Beate Minderjahn

Waschmaschinen! Unser neues Leben am Ende der Welt

Waschmaschinen!
Unser neues Leben am Ende der Welt – Neuseeland 8. November 1999


Am Wochenende haben wir ein Deutsches Ehepaar kennengelernt, das schon seit 15 Jahren in Neuseeland lebt und urspruenglich aus Berlin kommt. Karl ist, wie mein lieber Mann Bernd, ebenfalls Plumber und Marianne, seine Frau hat einen kleinen Geschenkartikelshop im Nachbarort. Ein Plumber ist in Deutschland ein Installateur (Maennchen) oder Installateuse (Weibchen) und dabei handelt es sich um eine besondere Spezies, die sich in heimischen Gefilden ausbreitet und vermehrt. Ich glaube das englische Wort Plumber kommt von Plumpskloo und unser neuer deutscher Freund Karl nennt sich „Euro-Plumber“ und ist somit selbsternannter Spezialist fuer Europaeische Plumpskloos in Neuseeland (nach meiner kleinen eingeschraenkten Weltanschauung zu urteilen). Jedenfalls, haben sich die beiden Plumber auf Anhieb gut verstanden und Karl hat uns viele Tips und Einblicke in Neuseelaendische Sitten und Gebraeuche gegeben, von denen er selbst nach 15 Jahren manche nicht verstehen kann. Und mein lieber Mann Bernd hat nach 3 Wochen auch schon genug vom Pionier- und Abenteuerleben, von Haushalt, Kleinkind und Feuerholz suchen, und er kann es nicht erwarten sich irgendwo zu bewerben und einen Job zu finden. Dann kann er sich nach kurzer Eingewoehnungs- und Spionierzeit selbstaendig machen. Schliesslich ist er ja Master-Plumber und auf Badezimmerdesign spezialisiert.
Jeden Morgen wenn ich mit dem Kinderwagen zum Beach gehe, dauert es ungefaehr 20 Minuten, bis ich die Hauptstrasse ueberqueren kann. Wenn diese sehr stark befahrene Strasse (die einzige, die nach Norden fuehrt) mich nicht vom Meer trennen wuerde, waere der Gang vom Haus bis zum Beach etwa 2 Minuten lang, so dauert es ca. 22 Minuten. Hatte mir ueberlegt, ob ich mir einen Dinosaurier anschaffe. Der koennte hier auf meiner Strassenseite seinen langen Hals ausstrecken und ich koennte Henry im Kinderwagen auf die andere Strassenseite rutschen lassen, ohne ueberfahren zu werden. Abends koennte der Dino zusammen mit Bernds hochpoliertem Station Wagon (Nissan Kombi) in der Garage schlafen (wir muessten vielleicht ein paar Meter anbauen und das Dach erhoehen (wiederum zur allgemeinen Belustigung meiner Nachbarin hinter der Gardine). Im Garten haette der Dino genug Auslauf und wenn er Wasser lassen muss, wuerde die gesamte Gruen- und Gartenanlage von Orewa bewaessert. Der Ueberfluss wuerde ins Meer fliessen und in Indonesien wuerde die Kueste ueberschwemmt. Vielleicht fressen Dinosauerier ja auch Seetang. Davon liegt naemlich nach der letzten stuermischen Nacht so viel am Beach, dass man damit locker einen Dinosaurier fuer 2 Wochen ernaehren kann. Ich liebe den Geruch von Seetang, das erinnert mich and den Duft von Fischermaennern und das Buch „Salz auf unserer Haut“.
Gestern abend habe ich Henry aufs Bett gelegt und seine Hose ausgezogen, um ihm die Windel zu erneuern. Irgendwie mochte er das, und als ich mit der Linken seine Beine hochhielt und mit der Rechten die gelbe klebrige Kacke vom Popo wischte (natuerlich mit einem Lappen!), da lachte und quietschte er vergnuegt. Und erst als er so laut schmatzte stellte ich fest, dass er durch die Heb- und Teilaktion seiner Beinchen, sich selbst genau in den Mund gepinkelt und sozusagen Zielwasser getrunken hat. Er hat sich dann aber gewundert, wo die leckere Erfrischung herkommt. Na ja, soll ja sowieso heilende Wirkung haben und manche trinken es zum Fruehstueck, Henry eben erst zum Abendessen. Mahlzeit!
Der Mond geht hier falsch herum auf, die alte Schulregel mit a und z kann man hier also nur umgekehrt anwenden. Auch das Wasser laeuft in der Badewanne anders herum ab. Hier ist ja vieles anderes, muss an der Erdanziehungskraft liegen...
Waschmaschine Teil II:
Laut Euro-Plumbers wife Marianne kommen die weissen Fusseln auf meiner dunklen Waesche aus dem Fusselsieb, das man von Zeit zu Zeit rausnehmen und saeubern muss. Also bin ich sofort vor meiner naechsten Waschaktion um die Maschine gekrochen und habe das Fusselsieb gesucht. Nicht gefunden. Morgen werde ich die Maschine aus ihrer Verankerung reissen, aus dem begehbaren Wandschrank heben und von allen Seiten untersuchen. Irgendwo muss das Ding doch sein. Ich glaube, die Neuseelaender haben eine spezielle Vorliebe fuer begehbare Einbauschraenke, in denen man alles verstecken kann, wie Waschmaschinen, Trockner, Autoersatzteile, Schuhe, Kleider, Koffer, Kinderwagen, gerauecherte Salami und einen aufblasbaren Swimmingpool.
Waschmaschine Teil III:
Noch interessanter ist, dass ein grosser Styroporklumpen, der im Wandschrank liegt, das Geheimnis zur Loesung meines Waschproblems Nr. 3 ist. Beim Schleudern sprang immer oben der Deckel auf und die Maschine stellte sich dann automatisch ab. Die Logik konnte ich mir von Anfang an nicht erklaeren, aber man ist als Auswanderer ja offen fuer neue technische Errungenschaften, auch wenn man sie nicht versteht. Dank Euro-Plumbers wife Mariannne (wir Pionierfrauen muessen zusammen halten in diesen rauhen Zeiten) weiss ich jetzt, dass dieser speziell geformte Styroporklotz vor dem Start auf den pin des Rohres, das den Weichspueler behinhaltet, gesteckt wird, dann wird der Waschmashinendeckel geschlossen und mit dieser ausgefeilten Technik verhindert man praktisch, dass die Waesche sich selbst nach oben schleudert und wie von Geisterhand den Deckel oeffnet, woraufhin sich dann die Maschine aus Sicherheitsgruenden selbst abstellt. Wenn man das System noch etwas weiter durchdacht haette, koennte sich die Waesche selbst rausschleudern, sich im benachtbarten Trockner plazieren, dessen Stromzufuhr sich dann von selbst anstellt und wenn alles trocken ist, schleudert sich die Waesche selbst in den Waeschekorb, der ferngesteuert die Waesche zum Buegelbrett faehrt. Aber wie ich schon seit langem festgestellt habe, sind nicht alle Haushaltsgeraete so im Detail durchdacht, dass sie wirklich eine Arbeitserleichterung fuer die gemeine Hausfrau darstellen. Im Gegenteil. Je mehr Maschinen man besitzt, um wo mehr muss man arbeiten und organisieren, damit sie ihren urspruenglichen Zweck erfuellen. Aber was verstehe ich als sensor-gesteuerte Waschmaschinen verwoehnte Karrierefrau aus einem gut organsierten Europaeischen Industriestaat schon von traditioneller auslaendischer Wasch-Technologie? Ich dachte, der Styroporklotz waere noch ein Stueck von der Originalverpackung (von vor 25 Jahren), welches die sorgsame neuseelaendische Hausfrau und Hauseigentuemerin verwahrt hat.
Fortsetzung folgt...
Beate Minderjahn

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.08.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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