Eva Danner

Der Mut einer Frau

Es regnete unaufhörlich als Agathe ,die bezaubernde Tochter des distinguierten Aristokrat
en der Marchese Maruzzi,über das  vor Nässe glänzende Kopfsteinpfalster vendedigs eilte.
Den herbstbraunen Mantel fest um ihre zarte Gestalt geschlungen ,den Kopf konzentriert zu Boden als wolle sie eins mit der nächtlichen Schwärze werden.
Endlich erhoben sich  die schemenhaften Umrisse der Arkaden ,die das bescheidene Palazzo säumten , wie Schattenwesen aus der Dunkelheit empor.
Sich nocheinmal nach Zeugen ihres Ausfluges umsehend betrat sie den hinteren Hof des in der Nacht bedrohlich wirkendenden Gebäudes am südlichen Ende des Canal Grandes.
Kaum war sie in die mondbeschienene  Mitte des Hofes getreten als sich eine Silouhette aus dem Dunkeln lößte und sich ihr  ,ebenfalls des Ungestörtseins vergewissernd, mit raschen Schritten näherte. Nerly , Friedrich Nerly ihr Zeichenlehrer und Geliebter war es der nun  ihren Namen hauchte während er mit seinen Lippen die einem Wiedersehen so lange entgegen gesehnt hatten , die weiche Haut ihres Halses liebkoste als sei es eine Sucht die ihn trieb.
Auch seine Schülerin hatte qäulende  Tage der stillen Sehnsucht nach ihm  durchlitten und doch wand sie sich aus seiner Umarmung.
„Friedrich " , ,begann sie ihn an den starken Schultern haltend, „Ich muss eine zeitlang weg.“.
Bevor dieser jedoch etwas erwidern konnte , fuhr sie fort : „ Mein Vater hat mich enterbt, nun steht eine Reise an und ich werde ihn begleiten ,vielleicht kann ich auf diese Weise ihn seinen Entschluss überdenkend machen“.
Um seine Fassung ringend entgegnete der ihr so vertraute Maler: „ Enterbt? Oh dieses Scheusal!“.
 Mit einem Finger auf ihren Lippen aus denen ein Zischlaut drang bedeutete sie ihm Stille.
Trotz ihrer Jugend besaß Agathe  eine erstaunliche Menschenkenntnis , sodass sie auf die heftige Reaktion ihres Geliebten gefasst war. Er hatte ,im Gegensatz zu ihr, nicht die Fähigkeit seine Gefühle in den Hintergrund zu rücken und kühlenkopfes zu bleiben.
In ihrer Familie wäre ein solches Verhalten  als Schwäche  abgetan  worden. Doch genau das war es ,was die Liebe zu ihm ausmachte. Sie schätze ihn dafür ,dass er seine Gefühle nicht hinter einem Schleier von gekünstelter Überlegenheit verbarg. Sie verband Reinheit und Ehrlichkeit, das was ihr so lange gefehlt , ja was sie noch nicht einmal gekannt hatte, mit ihm.
Die ganze Welt mit ihren verschlagenen Bewohnern ,die nichts besser wussten als ihre Kraft damit zu  vergeuden  ,die von ihrer Selbstsucht erlogene Moral zu vertreten ohne auch nur einen Gedanken an die Verwerflichkeit ihres Handelns zu verschwenden.Alles wurde präpariert ,damit es ja den Anschein von Sitte und Anstand hatte auch wenn dafür im Hintergrund Heerscharen von Leidenden zurückblieben.
Trotz all dieses Wissens war es nun an Agathe Friedrich zu beruhigen, klare Gedanken zu treffen und die Gunst des Vaters wieder zu erlangen.
Das Erbe ,so mal es beachtlich war, kümmerte sie nicht ,es ging ihr um die Zukunft des Malers und damit auch um ihre.
Wenn heraus käme , und das würde es sicherlich , dass ein feiner Adliger seine Tochter vom Erbe ausgeschlossen hatte , weil diese vom Zeichenlehrer des Hauses verführt worden war , so würden die ihr so verhassten Leute das Reden anfangen und sich  die Geschichte so oft erzählen , bis diese pathetisch genug und das Ansehen Nerlys ruiniert war.Als Maler war es das gute Ansehen ,welches Arbeit sicherte.
„ Ich muss nun zurück Liebster. Nicht auszudenken was geschieht ,würde jemand meine Abwesenheit bemerken. Welch Zeit die Reise auch in Anspruch nehmen mag , verhalte dich ruhig um unser beider Willen!“ Sie sprach schnell , mit der Resolutheit ihres Vaters.Um nicht allzu hartherzig zu klingen ,sie wusste wie sehr ihn ihr beinah geschäftliches Betragen verletzen konnte, fügte sie, ihm in die tiefen, kastanienbraunen Augen sehend, hinzu : „ Ich werde dich vermissen“. Sie war außer Stande ergreifendere Worte zu finden,so war sie nun einmal erzogen.
„ Mein Sinn des Lebens, ich werde deiner harren.Tag um Tag , Nach um Nacht. Ja sogar jede Sekunde werden Herz und Seele sich nach dir verzehren. Unklar ist mir wie ich das Getrennt sein von dir überdauern soll ,wenn ich doch schon beim Gedanken daran zu sterben drohe“.
Ohne auf dieses innige Versprechen einzugehen küsste sie ihn auf die feuchte Stirn,sog seinen Geruch ,der nicht nur ihr Herz springen lies wie bei einem jungen Mädchen sondern sie mit wohliger Wärme erfüllte, ein und ging. Er hielt ihre Hand solange es möglich war ohne sie am Fortgehen zu hindern. Er wusste ,dass es die bisher ärgste Probe ihrer verpönten Liaison war.
Niedergeschlagen suchte er eine für ihn unter normalen Umständen nicht in Frage kommende Taverne auf und  bestellte sich eine Flasche roten Corvina. Nachdem er diese gelehrt hatte , der Wein jedoch seine Wirkung verfehlte , er hatte ihn nicht wie erwünscht heiter und ausgelassen sondern desolat und bekümmert gemacht ,  tokelte er nach Hause.
Als Nerly dort in die wohltuend weichen Kissen seines Bettes sank, beteuerte er sich selbst die Tage oder vielleicht sogar Wochen des Getrenntseins nicht in Melancholie und Trübsal unter zu gehen , nein, viel eher nahm er sich vor sollte es eine Zeit des ungestörten Arbeitens werden.
Doch sein letzter Gedanke an diesem Tage galt Agathe.
Als ihn nach drei kraftzehrenden Wochen noch immer keine Nachricht ereilt hatte , half  weder der Alkohol noch die Malerei um die peinigenden Gedanken zu verbannen.
So saß er, am Ende der vierten Woche vom Schuften und Trinken gezeichnet , stumpfsinnig im Wachs einer nahezu abgebrannten Kerze stochernd in seinem Zimmer als die Tür unvermittelt Aufschwang und Agathe vor ihm stand.Einen Moment lang sahen sie einander  an , unfähig zwischen Illusion und Wahrheit zu unterscheiden. Dann  fielen sie sich in die Arme. Er wollte sie einfach nur halten. Für Immer.Erst nach einigen Minuten lösten sie sich aus ihrer klammernden Umarmung. Da bemerkte er ,dass zu ihren beiden Seiten Koffer standen. Bevor er fragen konnte
begann sie in erzwungen festem Tonfall : „ Mein Vater stellte mich vor die Wahl : du oder meine Familie. Hier stehe ich nun , eine vogelfreie ,bettelarme Frau, und kann nur zum Herren beten ,dass du mich noch willst.“ Gelähmt von den Sätzen ,die ihn wie ein Faustschlag ins Gesicht getroffen hatten. Er liebte dieses wundervolle Wesen , mehr als sein eigenes Leben und doch , nein genau deshalb hatte er sie nie vor eine solche grausame Entscheidung stellen wollen. Lieber würde er leiden bis an das Ende seiner Tage , als Agathe so leiden zu sehen. Dem empathielosen Unmenschen ,der sich ihr Vater schimpfte , war das Wohlergehen seiner feinfühligen Tochter offenbar gleichgültig. Dass ihr eigen Fleisch und Blut sie einfach hatte gehen lassen brachte den Maler zur Weißglut . Er konnte nicht begreifen ,dass sie sich für ihn entschieden hatte.Er sah , sie immer noch fassungslos an. Ihre sinnliche Unterlippe zitterte und Tränen standen ihr in den Augen, da endlich küsste er sie. Die Stunden des Schmerzes waren vergessen,sie wollte ihn schmecken,riechen,spüren.Seine blicke sagten ,dass er das gleiche fühlte. Vom Wahn getrieben vereint zu sein gaben sie sich hin.  Jene schicksalshafte Nacht sollte nicht nur ihr Leben verändern sondern auch neues Leben schenken. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.10.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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