Jürgen Berndt-Lüders

Mach' bitte nicht Schluss

Brief eines Mannes an seine Frau:

Liebe.....
 
Weil du nicht mit mir reden willst, schreibe ich dir.
 
Heute früh im Bett, es war noch dunkel, sagtest du mir, dass ich gehen soll.
 
Daran, dass du nicht geweint hast, habe ich gemerkt, dass es dir ernst war. Es klang so endgültig, dass ich tief getroffen an die frische Luft musste. 
 
In meinem Kopf überschlug sich alles.
 
Weißt du denn nicht, dass ich die letzten Jahre nur deshalb blieb, weil ich es dir versprochen hatte? Als du damals schwanger warst und mich fragtest, wie ich dazu stünde, versprach ich es dir. Wir streiten uns oft, sagte ich,  aber ich stehe zu dir und dem Kind.
 
Ich weiß, du hast erwartet, dass ich dich in den Arm nehme und von Liebe rede. Aber ich konnte einfach nicht. Sowas fällt mir nunmal schwer.
 
Als ich dann heute früh zurück kam, wartest du schon auf mich. Kalt wie ein Stein meintest du, die Trennung sei doch auch in meinem Sinne, denn auch für mich seien die letzten Jahre sicherlich kein Zuckerschlecken gewesen. Stimmt, aber ich habe mich all die Jahre beherrscht und deine emotionalen Ausbrüche gelassen hingenommen, denn ich wusste, dass du dich jedesmal irgendwann wieder beruhigt hast.
 
Wie hätten wir die Streitereien überstehen sollen, wenn nicht wenigstens einer von uns beiden ruhig geblieben wäre?
 
Dann, nach längerem Überlegen fragte ich dich, ob du einen anderen Mann im Kopf hättest. Du flipptest schier aus und schriest mich an, ob ich dir denn keine Entscheidung aus Einsicht zutrauen würde. Ob ich denn meinte, du seist so emotional, dass du dich erst verlieben müsstest, um dich zu solchen Schritten zu entscheiden. Nein, nein und nochmal nein, schriest du, und ich musste dir die Hände festhalten, damit du mich nicht schlugst.
 
Jetzt, wo ich weiß, dass kein Weg an der Trennung vorbei geht, merke ich, wie sehr ich dich liebe und brauche. Bitte geh nicht. Ich werde mich ändern.
 
Bitte lass mir etwas Zeit. Bedenke bitte, dass man Selbstverständliches meist nicht zu schätzen weiß. Das ginge dir auch nicht anders.
 
Sag mir, was ich ändern soll. Bitte. Sag es mir bis morgen früh, sonst kann ich nicht in Ruhe arbeiten gehen.
 
Dein...

Ihre Antwort:

NICHT-lieber...
 
Hör mal, wenn ich nicht mit dir reden will, will ich auch nicht schreiben, aber gut, damit du nicht behauptest, ich ließe dich auflaufen, schreibe ich zurück. Und wenn du nicht weißt wohin: zieh doch zu deiner Schwester. Der erzählst du ja doch ständig alles, was du an mir auszusetzen hast.
 
Ich habe versucht, dir vernünftig rüber zu bringen, dass ich nicht mehr will. Weil ich nicht mehr kann. Du bist ein lebendiger, abschließbarer Kühlschrank. Du hast abgeschlossen und den Schlüssel weggeworfen. Ich komme nicht an deine Inhalte heran.
 
Ich kann mich nicht erinnern, dass du mir jemals etwas versprochen hast. Als ich schwanger war, hast du absichtlich Überstunden geschoben, damit du mich nicht kotzen sehen musstest. Also rede dich jetzt nicht raus.
 
Du schiebst deinen Verstand vor. Den habe ich auch, aber den setze ich ein, wenn es um andere Dinge als Gefühle geht. Das Wort allein kommt von Fühlen, und ich frage mich, ob du jemals etwas gefühlt hast, wenn es um uns als Familie ging. Ich und unser Kind, wir haben für dich einfach zum Leben dazu gehört, aber das ist jetzt zuende.
 
Der Gipfel war, als du meintest, ich hätte wohl etwas Besseres gefunden. So eine Frechheit! Sowas würdest du machen. Man soll schmutziges Wasser nie weggießen, bevor man frisches hat, sagst du immer.  Nein, ich habe keinen anderen Mann, und ich will auch vorläufig keinen.
 
Ja, ich habe allerdings frisches Wasser, denn ich habe mich. Und was du hast, ist deine Arbeit, und sonst nichts.
 
Ich will dich nicht mehr. Ich will mich und unser Kind, und wir beide werden glücklich sein ohne dich. Da sei dir mal ganz sicher. Ändere dich wie du willst, es kann nur zu deinem Vorteil sein.
 
Und jetzt geh. Deine Koffer sind gepackt.

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