Kurt Henke

Sport für betagte Bürger Bergkamen 80

Es war Mitte der siebziger Jahre. Kohlenhalden an Rhein und Ruhr wie auch an der Saar wuchsen in das Unermessliche. Die Nachfrage von Steinkohle hatte besonders im Industriegewerbe erheblich nachgelassen. Die Kohlenbarone versuchten die Kosten durch die Reduzierung der Belegschaft zu bremsen. Hinzu kam, dass die Kohlenabbaumaschinen immer leistungsfähiger wurden und auch von daher weniger Arbeitskräfte zum Einsatz kamen

Das Wort Anpassung mache in den Kreisen Politik und Wirtschaft die Runde. Das Wort von der Anpassung sollte ein Weg aus der Miesere sein. Ein Kompromiss für die Übergangsrente war gefunden. Bergleute mit einer bestimmten Zahl von Hauerjahren konnten bis zum Eintritt in die Rente von dieser Frührente Gebrauch machen. 52 Lebensjahre und 20 Hauerjahre mussten nachgewiesen werden. Hauer heißt, das Endziel der Ausbildung des Bergmanns nach Schlepper, Lehrhauer kann der Hauerstand zu erkannt werden

Die Folge war, dass relativ junge Hauer nicht wussten, wie sie diese Menge Freizeit nutzen sollten. Der Rat der Stadt Bergkamen hatte dem Sportausschuss empfohlen einen Weg zu finden, diese Freizeit durch entsprechende Angebote auszufüllen. Als langjähriger im Sport tätiger Sportler und Sportausschußvorsitzender der Stadt kannte ich mich auch in den einzelnen Sportvereinen relativ gut aus. Der Einwand, fast alle Sportvereine besäßen Altarsriegen in denen die Bergleute gut unter kommen könnten, musste ich als nicht richtig ablehnen..

Die Mitglieder in den Altenriegen, ganz gleich welcher Sportart, waren in der Regel über viele Jahre Aktivisten in ihrem Verein, also Spezialisten geworden, die auf keinen Fall völlig ungeübte Mitglieder aufnehmen würden. Diese würden wie Hemmschuhe wirken.

Die Presse hatte einen detalierten Bericht über einen schon vor Jahren gegründeten Altensportverein in Mönchen-Gladbach veröffentlicht. Auf Nachfrage gestattete unsdie Vorsitzende mit einer Abordnung dort Erfahrungen zu sammeln

Wir wurden im eigenen Vereinsheim empfangen, in dem wir auch übernachten konnten. Das uns dort gebotene Potenzial überstieg unsere Vorstellungskraft. Alle von der älteren Bevölkerung erwünschten Sportarten waren im Verein vertreten. Auch die Sportanlagen mit den erforderlichen Sportgeräten standen zur Verfügung. Unser Besuch war mit einem dort ausgerichteten Sportfest verbunden. Eine besonders gute Möglichkeit das Ausmaß dieses Vereins unter die Lupe zu nehmen. In der Vereinsführung waren mit dem Kämmerer weitere stadtgewaltige Vertreter im Vorstand vertreten.

Überwältigt vom Ausmaß dieses Sportvereins haben wir die Heimreise angetreten, in dem Bewusstsein Anregungen bekommen zu haben. Mehr aber auch nicht. Die Voraussetzungen so etwas aufzuziehen, ist sicher etwas Einmaliges. Für Bergkamen nicht zu realisieren. Es fehlen zu viele Voraussetzungen.




Dennoch hat sich der Sportausschuss mit diesem Problem weiter beschäftigt. Der Verein sollte gegründet werden. Vorgeschlagene mögliche Vorstandsmitglieder und Übungsleiter wurden zu einer Besprechung geladen. Sich zum Vorsitzenden wählen zu lassen war keiner der Anwesenden bereit. Da man mich darauf dazu auserwählte, war ich auch bereit, für dieses Amt zu kandidieren

Acht Übungsleiterinnen und ein Übungsleiter waren zur Mitarbeit gefunden worden. Nach dem wir auch für die weitere Besetzung des übrigen Vorstandes fündig wurden, bestätigte die einberufene Gründungsversammlung diese Vorschläge in geheimer Wahl.

Für den Vorstand begann jetzt aber erst die Arbeit. In fünf Ortsteilen der Stadt wurden selbstständig arbeitende Gruppen eingerichtet. In jedem Ortsteil wurde eine Sporthalle benötigt. Auch die erforderlichen Sportgeräte wurden dem Verein zur Verfügung gestellt und den einzelnen Gruppen übergeben

Zur Anerkennung und Eintragung in das Amtsregister wollte das Amtsgericht eine nach ihren Vorstellungen erarbeitete Satzung vorgelegt bekommen. Das Finanzamt Hamm brauchte für die zu gebende Gemeinnützigkeit eine Reihe Unterlagen. Bis der Verein vollberechtigt anerkannt war, verging fast ein Jahr. In diesem Jahr war erfreulicher Weise der Verein, der sich Sport für betagte Bürger nannte, bis auf über 300 Mitglieder angewachsen.

Das eigentliche Ziel, die Freizeit für die Frührentner zu füllen, hatte so viel wie keinen Anklang gefunden. Von den 330 Mitgliedern waren über 300 Frauen. Auch in der Folgezeit hat sich dieses Verhältnis nicht mehr geändert. Nur eine einzige Gruppe hatte annähernd so viel Männer wie Frauen. Auch in anderen Gemeinden und Städten war die Bildung von Vereinen mitgemischten Partnern kaum ein anderes Verhältnis zu erzielen.

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