Matthias Kuppler

Der letzte Schritt

Gut, das war sein Lieblingswort. Es war einfach für ihn gut zu sein. Warum sollte er sich auch dem Stress aussetzen hervorragend sein zu wollen. Er war gut in der Schule, gut im Sport und auch bei seinen Klassenkameraden galt er als ein guter Kerl. Kurz gesagt: Sein Leben war gut. Und damit war er zufrieden.
Es gab nicht viel in seinem Leben, das ihm etwas bedeutete. Nur an einer Sache hing er sehr. Es kam ihm selbst merkwürdig vor. Es waren weder seine Eltern, noch sein älterer Bruder. Es war schlicht und einfach das alte Laufband, dass sich seine Mutter gekauft hatte, um sich nach seiner Geburt wieder auf ihr Wunschgewicht zu kämpfen. Ein zweckloser Kampf. Und so landete das Gerät schließlich in der hintersten Ecke des Kellers, bis er es fand. Er war grade groß genug, um es alleine wieder in Gang zu setzen. Damals, als er das erste Mal auf das Laufband trat und loslief, fragte er sich, warum er nicht vorwärts kam. Er lief doch. Doch das Gerät war unbarmherzig und gönnte ihm keinen einzigen Meter. Seit diesem Moment an lief er jeden Tag, um endlich ein einziges Mal voranzukommen. Selbst als er älter war und wusste, warum er nicht vorwärts kam, gab er nicht auf. Er sah es als seinen Lebenssinn an, obwohl er wusste, dass er es nicht schaffen konnte.
Aber sein Leben war gut. Eine Sache jedoch konnte er nicht verstehen. Jede Nacht hatte er den selben Traum. Er stand am Ende einer endloslangen Treppe. Eine Stufe trennte ihn noch vom Erreichen des unbekannten Ortes. Doch bevor er den letzten Schritt machen konnte, wachte er auf. Das ging ihm jedes Mal so.
Eines Abends, er war wie jeden Tag am Laufband gescheitert, sah er sich im Traum den letzten Schritt wagen. Plötzlich wachte er auf, lief aus dem Haus, ohne das Laufband auch nur eines Blickes zu würdigen. Denn nun hatte er endlich verstanden.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.10.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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