Stefan Röder

Langsamer Untergang


Es
schwammen zwei Schiffe nebeneinandern. Weit genug entfernt um sich
nicht zu sehen. Nah genug bei einander um sie zu vergleichen. Eine
Welt wie die andere. Es war 5°C die Temperatur, die Luft feucht, der
Wind fast still. Hinter jedem Schiff ein Eisberg. Jedes hatte
getroffen.


Doch
das Loch in Schiff eins war groß. Es war Montag. Das Wasser floss
schnell in den Bug und alle Leute flohen an Deck. Es gab 100
Rettungsschiffe für je zehn Leute. Es waren 2500 Leute an Bord. Die
Rettungssschiffe waren voll beladen und die Leute, die es geschafft
hatten, überlebten das Unglück. Der Rest starb jämmerlich im
eiskalten Wasser. 1500 Leichen im fast gefrorenen Wasser. Blau,
leblos, tot eben.


Das
zweite Schiff hatte einen kleinen Riss. Das Wasser tröpfelte an
einigen Stellen in den Laderaum. Erst bemerkte keiner das Unheil. Man
hatte unbewusst auf den Eisberg zugesteuert. Hatte den Aufprall
verpasst. Nun, da man das Leck sah, blickte man zurück und war sich
erst nicht sicher, ob der Eisberg daran Schuld sei. Warum auch der
Eisberg? Wieso nicht das Wasser? Es bedeckte doch den Rumpf die ganze
Zeit.
Man
gewann Einsicht – die meisten Passagiere – das das Leck doch vom
Eisberg stammte. Das Wasser floss weiter. Langsam. Sehr langsam.
Es war
Dienstag. Der erste Laderaum war voll Wasser. Noch verließ keiner
das Schiff.
Warum
auch? Lebte ja eh keiner im Laderaum. Nun musste man eben die
Lebensmittel aus den anderen fünf Laderäumen verbrauchen.

Mittwoch. Der zweite Laderaum war vollgelaufen. Und auch die ersten
zwei Zimmer. Macht nichts. Zieht man eben zu Verwandten auf Deck
zwei. Ist ja noch genug Platz. Noch verließ keiner das Schiff.
Warum
auch? Lebten ja eh nur ein paar Leute in den zwei Zimmern. Nun musste
man eben die Lebensmittel aus den anderen drei Laderäumen
verbrauchen. Diese waren auf Deck drei der fünf Decks.
Donnerstag.
Man begann Nachforschungen anzustellen. Womöglich könnte das Wasser
zum Sinken des Schiffes führen. Das Wasser füllte langsam Deck
eins. Zwei Leute ertranken, weil Sie ihr Zimmer nicht verlassen
wollten. Dort fühlten sie sich wohl. Aber was sind zwei Passagiere
von 2500? Diejenigen die sagten das Schiff würde sinken wurden
belächelt. Immerhin war es ein echt großes Schiff. Genauso groß
wie das erste, das man nicht kannte, dessen Schicksaal man nicht
kannte.
Noch
verließ keiner das Schiff.
Warum
auch? Es gab ja noch Decks. Die Lebensmittel hatte man nach oben
verfrachtet.
Freitag.
Man war sich sicher. Das Schiff würde sinken. Man wusste nur noch
nicht wann. Sonntag oder Montag. Aber das war ja noch lange hin. Fast
3 Tage. Und es war erst fünf Minuten vor zwölf am Freitag. Also
noch Zeit um sich etwas einfallen zu lassen. Noch verließ keiner
das Schiff.
Warum
auch? Es war ja noch Zeit.
Samstag.
10 Uhr morgens. Es war nun an der Zeit umzudenken. Was sollte man
tun. Man installierte Pumpen die pro Stunde fast ganze zwei Liter
Wasser aus dem Schiff pumpten. Man war sehr stolz. Immerhin. Besser
als nichts.
Samstag.
13 Uhr. Es gab bedenken ob 2 Liter pro Stunde genügen, um das Schiff
zu retten. Aber immerhin: ein Anfang. Es waren noch zwei Decks übrig.
Es wurde eng auf dem Schiff. Aber die Sonne schien. Also legte man
sich oben auf die Liegen. Wer braucht denn Zimmer. Und die Pumpen
schaffen es noch die Zimmer freizulegen. So glaubte ein jeder.
Samstag
18 Uhr. Man hatte es geschafft. Alle Leute waren sicher vor dem
kalten Wasser. Es gab noch Lebensmittel für 2 Tage. Und solange war
man ja noch an der Oberfläche. Ein paar Leute meinten, man müsse
die Rettungsboote bereitmachen. Es gab 250 davon. Jedes konnte 12
Personen aufnehmen. Noch verließ keiner das Schiff.
22Uhr.
Ein Mann öffnete seine Zimmertür. Doch die Tür ging schwer auf.
Das Wasser stand einen halben Meter hoch in seiner Kabine. Aber das
Bett war trocken. Er konnte friedlich schlafen.
Sonntag.
5 Uhr. Der Mann war ertrunken. Es gab nur noch ein Deck, das nicht
unter stand. Die Rettungsboote waren unter Deck eins, verschwunden.
Es
verließ keiner das Schiff.
Wie
auch?

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.03.2011. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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