Andreas Gritsch

Ich liebe dich nicht


























Jeder Mensch kann sich noch an sein erstes Verliebtsein erinnern. Egal in welchem Alter- Ein Duft, ein Geschmack oder eine Melodie läßt dann wieder diese lang verschollene Erinnerung leben. Jener kleine Moment hilft dann über den ganzen Tag und läßt uns dabei auch noch lächeln. Aber was passiert denn mit einem (meißt männlichen Vertreter der menschlichen Gattung), wenn diese Erinnerung ungewollt ständig wiederkehrt ?
Der Schlaf heiligt seine Mittel, aber die Zeit umhüllt ihr Bett für ein sanftes Erwachen. Zeiteinteilung- Momentaufnahmen, aber ständig ohne klare Jahreszeit. Weihnachten steht, unabhängig religiöser Betrachtung, für sich selbst als besinnlicher Abschluss des Jahres. Sollte aber nun einer, genau zu dieser Zeit, das erste mal verliebt gewesen sein, hängen Bilder der eigenen Vergangenheit, ohne jeglichen Schimmer, auch am letzten Weihnachtsbaum im Einkaufszentrum.
Ich, für meinen Teil, spreche hier aus nun bald vierzig Jahren Erfahrung. Nach zwei gescheiterten Ehen und drei Kindern, die nichts mehr von mir wissen wollen, denke ich noch immer bei jedem hell erleuchteten Weihnachtsbaum an Sylvia. Elend auf der einen, Schönheit auf der anderen Seite.
Sylvia war meine erste große Liebe. Wir waren beide in der selben Klasse, rauchten gerne Pott und trafen uns nur nachts. Es lag an mir, denn schon damals war ich ein hässlicher Vogel, weshalb sie unser Band geheim halten wollte. Sie wohnte am Fluss, in der Nähe von einem Park, eine Bank war unser gemeinsames Ziel, wir hielten dann Händchen und küssten uns sogar. Eigentlich war ich mit dieser Übereinkunft auch zufrieden, aber es kam die Zeit, ( ich glaube, sie vermuten schon welche), zu der ich all meinen Mut und dies mit Liebe erfüllte Herz in beide Hände nahm und Sylvia fragte, ob sie mit mir gehen wolle.
Schweigen -  Für mich ein gefühlt stundenlanges Schweigen folgte, während ich am hell erleuchteten Weihnachtsbaum mitten auf dem Dorfplatz, flehend nach oben, direkt in die nun herabschwebenden Schneeflocken blickte, um mir nur diese eine, positive Antwort zu wünschen.
Sylvia legte ihre Hand zärtlich in die meine, und nur mit einem Blick, wie ich ihn heute nicht mehr beschreiben kann, ging sie auf mein Verständnis ihr gegnüber ein, und verließ mich ohne ein Wort auf nimmer Wiedersehen. Von der ganzen Welt verlassen saß ich noch bis spät in die Nacht unter diesem Tannenbaum. Als die glitzernden Schneeflocken schon begannen, Sylvias Spuren im Schnee zu begraben, hörte ich plötzlich ihre Stimme unten am Fluss meinen Namen rufen. Jener alten Begebenheit treu, lief ich ihr im Laufschritt hinterher, quer über den Weihnachtsmarkt, über den Platz, unter der neuen Brücke hindurch, bis zu unserer Bank.
Doch nichts und niemand hat mich dort erwartet. Nur die dunkle Nacht, fern ab von Zeit und Raum, zog mich in ihren Bann. Ich wollte nie mehr an diesen Abend erinnert werden, weshalb mein Sprung in den Fluss auch von Erfolg gekrönt wurde, und ein fremder Mann in roter Kleidung meinen toten Leib zwei Kilometer südlich aus den Fluten holte. Die Kälte erfror ein kleines Lächeln auf meinen Lippen, bis hin ins Krematorium, von wo nur eine Stunde später meine Überreste, als Nebel getarnt, alle Gedanken an Sylvia wieder durch den nächsten Weihnachtsmarkt schimmern ließen.



















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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.12.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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