Es war nun über zwei Jahre her, dass meine kleine Mary-Lynn zu den Sternen reiste. Sie wurde nur zehn Wochen alt. Sie wurde zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Ryan-Taylor geboren. Ich versuchte jeden Tag aufs Neue mit dem unglaublichen Verlust, meiner kleinen Tochter fertig zu werden. Wenn Ryan dabei war, gab ich mir die grösste Mühe, nicht zu weinen. Jeden Tag erzählte ich ihm von seiner Schwester Mary-Lynn. Im ganzen Haus waren Bilder von ihr und manchmal nahm ich ihn mit auf den Friedhof zu Mary`s Grab. Schon lange hatte ich mir abgewöhnt, mein Umfeld mit meinem Schmerz zu behelligen. Kaum noch jemand ging auf den Friedhof. Mary-Lynn`s Name fiel immer seltener. Es tat mir in der Seele weh, dass alle weiterlebten, als sei sie nie da gewesen. Es kamen Sprüche, wie: "Wer weiss für was es gut war." - Hallo... war ich im falschen Film? Was war gut am Tod eines Kindes?
An dieser Stelle möchte ich nicht ungerecht sein, zwei Menschen die mir sehr nahe stehen, trauern auch sehr um unsere kleine Prinzessin: Meine Mutter und meine älteste Tochter. Bei ihnen spüre ich einfach, dass sie die kleine Maus nie vergessen werden.
Doch um so mehr Zeit verging, desto trauriger und verzweifelter wurde ich. Als Ryan lachend durch unser Wohnzimmer krabbelte, fragte ich mich, wann Mary gekrabbelt wäre. Als Ryan das erste Mal Mama sagte, wurde mir schmerzhaft bewusst, dass ich von meiner kleinen Prinzessin, nie ein "Mama" hören würde. Und als Ryan seine ersten Schritte machte, wurde ich daran erinnert, dass eigentlich vier Füßchen durchs Haus stolpern sollten. Wie würde es werden, wenn Ryan-Taylor seinen ersten Kindergartentag hatte? Eigentlich ein grosses Ereigniss, doch bei mir lag immer ein Schatten über diesen besonderen Tagen. Diesen unbeschreiblichen Schmerz zu verbergen, machte mich fast wahnsinnig.
Dabei wollte ich doch nur eine gute Mama sein und ich danke Gott jeden Tag dafür, dass Ryan-Taylor bei mir war. Er ist mein Engel auf Erden.
Jedoch geschah heute etwas, dass mich zu Tränen rührte. Ryan-Taylor gerade mal zwei Jahre und vier Monate alt war mit mir in der Küche. Hier muss ich kurz erwähnen, das ich auf der Fensterbank ein Bild von seiner Schwester mit zwei Engeln stehen habe. Also, wir waren in der Küche, ich räumte die Spülmaschine aus, während Ryan den viel zu grossen Stuhl durch die Küche schob. Als er an der Küchenzeile angekommen war und auf den Stuhl kletterte, sah er erst zum Fenster und anschließend sah er mich an, mit den Worten: "Mama, traurig...?" Ich war erst mal sprachlos, nahm meinen kleinen (B)engel in den Arm und flüsterte ihm ins Ohr: "Ja, Mama ist manchmal traurig. Doch du bist mein bester Trost." Und da wurde mir schlagartig bewusst, mit gerade mal zwei Jahren hatte er verstanden.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.03.2011.
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