Nicolai Rosemann

Transzendenz

Elementare Ereignisse brennen sich in das Gedächtnis des Universums ein. Elementare Ereignisse wie die Geburt eines Sterns, der Untergang einer Welt oder einfach die Geburt eines Messias.
Wir denken? Wir denken, dass wir sind nur ein Sandkorn in einer Wüste sind, die sich Galaxie nennt? Wir haben Recht, und liegen doch so falsch.
Doch der Mensch brauchte weit über 2000 Jahre um die Weite seines Seins zu erkennen, sein Potential auszuschöpfen und zu erreichen, was verlangt wird um über den Rand des Suppentellers hinwegzusehen.
Wir sind jetzt die erste Generation, die einen gesamten Zyklus durchlaufen hat. Wir sind die Sendboten und die Nachricht. Wir sind alles und nichts. Wir sind transzendent.
 
Wenn ich sage, ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen, werdet ihr sagen ich lüge. Doch tausend Jahre sind ein Tag, ein Menschenleben in euren Maßstäben ein Wimpernschlag und die Gesetze von Raum und Zeit eine Sache, an die die Körper gebunden sind.
Jedoch wir, die neue Generation, wir sind anders. Wir sind körperlos.
Wir reisen von A nach B wie es uns beliebt. Heute erleben wir den Urknall, morgen schon dinieren wir im Restaurant am Ende der Galaxie und beobachten das Ende allen Seins.
Da wir gerade vom Restaurant sprechen. Douglas Adams war wohl ein Prophet, oder nicht von dieser Welt? Vielleicht wollte er die Menschen warnen, oder einfach nur seine Erinnerungen in Worte fassen um die Bilder nicht zu vergessen, was zur Folge hätte, dass die Veröffentlichung wohl unbeabsichtigt war.
Wie dem auch sei, es geht hier nicht um unsere Macht, denn sie ist für eure begrenzte Vorstellungskraft unfassbar. Ich will nicht behaupten, dass niemand es verstehen würde, aber die Chance jetzt schon einen latenten Transzendenten zu finden, ist gleich Null.
Wichtiger ist über ein Ereignis zu sprechen, dass für euch immer ein besonderer Tag war. Der Tag der Geburt des Messias. Über die Jahrhunderte zu einem materialistischen Fest namens Weihnachten verkommen.
Weihnachten. Eine Wortzusammensetzung aus geweihte Nacht. Eine Nacht mit wichtigen Ereignissen, die sich in einem Gebiet zugetragen haben, das knapp 2000 Jahre später beinahe zum Auslöser des Untergangs wird.
Das Jahr 2034 wird aber so oder so ein schicksalsträchtiges Jahr sein. Für mich Geschichte, für euch Zukunft. Für mich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wie es mir beliebt.
Beneidet ihr mich? Darüber kann ich lachen.
Denn ich sah, wie es kam. Und ich sage euch, es war enttäuschend. Die Wahrheit hier zu erzählen wäre zu schwerwiegend. Von dem Schatten, der aufzog zu berichten kaum in Worte zu fassen.
Aber ich verliere den Faden, den Anschluss und vergesse, woran ich selber gedacht habe. Wenn die Einflüsse des Nichts und der Ewigkeit gleichzeitig auf dich einwirken kann das verwirrend sein. Das müsst ihr mich glauben.
 
Also zurück, zum Jahr 2034. Es ist Weihnachten, welch Zufall oder vielleicht doch Planung, dass dieses große Ereignis genau auf diesen Tag gefallen ist?
Das Jahr 0 der neuen Zeitrechnung. Der Messias erscheint auf der Welt. Der Tag seiner Geburt wird zu einem Fest der Freude und der Besinnung, doch dann wir es Stück für Stück angepasst, bis es zum Fest des Materialismus wird.
Im Jahr 2034 der Zeitrechnung benutzen Cyberterroristen auf Grund einer Prophezeiung, die eher eine Erzählung der Angst eines einfachen Menschen entspricht, mit dem Titel „Wake me up before September Begins“ das Medium Internet um die zum Großteil voll vernetzte Bevölkerung der Industriestaaten anzugreifen. Dadurch werden knapp zwei Drittel dieser Menschen getötet. Die Welt versinkt im Chaos und das eigentlich fröhliche Fest Weihnachten wird zu einem Mahnmal und zu einem Zeichen des Umbruchs.
Wie heute, 2377. Oder ist es heute, gestern, morgen? Weihnachten 2377. Die Trennung des Menschen von seinem Körper. Die erste Generation neuer Götter. Wie anmaßend wir doch sind uns Götter zu nennen.
 
Unseren Maßstäben nach sind wir Götter. Vor allem wenn wir durch die Galaxie reisen und primitivere Welten nach unseren Vorstellungen formen. Alles ist ein Spiel.
Für diese Wesen, so abstrakt sie auch euch in meiner fernen Vergangenheit wirken mögen, sind wir schlimmstenfalls nur Engel. Meistens sind wir die Götter, die vom Himmel steigen und einen Teil unseres Glanzes auf sie abgeben, um sie zu erleuchten.
Wir sind auch nicht die ersten, die diese Stufe des Seins erreichen. Das erinnert mich natürlich an die menschlichen Legenden von Göttern, die durch die Mythologie der Ägypter, Griechen, Perser, Azteken, Inka, Maya und vieler anderen Zivilisationen bis in eure und unsere Zeit überdauerten.
Unsere Technologie mag für sie wie Magie wirken. Wenn sich einer von uns entscheidet eines dieser Wesen zu beseelen, mag dieses Individuum wie ein göttliches Wesen oder ein Dämon auf seine Mitmenschen wirken.
Ich spreche immer von Menschen, dabei sind wir doch so anders von dem, was ihr jetzt seid. Ihr seid so zerbrechlich und so auf euch selbst fixiert, dass ihr das Ausmaß eurer potenziellen Macht einfach nicht erfassen könnt. Für uns vegetiert ihr eueres ganzen Lebens hin um dann zu Sterben. Erst im letzten Moment hat der eine oder andere die Erleuchtung und verflucht seine Verfehlung.
Jedoch sollen sie sich nicht sorgen. Denn auch sie werden bestehen, in den Erinnerungen von uns, die wir jetzt im Stande sind ihr Sein, was mit der Seele vergleichbar ist, einzusammeln und zu konservieren für die Ewigkeit.
Deswegen bin ich nun auch wach. Denn wieder einmal gibt es Daten zu verwerten.
 
So, an die Arbeit mit mir. Zu viel für einen alleine, deswegen werde ich wohl noch ein paar wecken müssen. Selbst wenn sie am anderen Ende der Galaxie sein sollten.
Aber als göttliches Wesen hat man eben auch Verpflichtungen, und die Erhaltung einer verdammten Welt gehört wohl dazu. So stellen wir sicher, dass von dieser Welt, die bald von ihrer Sonne verschlungen werden wird, wenigstens die Dichter, Freigeister und Denker erhalten bleiben. Eben alles, was erhaltenswert ist.
Sein oder nicht Sein, das ist was ich entscheide. Die Freiheit eines Gottes. Denn ich bin transzendent…

Das Grundkonzept stammt aus meiner Serie "Gesammelte Geschichten von Alpha Centauri". Die eindeutigen Verbindungen dazu habe ich entferntNicolai Rosemann, Anmerkung zur Geschichte

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.11.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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