Hans Witteborg

Der Jagdliche Anschlag

Der Jagdliche Anschlag
 
Es gibt Dinge im Leben, die scheinen nur auf den ersten Blick spielend einfach und unkompliziert zu sein – und genau darin liegt ihre Tücke, ja man kann ohne Übertreibung sagen: Heimtücke.
Nehmen wir zum Beispiel den jagdlichen Anschlag. Allein in der Wortkombination offenbart sich Hinterlist. Ist das „jagdliche“ lediglich ein Attribut zu dem Anschlag, also klein zu schreiben, oder aber ist es ein feststehender Begriff und demnach – du weißt schon! Ich habe mich für die Grossschreibung entschieden – hierbei spielt die grammatikalische Erwägung eine untergeordnete Rolle – nein, dem Jagdlichen  Anschlag gebührt eine herausragende Bedeutung, weil ohne ihn nichts geht und er ohne korrekte Durchführung tatsächlich zu einem Anschlag- nämlich auf die Nerven des unglücklichen Flintenschützen führt… und zwar konsequent und mit durchgreifender Härte: du triffst nicht! Vergiss es, wenn du den Jagdlichen Anschlag nicht umsetzen kannst.
Du glaubst mir nicht? Schon mal auf Tontauben geschossen? Ist doch einfach- Schrot streut bekanntlich. Hups, die Taube fliegt…du hälst drauf – patsch ist das Ding kapores. Bravo, alles klatscht! Denkste, versuchen wir es mal.
Es beginnt mit einer Zeremonie.
Du betrittst, selbstverständlich mit gebrochener Flinte, die Standplatte. Cool schaust du auf die vier Nachbarn neben dir, ganz Macho. Es darf geladen werden. Du schiebst die erste Patrone in den oberen Lauf- so die Zweite in den unteren.,.verdammt klemmt, das Ding geht nicht rein, du hast den Lauf nicht ganz abgekippt, der Patronenrand hakelt…nervöses Gefummelt. Die Patrone fällt auf den Boden, dein Blut nimmt die entgegen gesetzte Richtung, es steigt und zwar in den Kopf. Instinktiv bückst du dich, die Patrone aufzuheben – da brüllt eine Stimme durch deinen Gehörschutz: „wenn du das in der Prüfung machst, kannst du nach Hause gehen!“ Verdammt, du zuckst zusammen. Diesmal lädst du korrekt nach und schließt mit lauten „Klacks“ die Waffe, weißt, dass du den Verschlusshebel nicht festgehalten hast und kassierst den nächsten Anschiss:“Hör ich noch einmal einen Ton beim Schliessen der Waffe kostet das fünf Euronen! Darauf das Kommando: „Fertig“. So durch den Zwischenfall absolut gut auf die Konzentrationsphase vorbereitet, senkst du die Waffe ein bisschen ab, um sie besser in den Griff zu bekommen – ein falsch verstandenes Signal… die Taube fliegt aus dem Bunker du hast sie nicht erwartet, zwei hastige Schüsse und das vermaledeite orangenfarbige Objekt segelt unversehrt in weiter Entfernung auf den Boden.“Der Erste  einen Meter drüber, der Zweite zwei Meter vorbei!“ klingt es höhnisch hinter dir. Nicht mehr ganz so cool wie beim Betreten der Platte kippst du noch ganz in Gedanken die Läufe ab, dabei hast du nicht an den Ejektor gedacht, die Patronenhülsen fliegen dir erst ins Gesicht und dann auf die Platte. Man ist lernfähig: nur nicht aufheben! Ist der weitere Gedanke. Inzwischen hat der Nachbar – Donnerwetter- mit dem ersten Schuss perfekt getroffen. Verstohlen schielst du auf die nächste Platte – aha ein Flintenweib, sie hält die Waffe zum Schieflachen, du schmunzelst, ganz Fachmann.
Dein Vergnügen ist von kurzer Dauer und absolut ohne jede Nachhaltigkeit, denn sie trifft. „Zufall“, denkst  du beleidigt und rückst, ganz nach Unfallverhütungsvorschrift, auf den nächsten Standort weiter.
Die Anderen treffen ebenfalls. Du bist wieder dran und willst es diesmal ganz, ganz richtig machen. „Nimm die Waffe an den Körper, kapierst du gar nichts? Das sollte ein Jagdlicher Anschlag sein? Wieder nichts getroffen“! Mein Gott, ich rede mir den Mund fusselig, wenn du nicht lernen willst, bleib doch weg!“
Die Kommentare fetzen dir um die Ohren wie eine Garbe giftiger Schrote.
Wut steigt in dir auf, ein ausgesprochen probater Zustand für die Konzentration.
Die nächsten Versuche verlaufen ebenso deprimierend – ein fataler Rhythmus stellt sich ein, die Anderen treffen, du ballerst daneben.
Trainerbemerkungen werden wie eine Salve auf dich abgeschossen. „Nimm die Rübe an den Kolben und folge der Flugbahn über die Laufschiene du zielst ja nicht, du darfst nicht zielen… ja was denn nun???? Verwirrt drehst du links ab…. Ganz fatal.“Beim nächsten Mal kannst du nach Hause gehen!“ „Die Waffe nach vorn, vorn vorn „sag ich. Peng, peng, die anderen treffen.“Mach doch , was ich sage- gib mir nicht die Schuld wenn du durch die Prüfung fällst!“ Peng, peng. Du stehst auf der letzten Platte, hast die Schnauze gestrichen voll und denkst gar nicht mehr über irgendeinen Ratschlag nach- kurz du bist unbeteiligt. Ein Schuss löst sich….. die volle Deckung Schrot erwischt die Taube, du hast den Eindruck nicht einmal die Fetzen erreichen jemals den Boden.
„Es geht doch, wenn du auf mich hörst!“ mehr Verblüffung als erlösender Kommentar. Tückisch der Jagdliche Anschlag – entweder man kann ihn oder …. üben, üben, üben !
Keinen Bock drauf? Dann geh `in den Verein zum Schutze wehrloser Tontauben – denn ohne den korrekten Jagdlichen Anschlag wirst du nicht einmal ein winzig, klitzekleines Jägerlein.
 
Waidmannsheil!
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.10.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Die Gedichte begleiten durch die vier Jahreszeiten und erzählen wie die Natur erwacht, blüht und welkt, wissen von reicher Ernte zu berichten. Der Spätsommer im Park, winterliche Gefilde oder Mailandschaften scheinen auf. Der Autor verwendet meist gereimte Zeilen, zeigt sich als Suchender, der neues Terrain entdecken möchte. Der Band spricht von den Zeiten der Liebe, zeigt enttäuschte Hoffnungen und die Spur der Einsamkeit. Wut und Trauer werden nicht ausgespart. Es dreht sich das Kaleidoskop der Emotionen. Der kritische Blick auf die Gesellschaft und sich selbst kommt zum Zuge. Kassandras Rufe sind zu hören. Zu guter Letzt würzt ein Kapitel Humor und Satire. So nimmt der Autor seine Zettelwirtschaft aufs Korn, ein hoffnungsloser Fall.

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