1973:
Damals wohnten wir in Tutzing, am Starnberger See und wenn meine Frau im Gespräch erwähnte, wo wir wohnen, gab es oft neidische Blicke.
Die Katze, unser Muckerl, war eines Abends nicht zur gewohnten Zeit gekommen und wir vermißten sie schon. Jeder von uns ging mal ans Küchenfenster oder auf den Balkon, um sie zu locken. Plötzlich hörte ich ein jämmerliches Miauen, konnte aber lange nicht lokalisieren, wo es herkam. Endlich schaute ich zum Schlafzimmerfenster hinaus und da sah ich sie: oberhalb, gegenüber dem Fenster im 2. Stock, also in fast 12 m Höhe, saß sie auf einer Fichte und traute sich nicht mehrzurück. So standen wir alle unter dem Baum, lockten sie, redeten ihr zu, doch herunter zu klettern, - aber vergebens. Sicher war sie so verschreckt, dass sie sich das nicht mehr zutraute.
„Du blödes Luder!“ rief ich endlich, „du bist eine Katze und kannst klettern, also komm´ endlich runter!“
Das Muckerl aber kam nicht, sondern verstärkte sein jämmerliches Gejaule. Die Tochter Petra fing an, zu weinen...
„Tu´ doch etwas!“ meinte Anschi und die Kinder baten: „Pappa, klettere doch hinauf und hol´ sie herunter!“
Es war schon fast finster, als ich mich dazu entschloß. Ich zog einen alten Blaumann (Monteuranzug) an, nahm mein Bergseil, knotete mich ein, drückte Anschi das andere Ende in die Hand und bat sie, mich zu sichern. Das war leicht gesagt, aber schwer getan: der Stamm hatte einen Durchmesser von vielleicht 40 cm und die ersten 7 Meter gab es überhaupt keine Äste, also keine Sicherung! So umklammerte ich mit den Armen und dem Seil den Stamm, und arbeitete mich hinauf wie eine Raupe: den Hinterkörper nachziehend, dann mit den Füßen klammernd, den Oberkörper wieder 10 cm hochdrücken...
Endlich war ich am ersten dickeren Ast, wo ich das Seil festmachte konnte, damit mich meine Frau sichern konnte... Ich war schon ganz schön kaputt!Von hier aus ging es von Astreihe zu Astreihe leicht zu kraxeln und bald war ich bei unserem Liebling. Ich setzte das verängstigte Tier auf meine Schulter, wo sie sich mit ihren Krallen festklammerte – was schmerzte–und machte mich an den Rückzug. Inzwischen standen auch ein Dutzend Kinder und mehrere Erwachsene um den Baum.
Unten, am glatten Stamm, benutzte ich wieder die Raupentechnik, aber wenigstens war ich jetzt am Seil gesichert. Dennoch war ich an den Armen und im Gesicht voller Kratzer und erst meine Schulter! Das Muckerl hatte ja Angst gehabt und mir die Krallen ordentlich eingesetzt! Der Beifall belohnte mich etwas, aber die Kratzer hatte ich noch lange...
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.03.2011.
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