Auszug aus Gefährliche Odyssee
Der große Onyxx Fluss teilte den Kaiserplatz und umrundete die Hauptstadt des Landes. Dann mündete der Esk Onax'Voos in das unendliche Meer. Das Singen der Bäume hörte allmählich auf. Der Zauberer marschierte auf die Lichtung hinaus und blieb für einen Moment in der Mitte des natürlichen Freiplatzes stehen. Sein Blick richtete sich wieder gegen den Nachthimmel. Die Korrana war nun vollkommen Wolkenlos. Der Mond schien hell und die Sterne funkelten in ihrem gleißenden Licht. Die Ka war weit fortgeschritten. Die Mitternachtsvaah seit geraumer Zeit vorüber. Es war still auf der Lichtung, selbst das Rauschen des Laubes hatte sich nunmehr gelegt. Jedes Geräusch aus dem Zauberwald war verstummt. Kein Geschöpf und kein Baum wollte die Andacht, die der weiße Zauberer nun abhalten würde auch nur für einen Augenniederschlag stören. Selbst das sanfte plätschern des Baches war nicht mehr zu hören. White Magicc verharrte lange so, schließlich nahm er seinen Weg wieder auf und trat am gegenüber liegenden Ende der Lichtung an eine Steinformation. Es waren insgesamt drei, zwei bedeckten die Erde und einer wuchs dahinter aus dem Boden. Es war ein Grab, es war die Gedenkstätte eines heiligen Mannes. Hier ruhte in Frieden der alte Schamane Goragass.
White Magicc faltete andächtig die Hände, dieses Mal blieben die Energieblitze aus. Der Zauberer bettete.
„Roijaa inshalak duk“, rhythmisch zelebrierte Magicc seine Worte. „Roijaa führe mich, zeige mir den Weg nach Kshai´Roffan.“
Die Stille senkte sich tiefer über das Szenario, aus dem Gebet breitete White Magicc nun erneut die Arme weit aus und sein Haupt neigte sich in den Rücken. Die Lider fest geschlossen und immer wieder nach dem Weg an den Ort des Nachlebens fragend, stand der Magier beinahe versteinert da. „Kan duk un’Oppal kalmanor Kshai’Roffan.“
White Magicc trauerte innig um den heiligen Schamanen. Goragass war einst der erste Zauberpriester von Onyxx gewesen und er stand mit seiner Macht sogar höher als Magicc selber. Goragass wusste noch besser über die Prophezeiung Bescheid und er kannte jede Abhandlung über das Gefecht zwischen gut und böse. Der Schamane verstand das Geheimnis welches zum Sieg führen konnte, aber der Priester hatte jenes Arkanum mit in sein tiefes Grab genommen. Goragass lebte weit über dreihundert C’Züdden. Er hatte noch die ansteigende Ära und den Fall des voran gegangenen Kaisers Inttra Morran II. miterlebt und Goragass war, neben Magiccs Vater und ihm selber die wichtigste Person in der ersten Rettung des alten Kaisers gewesen. Der Schamane führte sein Schwert gegen einen anderen Aggressor und er war Zeuge der Krönung von Enddira gewesen und Goragass persönlich hatte der neuen Kaiserin ihren Titel „May“ übergeben. Diese Tage waren längst Geschichte, Vergangenheit. Aber sie trugen stets für das Wohlbefinden der Bevölkerung bei. Rattaan, ein fanatischer Anhänger des Daansa und Vater von Hysomarr erhob sich vor etwas mehr als 117 Jahresläufen um den damaligen amtierenden Kaiser vom Thron zu stürzen, der Putsch misslang zwar, doch es gab ein furchtbares Gemetzel unter den Dienern der Geistlichkeit. Und Inttra II., der den Titel „Der Gütige“ trug, starb beim letzten Gefecht gegen die Meute des Bösen. Mehr als ein ganzes Jahr, über ein C’Züdd war Onyxx ohne Kaiser. Ohne Führung und ohne eine richtige Regierungsform. Goragass leitete das Volk bis zur Ernennung von Enddira und die Tage zu jener Zeit waren nicht immer die leichtesten.
Und nun war Goragass selbst auch verstorben. Vom langsam dahin schreitendem Alter besiegt, hauchte der erste Zauberpriester vor nun genau einem C’Züdd sein Leben aus. Das Geheimnis über den Sieg hatte er bis nach seinem Tod für sich behalten und White Magicc versuchte nun auf spirituelle Weise mit dem Geiste des Verstorbenen Kontakt aufzunehmen. „Ich muss das Geheimnis lüften“, dachte der Magier stumm bei sich. „Ohne diese Offenbarung kann alles Gute für immer schwinden.“
Des Zauberers Absichten waren Ehrenhaft. Er dachte an keine Hinterlist und strebte selber keine alleinige Macht an. Ein Windhauch kam nun auf, er fuhr White Magicc durch die Kutte und blies ihm den Hut vom Kopf. Das Mondlicht schien nun auf den Kahlschädel Magiccs. Doch der Zauberer rührte sich nicht vom Fleck, er machte keine Bewegung um seine Kopfbedeckung wieder aufzusetzen. Er betete ausgeglichen weiter, alle Sinne bemühten sich unaufhörlich in den Kshai´Roffan zu gelangen.
Minuten vergingen, der Lufthauch intensivierte sich über der Steinformation. Über dem Grabe von Goragass erschienen winzige Lichtpunkte. Sie leuchteten in allen Farben des Regenbogens, rot, blau, grün sowie gelb und violett. Die Punkte wurden größer, sie sprühten auseinander und zogen sich nach der Implosion wieder zusammen. Unbemerkt war eine zweite Gestalt aus dem Zauberwald getreten. Die Statur jener Erscheinung war nicht zu erkennen. Die Person trug einen grünen Überrock und das Cape verhüllte alles. Man konnte gerade noch erkennen dass der Umhang von einer tieferen grünen Farbe, als das restliche Gewand war. Die Kapuze saß weit im Gesicht und ließ keinen Blick auf das Antlitz der Gestalt zu. Nur einen Schritt wagte sich diese Person aus dem Schutze des Forstes, sie stand schweigend da und richtete anscheinend ihren Blick ebenfalls auf das gepflegte Grab des verstorbenen Schamanen. Ob sich White Magicc der Gestalt bewusst war oder nicht, konnte man nicht erkennen. Der Zauberer stand weiterhin regungslos vor der Begräbnisstätte und zelebrierte die Shanndra. Die Lichtpunkte pulsierten noch einige male, dann erlosch ihr Licht und der Wind trieb die letzten Funken auseinander. Der Magier ließ die Arme sinken, seine Augen öffneten sich. „Ich habe den Weg in den Kshai’Roffan nicht gefunden.“ wisperte White Magicc betroffen. Es war eine schwere Niederlage für den Zauberer. Sollte das Geheimnis, welches Goragass gewahrt war, nicht aufgedeckt werden, so stand das gesamte Land in der Gefahr von der Finsternis für immer verschluckt zu werden.
Magicc sammelte kurz seine Kräfte, die Zeremonie hatte ihn doch stark mitgenommen. Doch er wusste, dass das nur der Effekt des Versagens war. Er fühlte sich schuldig. Waren seine Gedanken doch nicht so rein und frei gewesen wie er beabsichtigt hatte? White Magicc nahm sich vor in der kommenden Nacht einen weiteren Versuch zu starten.
Der Wind hatte sich wieder gelegt, das leise plätschern des Baches drang an das Ohr des Zauberers und auch die Bäume flüsterten ihr Warnungslied erneut.
“Is Onog un Arka,
po Ralamon iz torg.”
Die Andacht war vorüber und der Magier wandte sich zum gehen. Die Lichtung lag verlassen vor ihm als er sich umdrehte. Niemand außer ihm war zugegen. Die Nacht begann in der Ferne zu grauen und der Morgen würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Der Zauberer dachte an den Kometen, er war schon bedrohlich nahe und mit jeder Stunde die tatenlos verstrich konnte die Finsternis über das Land ziehen. Wortlos, weiterhin schweigend, hob Magicc seinen Schlapphut auf und danach marschierte der Zauberer denselben Pfad zurück, denn er zuvor gekommen war und nur das leise Lied des Waldes begleitete ihn. Noch während White Magicc über den Auftakt des erdenklichen Ende nachsinnierte, war man an anderem Ort ebenfalls seit Stunden damit beschäftigt die Bahnen in die gewünschte Richtung zu lenken.
5 Magier des Bösen
Pechschwarze Nacht lag noch über dem Geister Canyon. Dieses Gebiet war eine felsige Steinschlucht. Geröll und unwegsame Felsvorsprünge ließen die Gegend unwirklich und äußerst bedrohlich aussehen. Hier erblickte man den Tod, hier witterte man den Tod, hier existierte der Tod. Egal wohin das Auge auch blickte, das Grauen und die Verdammnis begrüßten alles und jeden hier. Tiefe Spalten und Risse waren überall in den Wänden des Canyons und aus ihnen quoll sporadisch beißender Qualm. Er war von schwarzer Farbe und roch stark nach abgestandener Lauge. In den Felsen ächzte es, elegische Stimmen raunten aus dem massiven Gestein. In kurzen Abständen bebte hier fortwährend die Erde, der Boden erzitterte weitläufig und das lose Gestein, der felsige Schotter auf den beiden offenen Zugangswegen vibrierte und erhob sich dabei gut einen Meter in die Höhe.
Das markerschütternde Geschrei einiger Blutfledermäuse, die nach frischem Geblüt gierten, klang durch die Verfinsterung. Sie suchten in dem kargen Canyon nach Nahrung. Es waren Geschöpfe der Nacht und tagsüber so gut wie blind. Selbst ihr hoch entwickeltes natürliches Radar nützte ihnen unter dem Schein der Sonne nichts. Die Blutfledermäuse waren um das dreifache größer als herkömmliche Fledermäuse, ihre Flügelspannweite betrug bei einem ausgewachsenen Tier etwa anderthalb Meter und ihre scharfen Eckzähne ragten zwanzig Zentimeter aus dem sonst zahnlosen Maul. Blutfledermäuse, in der einheimischen Sprache Si’Siiks genannt, schmeckten ausschließlich frisches Blut. Kreischend und laut mit dem Flügel schlagend zogen sie in der Dunkelheit ihre rastlosen Bahnen. Ein erratischer Wanderer, der sich aus Versehen nachts in diese Gegend verlaufen hatte, kam nicht mit dem Leben davon. Nachts, in dem verschleierten Schutze der Finsternis zogen die Blutfledermäuse auf Beutezug. Denn während der hellen Stunden, waren sie nicht einen Pfifferling wert. Unter dem heißen Schein der beiden onyxxen Sonnen verbargen sich diese Tiere in den schattigen Rissen der Felsenwände, wo sie sich bis zur Dämmerung versteckten und in den Schutz der Dunkelheit zurückzogen.
Inmitten der Felsenschlucht lag die düstere und verwitterte Burg des Fürsten der Finsternis. Die bisher unbezwungene Festung Death Fortress Castle. Die alten Granitsteine waren von der Zeit zerfressen und das Schlangenrachen ähnliche Eingangstor blickte bedrohlich in die Dunkelheit. Dort, wo bei einem lebenden Reptil die Augen lagen, leuchtete in einem regelmäßigen Abstand von genau acht Minuten ein düsteres dunkelrotes Licht auf. Dieses aufflackernde Karanaii war des dunklen Zauberers interner Kometenspion. Das Licht überwachte den Weltraum und sollte die Ankunft der heiß begehrten Sternschnuppe umgehend melden. Das Death Fortress Castle hatte vier Türme von unterschiedlicher Höhe. Die Zinnen waren teilweise verfallen und die Witterung nagte seit mehr als einem Jahrhundert an den dicken Mauern der Burg.
Der Wind blies durch die Ritzen zwischen den Quadern und ein schauriges Geheul stimmte in das pfeifen des Windes mit ein. Unzählige Seelen hatten in diesem finsteren Gemäuer schon ihre Lebendigkeit verloren. Die Geister der Ermordeten zogen nun ruhelos im Dead Legs Forest umher, der sich eng an den Geister Canyon schmiegte. Manchmal wagten sie sich sogar bis in die Felsenschlucht vor und belagerten mit ihren verzweifelten Wehklagen die düstere Burg Death Fortress.
Der Magier des Bösen, eine gebeugte Gestalt, stand an seiner Kristallkugel, die von einer Drachenklaue gehalten wurde und beobachtete grimmig das Geschehen in der zeitlichen Verzögerung aus dem Zauberwald. Es war kein unmittelbares Bild. Die Geschehnisse die man in der Zauberkugel sehen konnte waren um fünf Minuten verschoben. Der Magier hatte zuvor beobachtet wie Xerron das Grasland erreicht und für Minuten in einem unruhigen Schlummer gefallen war. Die finstere Gestalt knirschte immer häufiger mit den Zähnen. Er hatte den Weg des Chonndors seit der ersten Morgenvaah seines Aufbruches aus Argor mit funkelten Augen verfolgt. Xerron war kurz vor dem Morgenrot aus dem familiären Schloss Miles Warran aufgebrochen und begab sich in die Hände seines Schicksals. Er wusste nicht welcher Art sein Schicksal sein würde, diese Kenntnis war augenblicklich auch ganz zweitrangig. Der Präriekrieger trug nur seine volksüblichen Waffen bei sich und anfangs ließ sich der Prinz von einem Randda tragen. Doch schon bald musste Xerron das Tier nach Hause schicken – Erdspalten, schier unüberwindliche Erdspalten taten sich auf und wurden für das edle Tier zur höchsten Gefahr.
Hysomarr bereitete es tiefstes Vergnügen seine Macht zu verdeutlichen. Den ersten Anschlag auf das Sein des Raish'Oneier, oder zumindest auf den Tatendrang des Chonndors verübte der böse Zauberer kurz nachdem Xerron die Hauptstadt Argor hinter sich gelassen hatte. Die Weiten der Prärie, die unendlichen Steppen und Ebenen des Keetroonlandes waren für seine hinterlistigen Pläne wie geschaffen. „Dem klaffenden Abgrund würde der Auserwählte nicht entrinnen können.“ So dachte Hysomarr. Doch die Finsternis sollte umgehend eines anderen belehrt werden. Der Chonndor überwand, mit mühe zwar aber dennoch lebendig und auch ohne einen Gedanken des Umkehrens, den Bereich der aufbrechenden Erde. Als zweiten Streich ließ der Magier vor den ersten Bäumen des Zauberwaldes ein dichtes und todbringendes Dornengestrüpp aus dem Boden wuchern. Zweck dieses Dickichts war es den Auserwählten endgültig von seiner Reiselust zu heilen. Das Böse musste als ersten Schritt verhindern das Xerron, der Chonndor der Kaiserin, Lightt Shalyn erreichen konnte. Auch wenn die Prophezeiung für die Dunkelheit sprach und die Niederschrift eindeutig besagte das die Bedrohung der Finsternis unabwendbar wäre, so durfte das Licht keine einzige Möglichkeit haben, gegen die Schwärze der ewigen Nacht anzugehen.
Hysomarr hatte viele Stunden seiner Existenz über den Niederschriften seines Meisters verbracht. Er kannte jedes Wort welches jemals in diesem Zusammenhang verfasst worden war und er wusste auch dass sich alles immer wieder wiederholen kann. Das Böse kannte dieselben Fakten wie die Kaiserin und ihre Streiter. Es lag alles offen und ein jeder hatte im Schicksal seinen angestammten Platz. Dennoch gierte die Finsternis nach noch mehr – nach der absoluten Kontrolle über jeden und alles.
Das Verlies, in dem der böse Zauberer diese Einrichtung erbaut hatte, lag im Dämmerlicht. Von den modrigen Wänden tropfte das Wasser und vermischte sich mit dem Schwefel und Russ, der in der stickigen Luft lag. Die dicken Steinquader spiegelten das Elend wieder das diese Mauern bereits gesehen hatten. Es stank erbärmlich, Ungeziefer bevölkerte das verfaulte Stroh und in den Ecken lagen blank genagte Menschenknochen. Schimmel und anderer Unrat wucherte aus den Mauern heraus.
Je weiter die Zeit, der Tag voran schritt, desto erboster wurde der dunkle Magier.
„Bei Daansa“, fluchte die finstere Gestalt lautstark, „weder das Erdbeben noch die todbringenden Dornenranken konnten diesen Mirrak aufhalten.“ Mit Abscheu beobachtete der Zauberer der dunklen Seite das Heldenhafte durchbrechen Xerrons. Mit seinem rötlich schimmernden Schwerte hatte sich der Chonndor einen schmalen Pfad durch das Rankendickicht geschlagen und auch wenn die Triebe sich immer wieder aufs Neue heran wagten, die Schneide des Schwertes des Auserwählten durchtrennte jeden Zweig.
„Er hat unbeschadet das Grasland erreicht. Mehr als die Hälfte des Weges hat dieser Kerl nun schon zurückgelegt und noch immer denkt er nicht an das Umkehren.“ Ein gequälter Schrei drang aus seiner Kehle. Hysomarr, so war der Name des Dieners der Nacht, funkelte bösartig mit den Augen. Sein Wirres, zerzaustes Haar stand wie verdorrtes Gras von seinem knochigen Kopf ab. Der schmale, etwa 100 Kaar (gut zwei Meter) lange Schnurrbart wucherte über die dünnen Lippen und fiel in verfilzten Strähnen zu Boden. Der schwarze Kaftan, der seinen Körper verhüllte, hatte vor Jahrhunderten das Licht der Welt erblickt. Er roch nach dem Jenseits und schimmerte ekelerregend. Bereits sein Vater Rattaan hatte dieses Gewand getragen und es im Anschluss an seinen Sohn vererbt. Eben so wie die Bürde dem Bösen zu dienen. Rattaans Bündnis mit der Finsternis sollte nicht nur ihn, sondern auch alle weiteren Nachkommen und jede Generation aus dem Blute derer bis in alle Ewigkeit dem Bösen mit Leib und Seele angehören. Rattaan war sich seinerzeit dessen wohl bewusst und er sah diesen Pakt als Bereicherung für seine Existenz. Sorglos und ohne Kompromiss ging er das Abkommen ein und unterzeichnete den Lormros mit seinem Blute. Einen Tag nach der Vereinbarung mit der Finsternis erhielt Rattaan seinen Titel vom großmächtigen Herrscher der Unterwelt. Er wurde zu Rattaan Gondd, der Gnadenlose.
Hysomarr verdankte viel seinem Garlor, er erhielt durch ihn sein „Sein“ und durch die Verbindung zwischen Rattaan und einer Tochter des finsteren Fürsten, gelangte Hysomarr an die Kenntnis der dunklen Magie. Hysomarr wurde wenige Tage vor dem Ansturm auf den Kaiser gezeugt. Lynga, die älteste der Fhamoran Hexen, trug die Nachkommenschaft aus und kurz nach dem Ende Rattaans, stieg der Säugling Hysomarr aus dem Flammenmeer Grräkars und wuchs bis zu seiner Jugend, dem Margoss im toten Wald, Dead Legs Forest, auf.
Rattaan hatte sein Ziel die Herrschaft über das Land Onyxx nicht erreicht. Er war gescheitert. Die Waghalsigkeit einiger getreuen Priester hatte der Finsternis den Triumph entzogen. Hysomarr kannte diese Geschichte. Er hatte den Aufstieg und Fall seines Vaters viel zu oft vernommen. Die Töchter des Daansas, diese waren die Fhamoran Hexen, erläuterten Hysomarr in seiner Jugend das sträfliche Versagen seines Garlors und lehrten ihm die Kunst der Kriegsführung. Den schon nach etwas mehr als einem C'Züdd, nach Rattaans Niederlage wurde bereits die Rückkehr der Finsternis von Goragass prophezeit.
Hysomarr erfuhr als Margoss, das Onyxx vor seiner Geburt ganz anders ausgesehen hatte. Zumindest in der Region um den Kaiserplatz. Es war zu einer Zeit, wo in diesem Lande alles möglich, alle Wege offen und sich keiner vor dem anderen fürchten musste. Onyxx stand zu jener Ära unter dem Kaisertum von Inttra, der den Titel Morran II. trug. Er war ein Mann voller Weisheit und Erkenntnissen und führte das Volk mit Liebe, Güte und gleichmäßiger Gerechtigkeit. Inttra lebte mit seinem Hofstab in der damaligen Hauptstadt des Landes Inttra Stadt. Diese war von seinem Vorgänger, Kaiser Inttra Sul erbaut und benannt worden. Inttra Sul war mit Inttra Morran nicht verwandt, beide Männer hatten lediglich denselben Namen. Inttra Stadt grenzte an die letzten Ausläufer der Berge des Lichts und war Zentral gelegen am Kaiserplatz. Mitten durch die Stadt floss der Esk Onax'Voos. Dieser entsprang im Zauberwald und mündete schließlich, kontrolliert von einer gesteuerten Schleuse in das Becken des kaiserlichen Hafen Wittch Harbor. Dieser wurde lange vor Inttra Sul erbaut und war als Regierungseinleitung für die nachfolgende Kaiserin gedacht. Diese Kaiserin war Imasha Ayll und regierte Onyxx mehr als 300 C’Züdden. Piil Shaat, der erste Kaiser nach der Trennung des blauen Planeten, verstarb an einer Erkrankung und das bereits nach nur 80 C'Züdden Amtszeit.
Dort wo Heute der Regierungssitz, der Imperturr stand, war zu Rattaans Epoche ein Hain, der immergrüne Wald. Ein Forst von Laubbäumen, der niemals zu keiner Jahreszeit auch nur ein Blatt verlor, oder die Farben des Herbstes, des Peronaf trug. Es schneite über diesen Wald auch nie und sein Grün war stets frisch und saftig. Der Forst reichte bis knapp an das Smyynee Bog, wo eben Rattaan Gondd sein Domizil hatte und erstreckte sich über die gesamte Region. Er säumte Inttra Stadt ein und bildete abschließend eine zweireihige Allee hinunter zum kaiserlichen Hafen. Der immergrüne Wald war seinerzeit der zweitgrößte Forest auf Onyxx.
Hysomarr hatte dieses Land, dieses Onyxx niemals gesehen. Nicht mit eigenen Augen die Schönheit der Landschaft erblickt. Ihm wurden Detailkarten über diese Region gezeigt, sogar nachgestellte Modele. Doch das war nicht dasselbe. Das heutige Ledge of no Return war damals ein heiliger Ort. Behütet vom Wald der Besinnlichkeit stand zwischen dem Hain und den gläsernen Bergen des Glaubens das marmorne Kloster der Shanndra Priester. Ein weißer Strand führte zum Meer und von Westen erreichte man das Festland über die Passage Glesht und im Osten reichte der Steg des kaiserlichen Wittch Harbors bis an den Strand des Mor’Zalom.
Die Liiro Bucht gab es ebenfalls noch nicht. Der Migghty Bright stürzte zu jenen Tagen in das Tal der Prüfung, Llipyn’A genannt. Und sein Wasser floss zu beiden Seiten des Tals in tiefe Rinnen und ergoss sich schlussendlich ins weite Meer. Hier im Llipyn’A wurden zu Inttra Morrans Zeiten, die Schaukämpfe des Übergangs ausgetragen. Jene Kämpfe waren die Prüfung ob man reif genug war von dem Lebensweg der Jugend in den Stand des Pallmor zu gehen. Die Kämpfe wurden mit Kraft, Intelligenz und Geschicklichkeit ausgefochten. Hinterlist, rohe Gewalt oder der Einsatz von jeglichen Waffen war auf das strengste verboten und jener Teilnehmer, der eines dieser Verbote dennoch anwandte wurde auf ewig von den Spielen der Prüfung disqualifiziert. Diese Zeremonie fand in der Regel im Frühjahr, beim Ulinorss statt. In der Zeit des Erblühens wagten sich die Prüflinge an das ehrenvolle Qokunn.
Hysomarr hatte von den Hexen erfahren das Rattaan die volle Unterstützung des Daansas innehatte. Onyxx war beim Angriff der Finsternis unvorbereitet erwischt worden und dem Herrscher aus dem Smyynee Bog stand eine Armee von dämonischen Feuermonstern zur Seite. Das erste Ziel der Attacke war Inttra Stadt. Rattaan wollte sich Inttra Morran II. unter den Nagel reißen und im Anschluss die Finsternis über das gesamte Land ziehen lassen. Zu diesem Zweck rodete er den immergrünen Wald. Über Nacht verschwand der komplette Hain und nicht einmal die Allee zum kaiserlichen Hafen blieb erhalten. Wie von Geisterhand verschwand der gesamte Forst aus dem Lande und kehrte nie wieder. Inttra konnte aus der Hauptstadt fliehen. Seine Shanndra Priester geleiteten den Kaiser durch die Llipyn’A und führten Inttra Morran II. über verschlungene Pfade durch die gläsernen Berge des Glaubens zu ihrem Ordenskloster Mor’Zalom. Dort hofften sie den Kaiser in Sicherheit zu wissen bis die Finsternis ihr Vorhaben aufgab. Der oberste Zauberpriester Goragass, so wie der Magier Inkkal Magicc und dessen Sohn hatten die Flucht des Kaisers geplant und bis ins letzte Detail ausgearbeitet. Der Schamane wollte unbedingt verhindern das Inttra Morran II. durch die Klaue der Finsternis sein frühzeitiges Ende fand. Die Shanndra Priester halfen dabei tatkräftig mit und während die drei Zauberer sich dem Heer der Dämonen stellten und sie mittels ihrer Magie zur Strecke brachten, geleiteten die spirituellen Gefolgsleute den Kaiser zum Mor’Zalom.
Doch Rattaan kam das Aufgeben nicht in den Sinn. Er war erbost über Inttras Flucht und in seinem Zorn ließ er die Hauptstadt mitsamt allen Bewohnern in Schutt und Asche legen. Heute findet man nur mehr Ruinen und verkohlte Mauerreste. Welches einst eine prunkvolle Stadt gewesen war, ist in diesem Zeitalter nur ein verfluchter Ort des Grauens.
Rattaan war im Grunde schon geschlagen. Die heiligen Priester des Glaubens hatten der Finsternis und ihren Getreuen getrotzt und das Unmögliche doch möglich gemacht. Der Tag sollte weiterhin Tag bleiben und die Finsternis war gezwungen sich in ihre Schatten zurückzuziehen. Nur Rattaan selber wollte sich nicht geschlagen geben. Er hatte durch die gebündelte Kraft dreier Zauberer seine Streitmacht verloren. Der Kaiser war entkommen und der Daansa zog sich bereits in sein Reich der Unterwelt zurück. Nur Rattaan war verblendet. Er suchte unerwartet das Kloster auf und steckte den Tempel Roijaas in Flammen. Inttra Morran II., sowie alle Glaubensbrüder des Ordens fanden bei dieser schändlichen Tat den Tod. Rattan hatte durch diese Tat, seinen Titel alle Ehre gemacht. Er war wahrhaftig der Gnadenlose. Ein ganzes Volk war schon von ihm ausgelöscht worden und in Folge waren noch viele Gräueltaten durch seine Hand geschehen.
Roijaa nahm seine Gefolgsleute zu sich und gab ihnen die Ehre der Rha´Vinna. Er schuf für sie den heiligen Ort Zyympraan und sie erhielten die Macht nunmehr über allem Guten zu wachen.
Das Antlitz Onyxxs war für immer gezeichnet. Keiner der Überlebenden aus Qeid, Harmonia oder Argor würde jemals das Gemetzel oder das blutige Massaker vergessen können. Für alle Zeiten würden sie diesen unnötigen Opfern gedenken.
Rattaan Gondd wurde von der Gerichtsbarkeit Onyxx bestraft. Die Finsternis musste sich aus allen Teilen des Landes zurückziehen und dem Licht weichen, der Herr über dem Smyynee Bog stand alleine da. Ihm wurde die härteste Strafe zuteil, welche in diesem Rechtsstaat ausgesprochen werden konnte. Die Verbannung. Rattaan musste das Land verlassen. Für Immer und er hatte keine Möglichkeit jemals wiederzukehren. Lightt Shalyn, das kaiserliche Orakel aus den heiligen Bergen des Lichts stand alleine in der Macht das Urteil zu vollstrecken. Der Loin’Tteig erwachte zum Leben und erfühlte zum aller ersten mal diese Vollstreckung. Rattaan wurde in einem mystischen Sog gezogen und langsam, Stück für Stück löste sich die Gestalt Rattaan Gondds auf. Niemand erfuhr jemals wohin er gebracht wurde. Dieses Geheimnis wurde sorgfältig von dem Loin’Tteig behütet und bisher niemals preisgegeben. Doch auch ein dunkler Fleck blieb aus diesen Tagen zurück. Erst viel später wurde kund, das Rattaan einen Sohn hinterlassen hatte.
Am Tag der Verbannung grollte es im Lande. Der Orden Mor’Zalom versank im Meer. Die gläsernen Glaubensberge stürzten in sich zusammen und nur mehr einige verkommene Spitzen derer ragten aus dem schäumenden Ozean. Ein Canyon tat sich auf. Der Wald der Besinnlichkeit starb ab und auch die Passage Glesht stürzte ein. Das Grauen saß so tief in den Gemütern der Bevölkerung das man ebenfalls den Steg zwischen der Insel und dem Wittch Harbor entfernte. Goragass hatte die Führungsspitze übernommen. Nicht weil er die Macht anstrebte, sondern weil Inttra Morran es so gewollt hatte. Erst nach mehr als einem Jahr trat ein neues Kaisertum an die Regierungsspitze. Die Kaiserin ließ schließlich noch einen hohen Wachturm, an der ihm zugewandten Seite errichten und seither verging keine Minute ohne dass ein Wachposten das Riff ohne Rückkehr im Auge behielt. Man fürchtete diesen Ort des Massakers. Auch wenn Rattaan ebenfalls die Hauptstadt Inttra Stadt zerstört hatte so übertraf diese Gräueltat alles bisher da gewesene. Einen heiligen Ort derartig zu schänden, ihn zu entweihen und alles Leben auf und in ihm zu töten widersprach allen Rechtsregeln der Gerechtigkeit. Aus dem einst so friedvollen und harmonischen Ort wurde ein verfluchtes Land. Und es ereignete sich noch ein Umstand. Das Tal der Prüfung wurde durch das einströmen des Meeres begraben. Aus dem Tal wurde eine Bucht, die lange Jahre ohne Namen war. Erst viel später, nachdem Enddira May bereits seit zehn Jahresläufen Kaiserin war, erhielt die Bucht den Namen Liiro Bucht. König Liiro, Herr über dem Midget Slope, ertrank eines Nachts aus unerklärlichen Gründen in dieser Bucht und zum Gedenken seiner wurde sie nach ihm benannt.
Weitere Zehn C'Züdden später. Hysomarr zog auf die Insel Ledge of no Return ein. Es wurde offenbart das er der Sohn Rattaans war, doch das neue Zeitalter hatte bereits seine Wirkung getan und Enddira May konnte nach ihrem Gewissen die Schuld des Vaters nicht auf den Sohn legen. Hysomarr durfte auf dem toten, auf dem verfluchten Land verweilen und er erhielt sogar nach einigen Jahren die Erlaubnis einen Steingrat von der Insel zum Festland zu bauen. Die Passage Glesht war im laufe der Zeit immer mehr verfallen. Hysomarr riss die Ruinen der Vergangenheit ab und errichtete seinen neuen Grat. Diese Passage nannte er den Teufelsgrat. Und auch wenn nun der Fluch ein wenig in den Schatten des Vergessens trat, so würde er niemals ganz verblassen. Dafür würde schon der Wachturm am Wittch Harbor sorgen. Er war zu jeder Jahreszeit und zu jeder Minute des Tages besetzt und hatte nur eine Mission. Das Island Riff ohne Rückkehr zu bewachen.
Und nur die düstere Prophezeiung, die schon kurz nach dem Fall Rattaans aufgekommen war, besagte das eines Tages, wenn der Hale-Boppische Komet den Orion streift, das dann die Finsternis erneut über das Land ziehen würde. Diese Vorhersagung gab allen zu denken. Goragass offenbarte diese Weissagung am Tag der Krönung der neuen Kaiserin. Das Volk wurde von dieser finsteren Bedrohung verschont. man wollte keine Unruhe über das Land legen und über die Jahre schien dieser Text in Vergessenheit zu gelangen, man sprach am Hofe einfach nicht mehr über diese mögliche Option.
Hysomarr kehrte aus seinen Erinnerungen zurück, stumm und verbissen hatte er die gesamte Zeit in die Glaskugel geschaut und den Weg Xerrons verfolgt. Der Prinz hatte längst das Grasland erreicht und jene Region nun auch schon betreten. Er war zwischen den mannshohen Grashalmen verschwunden und seit geraumer Zeit nicht wieder aufgetaucht. Das Bild der magischen Kugel haftete auf einen Fleck und zog einfach nicht weiter. So wusste der dunkle Zauberer das der Chonndor noch immer im Grasland verweilen musste. Kein Sterblicher war in der Lage die Zauberkräfte seiner Kugel zu brechen. Sie war aus der Höhle des Daansas gekommen und widerstand allen Regeln der Vernunft.
„Geht denn heute alles verkehrt?“, dachte Hysomarr still bei sich. Er hatte seinen Teil der Vereinbarung mit dem Herrn der Finsternis noch nicht erfüllt und das machte ihm Sorgen. Xerron war noch immer nicht erschienen. Nervosität legte sich über den dunklen Magier und seine kalten Augen funkelten giftig. „Wo ist er nur?“. Der Zauberer der Dunkelheit fuhr sich durch sein krauses, grau-schwarzes Haar. Seine knochigen Finger knackten schaurig dabei. „Und wie kann ich ihn endlich töten?“
Invisible Jones, eine schemenhafte Gestalt die mehr im Dunklen existierte, wandte sich an den Magier. Jones war eine Kreatur Nachtschatten. Ein Ojddames. Im Volksmund wurden die wüstesten Geschichten über diese Wesen erzählt, doch niemand glaubte wirklich an die Existenz dieser Nachtschatten. Und doch gab es sie, sie lebten mit einer bedrohlichen nähe zu allem Guten auf Onyxx.
„Bedien dich der Bäume am Ende des Graslandes“. Seine Stimme war fast unhörbar. Nicht mehr als ein leichter Windeshauch. Er flüsterte diesen Rat von allen Seiten der Kammer in das Ohr seines Herrn. Ganz so, als hätte der schemenhafte Spion der Finsternis die Gedanken Hysomarrs erraten. „Der Vanorr wird den Auserwählten töten, es sind keine Bäume aus dem Zauberwald und daher leicht zu kontrollieren.“
Invisible Jones hatte Recht. Die Vanorren aus dem Zauberwald widerstanden allen magischen zugriffen, wenn diese nicht von White Magicc aus gingen. Doch die Bäume vor der Bergkette des Lichts waren für einen bösen Zauber schon sehr viel anfälliger. Sie konnten sich dem Zugriff des dunklen Magiers nicht entziehen und würden so seinen Willen erfüllen müssen.
„Sie werden das Hindernis, den lästigen Chonndor beseitigen.“
Hysomarr horchte auf. Sein schmaler Mund verzog sich langsam zu einen dämonischen Lächeln.
„Er würde ihn wie ein lästiges Rar´Ravan zerquetschen“, diese Aussicht gab dem Diener der Finsternis wieder neuen Mut und Aufschwung. Noch hatte er das Spiel nicht verloren. Es hatte im Grund genommen noch nicht einmal begonnen. Der Komet war zwar schon nahe, aber noch hatte der Saa´Braan den Orion nicht gestreift und deswegen hatte die Finsternis noch einen kleinen Spielraum für mindere Versagen. Doch Hysomarr hatte sich fest vorgenommen nicht zu scheitern. Er durfte und wollte auf keinen Fall so schlimm versagen wie einst sein Garlor Rattaan Gondd. Die Finsternis musste dieses Mal obsiegen. Enddira May und das Licht des Tages mussten für alle Zeiten im Schatten der Finsternis verweilen. Das war das Ziel der Dunkelheit, in diesem Streben steckte die Bedrohung der Finsternis.
Der Zauberer lachte schallend auf. Er hob seine Hände gegen die Decke und beschwor den Meister der Unterwelt.
„Oh Herr der dunklen Macht, stehe mir bei heute Nacht. Die Geister deines Reiches beschwöre ich, eile zu mir an mein dunkles Licht“. Vorerst blieb alles so wie es war, das geringe Licht warf gespenstische Schatten und der Magier wiederholte seine Worte in der Sprache des Daansas.
„Ik nuori vallamon zi, u sopzz bsikk ip oztu“. Ein surren erhob sich, erst von weiter ferne – doch es kam rasch näher und erfüllte schallend das Verlies. „Ip oztu... “, wiederholte Hysomarr beinahe schreiend, seine Arme weiteten sich. Die Finger zu halb geöffneten Fäusten verkrampft sprach der Magier erneut den Schlusssatz, „ip oztu“.
Hysomarr griff in den weiten Ärmel seines Mantels und warf dann eine Handvoll Zauberstaub in die Flammen des Feuers. Die Glut prasselte hoch, doch weiters blieb alles still und nur das andauernde Ächzen und Stöhnen, welches von den Geistern der unzähligen Opfer aus ging, klang schaurig durch die dunkle Nacht. Schließlich erhob sich in der Kammer ein brausender Wind, knackend flackerte der Brandherd langsam immer höher und als die Glut endlich die Decke des Gemachs erreicht hatte, wirbelte der Wind zwischen drein und zischend stob die tanzende Flamme auseinander. Hysomarr stimmte einen summenden Singsang an. Grelle Blitze zuckten nun aus der heißen Glut. Dann ertönte aus der Tiefe der Erde ein abartiges Geheul. Die Flammen loderten nochmals empor. Wuchsen voluminös an und Hysomarr schrie voller Ehrfurcht. „Ik nuori“, die Wände der Kammer erzitterten unter der lautstarken Stimme des Magiers, „Zivallamon zi“. Erneut warf er eine Handvoll von dem Zauberstaub in die Glut und breitete beschwörend die Arme weit von sich. „U sopzz Daansa bsikk“, Hysomarr sprach das Übel nun mit seinem direkten Namen an und bekundete so sein Anliegen, „ip oztu“.
Die Worte wurden vom Echo tief in die Nacht getragen. Mörtel und Staub rieselten von der Kammerdecke und von den feuchten Wänden. Aus den Flammen grollte der Donner und dann, mit dem Aufsteigen von schwarzem Dunst, teilte sich schließlich die Glut und zwei goldene Augen starrten furcht erregend aus den Flammen.
„Du hast mich gerufen Hon´Tayi“.
Donnernd erklangen diese Worte aus dem Feuer und endlich trat der Herr der Unterwelt aus dem brennenden Element. Er ähnelte einer Feuerbrunst, aus glühend heißer Lava bestand sein Körper. Tausende von kleinen Flammen umzüngelten sein Erscheinen und aus seinen gelb leuchteten Augen stierte der Daansa Hysomarr an.
„Mein Gebieter verzeihe meine Störung“, der Magier des Bösen fiel auf die Knie und verneigte sich tief vor seinem Meister. „Die Beseitigung des Auserwählten erweist sich schwieriger als erwartet.“
„Er verließ seine Heimat?“
Hysomarr nickt. „Bestätigt Herr.“
„Er überwand unbeschadet die unendlichen Erdspalten?“
„Ja Meister“. Wieder musste Hysomarr den Worten des Daansa zustimmen.
„Er durchbrach die Dornenmauer?“ Fragte der Teufel weiter. „Er hat sie durchquert und den Zauberwald längst hinter sich gelassen, selbst das Unwetter konnte ihn nicht stoppen.“
Die Augen des Daansa wurden bei jedem Vokabel Hysomarrs gewaltiger.
„Das Grasland“, herrschte er nun ungestüm los, „Hat er es auch schon hinter sich gelassen?“
„Nein Herr noch nicht“, bekundete der dunkle Magier, „Xerron befindet sich noch im Grasland und ich habe einen Plan um den Chonndor endgültig aufzuhalten Meister.“
„Sprich mein Schüler“, diese Worte schienen den Daansa ein wenig zu besänftigen, „welche hinterhältigen Gedanken brütest du erneut aus?“ Der Daansa beruhigte sich vollends wieder. Er kannte seinen Lehrling und wusste, dass er stets genau nach Plan vorging. Die Wut des Daansas stieg rasch hoch, legte sich aber in den meisten Fällen auch genauso schnell wieder.
„Und bedenke“, mahnte das Feuerwesen eindringlich, „das Schicksal ist zum Greifen nahe. Der prophetische Komet ist im Anflug.“
Der Daansa beugte sich zu Hysomarr hinab und der Magier der Finsternis wisperte ihm etwas zu. Hysomarrs Worte schienen den Herrn der Unterwelt zu gefallen. Denn je weiter die Darlegung fortschritt, desto mehr blubberte seine Lava freudig auf.
„Ein niederträchtiger Einfall“, sprach der Daansa nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, „du wirst mir diese Laus aus dem Weg schaffen. Sollte er nicht des Umkehrens belehrt werden so befördere ihn endgültig aus dieser Welt. Fahre fort“, der Daansa schwoll wieder zu seiner gigantischen Größe an, „jede Entscheidung liegt bei dir. Enttäusche mich nicht. Nicht in dem Ausmaß wie einst dein Vater“. Betonte er, „und beeile dich. Die Zeit drängt.“
Nach diesen Worten, die noch lange nachhallten, zog sich der Daansa zusammen. Verflüssigte sich und verschmolz nun wieder mit dem Feuer. Dieses loderte abermals hoch um dann auf seine normale Größe zusammen zufallen.
Hysomarr blickte längere Zeit in die Glut. Seine Kehle war durch die Hitze des Daansa wie ausgedörrt. Er wusste dass er nicht versagen durfte. Der Chonndor musste vernichtet werden, koste es was es wolle. Der Nachsatz, „Enttäusche mich nicht in dem Ausmaß wie einst dein Vater“ sagte alles. Der Daansa sah darin eine große Freude seinen Hon´Tayi immer wieder mit diesem Seitenhieb zu quälen. Hysomarr hatte viel Macht durch den Feuerdämon erlangt. Doch die Kraft und die Fähigkeiten des Daansas überstiegen die seinen um ein weites. In einem Zweikampf würde Hysomarr gegen den Daansa niemals gewinnen können. Und der dunkle Zauberer wusste das auch. Also begab er sich fleißig an die Arbeit, denn der Komet war in Sicht und die Offenbarung konnte sich endlich erfüllen.
„Also los.“
Hysomarr wirbelte nun herum und stürzte zu seiner Kristallkugel.
„Wir haben jede Menge zutun.“
Hysomarr weitete die Arme und stieß sie in Richtung der Wände. Ein Lufthauch pfiff durch das Gemäuer und die Fackeln flammten auf und erhellten den Raum.
Ein Schatten wischte an der Wand entlang und verschwand aus dem Verlies. Hysomarrs Spion begab sich wieder auf die Pirsch.
„Chlaau“. Der Magier rief nach seinen Leibwächter und nachdem dieser stampfend erschienen war fauchte er dem unförmigen Wesen entgegen.
„Du gehst an das Energierad. Drehe bis du umfällst, ich brauche jedes Fünkchen Elektrizität aus den Blitzen.“
Ein bulliger Mann, auf vier leicht deformierten Gazellenbeinen, mit nur einem Auge inmitten seines wüsten Gesichtes, trat an das Steuerrad für die Energiegewinnung und ergriff eine der Sprossen. Er verfügte über Bärenkräfte. So manchen Menschen, hatte er schon mit nur einem Hieb, seiner mächtigen Fäuste getötet. Und sein furchterregendes Erscheinungsbild verstärkte diesen Effekt um ein tausendfaches. Chlaau, der die neckische Vorbezeichnung One Eye trug, war von Geburt an ein Griin. Eine Schöpfung zweier Welten. Die der Humanoiden und die der Gazellen. Chlaau war einst eine graziöse Erscheinung gewesen – bis an den Tag wo er auf Klein Hysomarr traf. Der junge Zauberer experimentierte an Chlaau und alles was er einmal gewesen war ging verloren. Zurück blieb nur das unförmige etwas, welches Chlaau heute darstellte.
Langsam setzte sich der Muskelbepackte in Bewegung und quietschend begann sich das leicht verrostete Eisenrad zu drehen.
Über der Burg bauten sich schwere Wolken auf, die energiegeladen leuchteten. Hysomarr beschwor die Kristallkugel.
„Ka´Dda Wann, Ka´Dda Wann. Zeige mir den Auserwählten.“
In der Kugel stieg Nebel auf, durch den Smog schimmerte das erste Tageslicht und Hysomarr erkannte das bereits der Morgen graute. Die Nacht wich dem kommenden Tage und das Morgenrot, die erste Morgenvaah überflutete mit ihrem zauberhaften Schein das gesamte Land. Nur auf dem Ledge of no Return, wo Hysomarr und seine Gefolgsleute hausten blieb eine andauernde Dämmerung erhalten. Ganz konnte das Licht diese Schatten nicht vertreiben, so sehr sich die Erhellung auch bemühte.
„Mach schon“, Hysomarr ballte seine Fäuste, „ein wenig schneller bitte schön.“
Der Schleier lüftete sich und gab das Bild auf die letzten paar Baiis des Graslandes frei.
Das Quietschen des Energierades war verstummt, nur mehr das gleichmäßige surren der Bewegung war zu hören und die keuchenden Laufschritte Chlaaus. Der angeschlossene Generator sprang knatternd an. Funken sprühten von ihm weg und langsam erzeugte er die ersten Elektrowellen.
„Schneller One Eye“, höhnte der Zauberer böse, „schneller. Viel schneller.“
„Zu Befehl Herr“. Chlaau hatte keinen Willen mehr. Sein Wissen, seine Abstammung und auch sein Urteilsvermögen waren durch die Zauberspiele des kindlichen Hysomarrs entschwunden. Für alle Zeiten dahin.
One Eye Chlaau keuchte. Schwer atmend legte der Leibwächter noch einen Zahn zu. Die Wolkendecke über dem Death Fortress Castle verdichtete sich. Blitze zuckten und dann endlich schlug die geballte Kraft in die Spitze der Burg ein und wurde von dem Generator abgefangen und in die Kristallkugel weiter geleitet.
„Ja“, frohlockte der Magier des Bösen, „jetzt geht es dem Chonndor an den Kragen.“
„So ist es Meister“. One Eye Chlaau stolperte schwer atmend dahin, dicke Schweißtropfen liefen ihm über das Gesicht. Durch seine vier Beine hatte er einen kleinen Vorteil. Aber auf Dauer blieb auch dieser Vorsprung nicht erhalten.
Hysomarrs Wangenknocken zuckte nervös, nur noch einige Meter. Seine Hände begannen Lichtstrahlen auszustoßen. Die sich in der Kristallkugel manifestierten.
„Lebe wohl Auserwählter“, knurrte er erbost, „Inffodoshk.
« Bedrohung der Finsternis,
Leseprobe Gefährliche Odyssee »
Kapiteln: 4 « Zeichen der Prophezeiung » &
5. « Magier des Bösen »
„Der Treff für Jung & Junggebliebene“
Vorheriger TitelNächster TitelDie Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Werner Gschwandtner).
Der Beitrag wurde von Werner Gschwandtner auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.01.2003.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Werner Gschwandtner als Lieblingsautor markieren
Rebel Crusade 2. Dunkler Schatten
von Werner Gschwandtner
Im zweiten Band seiner Trilogie beschreibt Werner Gschwandtner den Angriff einer unbekannten Macht auf die Menschheit.
In seinem spannenden Science-Fiction-Roman verwirklicht der Autor seine Vorstellungen vom 6. Jahrtausend. Der Leser gewinnt Einblicke in die künftige Technik und wird gepackt von der Frage, ob die Menschen die Konfrontation mit dieser gewaltigen Bedrohung und den vernichtenden Angriffen überstehen.
Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!
Vorheriger Titel Nächster Titel
Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:
Diesen Beitrag empfehlen: