Paul Rudolf Uhl

USA 1993 (2/3)

 

 

2) Von New York nach Wilmington /DE:
Amerikanische Eisenbahnen sind - wie die Telefongesellschaften - privat. Wir fuhren mit AMTRAK in einem eiskalt klimatisierten Zug (ich mußte meinen Rolly herauskramen) nach Wilmington im Bundesstaat Delaware, wo Inge`s Bekannten, Ruth und Lou Bean in einem nahegelegenen, 7 Meilen entfernten Ort (Arden) wohnten. Wir hatten vor unserer Ankunft nicht anrufen können, weil wir die falsche Telefonnummer hatten und bei der Fernsprechauskunft eine weitere, falsche Nummer bekommen hatten... So war es uns erst am Bahnhof in Wilmington möglich, im örtlichen Buch nachzusehen und Kontakt aufzunehmen.  Leider war niemand Zuhause (nur der Automat). Wir probierten es stündlich und vergnügten und derweil in Wilmington, wo gerade ein Straßenfest war: eine Kindergruppe zeigte Taekwondo, Mädchen sangen und tanzten, Künstler malten Portraits, eine Kapelle machte karibische Musik-... es war schön und gemütlich! Nach dem sechsten Anruf hatten wir Kontakt mit der Gastfamilie. Lou erwartete uns dann am Bahnhof und sie hatten ein wunderschönes Häuschen mitten im Grünen, umgeben von Blumen, Erdhörnchen und Vögeln. Ein Sohn der Familie Bean war vor Jahren als Austausch-Student mehrere Wochen bei Inge in Haidmühle gewesen, dies war nun sozusagen der „Gegenbesuch“. Wir blieben drei Nächte hier und hatten eine ruhige Zeit, konnten „the american way of life“ kennenlernen. Mir war das ein wenig zu langweilig, die Neugier auf das Land, die Sehenswürdigkeiten, den Grand Canyon, die Nationalparks usw. brannten mir unter den Füßen. Immerhin sahen wir das Winterthur- Museum, ein Schloß mit riesigem Garten und den „Azalee Wood“, hier blühten auf Bäumen und Büschen Milliarden Azaleen. Die Bäume im Osten von Amerika sind wesentlich größer als in Europa!
Ruth organisierte unsere Weiterreise und quälte dazu stundenlang das Telefon. Sie holte Fahrplanauskünfte ein und buchte für uns ein Hotel in Philadelphia. Lou brachte uns abends dorthin, wo wir - mitten im Chinatown - unser Zimmer bezogen. Die Greyhound- Station war in unmittelbarer Nähe - 5 Gehminuten entfernt -. Unser Bus sollte gemäß Auskunft morgens um 7.15 gehen. Vorsichtigerweise wollte ich gleich die Ticket besorgen. Wir gingen also zum Busbahnhof. Dort erfuhren wir, dass der 7.15- Bus nur Montags, Mittwochs und Freitags fuhr, morgen aber war Dienstag, da ging er schon um 03.15 (!) - und wir sollten 30 Minuten vorher da sein, zum Einchecken. Das bedeutete, um 2 Uhr aufzustehen. Auf den Schreck hin nahmen wir erst mal in der nächsten Kneipe (die einzige in dieser Gegend) ein paar Bierchen zu uns, waren um 23.30 im Bett (lohnte sich ja fast nicht) und hatten eine kurze Nacht Für die paar Stunden mußten wir 145 Dollar auf den Tresen der Rezeption legen - pro Nase!. Der nächtliche Weg zur Greyhound -Station war ein Spießrutenlauf im nächtlichen Milieu des Chinesenviertels: zwei Deutsche mit Koffern und Rucksäcken mitten zwischen Huren, Negern, und Gestrandeten.... mir war gar nicht wohl dabei. Wir erregten Aufsehen, kamen aber ungeschoren zur Station.
 
3) 1000 Kilometer im Greyhound- Bus nach Indiana:
Die Greyhounds sind die Nachfolger der amerikanischen Postkutschen und sie fahren Tausende von Kilometern kreuz und quer durch die USA. Sie sind oft nur Stadtbusse mit harten, unbequemen Sitzen und natürlich auch völlig herunterklimatisiert bis 16 Grad... Es waren fast Tausend Kilometer zu fahren und wir waren dafür 15 Stunden unterwegs. Es war wie in der Postkutschenzeit: wenig Halte, lange Strecken durchgefahren, nur einmal hielt der Bus in Somerset, einem winzigen Nest mit drei Häusern, einer Toilette, einem Kaffeeautomaten und einer Tankstelle. Ich wartete nur noch, dass hier wirklich Pferde gewechselt wurden...
Um 18 Uhr Ortszeit kamen wir in Dayton / Indiana an, wo wir von Pat, einer weiteren Bekannten von Inge abgeholt werden sollten. Schon in Pittsburgh hatten wir mehrfach vergeblich versucht, ein „long- distance- call“ mit Pat zu führen. Erst mit Hilfe der Bahnhofsvorsteherin lernten wir, mit amerikanischen öffentlichen Fernsprechern umzugehen: zunächst eine „Eins“ wählen, dann die Ortsvorwahl und die Anschluß Nummer, dann meldet sich nicht etwa der Teilnehmer, sondern ein Operator, der sagt, wie viel man einzumünzen hat (hier: 2,20 $, verflixt, wer hat denn  immer so viel Kleingeld dabei?). Dann erhält man nach vielen „Klicks“ die Verbindung. Wir hatten immer erst das Geld eingeworfen, wie in Germanien...
Pat wohnte mit ihrer faulen, früh-pubertären Tochter („wieso soll ich Dir im Haushalt helfen?“) und einem süßen kleinen Sohn im Windel-Alter in Richmond, eine Fahrstunde von Dayton entfernt.- Mit Pat nahmen wir in den nächsten Tagen an einem Quäker- Gottesdienst teil, wurden dort herzlich als Besucher begrüßt. Am nächsten Tag hörten wir in der  Townhall ein prima Gospel Konzert. Ansonsten Unterhaltung, Spaziergänge und Teilnahme am Familienleben. Wieder waren wir drei Nächte hier zu Gast - ich wußte nicht, warum, wollte ja lieber in die Naturparks und fotografieren...

 

 

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