Paul Rudolf Uhl

Sexualkunde in der Schule

 

Sexualkunde

 
Personen, die zur Körperlichkeit des Menschen bzw. zu seinem – natürlichen – Geschlechtstrieb ein verklemmtes Verhältnis haben, denen womöglich auch der Nahrungs- und der Überlebenstrieb des Menschen als widernatürlich erscheint, sollten jetzt lieber weiterblättern!) ...
 
Sexualkunde - dieses Wort existierte nach dem Krieg (1946 - 54) in meiner Kindheit noch nicht – dabei wären das Wort und seine Inhalte genauso neutral gewesen wie Heimatkunde, Sozialkunde oder Mathematik... jedenfalls im Lexikon (Knauers, Ausgabe 1956) fehlte es noch...
 
Es war noch vor der Zeit, zu der es im Kino dann öffentlich gezeigte Aufklärungsfilme gab (Oswald Kolle: „Deine Frau, das unbekannte Wesen“) und Beate Uhse in Flensburg hatte ihren Versand noch nicht gegründet...
Es war auch die Zeit, in der Dummheit und überlieferte Intoleranz noch blühten: einer meiner Schulkameraden sagte zu einem anderen „Ihr kommt ja eh alle in die Hölle, weil Ihr evangelisch seid!“ ...
 
Einer meiner Schulkameraden, der Janschi Tuska, fragte mich in der vierten Klasse mal (da waren wir 10 Jahre alt), ob ich denn wüßte, wo die Babys herkommen... Ich grinste verlegen und fragte zurück:  „Hast Du denn noch nichts vom  F....... gehört?“
 
Der Janschi schüttelte den Kopf: „Quatsch! Alles Verleumdungen! Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Eltern so etwas ekliges tun!“ Aber an den Klapperstorch wollte er auch nicht mehr glauben...
 
So war das damals und eigentlich hat sich noch nicht viel geändert: das Thema ist noch immer „shocking“, also anstößig und man kann es in Gesellschaft nicht zur Sprache bringen, ohne Verlegenheit auszulösen, selbst dann nicht, wenn man ohne Augenzwinkern und achtungsvoll darüber spricht. Sicher wird der Geschlechtsverkehr heute nicht mehr als eklig empfunden, die Medien haben es geschafft, dass er mit Lustempfinden und Ausschweifung gleichgesetzt wird – aber eigentlich liest man über Sexualität noch immer nur der Zeitung, wenn etwas Schlimmes passiert ist: „Erzieher vergewaltigt Schutzbefohlene in 64 Fällen“,Oberstudienrat praktiziert hemmungslosen Sex“ oder: „Endlich enthüllt: Fabrikdirektor hatte jahrelang ungewöhnliche Sexualpraktiken!“
 
Ich erinnere mich, wie meine Mutter 1960 – also Jahre, nachdem Vater gestorben war - zu mir sagte, sie sei glücklich, jetzt endlich ein keusches Leben führen zu können. Lust muss sie im Eheleben wohl nur selten empfunden haben...
 
Wie gesagt, ich war also zehn Jahre alt, als ich mit Janschi ernsthaft „darüber“ diskutierte. Da sprach mich die Kathi Ostler an und lockte mich in einen Schuppens in der Nachbarschaft. Kathi war schon gut entwickelt und - so sagte man - hatte schon ihre Erfahrungen mit Buben.... Sie gehörte also - zumindest aus moralischer Sicht - zu den „schlimmen Mädchen“. Kathi redete ständig auf mich ein, zeigte mir, daß sie schon einen Busen hatte und ob ich denn wisse... Mir wurde es heiß und neugierig war ich schon ein bißchen, aber als sie mich ihr heißes Teil fühlen ließ, wußte und wagte ich nichts damit anzufangen. Ich hatte auch noch nie eine Erektion gehabt und traute mich auch gar nicht, ein etwa aufkommendes Gefühl zu bejahen... Endlich wurde es der Kathi zu dumm und sie entließ mich wieder in den Garten. Zum „Fangerletz“ spielen taugte ich ja doch schon...
Der Hansi Dingsda wohnte in unserer Nähe und mit ihm verbrachte ich viel Freizeit. Im Sommer fuhren wir beide (nun schon 14) mit dem Rad häufig ins Grainauer Schwimmbad, beide beobachteten wir Mädchen und wir überlegten, wie die Mädchen wohl unter der Badehose aussahen... Manchmal waren wir zusammen in der Umkleidekabine und wir lugten dann immer durch die Ritzen der Kabinenwand, wenn wir hörten, daß Mädchen jenseits der Wand waren. Einmal gelang es Hansi, durch ein „gutes“ Astloch auch recht viel von einem Mädchenkörper zu erhaschen, er sagte es mir - und auch, daß er wahnsinnig erregt sei.
Wir kamen uns dabei nicht etwa nur neugierig vor, sondern schlecht und fast kriminell...
 
Der Religionslehrer hatte uns allerdings dann in der achten Klasse aufgeklärt,- aber immer gemahnt, Selbstbefriedigung sei Selbstbefleckung und moralisch verwerflich. Man solle seine Geschlechtskraft für die künftige Partnerin - nämlich die Ehefrau - aufheben und es sei nicht notwendig, zu probieren, ob man auch Samen produziere...
- Wie er es wohl „handhabte“?
Ich jedenfalls hatte ab meinem 15. Lebensjahr ordentlich Probleme damit: mein Körper produzierte reichlich „solche“ Flüssigkeit und zwar so viel, daß ich jede Nacht einen Erguß hatte. Außer dem permanent schlechten Gewissen war es mir unangenehm, jede Nacht klebrig und naß aufzuwachen. Aber was sollte ich tun – es ist ganz normal und so unvermeidbar! Da half mir auch der Rat eines Beichtvaters (ich sollte es ja bereuen!) nicht, der mir empfahl, beim Einschlafen die Hände über der Decke zu lassen – wie weltfremd sind die Priester eigentlich!?
 
Es war mir auch peinlich, daß meine Mutter dies alles bemerken mußte, aber sie ging stillschweigend darüber hinweg. So beschloß ich, mich täglich vor dem Einschlafen zu erleichtern, damit ich eine ungestörte Nachtruhe bekam. Meine Textiltaschentücher zeugten davon, und Mutter mußte es beim Waschen auch bemerken, aber auch darüberschwiegsie...
 
Mit siebzehn war ich mit Freunden auf einer Bergtour und es gab eine Übernachtung in der Meilerhütte. Am Tisch saßen mehrere junge Frauen, eine davon war Lehramtsanwärterin und sie war sehr heiß... Sie konnte es auch so einrichten, daß sie im Gemeinschaftsschlafraum neben mir zu liegen kam. Sie umarmte mich unter der Decke und ich war wahnsinnig erregt und ich wollte „es“ auch so sehnsüchtig... Aber ich sagte ihr, ich sei ein anständiger Bursche und so kam es zu nichts. Ich hätte mich am nächsten Morgen über meine anerzogene Moral in den Hintern beißen können!
 
            Moral
 
            Ein Mensch, der religiös erzogen,
            Und auch aus gutem Hause stammt,
            Der findet alles recht verlogen:
            Die Regeln hier, die Praxis dort
            Was ist denn richtig nun – verdammt!?
 
            Der Mensch kann es auch nicht verstehen,
            Dass alle gar so sittlich tun;
            Es ist doch überall zu sehen,
            Dass alles nur geheuchelt ist;
Geg´n  Sex ist keiner wohl immun...
 
Der Mensch denkt in Memoriam
An biblisch alte Zeiten wohl:
Den Sex gab´s schon bei Abraham
Er durfte viele Frau´n  beglücken...
Drum is
t Moral oft ganz schön hohl...
 
                                                               P.U. 05.09.01 
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.12.2010. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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