In seinem Haus gab es nur Schubladen. In ihnen lagen Wörter. Bevor er aus dem Haus ging, öffnete er die Schubladen und legte sich Wörter in den Mund. Manchmal nahm er die Wörter „Wasser“, „Kopf“, „Serum“, manchmal „Rosen“, „Liebe“, „Mundwasser“ heraus. Jeden Tag öffnete er andere Schubladen. Es konnte vorkommen, dass an gewissen Tagen ähnliche Schubladen gezogen wurden. Am Mittwoch zog er oft die Schubladen mit den Wörtern „Rosen“, „Liebe“, „Mundwasser“. Die Wörter stopfte er sich in den Mund und ass sie auf. Wenn die Schubladen leer waren, füllte er sie wieder auf.
Eines Morgens wurde die Liebesschublade leer. Er füllte sie nicht sofort auf. Nach einiger Zeit hatte er vergessen, wie man das Wort „Liebe“ buchstabiert. Er fragte die Nachbarn, die wussten es auch nicht mehr. So beschränkte er sich auf das Essen der anderen Wörter.
Eines Nachts fiel ihm wieder ein, wie man das Wort „Liebe“ buchstabiert. Er entfernte alle Wörter aus den Schubladen, schrieb das Wort „Liebe“ auf Hunderte von Zetteln und legte sie schön verteilt in die Schubladen. Die anderen Wörter, die er entfernt hatte, vergass er schon bald.
© René Oberholzer
Vorheriger TitelNächster TitelEV: Die Liebe wurde an einem Dienstag erfunden, Nimrod-Literaturverlag, Zürich (CH), 2006
V: e-Stories, Internet-Portal, Nauheim (D), 2010
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V: Writtenby, Internet-Portal, Winterthur (CH), 2012René Oberholzer, Anmerkung zur Geschichte
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.12.2010.
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