Hans Witteborg

Valentinstag


Manche Menschen sind der Ansicht, daß es Tage gibt, die man unbedingt abschaffen sollte.
Als Beispiel nennen sie den Montag, weil da in den meisten Fällen für viele Menschen das Fünf bzw. Sechs-Tagerennen beginnt, was man nicht immer so prickelnd empfindet. Aber eine Woche, die nicht anfängt kann auch nicht enden. Insofern sind die Überlegungen zur Abschaffung des Montags völlig daneben.
Dafür erfindet man einfach Tage, teils weil man sie als Feiertage für das Sich-Herum-Drücken vor der Arbeit sehr praktisch findet, teils aber auch, weil der Mensch ein beschränktes Erinnerungsvermögen hat und hin und wieder einen Anstoß zum Beispiel zur Dankbarkeit oder zum Wachrütteln braucht.
So gibt es den Muttertag, an dem man der Fürsorge und Leistung der Mütter gedenkt und sie besonders ehrt. Das ist unabdingbar, denn 364 Tage im Jahr wird diese bedauernswerte Spezies nur herum gescheucht und ausgenutzt. Ebenso hat man den Vatertag nicht vergessen. Praktischer Weise fällt der schon auf den Himmelfahrtstag, um damit gleich deutlich zu machen, daß dies unbedingt auch ein f r e i e r Tag zu sein hat. Zynische Menschen behaupten allerdings der Tag sei so gewählt worden, weil sich die Familie wünschte, der Alte führe zum Himmel ( ich bin nicht dieser Meinung, denn dann wünschte man ihn sich eher zur Hölle... aber wer fragt mich denn!)
Inzwischen gibt es eine Inflation von besonderen Gedenktagen. Der Platz reicht nicht aus sie alle aufzuzählen. Ansatzweise sollen hier nur einige erwähnt werden, damit der geneigte Leser erkennt, wovon ich spreche. Da gibt es den Tag des Kindes (einsehbar), den Tag des Hundes, Weltspartag, den Aidstag, den Tag des Bieres, so jetzt reicht ´s den Tag...
Ich hatte doch versprochen nicht weiter auszuführen. Ende ich also bei dem Buchstaben „V“
für Valentinstag.
Eine Erfindung der Neuzeit? Mitnichten! Da gab es vor langer, langer Zeit einen Bischof VALENTIN von Terni, der hatte den 14. Februar in die Liturgie der Kirche eingeführt als Ankunft Jesu als Himmlischer Bräutigam. Da dies Datum wohl etwas willkürlich erschien, hat man es 1970 (erst) aus der Lithurgie gestrichen und durch das Gedenken an den Todestag des hl. Kyrill ersetzt. Offenbar war dem des Gedenkens, zumindest in Deutschland, nicht genug. Er verewigte sich mit dem bekannten, verheerend Sturm über das gottlose Nordrhein-Westfalen.
Aber zurück zum Valentinstag, nachdem wir den Ursprung erforscht haben. In den USA haben sie aus diesem Tag nun den Tag der Liebenden gemacht. Jawohl gemacht. Clevere Floristen waren der Meinung, daß an einem solchen Tag die Liebespaare ob alt oder jung sich ihrer Liebe bekennen sollten. Laßt Blumen sprechen. Und so geschah es. Da konnte
die Süßwarenindustrie nicht abseits stehen. Man kreierte süße Herzen. Die Verpackungsindustrie und die Kitschwarenhersteller zogen schleunigst nach. Liebe allenthalben. Überall Blumengeschenke, Herzen, Herzen und nochmals Herzen. Man munkelt, daß sogar an diesem Tage dem Freund des Menschen, dem Hund, gekochte Rinderherzen serviert werden. Soviel Herzlichkeit konnten die USA alleine nicht verkraften. Die Herzlichkeit schwappte auf Europa über und so wurde zuerst in der Stadt der Abrechnung, in Nürnberg, 1950 der erste Valentinsball, also damit der erste Deutsche Valentinstag gefeiert.
Und weil wir hier in Deutschland offen für alles Fremde sind, was viele sehr erstaunen mag,
verbreitete sich dieser Tag über das ganze Land... über das ganze? Nicht über das ganze, das Jetzige. Bei unseren Brüdern und Schwestern im anderen Teil Deutschlands, heute neue Bundesländer, war Mangel an Schnittblumen und weil das so war, kaschierte man dies mit der politischen Parole dem Klassenfeind nicht alles nachzumachen. Liebe unter einander aber gab es dort selbstverständlich auch. Und wenn man manchen ostdeutschen Landsleuten glauben schenken kann – und wenigstens das sollte man ihnen schenken – sogar mehr als in der BRD.
So liebt denn wohl – an diesem schönen Valentinstag!


Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Hans Witteborg).
Der Beitrag wurde von Hans Witteborg auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.02.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Hans Witteborg als Lieblingsautor markieren

Buch von Hans Witteborg:

cover

Vom Ufer aus von Hans Witteborg



Die Gedichte begleiten durch die vier Jahreszeiten und erzählen wie die Natur erwacht, blüht und welkt, wissen von reicher Ernte zu berichten. Der Spätsommer im Park, winterliche Gefilde oder Mailandschaften scheinen auf. Der Autor verwendet meist gereimte Zeilen, zeigt sich als Suchender, der neues Terrain entdecken möchte. Der Band spricht von den Zeiten der Liebe, zeigt enttäuschte Hoffnungen und die Spur der Einsamkeit. Wut und Trauer werden nicht ausgespart. Es dreht sich das Kaleidoskop der Emotionen. Der kritische Blick auf die Gesellschaft und sich selbst kommt zum Zuge. Kassandras Rufe sind zu hören. Zu guter Letzt würzt ein Kapitel Humor und Satire. So nimmt der Autor seine Zettelwirtschaft aufs Korn, ein hoffnungsloser Fall.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (1)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Kalendergeschichten" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Hans Witteborg

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Hahn und Hund von Hans Witteborg (Fabeln)
Abschied von einer Großstadt. von Ulla Meyer-Gohr (Trauriges / Verzweiflung)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen