Mit einem lauten Seufzer klappte Anja ihr Buch zu und ging zum Fenster. Hörte denn dieser ständige Regen nie auf? Seit einer Woche war sie jetzt im Bodmin Moor. Verärgert blickte sie auf die Uhr und stellt fest, dass es schon fast 22 Uhr sind. Wo steckte Kai bloß wieder?
Ihr Mann arbeitete am Gymnasium als Lehrer für Erdkunde und Englisch. Im vergangenen Urlaub hatten sie in Spanien ein englisches Lehrerehepaar kennengelernt. Kai hatte sich sofort mit Peter Hobbs angefreundet. Die beiden waren Geistesverwandte und hatten die gleichen Hobbys.
Das konnte man von Anja und Lilian Hobbs nicht gerade sagen. Die einzige Gemeinsamkeit war, beide waren sich sofort unsympathisch gewesen und versuchten es auch nicht zu verbergen. Mit Erfolg. Kai und Peter waren die meiste Zeit alleine unterwegs. So hatte Anja sich ihren Urlaub nicht vorgestellt und sie hatte auch keine Lust, dass die nächsten beiden Wochen genauso verliefen. Von dem schlechten Wetter ganz zu schweigen.
Sie wohnten in einem kleinen Cottage außerhalb von Bolventor. Zuerst war sie über das Urlaubsziel begeistert gewesen. Stand doch in Bolventor das Jamaica Inn aus dem gleichnamigen Buch von Daphne du Maurier. Noch heute gehörte das Buch zu ihren Lieblingsbüchern. Der Pub war exakt noch so, wie damals, als die Schriftstellerin dort wohnte und sich von dem umgebenden Moor zu der spannenden Geschichte inspirieren ließ. Sogar ihr Zimmer war unverändert.
Anja blickte erneut auf die Uhr. Warum eigentlich nicht? Der Pub war etwa eine Meile vom Cottage entfernt. Da Peter ihren Mann abgeholt hatte, stand der Wagen vor der Tür. Kurzentschlossen zog sie Schuhe und Jacke an, nahm die Autoschlüssel und ging nach draußen. Sie waren mit dem eigenen Auto angereist und Anja war froh darüber. Sie konnte so besser fahren, als mit dem Lenkrad auf der linken Seite.
Die Straßen waren sehr schmal. Doch um diese Zeit war hier in dieser verlassenen Gegend kaum mit Gegenverkehr zu rechnen. Anfang Oktober war der Tourismus im Bodmin Moor eher spärlich. Ab und zu eine Wandergruppe. Doch um diese Uhrzeit lief keiner mehr im Moor herum. Oder etwa doch? Rechts von ihr blitzten in einigen Abständen helle Lichter auf. Was war das bloß? Waren wirklich doch noch welche mit Taschenlampen unterwegs. Fanatisch, wie manche Wanderer waren, würde es sie nicht wundern.
Nach kurzer Fahrtzeit erreichte sie das Jamaica Inn. Ärgerlich stellte sie fest, dass Peters Wagen dort stand. „Das ist doch die Höhe“, denkt Anja. Richtig wütend aber wird sie erst beim Eintreten, als sie am Tisch der beiden Lilian entdeckt. „Anja,“ strahlt Kai sie an. „Wie schön das du gekommen bist.“ „Ja nicht war, wo ich doch wusste, wo du bist,“ erwidert sie mit vor Sarkasmus triefender Stimme. Sie konnte ihre Wut nicht unterdrücken und hätte am liebsten Lilian in ihr hämisch grinsendes Gesicht geschlagen.
Kai sah, dass es besser war Anja nicht weiter zu reizen. Er kannte ihr cholerisches Temperament und fürchtete eine Szene. Gleichzeitig ärgerte ihn ihr Auftreten.
Anja ging schnurstracks an die Theke und bestellte sich ein Guinness. Peter war ihr gefolgt. „Sei nicht böse auf Kai,“ bat er Anja. Peter sprach sehr gut deutsch. Im Gegensatz zu seiner affektierten Frau. „Ich habe ihn noch auf einen Drink eingeladen. Er war der Meinung, du würdest bei dem Wetter nicht mehr aus dem Haus wollen. Setz dich doch zu uns!“ „Danke, aber ich möchte im Moment lieber alleine sein. Daran bin ich ja schon seit Tagen gewöhnt. Plötzliche Gesellschaft verunsichert mich.“ Peter sah ein, dass es keinen Zweck hatte weiter mit Anja zu reden und ging an den Tisch zurück. Kai wäre gerne zu ihr gegangen, aber seine eher phlegmatische Art hatte Schwierigkeiten mit Anjas aufbrausendem Wesen.
In kürzester Zeit hatte Anja ihr Guinness getrunken und das nächste vor sich stehen. Sie war so aufgebracht, dass sie nicht auf den Mann achtete, der in ihrer Nähe saß.
Der wiederum beobachtete sie schon die ganze Zeit. Was er sah gefiel ihm. Offensichtlich war einer der Männer am Tisch neben dem Eingang ihr Ehemann. Ihm unverständlich schien dieser wohl die Gesellschaft der hageren Blondine seiner hübschen Frau vorzuziehen. Als diese das dritte Glas Guinness ansetzte, ging er zu ihr. Er konnte relativ gut deutsch und sprach sie in ihrer eigenen Sprache an.
„Ich hoffe, sie müssen kein Auto mehr fahren.“ Erschrocken blickte Anja ihn an. So in ihre Wut vertieft, hatte sie den Mann nicht bemerkt. Er hatte ein markantes Gesicht und seine schrägen grünen Augen waren genauso verschmitzt wie sein Lächeln. Anja spürte ein Kribbeln in ihrer Magengegend. Der Mann hatte etwas an sich, dass sie magisch anzog. Trotzdem antwortete sie mit kratzbürstigem Tonfall: „Das geht sie wohl gar nichts an. Oder sind sie etwa Polizist.“ „Genau. Das bin ich. Aber verraten sie es nicht. Ich bin in geheimer Mission hier.“ „Dann heißen sie sicher Sherlock Holmes. Schläft Dr. Watson schon?“ Der Mann musste schallend lachen. „Nein, eigentlich heiße ich Thomas Wynwood und bin ohne Doktor hier.“ Jetzt musste auch Anja grinsen. „Alkohol ist ein schlechter Ratgeber. Sie wissen ja, Sorgen können schwimmen.“ „Ich habe keine Sorgen. Ich bin nur sauer.“ Sie wusste nicht wieso, aber plötzlich erzählte sie dem Fremden die ganze Geschichte.
Jetzt war es an Kai verärgert zu sein. Was hatte seine Frau mit diesem Typen zu schaffen. Bei seinen Wanderungen durchs Bodmin Moor hatte er ihn des öfteren gesehen. Er war immer allein und erschien Kai äußerst zwielichtig. Abgelenkt durch das helle Lachen von Lilian wandte er sich wieder der Unterhaltung seiner Freunde zu. Doch dann besann er sich und ging zu Anja.
„Ich möchte jetzt nach Hause. Du hast offensichtlich mehr als genug getrunken und fährst nicht mehr.“ Kai war im Gegensatz zu Anja strikter Antialkoholiker. „Von mir aus fahre ruhig. Ich gehe auch zu Fuß,“ erwiderte sie schnippisch. „Das wirst du nicht machen. Nachts alleine im Moor. Ich glaube wirklich, du spinnst. Jetzt komm bitte! Wir können zu Hause in Ruhe weiterreden.“
Sie war kurz davor zu explodieren. Da legte Thomas seine Hand auf ihre Schulter und sagte: Hören sie auf ihren Mann! Im Moor kann es nachts sehr gefährlich sein. Der Pub schließt jetzt ohnehin.“ Als sie wenig später auf dem Heimweg waren konnte Anja es immer noch nicht fassen. Sie hatte diesem Fremden widerspruchslos gehorcht. Warum?
Kai und Anja hatten einen heftigen Streit gehabt. Er wollte zusammen mit Peter den Dozmory Pool umwandern. Einen See, in dem angeblich Excalibur, das berühmte Schwert von König Artus lag. Lilian wollte sie begleiten und er hätte gerne Anja dabeigehabt. Aber diese hatte sich sofort geweigert. „Wenn diese magere englische Ziege mitkommt, bleibe ich hier. Habe mich sowieso schon daran gewöhnt.“
Es war zum Verzweifeln. Er liebte Anja wirklich, aber manchmal trieb sie ihn in den Wahnsinn. „Bitte mache jetzt nicht Lilian dafür verantwortlich, dass du ständig am abnehmen bist,“ schrie er Anja an, obwohl er es im gleichen Moment schon bereute. „Aha, also stimmt meine Vermutung, dass du Spaß an ihr hast. Was sagt denn dein Busenfreund Peter dazu. Aber vielleicht weiß er es ja auch nicht. Man sollte ihm wirklich einen Hinweis geben.“
Daraufhin stürzte Kai wütend aus dem Haus und fuhr weg. „Na toll,“ sagte Anja zu ihrem Spiegelbild. Was mache ich jetzt? Ausnahmsweise ist es mal trocken und ich sitze hier fest. Kurzentschlossen zog sie ihre Turnschuhe an, band ihre kastanienbraune Mähne zum Pferdeschwanz zusammen und machte sich auf den Weg. Sie wollte die Umgebung erkunden und dann noch auf einen Drink ins Jamaica Inn gehen. Sie hoffte dort Thomas Wynwood zu treffen. Gestern Nacht hatte sie noch lange wachgelegen, weil sie ständig an ihn denken musste.
Unterwegs zeigte sich hin und wieder die Sonne und schenkte der Landschaft sofort ein anderes Gesicht. Die Moorlandschaft hatte ihren besonderen Reiz. Anja wusste, dass es gefährlich war und hielt sich nur auf den gekennzeichneten Wegen auf. Sie kam zu einer bizarren Felsformation und da sie schon Stunden unterwegs war, machte sie eine kurze Pause. Sie hatte Hunger und vor allem Durst, aber in ihrer ungestümen Art natürlich wieder nichts mitgenommen. Am Himmel zogen dunkle Wolken heran, die nichts Gutes verhießen. Zum Glück trug sie wenigstens ihre Regenjacke. Am besten wäre es zurück zu gehen.
Einige Minuten später prasselten wolkenbruchartige Regenfälle auf Anja nieder. In der Nähe sah sie einen alten Schuppen und lief dorthin. Hier konnte sie sich wenigstens unterstellen. Verflixtes England, verflixter Urlaub, überhaupt alles verflixt. Wütend trat sie gegen die Wand. Was sollte sie bloß machen. Es waren mindestens 5 Meilen bis zum Cottage.
Plötzlich sah sie wieder ein kurzes Aufflackern im Moor. Das kannte sie doch von gestern Abend. Aber es war erst Nachmittag. Auf einmal war es wieder verschwunden. Nach einiger Zeit ließ der Regen nach und sie machte sich erneut auf den Heimweg. Doch dann war sie plötzlich von dichtem Nebel umgeben und konnte kaum noch den Weg erkennen. Hin und wieder sah sie das seltsame Licht aufblicken, aber sie hütete sich, in diese Richtung zu gehen. Wahrscheinlich handelte es sich um eines der viel berüchtigten Irrlichter. Aber dafür war es eigentlich noch zu früh. Sie kam zu einer Weggabelung und wusste beim besten Willen nicht mehr weiter. Das hatte noch gefehlt. Zu allem Unglück kam das Licht immer näher. Was sollte sie bloß tun? Anja versuchte die aufkommende Panik zu unterdrücken. Das half ihr bestimmt nicht weiter.
Plötzlich tauchte vor ihr eine große Gestalt auf. Das war zuviel. Schreiend lief sie weg. Doch es nützte nichts. Zwei starke Arme umfingen sie und hielten sie eisern fest. So sehr sie auch strampelte und sich wehrte, sie kam nicht frei.
„Ruhig,“ sagte eine bekannte Stimme. „Ihr Mann sollte besser auf sie aufpassen. Was in Gottes Namen haben sie hier alleine zu suchen?“ Thomas Wynwood! Wenn sie mit jedem gerechnet hätte, nur nicht mit ihm. Gestern im Pub war ihr nicht aufgefallen, wie groß er war. Sie reichte ihm kaum bis an die Schulter.
„Und was suchen sie hier? Warum laufen sie mit einer Lampe im Moor herum und erschrecken harmlose Wanderinnen?“ Thomas musste unwillkürlich grinsen. Sie war nicht nur bildhübsch, sondern auch ein kleiner Satansbraten. Das gefiel ihm. „Wir gehen jetzt zu meinem Wagen. Er steht hier in der Nähe,“ sagte er in seiner bestimmenden Art.
Dann hob er Anja kurzerhand hoch. „Damit sie mir nicht in ihrem Leichtsinn noch in den Sumpf fallen.“ „Sie handeln sich massive Rückenprobleme ein, wenn sie mich noch länger tragen.“ Thomas grinste. „Gehören sie auch zu den Frauen die glauben zu dick zu sein, obwohl sie eine tolle Figur haben. Hätte ich jetzt nicht vermutet.“ „Sagen sie das mal meinem Mann.“ „Wenn er das denkt, ist er ein noch größerer Dummkopf als ich dachte.“
Für Anjas Geschmack kamen sie viel zu schnell zu Thomas Wagen. „Ohne sie hätte ich sicher nicht zurück gefunden. Darf ich sie zu einem Bier einladen?“ „Nein, aber ich lade sie ein.“ Unterwegs sprachen sie nicht viel. Verstohlen betrachtete Anja immer wieder sein Profil.
Der Pub war brechend voll. Zum Glück war noch ein kleiner Tisch in einer Ecke frei. „Ist ihr Mann wieder mit den Hobbs unterwegs,“ wollte Thomas wissen. Anja nickte. „Ich glaube Lilian gefällt ihm.“ „Wieso sollte sie. Sie sehen bedeutend besser aus.“ „Danke, dass war ein nettes Kompliment.“ „Es war kein Kompliment, sondern eine Feststellung.“
Ohne zu wollen liefen Anja plötzlich die Tränen übers Gesicht. Thomas nahm ihre Hand und strich zärtlich mit dem Daumen über die Innenseite ihres Handgelenks. „Das können sie von mir aus noch Stunden machen,“ schluchzte sie. Da mussten beide lachen. „Das mag ich so an Ihnen, diese herzerfrischende Natürlichkeit. Wir sollten uns duzen.“ „Ja, dass sollten wir.“
Sie prosteten einander zu und Anja gab Thomas über den Tisch gebeugt einen schmatzenden Kuss auf die Wange. Am liebsten hätte er sie an sich gerissen, aber noch war es zu früh. Er hatte sich in Anja verliebt und wollte nicht frühzeitig etwas zerstören, was noch nicht richtig begonnen hatte. Hätte er Anjas Gedanken lesen können, wüsste er, das sie nur darauf wartete.
Es wurde ein lustiger Abend. Beide hatten die Zeit vergessen und erschraken förmlich, als der Wirt die Glocke läutete. Anja war lange nicht mehr so glücklich gewesen. Thomas fuhr sie nach Hause. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag 17.00 Uhr. „Ich hole dich hier ab. Und das ich dich nicht mehr alleine im Moor erwische!“
Kai war noch immer nicht zu Hause. Sie wollte jetzt Gewissheit haben. Im Schuppen stand ein altes Fahrrad. Zum Glück funktionierte das Licht noch. Die Hobbs wohnten in Bolventor und bis zu ihrem Haus war es höchstens eine Meile. Schnell radelte sie los.
Sie stellte ihr Fahrrad so ab, dass man es vom Haus aus nicht sehen konnte. Wie nicht anders erwartet, stand ihr Wagen vor dem Haus. Als die Haustür sich öffnete, hatte sie gerade noch Zeit genug, hinter dem alten Schuppen zu verschwinden. Sie sah Kai und Lilian. „Es war ein schöner Abend,“ säuselte Kai mit schmachtendem Blick auf Lilian. „Ja, und ein langer. Ich hoffe, du bekommst keinen Ärger mit deiner Frau.“ Fast hätte Anja laut gelacht. Natürlich hoffte die dumme Ziege das. Lilian umarmte Kai und gab ihm einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Dann fuhr er los und sie schaute ihm hinterher.
Seltsamerweise regte sich Anja weniger darüber auf, als sie gedacht hätte. Wo der smarte Peter Hobbs wohl steckte? Wie auf Kommando öffnete sich die Tür und sie konnte Peter sehen. Die Gesprächsfetzen drangen nur undeutlich zu ihr herüber. Außerdem war ihr englisch nicht gerade perfekt. Anja erschrak als Peter sich dem Schuppen näherte. Ob man sie entdeckt hatte? Sie machte sich so klein wie möglich. Glücklicherweise war der Eingang auf der Vorderseite und die Rückseite hatte kein Fenster. Sie hörte ein Rumoren und kurze Zeit später sah sie Peter mit zwei Bildern in der Hand zu seinem Wagen gehen.
In der Zwischenzeit war Lilian im Haus gewesen und hatte sich eine Jacke angezogen. Was hatten die beiden bloß vor? Sie legten den Kofferraum mit Decken aus und dabei konnte Anja einen Blick auf die Gemälde werfen. Sie interessierte sich für Kunst und sah sofort, dass es Bilder von William Turner waren. Vermutlich Fälschungen. Aus welchem anderen Grund versteckten sie die Bilder sonst in einem alten Schuppen? Es sei denn.... Ein eisiger Schreck durchfuhr sie. Hatte Thomas ihr nicht erzählt, dass er einer Bande von Kunsträubern auf der Spur sei. Was, wenn die Bilder echt waren?
Als der Wagen los fuhr, wartete sie noch eine Minute und lief dann zu ihrem Fahrrad. Sie fuhr schnell zum Jamaica Inn. Thomas war der einzige Gast im Moment und vielleicht hatte er noch Licht brennen.
Es war bitterkalt und die eisige Luft schnitt in ihre Lungen. Schon von weitem sah sie, dass in dem Obergeschoss des Pubs ein Zimmer erleuchtet war. Sie musste es versuchen. Anja bückte sich nach Steinen und der zweite Versuch traf. Thomas erschien am Fenster. Fast hätte Anja gelacht, als sie seinen ungläubigen Gesichtsausdruck wahrnahm. Innerhalb von wenigen Sekunden stand er vor ihr. Seine Miene verhieß nichts Gutes. „Ich hoffe du hast eine gute Erklärung, dass du mitten in der Nacht in dieser verlassenen Gegend herum läufst?“
Schnell berichtete Anja von ihrer Entdeckung. „Du hast recht. Von einem Privatsammler aus Cambridge sind zwei Turner und ein Constable gestohlen worden.“ „Vielleicht ist der Constable noch in dem Schuppen.“ „Oder verkauft.“ Dann, nach einem kurzen Moment:: „Ich beobachte dieses Paar schon länger. Wir fahren jetzt zu dem Haus. Du bleibst im Auto sitzen und ich gehe ich den Schuppen!“
Nach einer Viertelstunde hielt Anja es im Wagen nicht mehr aus. Vorsichtig öffnete sie die Tür des alten Schuppens und blickte in eine Pistolenmündung. Schnell zog Thomas sie hinein. „Was habe ich dir gesagt!“
Statt einer Antwort fragte Anja: „Hast du es gefunden?“ Thomas ging zu einem Stapel Bilder und kam mit einem zurück. „Das ist es,“ flüsterte Anja aufgeregt. „Thomas, das ist ein Constable.“ „Ich weiß.“
Sie hörten ein Auto und eilige Schritte, die sich dem Schuppen näherte. Anja konnte noch schnell hinter einem Holzstapel verschwinden, da standen Peter und Lilian Hobbs auch schon im Raum. „Sieh an, der Schnüffler. Habe ich mir doch direkt gedacht, dass sie von der Polizei sind. Sie hätten ihren Wagen besser verstecken sollen.“ Peter bedrohte Thomas mit einer Waffe. „Nehmen sie die Hände hoch! Lilian, sieh nach, ob er bewaffnet ist!“ Doch so weit kam es nicht. Anja schlug Peter eine Schaufel über den Kopf und er fiel bewusstlos zu Boden. Im gleichen Augenblick hatte Thomas seine Waffe gezogen. Fassungslos blickte Lilian von einem zum anderen. „Schade, dass du die Pistole nicht hattest“, sagte Anja mit ironischer Stimme, „ich hätte dich viel lieber niedergeschlagen.“
Thomas und Anja standen in der Wartehalle des Heathrow Airports. In zwei Stunden ging der Flug nach Berlin. Sie hatten sich nicht mehr oft gesehen in der letzten Woche. Thomas musste nach London zurück. Peter und Lilian Hobbs saßen in Untersuchungshaft. Kai hatte von alledem natürlich nichts gewusst. Für ihn war eine Welt zusammengebrochen. Sein Geständnis, dass er sich in Lilian verliebt hatte, überraschte Anja nicht und machte ihr vieles einfacher. Jetzt hieß es erst einmal mit Thomas reden.
„Was hast du nun vor,“ fragte er. „Ich werde erst einmal meine Sachen aus unserer Wohnung holen und zu meiner Mutter ziehen. Sie ist schon informiert. Dann werde ich mir eine eigene Wohnung suchen.“ „Also ist es dir ernst mit der Trennung.“ Anja nickte. „Hier ist eigentlich nur explodiert, was schon lange am brodeln war. Kai und ich haben eigentlich noch nie zusammengepasst.“ Ein Strahlen ging über das Gesicht von Thomas. „Also kann ich mir Hoffnung machen.“ Mit einem spitzbübischen Lächeln fragte Anja: „Was für eine Hoffnung meinst du denn?“ Thomas drückte sie fest an sich. „Die Hoffnung dir Manieren und Vernunft beizubringen.“ „Na, da freue ich mich aber schon.“ Dann gab Anja ihm einen langen leidenschaftlichen Kuss.
Zwei Wochen war sie jetzt schon in Berlin und vermisste Thomas entsetzlich. Aufgrund dessen war Anja permanent schlecht gelaunt. Die Kollegen in der Bank, in der sie arbeitete, machten einiges mit. Mit Kai hatte sie so gut es ging alles geregelt. Die Scheidung war schon beantragt.
Als sie an diesem Tag nach Hause kam, hörte sie ihre Mutter aufgeregt erzählen. Offensichtlich hatte sie Besuch. Sie wollte sich gerade heimlich in ihr Zimmer verdrücken, als eine ersehnte Stimme sie fragte: „Willst du mich nicht begrüßen?“ „Thomas!“ Mit einem Satz sprang Anja die Treppe hinunter direkt in seine Arme. “Was macht’s du hier.” „Na, vielleicht vermisse ich dich. So geht es auf jeden Fall nicht weiter. Ich habe mir eine Woche Urlaub genommen, damit wir alles klären können.“ Glücklich schmiegte sich Anja an seine Brust. Endlich! Anjas Mutter schloss leise die Wohnzimmertür. Doch Thomas hatte es gehört. Lächelnd hob er Anja auf seine Arme und ging mit ihr die Treppe hoch.
Im Wohnzimmer räumte ihre Mutter die Tassen zusammen. Sie war glücklich, weil Anja offensichtlich den Richtigen gefunden hatte. Oder etwa nicht? Die Zeit würde es zeigen.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Annegret Schütz).
Der Beitrag wurde von Annegret Schütz auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.08.2010.
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von Andrea C. Heyer
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