David Polster

Heimat

Ich muss leise sein. Ich darf sie auf keinen Fall wecken. Sie hat sich ihren Schlaf wirklich verdient. Es war ein harter Tag für sie und ich habe keinen Grund ihre wohlverdiente Ruhe zu stören.
Wie sie, in die Decke geknüllt, daliegt; sie sieht wie ein schlafender Engel aus. Ihr liebliches Gesicht ruht sanft auf dem weißen Kissen. Ihre ganze Gestalt grenzt an eine unwirkliche Grazie.
Ich darf Nichts vergessen. Verdammt, die Suche macht zuviel Krach. Ich will sie nicht stören. Leise! Wo sind meine Schlüssel? Wo sind sie? Mist, ich mach zuviel Lärm. Irgendwo müssen sie doch liegen. Denk nach, wo liegen sie? Ach dort. Dort liegen sie ja, genau neben ihren Sachen, die sie gestern völlig kraftlos fallen ließ. Sie sagte nur kurz, wie ihr Tag ausgesehen hatte und aus dem was sie mir mitteilte, konnte ich leicht schließen, dass sie sich in ihrem Eifer wieder einmal übernommen hatte. Wenn sie sich ein Ziel gestellt hat, will sie es auch auf jeden Fall erreichen. Sie ist einfach zu süß, wenn sie nicht aufgeben will. Ihr Drang nach Arbeit putscht sie fast immer gewaltig auf und nicht selten haben wir diese übermäßige Energie zusammen abgebaut. Sie ist einfach ein ganz besonderer Mensch
Habe ich alles: Schlüssel, Papiere, Geld, ....? Da fehlt doch noch was. Was fehlt denn nur?
Stimmt, es fehlt mir ihr warmes Lächeln, was mir jeden Morgen entgegen scheint. Egal, ob ich mit Kopfschmerzen oder anderen Beschwerden aufwache, ihr Lächeln weht immer alle Probleme weg. Sie hat einfach immer einen strahlenden Blick für mich. Durch sie weiß ich, dass jeden Tag eine neue Chance anbricht, jeder Tag ist ein neuer Anfang.
Ein neuer Anfang. Genau das suche ich gerade. Mein Flug geht um 4.00 Uhr und jetzt ist es genau 2.37 Uhr. Ich habe also noch genug Zeit, doch wie kann ich diese Zeit überstehen, ohne sie zu wecken.
Sie sieht so niedlich aus. Ihr längeres Haar hängt über ihrem lieblichen Gesicht herunter und überdeckt eins ihrer bezaubernden Augen. Wie lebhaft sie immer funkeln. Selbst ein Smaragd könnte sich mit diesem strahlenden Grün nicht messen. Jede ihrer Bewegungen wird von einer unbeschreiblichen Lebensfreude begleitet. Nichts kann ihr Leben trüben.
Nun fast nichts. 3.23 Uhr, bis zum Flughafen dauert es eine viertel Stunde, es ist also immer noch etwas Zeit.
Etwas stimmt nicht mit ihr. Was ist anders? Was nur? Ah, ihre Augenlieder bewegen sich, sie träumt. Bestimmt ist es ein süßer Traum. Ein Traum in dem sie mit dem Mann ihrer Träume den Strand mit verbundenen Augen herab läuft und den feuchten Sand unter ihren blanken Füßen spürt, wie er zwischen ihre einzelnen Zehen dringt. Ihre Haare werden leicht von dem Meereswind getrieben und streifen sanft über ihre Schultern. Ihr Begleiter, der sie über alles liebt, führt sie an der Hand und würde sie niemals loslassen. Sie schmiegen sich zusammen und genießen die minutenlange Stille, die nur von dem Schlagen ihrer Herzen begleitet wird.
3.27 Uhr. Sind wirklich gerade erst vier Minuten vergangen. Es kam mir wie eine grenzenlose und endlose Zeit vor. Ich werde mich wohl langsam bereit machen. Bereit machen sie zu verlassen.
Ruhe, Frieden und Geborgenheit, wer würde nicht genau dies spüren, wenn er sie so ruhen sieht. Voller Hoffnung und Stärke. Nichts kann ihr das Wasser reichen und nichts kann sie aufhalten. Wie sie da auch noch Zeit für mich aufbringen kann, ist mir beinahe ein Rätsel. Sie kann trotz allem, einen großen Teil ihres Herzens für mich reservieren. Ich bin für sie eins der wichtigsten Elemente ihres Lebens.
Es ist soweit. Träum schön, mein Schatz! Ich gehe nun und werde dich schlafen lassen. Ich werde mir meine Heimat suchen. Ein Ort wo ich mich zu hause fühle. Meine Heimat, mein Ursprung werde ich suchen. Träum süß! Ich liebe dich!........
........Dring! Dring! Wer kann denn das sein? Um diese Uhrzeit: 7.00 Uhr. Es ist doch viel zu früh. Meine Güte, so zeitig. Mein Liebling kann es noch nicht sein, er wollte heute ganz früh zur Arbeit und kann noch nicht fertig sein.
Dring! Dring! Oh, da hat es jemand anscheinend sehr eilig. „Ich komme, ich komme!" Hoffentlich wird jetzt meine Klingel nicht weiter gequält.
„Ja, wer ist denn ...?" Ich verstehe dass nicht, wieso sieht es so aus, als ob er von einer Reise kommt. „Was...?"
„Mein Heimat ist hier. In diesem Haus, in deinem Herzen und nirgends anderes!"
„Sicherlich gehörst du mit in mein Herz. Doch ich verstehe nicht was das soll. Warum hast du...?"
„Ich habe meinen Ursprung gefunden. Ich war so blind; ihn habe nicht sofort entdeckt. Egal wo ich wäre, einen schöneren und bezaubernden Ort würde ich niemals finden. Du besitzt alles für mich. Ich gehöre vollkommen Dir. All meinen Gefühle, all meine Liebe."
Sanft und ruhig lehnt er sich vor und küßt sie sinnlich. Völlig erstaunt steht sie da und fragt sich was er meint.
Aber sie hat sofort alles wieder vergessen, als sie sich ihm noch mehr nähert und ihm mit einen leidenschaftlichen
Kuß entgegnet. Alles was sie ist bewahrt er in seinem Herzen, genau wie sie ihn in ihrem Herzen behütet.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.10.2001. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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