Ursela Seitz

die fremde Frau vor der Türe



Vor zwei Tagen war mein Mann wieder zur Arbeit ins Ausland gefahren.
Mir ging es gar nicht gut, denn der Tod unseres ersten Kindes ließ mich
nicht zur Ruhe kommen.
Draußen stürmte es, der Regen hämmerte an die Scheiben unseres neu
erworbenen kleinen Hauses. Lang stand ich an dem Tag vor dem Kinderzimmer,
daß wir so liebevoll eingerichtet hatten, für unseren Prinz, der nicht leben durfte.
Peter würde es am Wochenende in ein Gästezimmer umwandeln, die Wiege und
Kartons mit Babysachen auf dem Dachboden deponieren. Für mich war es zu
schmerzhaft jonnte den Verlust nicht verarbeiten.
Der Klingelton riss mich aus meinen Gedanken, wer  konnte wohl zu solch später
Stunde stören? Schnell Tränen aus den Augen wischen und zur Türe gehen,
ein Reflex, denn nie, niemals würde mich jemand weinen sehen.
Im Dämmerlicht der Nacht sah ich das junge Mädchen, die sich am Türrahmen
fest hielt und mir mit großen ängstlichen Augen entgegen blickte, die dann ganz leise
sagte Peter schickt mich.
Komm rein, du bist ja ganz naß vom Regen, war alles was ich über die Lippen brachte,
denn ich sah, dass dieses junge Ding hochschwanger war. Gedanken wirbelten in
meinem Kopf, was hatte mein Mann mit dieser jungen Frau zu tun?  Ob sie ein Kind
von ihm erwartet? Zum aufwärmen schickte ich sie erst mal in die Dusche, kochte Tee
und richtete ein paar belegte Brote. Mein Schlafanzug hing zwar unter ihrem Bauch,
doch wenigstens hatte sie trockene Kleidung an.
Ich heiße Agnes begann sie, bin mit dem Arbeitskollegen von Peter befreundet und wie
du siehst bekomme ich bald ein Kind. Im weiteren Gespräch dieser langen Nacht erfuhr
ich. dass Agnes 15 Jahre alt und von zu Hause ausgerissen war. Während sie später
vor Erschöpfung in meinem Ehebett einschlief, hatte ich noch einiges zu verdauen.
Am nächsten Morgen versuchte ich etwas mehr über ihr Elternhaus zu erfahen, bot ihr
auch an übers Jugendamt Hilfe zu holen, falls sie nicht mehr nach Hause möchte.
Doch ihren Eltern wollte ich auf jeden Fall Bescheid geben, damit sie sich nicht mehr
um ihr Kind sorgen müssen. Agnes war mit allem einverstanden, hing schluchzend in
meinen Armen wie ein hilfloses Kind.
Nachmittags ging ich mit ihr zum Jugendamt, Günter ein lieber Freund und ehemaliger
Arbeitskollege stellte auch gleich den Kontakt zu den Eltern her, rief auch bei der Polizei
an, damit die Suchmeldung zum Abschluß kam.
Agnes wurde noch am selben Tag bei mir abgeholt. Ich schenkte ihr die Wiege meines
verstorbenen Sohnes und die Erstausstattung, habe leider nie wieder von ihr gehört.




 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.12.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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