Karl-Heinz Fricke

Ein verblüffender Zufall

                                               Eine unglaubliche Seltenheit,

Ein sehr guter Freund starb vor einigen Jahren. Durch die vielen Gemeinsamkeiten die wir hatten, müsste ich eigentlich auch schon in den ewigen Jagdgründen sein. Ludwig war ein gelernter Friseur, er schnitt mir zwar die Haare, betätigte sich jedoch als Arbeiter in einer Speditionsfirma, die unter anderem auch Güterwaggons mit Waren erhielt, die aus dem Osten Kanadas für die großen Geschäfte Winnipegs bestimmt waren. Es war des Freundes Aufgabe einen der Waggons jeden Tag mit einem Helfer zu entladen, und die Waren für die Belieferung an die Geschäfte auszusortieren. Als meine einträgliche Tätigkeit als Hundetrainer ein Ende gefunden hatte, verschaffte mir der Besitzer der Hunde bei der Speditionsfirma einen ganztägigen Job mit einem Stundenlohn von 75 Cents. Das war in Juni 1957, und wir waren gerade sechs Monate in Kanada. Mein englisch steckte noch in den Kinderschuhen, machte aber stetige Fortschritte. Es war daher die richtige Entscheidung des Bosses, mich als Helfer dem Ludwig Schäfer beizugeben. Wir verstanden uns auf Anhieb, arbeiteten wie die Verrückten, und um die Mittagszeit war unser Waggon leer und die Kartons und andere Behälter aussortiert. Nachmittags konnte man uns für andere Arbeiten verwenden, während die Kanadier, sich mit der Entleerung ihrer Waggons bis zum Arbeitsschluß Zeit nahmen. Es war ganz natürlich, dass man uns verrückte Germans nicht etwa um unseren Fleiß bewunderte oder beneidete, sondern hämische Bemerkungen machte, da sie dasselbe wie wir verdienten. Als es dann dem Winter zuging und anstatt fünf täglicher Waggons nur noch einer oder zwei zu entladen waren, da wurden nicht Ludwig und ich zeitweise entlassen, sondern die anderen.

 Es ist ganz natürlich, dass Ludwig und ich daran interessiert waren, was wir alles in unserem bisherigen Leben bewerkstelligt hatten, woher wir kamen, warum und wann wir ausgewandert waren und so weiter. Die höchst seltsamen Dinge kamen dabei zu Tage. Ludwig fragte mich, wie alt ich denn eigentlich sei. Ich antwortete, ich sei 29 Jahre alt. Dann sind wir ja gleichaltrig, meinte er. Und in welchem Monat bist du geboren, fragte er weiter. Ich erwiderte im Februar. Er lachte und meinte jetzt fehlt nur noch, dass wir am gleichen Tage das Licht der Welt erblickt haben. Ich sagte darauf, das wäre des Zufalls wohl zu viel. Er meinte Februar sei ein kurzer Monat und wer weiss. Ich sagte, ich bin an Maria Lichtmess geboren, also am 2. Februar. Ludwig sagte nur, ich auch. Zusammenfassend waren wir beide aus Deutschland nach Kanada ausgewandert, waren am gleichen Tage und im gleichen Jahr geboren, und arbeiteten zusammen. Es hätte nur noch gefehlt, dass wir auch der gleichen Stadt entstammten, aber Ludwig kam aus Aschaffenburg und ich aus der alten Kaiserstadt Goslar.

Karl-Heinz Fricke  17.10.10

 

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