebt das Essen hin und her, isst aber brav auf, der Teller ist ratzekahl leer,denn das hat sie so gelernt, werde ich aufgeklärt. „Also MEIN Essen war lecker heute mittag!“ Mein Mann ruft an „Ja bring mir doch den MP3-Player mit!“ bitte ich ihn, in der Hoffnung, das mich dieser ein wenig vor Frau Knittel-Moser beschützt. Nach dem Besuch meines Mannes, setze ich hoffnungsvoll die Kopfhörer auf und starte das Hörbuch. „Ochhh, das tut weh!“ jammert sie aus dem Nebenbett. „Das ist doch kein Kissen hier, so kann ich aber gar nicht liegen, ochhh tut das weh, der ganze Knochen tut weh, wie soll ich denn so liegen?“ nörgelt sie. “Mmmhh, ja dann versuchen sie doch mal die andere Seite, vielleicht können Sie ja dann besser liegen“ schlage ich vor, das wäre nämlich die Rückseite von ihr und die würde ich gerade am liebsten von ihr sehen. „Ne, ne geht auch nicht, ach tut das weh!!“ „Na das wird ja eine geruhsame Nacht mit ihr werden“ denke ich verzweifelt.
Die Schwester verteilt die Medikamente, stumm rufe ich ihr zu „Her mit den Drogen, ich ertrag das nicht“ sie sieht mich fragend an, versteht nicht. „Was zur Nacht vielleicht?“ „Ja bitte!“ dankbar nehme ich die Tablette entgegen. Ich versuche nochmal den MP3-Player mit mäßigem Erfolg, ich gebe auf. Die Stationsärztin kommt zu einer späten Visite „Frau Wagner, Sie können dann morgen nach Hause, Sie müssen dann noch …....“ den Rest nehme ich schon nicht mehr zur Kenntnis, denn sie hat die Zauberworte gesagt „NACH HAUSE!“ Weg von Frau Knittel-Moser, ein erleichtertes Seufzen entschlüpft mir. Ich werfe mir die Schlaftablette ein und sinke in einen erlösenden Schlaf. Die Nacht werde ich überstehen. Frau Knittel-Moser schnarcht und grunzt, ist mir egal, denn ich komme morgen nach Hause.
Frühstück, Koffer packen und ich bin gestiefelt und gespornt. Bereit die Flucht zu ergreifen, ich erwarte meinen Mann ungeduldig, dann öffnet er die Tür. „Hallo, ich hab schon alles fertig gepackt, wir können gleich los!" empfange ich ihn. "Ja, Frau Knittel-Moser, dann wünsche ich Ihnen alles Gute“ schnappe meine Tasche, schiebe meinen Mann Richtung Tür. Raus, weg, weit weg von Frau Knittel-Moser. „Hör mal, was war das denn jetzt?“ fragt mich mein Mann verwirrt. „Glaub mir, wenn du an meiner Stelle gewesen wärst, du hättest schon gestern Nacht die Klinik verlassen“. „Wie, so schlimm?“ „Schlimmer!“ „Na, dann nichts wie weg, zu Hause kannst du dich ausruhen“ Ja, das hört sich wirklich erholsam an. Zu Hause empfängt mich eine himmlische Ruhe, hier kann ich entspannen und wieder Gesund werden, denn zu Hause ist es doch am schönsten.

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