Kurt Henke

Fallobst Kamerad

1955, wir fuhren das zweite Mal nach Italien mit einem Steilwandzelt in Camping. Nach dem uns der Platz Cassina im Jahr zuvor nicht zugesagt hatte, die Tiolettenanlagen lagen noch tief auf dem Boden, waren ohne Sitzgelegenheit und auch nicht sauber. Deshalb . waren wir nach Lazise gewechselt. Nunmehr waren die Anlagen neu erstellt worden . Maulbeerbäume warfen eine tiefen Schatten auf den Platz und den Sandstrand. Sie schützten wohltuend gegen die brennende Sonne

Um einen neben uns frei gewordener Platz unter den schattenspendenden Maubeerbäumen
stritten sich zwei neu angekommene Familien .Es war Tochter Kirsten „ 7 Jahre“, die geschickt vermittelte, und so in der Tochter der neuen Nachbarn eine Freundin fürs Leben gefunden hatte. Aber auch mit dem Elternpaar entdeckten wir viele Gemeinsamkeiten, die zu einer Campingfreundschaft über Jahrzehnte führte. Fahrten nach Verona zu Aufführungen in der ruinenhaften Arena wie Aida usw, oder nach Venedig zum Markusplatz trugen dazu erheblich bei. Im Wettstreit beim Reibeplätzchenbacken wurden die Eigenarten der Schwaben und der Westfalen über die Wertigkeit getestet.

Mit unserem kleinen Klepper-Masterboot, das nur einen 5 Ps-Motor besaß, hatten wir Männer einmal großes Pech. Im Hafen von Garda fuhren wir in ein weit ausgelagertes Kiesbett. Die Schraube war beschädigt, Wir mußten die 5 km zum Campingplatz rudern Dazu besaßen wir aber nur ein Stechpaddel, Obwohl wir uns gegenseitig abwechselten, war es eine mehr als mühevolle Arbeit. Zu unserem Glück konnten wir dann die ledierte Schraube in Lazise in einer Bootswerkstatt wieder richten lassen

Für uns Männer bestand stillschweigend, abwechselnd die Aufgabe, in aller Frühe die Luftmatratzen an den Strand zu bringen, der nur knapp 10 m breit war und weit über 100 m lang. Dieser lag nur teilweise im imSchatten.

Zwei mal in der Woche kam ein Gemüsehändler aus Dessenzano mit diversen Obstarten auf den Platz gefahren. Ein Teil davon lud er jeweils auf seinem Bauchladen. Reklamierend lief er dann immer wieder an den Sonnenanbetern auf den Luftmatratzen vorbei. Sein Reklamespruch war, „Trauben Kamerad“, „Weintrauben Kamerad“ So zählte er alle Obstarten auf, die er zum Kauf anbot. Als er zum wiederholten Mal reklamierend meinen Liegeplatz passierte, machte ich ihn den Vorschlag, nicht die Obstarten einzeln auszurufen. Dafür sollte er das Sammelwort Fallobst Benutzen. Das sei doch viel einfacher. Es dauerte eine Weile bis er nach einigen Übungsversuchen, „Fallobst Kamerad“ gut ausrufen konnte.

Er hatte schon einen großen Teil Luftmatratzenbesitzer passiert, die ihn mit einem Schmunzeln vorbei ziehen ließen. Ich sah dann wie er mit einem Badehungeriegen einige Sätze wechselte, seinem Laden abstellte und zurück gelaufen kam. Ich konnte mich nur mit einem Sprung ins Wasser retten. Eine Gipsfigur schmiss er mir hinterher und rief wiederholt „Nix Fallobst, nix Fallobst. Er war erbost.

Im Jahr darauf traf ich ihn hinter seinem Obststand in Dessenzano. Er kam mir entgegen gelaufen , fiel mir um den Hals und wiederholte des öfteren das Wort „Fallobst-Kamerad“ Er packte uns eine große Tütentasche voll Obst und bot mir seine Freundschaft an. Auch später haben uns noch oft freundschaftlich die Hände geschüttelt.

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