Paul Rudolf Uhl

Ganymed 4

 
Kriege
gab es schon seit 2040 nur noch in unzugänglichen Wüsten und Gebirgsgegenden ohne jegliche Infrastruktur, den Desertas. Hier kämpften wenige mittellose Landbe­wohner gegeneinander und ums Überleben, was ohne elekt­ronische Chipkarte, also ohne Teilnahme am etablierten System geschehen mußte. Kleintiere wie Kaninchen. Mäuse, Ratten und Vögel waren die einzigen tierischen Eiweißliefe­ranten, es mußte weitestgehend von pflanzen wie Raps oder Mais oder von Buschfrüchten gelebt werden. Die reichen, vom Wohlstand verwöhnten Städter wagten sich nicht mehr in die Räume zwischen den Städten, die streng abgeschirmt waren. Landflucht war nicht mehr möglich, an den Stadt­rändern gab es strenge Kontrollen durch Roboter, ohne Handy oder sonstige digitale Legitimation durften Städte weder betreten, noch verlassen werden. Wer in den Desertas lebte, hatte keinerlei Chance mehr, am modernen Leben der Erdbevölkerung teilzunehmen.
Die Nationen hatten den Krieg offiziell geächtet. Waffen waren nur noch in der Hand der Polizei, der zahlenmäßig kleinen Milizen und der Palastwachen. Heere, Kampfflug­zeuge, V-Boote und Schlachtschiffe waren unnötig gewor­den. Milizen und paramilitärische Verbände hatten alle technischen Mittel, von den Bunkern der Hauptstädte jeden Punkt der Welt mit Mittelstrecken- und Fernraketen zu er­reichen. Da es noch immer ein paar kleine diktatorische Staaten gab, denen nicht völlig vertraut werden konnte und die ihre eigenen Datensysteme und auch noch immer C- Waffen züchteten, konnte auf diese Waffen nicht völlig verzichtet werden.

Raumfahrt: auf dem Mars hatten sie 2069 ein Mineral ge­funden - das Proboybilitum, das sich mit den auf der Erde vorhandenen Elementen und der inzwischen entwickelten Micro- und Triebwerks -Technik schon 2070 erfolgreich zum Bau eines fast licht schnellen Raumschiffantriebes ver­wenden ließ.
Die Raumfahrt hatte sich deshalb großartig entwickelt: die internationale Raumstation der Erde hatte inzwischen Aus­maße wie eine Kleinstadt. Von ihr aus konnte der Nachbar­planet Mars mit leichten Schiffen mühelos erreicht werden. Der Mars hatte ebenso seine Raumstation und der Verkehr zwischen Erde und Mars war ohne großen Energieaufwand zu bewältigen. Problematisch und energieaufwendig waren anfangs jeweils nur die Kurzreise- Etappen von den beiden Planeten zu ihren Raumstationen... Seit 2069 gab es aber die Transmitter und damit war das Problem gelöst.
 
Die Reise von der Raumstation der Erde bis zu der des Mars dauerte danach nur noch Minuten! Auch die ferneren Planeten unseres Sonnensystems konnten mit diesem An­trieb in relativ kurzer Zeit erreicht werden, allerdings war es lange nicht möglich, dort auch zu landen, weil es (noch) keine Raumstationen auf den Nachbarplaneten gab.
Als erstes wurde daher die Strecke von der Erde zu ihrer Raumstation und die zwischen Mars und seiner Raumstation überbrückt, so dass die Strecke Erde - Mars in kurzer Zeit zu überwinden war: mit dem Transmitter zur Raumstation, mit dem fast lichtschnellen Schiff zur Station beim Mars, und
mit dem Transmitter in Sekunden auf die Ober­fläche des Planeten...
Der Raumflug zu den äußeren Planeten dauerte nur noch etwa 3 1/2 Wochen, (zumindest für die Besatzungen; auf der Erde vergingen derweil aber Monate) also nicht sehr viel länger als zwischen Mars und Erde, weil der fast licht­schnelle Antrieb auf längeren Strecken seinen Vorteil erst richtig zur Wirkung kommen ließ: je länger man damit un­terwegs war, um so höher wurde die Geschwindigkeit!
 
2072 hatte das erste dieser Raumschiffe den Jupiter- Mond Ganymed erreicht und war auch darauf gelandet, was we­gen der geringen Schwerkraft des Mondes ohne großen Aufwand möglich war.
Jupiter selbst zu betreten, war trotz aller Technik noch nicht möglich, weil die immense Schwerkraft des Riesenplaneten eine Rückkehr nicht mehr gestattet haben würde.
Ganymed war nur einer der 12 Jupitermonde, aber er bot ideale Möglichkeiten zur Erforschung des Jupiters aus nächster Nähe. Nach und nach hatte man auch eine For­schungsstation auf Ganymed eingerichtet, in der es Men­schen möglich war, ohne Raumanzug zu leben, zu arbeiten und zu forschen.
Einige physikalische Besonderheiten - unter anderem die geringe Schwerkraft im Verhältnis zum Durchmesser von Ganymed und seine verwirrenden, ständig wechselnden Magnetfelder hatten die Wissenschafter darauf gebracht, dass der Jupitermond hohl sein müßte. Dies bestätigte sich nach einer Bohrung, in deren Schacht winzige Sprengsätze gezündet wurden und deren Wirkung mit Echoloten gemes­sen und in. der Station ausgewertet wurden: Ganymed war tatsächlich hohl und in Inneren gab es ein kleines Meer mit extrem hohem Salzgehalt. Wegen der immens hohen Schwerkraft von Jupiter befand sich dieses Meer im­mer auf der dem Planeten zugewandten Seite und hatte eine nahezu flache Oberfläche. Wegen der Eigenrotation von Ganymed bewegte sich dieses Meer ständig im Inneren des Mondes, was erklärte, warum die Horchgeräte der Station ständig entsprechende Geräusche aufgezeigt hatten. Die Reibung des in Inneren schwappenden Meeres an der Innenseite erzeugte ständig wechselnde Magnetfelder, was eine Orientierung auf Ganymeds Außen- Oberfläche fast unmöglich machte, insbesondere, weil es wegen der großen Entfernung von der Sonne ja ständig nur leicht dämmerig, fast dunkel war.
 
Sogar Saturn mit seinen Ringen aus Planeten- und Mond­müll konnte mit Hilfe einer Mini- Raumstation und der Transmittertechnik betreten werden, wenn es auch sehr schwierig gewesen war, dort auf der Oberfläche eine Transmitterstation zu errichten. Aber die Möglichkeit, eine Station durch einen Leitstrahl zu ersetzen, wurde ausge­nutzt, um das Material hinzuschaffen. Der Zusammenbau aber dauerte Jahre. Saturn war nur etwas für Wissenschaft­ler, der Planet war so geartet, dass es ein militärisches Inte­resse nicht gab.
Die Erfindung des Transmitters revolutionierte auch das Verkehrssystem: auf Straßen und Autobahnen wuchs in­zwischen Gras und sie verkamen, weil nur noch wenige Menschen sich mit dem Auto fortbewegten, die Bahnen waren 2072 eingestellt worden.
Die Fluggesellschaften hatte das Monopol für solche Reisen erworben. Richtige Flüge gab es nur noch für den Freizeitbereich und als "Nostalgiefahrten"...
 
In jeder Stadt und in allen größeren Orten gab es Transmit­terstationen: für den Transit von Waren riesige und für den Transport von Personen kleinere, wobei aus einer der Kabinen bis zu 12 Menschen gleichzeitig befördert werden konnten!
Die Programmierung der Geräte für die einzelnen Ziel­gebiete war kompliziert, sie konnte ohne Computer und vie­le Spezialisten nicht bewerkstelligt werden. Jede Station hatte einen großen Rechner, der Tickets ausgab und Reise­termine festlegte. Da Transmitterreisen nur wenige Sekun­den dauerten, war ihre Kapazität enorm hoch.
Probleme gab es gelegentlich mit den wenigen kleineren Staaten, die das totalitäre Regierungssystem behalten oder wieder eingeführt hatten. Hier wurden Ankömmlinge in der Empfangsstation manchmal sofort von Bewaffneten umzin­gelt und mußten sich strenge Kontrollen gefallen lassen. Den Vereinten Nationen war es noch immer nicht gelungen, diese Kleinstaaten in das freiheitliche System zu integrieren.

Fortsetzung  (letzter und tragischer Teil)  folgt!
Paul Uhl

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.09.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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