Andrea Küppers

Eine Trilogie





Ich habe seit ca. Aug. 04 ein Notebook und kam dadurch etwa ein halbes Jahr später auch zu eBay. Diesen gigantischen Online-Flohmarkt auf welchem man fast alles anbieten bzw. ersteigern oder kaufen kann werden wohl die meisten der Leser kennen. Wo jedoch viel Licht, da bekanntlich auch viel Schatten. Dort kann man nämlich auch u. a. Hetzschriften gegen das Judentum und den Zionismus bzw. Israel erwerben. Weil gerade auf diesen Gebieten mein Hauptinteresse und meine stärksten Emotionen liegen stockte mir bei solchen Angeboten öfters mal der Atem. Ebay hat zwar für verbotene Artikel eine Meldeseite jedoch gelingt es dieser Spezie von Verkäufern immer mal wieder ihr gemeingefährliches Gedankengut zu zerstreuen. Andererseits erschloss mir eBay für diese Themen ein vorher kaum vorstellbares Angebot. Neben israelischen Münzen und Medaillen der Sonderprägung sowie einigen u. a. zionistischen Fachbüchern erwarb ich auch einige Artikel welche unmittelbar mit dem Leben und Wirken des grossen Zionistenführers Dr. Theodor Herzl zu tun haben.

Ein österreichisches Gedenkblatt zu seinem 120. Geburtstag wird in dieser Veröffentlichung eine Schlüsselrolle spielen. Dieses trägt auf blauem Hintergrund oben rechts in grossen goldenen Buchstaben den Namen Theodor Herzl und darunter kleiner geschrieben die Jahreszahlen 1860 und 1980. Als Hauptmotiv sind die beiden architektonisch stark unterschiedlichen Städte Wien -rechts- und Hierosolima (Jerusalem) - links-, welche völlig fliessend ineinander übergehen, abgebildet. Ohne die Städtenamen zu lesen kann man erkennen, daß es sich einerseits um eine mitteleuropäische Metropole und andererseits um eine Stadt im Orient handelt. Während im Wiener Stadtbild der Stephansdom herausragt sieht man auf Jerusalemer Seite etwas erhöht und sehr dominant den bereits in der Antike zweimal zerstörten Salomonischen Tempel. Genau in der Mitte des Blattes ist ein schwarz-weiss Foto Herzls sichtbar während am unteren linken Rand, ebenfalls in Golddruck, das Wort Gedenkblatt steht. Der Blick Herzls ist von Wien auf Jerusalem gerichtet.

Zu Beginn meiner Bekanntschaft mit eBay stöberte ich oft und meistens sehr lange unter vielen Begriffen nach schönen oder interessanten Artikeln. Weil Prag und Jerusalem mit Abstand meine Lieblingsstädte sind gab ich auch die tschechische Kapitale als Suchbegriff ein. Zur märchenhaften Moldaumetropole habe ich eine starke geschichtlich-emotionale Bindung welche überwiegend auf den Zeitraum um die vorletzte Jahrhundertwende, also der K.-u.-K.-Monarchie zurückgeht. Die Zeit der blühenden Kaffeehauskultur, die Ära der Literaten wie Franz Kafka, Rainer Maria Rilke, Franz Werfel u. a., erstaunlicher und bemerkenswerter Weise alle drei in Prag geborene Juden welche zur gleichen Zeit lebten und wirkten und als Dichter bzw. Schriftsteller in die Weltliteratur eingingen und dort bis heute ihren Stellenwert besitzen. Ich erstand ein paar original Ansichtskarten aus dieser Zeit. Aufmerksamen Pragkennern würde es auffallen, daß auf einer Karte das Gemeindehaus fehlt, weil sie aus dem Jahre 1898 stammt, während dieser Jugenstilbau erst in den Jahren 1905 - 1911 errichtet wurde.

Einem Artikel widmete ich ein ganz besonderes und langes Augenmerk. es war eine wunderschöne gezeichnete Künstlerpostkarte welche als Motiv eine Hofpartie im ehemaligen Prager Ghetto zeigte. Zu diesem Viertel, Josefstadt (tsch. Josefov) genannt, habe ich eine ganz besondere Beziehung. Starke Gefühle habe ich immer bei den Gedanken an meine Spaziergänge über den viele hundert Jahre alten jüdischen Friedhof, der Besuche des einstigen rituellen Badehauses sowie der vielen Synagogen. Diese sind jetzt Museen und Gedenkstätten in denen dem aufgeschlossenen Besucher in anschaulicher Weise das ehemals religiös, sozial und kulturelll blühende böhmische Leben des durch Menschenhand vernichtenden jüdischen Volkes nahegebracht wird. Diese Karte wollte ich auf jeden Fall ersteigern und bekam sie auch. Nachdem sowohl das Gedenkblatt als auch die Ansichtskarte in meinem Besitz waren kamen mir, wie so oft, wieder Gedanken zur Geschichte des jüdischen Volkes. Ich dachte mir daß es für mich ganz persönlich, hervorragend passen und geistig gut wirken würde wenn ich diese beiden Artikel zusammen mit einer Motivkarte aus Israel rahmen und etwas versetzt untereinander aufhängen würde. Den dritten Artikel besorgte ich mir während des letzten meiner mittlerweile zahlreichen Aufenthalte im Judenstaat.

Nun hängt sie in meinem Schlafzimmer, die kleine Trilogie. Unten die Hofpartie des Prager Ghettos. Sie symbolisiert, stellvertretend für alle ehemaligen Ghettos, die viele jahrhundert währende Abgrenzung der Diasporajuden gegenüber der christlichen Bevölkerung. Sie waren stets der Willkür der gerade Machthabenden ausgesetzt. Mal ging es ihnen etwas besser und die ihnen auferlegten Verordnungen und Vorschriften wurden etwas gelockert, zu einer anderen Zeit waren sie wieder rauhen Repressionen und blutigen Pogrommen ausgesetzt. Die meisten von ihnen fristeten eher ein bescheidenes Dasein. Was sie jedoch durch die vielen Jahrhunderte stets aufrecht hielt war ihr grosses, unerschütterliches Gottvertrauen sowie die Erwartung des Messias.

In die Mitte gehört der rhetorische, charismatische Visionär und Wegbereiter welcher sich nach seiner öffentlichen Erklärung eine jüdische Heimstatt zu gründen, Ende des 19. Jahrhunderts, sehr viel Hohn und Gelächter, meistens aus assimilierten Kreisen, anhören musste und dem die Hebräer u. a. aufgrund seiner unermüdlichen Schaffenskraft schliesslich zu verdanken haben, daß sie sich in einem eigenständigen Land frei entfalten können. Dr. Theodor Herzl hat die Umsetzung seiner weitgreifenden Idee, welche durch die am 14.05.1948 in Tel Aviv stattgefundenen Proklamation Israels offiziell besiegelt wurde, leider nicht erleben dürfen. Er starb bereits 1904 im Alter von nur 44 Jahren. Für mich symbolisiert er die Brücke zwischen jahrhundertlangem Ghettodasein und anderen antisemitischen Machenschaften zu einem liberalen und individuellen Leben in einem demokratischen Staat.

Auf dem dritten Bild sieht man verschiedene Ansichten Israels, u. a. die Altstadtmauer von Jerusalem, die wunderschönen persischen Gärten in Haifa, die lebensfreudige Metropole Tel Aviv, Salzgebilde am Toten Meer sowie ein Blumenfeld in Galiläa. Es ist zwar nicht ganz der Judenstaat den Dr. Theodor Herzl in seinem gleichnamigen Buch sowie seinem Utopieroman AltNeuland konfliktlos und äusserst blumig beschreibt, ab es muss m. E. für jeden unvoreingenommenen Israelbetrachter bzw. -kenner sehr erstaunlich sein, in welcher kurzen Zeit die Hebräer in der Lage waren aus einem überwiegend wüsten- und sumpfartigen Gebiet einen kompletten Staat mit intakter Infrastruktur, hohem Bildungs- und Gesundheitswesen, fruchtbaren Landschaften sowie einem
Lebensstandard zu schaffen welcher höher ist als in vielen Ländern der EU.














































 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.01.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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