Zwar bin ich erst nach dem Krieg zur Welt gekommen, aber es war trotzdem noch eine schwere Zeit. Mein Vater, ein Südtiroler, musste Ende seine Heimat verlassen. Da wir nicht mehr zurück durften, mussten wir uns hier eine Wohnung suchen. Für kurze Zeit hatten wir irgendwo ein Zimmer, später kauften wir diese Baracke. Im Laufe der Jahre wurde sie ausgebaut, umgebaut, verputzt, geweißelt, ein kleines Häusl blieb sie trotzdem.
Ursprünglich bestand sie aus einem großen Zimmer, in dem gekocht, gegessen und gelebt wurde, daneben gab es noch ein kleines, in meiner Erinnerung recht dunkles „Kammerl“, in dem unsere Betten gestanden waren. Die Einrichtung war entsprechend arm und einfach: verschiedene Stühle, verschiedene Betten, die die Eltern schon vor der Hochzeit hatten, ein Nachtkästchen, ein wurmstichiger Schrank aus Mutters Besitz, Vaters Nähmaschine und ein „Kanonenöfchen“. Ein selbst gezimmerter Hocker, auf dem ein Blechkübel und eine Schüssel standen und ein wenig Geschirr auf einem Wandbrett vervollständigten den Hausrat.
Wenigstens musste man in dieser armen Zeit kein Holz kaufen, Tannenzapfen und abgebrochene Äste durfte man sich im nahen Wald holen. Mit mir im Kinderwagen fuhr Mutter los, um ihren vorbereiteten Zapfenvorrat heim zu transportieren. Ich, das etwa einjährige Baby, wurde dann einfach oben drauf gesetzt. War der Wagen zu hoch beladen, war ich zu unruhig, waren die Löcher in der Straße Schuld, ich purzelte jedenfalls heraus. Eine Beule am Kopf, vielleicht ein paar Abschürfungen, mehr ist aber gottlob nicht passiert.
Wir waren sehr oft im Wald um Holz oder um Beeren. Und der Wald war meine erster und mein besonders lieber Spielplatz. Ich liebte die Stille, hörte die Vögel, schaute ihnen zu, wenn sie hoch oben in den Ästen im Winde schaukelten, und träumte davon, mit ihnen zu fliegen. Unter den Bäumen baute ich meine kleinen Häuschen aus Rinden und Stöckchen, fein mit Moos ausgepolstert. Zapfen waren meine Kühe und Pferde, Ästchen und Steine meine Hausleute. Stunden konnte ich so ganz alleine verbringen, während die Eltern Brennholz suchten. Von weitem hörte ich sie hacken und schneiden. Beim Nachhause-Gehen trug jeder seine Last: Der Vater die dicksten Äste in einer aus einem alten Kinderwagen selbst zusammen gebauten „Kraxe“, die Mutter schleppte Kleinholz zum Anfeuern und ich hatte meinen kleinen Rucksack prall gefüllt mit Zapfen. Ein kleinerer Baum oder ein großer abgebrochener Ast wurde nachgezogen und erst zu Hause zerschnitten. Ich bekam natürlich auch meinen Knüttel zum Nachziehen.
Das war die erste Kinderzeit "in meinem Häuschen"
Nun steht es still und leer und wird demnächst abgerissen.
Doch die Erinnerung daran bleibt bestehen.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.09.2010.
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Sie folgten dem Weihnachtsstern: Geschichten zu meinen Krippenfiguren
von Christa Astl
Weihnachten, Advent, die Zeit der Stille, der frühen Dunkelheit, wo Menschen gerne beisammen sitzen und sich auch heute noch Zeit nehmen können, sich zu besinnen, zu erinnern. Tirol ist ein Land, in dem die Krippentradition noch hoch gehalten wird. Ich habe meine Krippe selber gebaut und auch die Figuren selber gefertigt. So habe ich mir auch die Geschichten, wie jede wohl zur Krippe gefunden hat, dazu erdacht.
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