Wenn jemand versucht, den Bodensee mit einem Löffel trocken zu legen, hält man ihn keineswegs für ausdauernd sondern für unheilbar verrückt. Desgleichen würde man denjenigen für irre halten, der mit einem Haarföhn versuchte, die Polkappen zu schmelzen.
Dennoch gibt es Leute, die sich nicht erblöden ähnliche Unterfangen ernsthaft zu versuchen.
Ich gestehe beschämt, dass ich mich unter diese bekloppten Illusionäre einreihen kann –
oder würde je ein vernünftiger Mensch darangehen, reichlich herab fallendes Herbstlaub bei hiesigen Windverhältnissen zusammenzukehren? Seht ihr, der Herrgott hat sich schon etwas dabei gedacht, die Blätterpracht der Schwerkraft zu überlassen und nicht unnütziger Weise in den Himmel hinaufzutragen, wo höchstens Heilige verrotten aber ansonsten nichts gedüngt werden muss.
Aber ich schlaues Kerlchen muss mich dem widersetzen, renitent wie ich bin.
Gut ausgerüstet mit einem Besen, dessen Borsten selbst einer Wildsau Lustschreie entlocken könnten, mache ich mich in unserer Hauszufahrt ebenso entschlossen wie unsensibel ans Werk. Die Auffahrt zur Garage ist der Weg des Willkommens für alle Besucher und Gäste, er hat also proper und sauber zu sein, ehrlich gestanden auch der Nachbarn wegen…..man kennt sich….und man hat sich gern, das soll auch so bleiben.
Die strategischen Planungen in Bezug auf Windrichtung, Besenwinkel, Schub- und Zugrichtung sind abgeschlossen, frischer Tatendrang bildet die Motivation erster Fegebewegungen. Eine kleine Gasse – Besenbreite – tut sich auf, vor dem Besen sammelt sich ein Häuflein betroffener Blätter… ein kurzes Zurücksetzen für einen weiteren Fegeschwung… schon verwirbelt eine kurze aber effektive Windbö den kleinen Blätterhaufen, dessen Mitglieder sich wie zum Hohn mit der restlichen Laubdecke verbinden. Neuer Ansatz- schräg zur Wand, damit sich die Blätter dort versammeln. Die erweisen sich jedoch als undemokratisch und haben zum Versammeln keine Lust.
Eine weitere Brise- flugs streben sie wieder auseinander. Ich zähle die Versuche schon nicht mehr. Es gelingt nie eine kleine Gasse frei zu fegen, wenn dann, nur den Bruchteil einer Minute. Da helfen selbst neu eingesetzte Laubbesen und Eimer, direkt an die Häuflein Blätterelends herangebracht, nicht viel.
Nach zwei Stunden und exakt 9 ½ Minauten sieht die Einfahrt noch genauso aus wie zu Beginn meiner Bemühungen, mit dem Unterschied, dass ich bei genauem Hinsehen das
das eine oder andere Blatt noch nicht kenne, weil der Nachbarbaum es mir dankenswerter Weise zusätzlich zu Füssen legte. Aller Segen kommt von oben!
Frustriert gebe ich auf.
Nachts im Traum höre ich einen leisen Wellenschlag. Ich sitze an der Promenade in Konstanz und bin emsig dabei, mit einem Löffel den Bodensee trockenzulegen.
Gut, dass ich nicht am Pol sitze - sonst hätte ich mich wohlmöglich noch erkältet….
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.11.2010.
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Vom Ufer aus
von Hans Witteborg
Die Gedichte begleiten durch die vier Jahreszeiten und erzählen wie die Natur erwacht, blüht und welkt, wissen von reicher Ernte zu berichten. Der Spätsommer im Park, winterliche Gefilde oder Mailandschaften scheinen auf. Der Autor verwendet meist gereimte Zeilen, zeigt sich als Suchender, der neues Terrain entdecken möchte. Der Band spricht von den Zeiten der Liebe, zeigt enttäuschte Hoffnungen und die Spur der Einsamkeit. Wut und Trauer werden nicht ausgespart. Es dreht sich das Kaleidoskop der Emotionen. Der kritische Blick auf die Gesellschaft und sich selbst kommt zum Zuge. Kassandras Rufe sind zu hören. Zu guter Letzt würzt ein Kapitel Humor und Satire. So nimmt der Autor seine Zettelwirtschaft aufs Korn, ein hoffnungsloser Fall.
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