Gaby Schumacher

Das wahrlich höflichste Restaurant der Welt

Mit knurrenden Mägen stürmten wir eine Pizzeria. In der winzigen Gaststube standen sieben Doppeltische, jeder höchstens 80x80 cm groß und die Kellner quetschten sich seitwärts durch die Gänge.
„Scheint aber nicht schlecht zu sein, ist ja rappelvoll!“
„Hm!“
 
Wir nahmen Platz und deponierten die Taschen auf die Stühle neben uns. Hungrig warteten wir auf die Speisekarte, aber keiner der Ober rührte sich. Bald war ich es leid, hampelte mit dem Arm in der Luft herum und siehe da, endlich spurtete ein Menüzettel-Nikolaus heran.
„Zwei Pizzen!“
„Sehr wohl!“
Aber weil das Lokal wohl etwas auf sich hielt, servierte er uns zuvor einen Korb mit getoastetem Brot.
„Immerhin mal nicht die üblichen Minibrötchen!“
„Mmm!“
 
Zehn Minuten später jonglierte der Kellner die Pizzen auf den Tisch, griff den Korb mit den restlichen Brotscheiben, langte mit dem Arm mir direkt vor der Nase über meinen Pizzateller hinweg zur Fensterbank und ließ den Korb knapp an deren Kante nieder plumpsen. Ich konnte von Glück sagen, dass er mir nicht auf den Teller kippte.
„Was war denn das??“

Ziemlich sauer begutachteten wir dann die Pizzen.
„Guck dir mal den Rand an! - Ist ja verbrannt!“
Besonders reichhaltig belegt waren die Dinger auch nicht.
„Bei dem Preis hätt ich was andres erwartet!!“
„Und schmeckts denn?“
„Gar nicht!“
 
Missmutig widmeten wir uns dem Pizzamord. Plötzlich rauschte der Kellner heran:
„Nehmen Sie die Taschen von den Stühlen runter, ich brauche den Tisch!“
Im nächsten Moment ratterte der Nebentisch plus der zwei zugehörigen Stühle von uns weg quer durchs Lokal. Geschockt hockten wir dort und fühlten uns am halben Doppeltisch wie halbiert.
„Sowas ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht geboten worden!“
 
Doch es kam noch schöner: Der Tisch landete direkt gegenüber, wo er aus einem Doppel- einen Dreiertisch zauberte. Sofort reservierte ihn eine Dame und legte zur besseren Entspannung das rechte Bein auf den einen unserer entführten Stühle neben ihr. Gezwungenermaßen bewunderte ich dann ausgiebig die knallrot lackierten Fußnägel ...  
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.09.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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