Gaby Schumacher

Flecken! - Nicht schoon wieder!!

 
 
Jeder Hausfrau kann ein Lied davon singen. Nichtsahnend betritt sie den Raum und freut sich, wie hübsch alles aussieht und sie blitzblank anstrahlt. Mich hat dagegen die Erfahrung gelehrt, ja nicht vorzeitig zurückzustrahlen. Ich habe es schon oft bitter bereut.
 
Den Flecken an der Wand wische ich mit einem feuchten Tuch weg. Der Störenfried trotzt hartnäckig. Ich könnte ja einfach drüber streichen, bin aber zu faul dazu.
„Hier würde das Bild ´Sowieso` gut aussehen!“
Das schlechte Gewissen wegen der mindestens ebenso faulen Ausrede verbanne ich erfolgreich und die Wände meines Hauses ähneln einer reinen Gemälde- und Fotogalerie. Den Grund dafür verrat ich keinem und lass mich gern loben, wie geschmackvoll alles dekoriert ist.
 
Sauer fixiere ich den fiesen, rosaroten Fleck auf dem Berberteppich. Denn selbstverständlich weiß ich, weshalb der dort so verwischt prangt:
´Es war einmal eine Kirsche. Die plumpste vom Teller eines Viertels des geliebten Nachwuchses auf den Teppich, kullerte unter den Sessel und weil ich nicht in der Nähe weilte, durfte sie dort verbleiben. Alle vier Viertel des Nachwuchses vergaßen tunlichst, dass das kleine Etwas dort lag. Ein paar Tage später bekamen wir Besuch. Der Nachwuchs gesellte sich dazu und wollte gute Manieren vorführen. Ein noch relativ kurzes Viertel des Nachwuchses rückte also den Sessel hin und her, damit der Abstand zum Tisch auch stimmte und das liebe Kind kerzengerade an der Tafel sitzen konnte. Die Kirsche unter dem Sessel nahm die Störung recht übel und trug dem Teppich ein intensives Make up auf:
´Der ist eh so blass, kann es brauchen!`
Irgendwann gegen Abend verschwanden erst die Gäste und dann der besagte Sessel von dem ungewöhnlichen Platz. Ein blutroter riesiger Flecken stierte uns vorwurfsvoll an und ich dann vorwurfsvoll forschend meinen Nachwuchs: Klar, keine Antwort!
Mein Hausfrauengewissen quälte mich so lange, bis ich mich, bewaffnet mit Teppichschaum, hin kniete und rieb wie ein Weltmeister. Entweder war die betreffende Reklame im Fernsehen reiner Unsinn oder ich beherrschte die Kunst des Einreibens nicht. Statt zu verschwinden, wuchs der Flecken zu einer modernen Farbkomposition enormen Ausmaßes. Ärgerlich schob ich den Sessel darüber. Von dann an regierte ein neues ehernes Gesetz im Haus:
„Wehe, ihr zieht den da weg!“
 
Sehr peinlich aber sind Flecken auf der Tafel. Zuvor hat das das Tischtuch in blütenweißem Unschuldsweiß die Augen sämtlicher Betrachter geblendet. Aber während der Mahlzeit schleichen sich Pünktchen, Linien, Kreise oder moderne Minigemälde ein, die dort wirklich nicht hin gehören. Es zieht zunächst verlegende Gesichter und dann klammheimliches, hastiges Gläser-, Tassen- und Tellerrücken nach sich. Danach ist wieder alles rein.
 
Aber am peinlichsten sind Verunzierungen, wenn zum Beispiel und erst recht dann ... Abwarten!!
Ein runder Geburtstag stand an. Ich war in meinem Dekorierelement, legte die eleganteste der Tischdecken auf, deckte darauf mein mindestens ebenso elegantes Lieblingsporzellan sowie das zugehörige Besteck und stellte passende Kerzenhalter und zwei Minivasen mit Gänseblumen hinzu. Mein Auge genoss den tollen Anblick.
„Jetzt kann es los gehen!“
Doch zuvor knöpfte ich mir noch schnell den Nachwuchs vor:
„Ich hab extra Untersetzer unter eure Gläser gelegt. Passt also bitte ein bisschen auf!“
Wieso grinsten die bloß plötzlich so?
 
Eine Viertelstunde später begann die Feier. Der hübsch gedeckte Tisch wurde ausgiebig bewundert und als dann genügend bewundert worden war, langten alle bei Kaffee und Kuchen tüchtig zu und wurden immer ausgelassener. Ab und an schielte ich in die Runde, ob schon oder ob nicht ... Nein, alles strahlte vor Sauberkeit.
„Magst du noch Kaffee, Mama?“
„Aber gern! Lieb von dir!“
Ich nahm die randvolle Tasse entgegen und balancierte sie zurück auf den Tisch.
´Bloß vorsichtig ... !`
Zu spät. Anscheinend war es der Tasse auf ihrem schaukelnden Unterteller zu schaukelig geworden. Sie rutschte einfach herunter, kippte zur Seite und gönnte dem Festtagsstaat des Tisches einen dunkelbraunen, nicht übersehbaren und, was noch viel schlimmer war, keinesfalls mehr zu verbergenden Kaffeesee. Entsetzt starrte ich auf den Flecken, danach verlegen in die Runde und dann noch verlegender zum Nachwuchs.
„Aber Mama!!“
 
Irgendwie konnte ich es verstehen. Es passierte mir nämlich nicht zum ersten Male ...
 
 
 
 
 
 
 
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 11.11.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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